"Ich stehe ratlos vor..."

  • "Ich zB stehe ratlos vor Brahms - und das seit mehr als 30 Jahren... " schrieb gestern Edwin Baumgartner, nachdem zuvor unser Neu-Mitglied Friese bekundet hatte, dass er trotz mehrfacher Versuche keinen Zugang zu Schostakowitsch finde. Ich finde das interessant genug, um ein eigenes Thema daraus zu machen. Geht es auch anderen so, dass sie zu Komponisten, die allgemein als bedeutend gelten und von vielen auch hier im Forum gefeiert werden, keinen Zugang finden? Oder gibt es einzelne Werke, die als Meisterwerk gelten, mit denen Ihr Euch aber einfach nicht anfreunden könnt? Interessant wäre auch, ob sich solche Bewertungen im Laufe der Zeit ändern und was die Veränderung verursacht hat. Manchmal findet man vielleicht auf Umwegen über eher "abseitige" Werke den Zugang zu einem Komponisten, so wie z.B. als Einstieg zu Schostakowitsch die Jazz-Suiten empfohlen wurden. Mancher hat sich die Wertschätzung für einen Komponisten oder ein Werk womöglich durch häufiges Wiederhören, durch Studium von Literatur oder über die Biographie des Komponisten erarbeitet. Gelegentlich ändern sich auch Geschmäcker und Vorlieben, womöglich auch durch eine Erweiterung des Erfahrungshorizontes. Manchmal jedoch hilft alles nichts, und man steht weiterhin ratlos davor...

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Also ich stehe seit gefühlten 40 Jahren ratlos vor den Bruckner Sinfonien, nicht das ich das nicht immer wieder probiert hätte in diversen Aufnahmen, nein es funzt einfach nicht ?( (ich bewundere täglich R.B. der ist ja Brucknermäßig unersättlich). Wenn jemand einen Tipp/Trick für mich parat hat, nur zu! :)
    Eigenartiger Weise funktionierte das mit Shostakovich auf anhieb, zuerst mit der fünften! Auch Mahler war sofort eine große Liebe,
    steigerte sich sogar zur außergewöhnlichen Liebe, sowie auch Schubert der generell in allem eine Herzensangelegenheit von mir ist u. Beethoven! Bei Schumann, Brahms u.Mendelssohn z.B. war das harte Arbeit aber es ging letztendlich doch einigermaßen. Mit den Russen hatte ich auch wenig Probleme!
    Obwohl ich hauptsächlich gesungenes höre, gibt es Phasen an denen ich gerne symphonisches höre, aber dann aber auch mit Leidenschaft.


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • "Ratlos" bin ich nicht, weil, wenn's keinen "Zugang" gibt, dann gibt es eben keinen. ;)


    Einige Werke musste ich mir erst nach und nach "erschließen", zuletzt ist es mir mit Sibelius' 6. Sinfonie gelungen, nachdem ich die fantastische Aufnahme mit Thomas Zehetmair gehört hatte; bei Schumanns 2. Sinfonie brauchte es erst Leonard Bernstein, um den "Zugang" zu ermöglichen.


    Heute ist es so, dass Schostakowitsch weitestgehend "terra incognita" ist, trotz einiger Anläufe, und, obwohl ich den Komponisten sonst heiß und innig liebe, finde ich keinen Gefallen an Mahlers 8. Sinfonie. Das höchste Lob zolle ich der Aufnahme mit Kent Nagano, bei der ich die Sinfonie "erträglich" finde, sonst aber hilft kein Haitink, kein Neumann, kein Inbal, kein Chailly, kein Bertini, kein Ozawa, kein...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • "Ratlos" ist ein seltsames Wort in diesem Zusammenhang. Ich würde da eher von "Abneigung" sprechen. Es gab schon viele Werke, die sich mir nicht gleich erschlossen haben, wo ich aber den Wunsch und Wille verspürte, es mir irgendwann einmal erschliessen zu wollen. Diese Werke werden dann von mir erst einmal zurückgestellt und befinden sich sozusagen in Warteschleife.
    Dann gibt es natürlich auch solche Werke, gegen die ich sofort eine Abneigung verspüre. Es sind dies in aller Regel Opern und Oratorien von Händel, bei denen sich alles in mir zusammenzieht.

  • Nein Ratlos ist bei mir schon richtig denn eine Abneigung verspüre ich nicht denn ich probiere es ja immer wieder, aber es bleibt nichts hängen!


    Zitat

    Agon
    Dann gibt es natürlich auch solche Werke, gegen die ich sofort eine Abneigung verspüre. Es sind dies in aller Regel Opern und Oratorien von Händel, bei denen sich alles in mir zusammenzieht.


    Das kann ich wiederum nicht nachvollziehen, kannst du das eventuell näher erklären, würde mich sehr interessieren!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

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  • Vier Versuche, irgendeinen Zugang zur Musik von Olivier Messiaen zu finden, vergeblich.


    Bei Messiaen kann ich dich gut verstehen! Dabei kann ich dann schon von Abneigung sprechen!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
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  • Man sollte es kaum glauben, aber machmal gibt es offenbar so etwas wie Übereinstimmung zwischen Berarido und mir. Denn genau diesen Thread, den er jetzt gestartet hat, habe ich gestern eröffnen wollen, habe es dann aber unterlassen, weil ich Angst hatte, man könne mir diesen Thread als unterschwelligen Angriff gegen die Avantgarde und zeitgenössische Musik im allgemeinen auslegen und mir "böse Absichten " unterstellen. :P


    Ich beginne mit Brahms, der mit als ich ganz jung war, als "zu modern" erschien, aber es war natürlich nicht wirklich Wmodernes, was mir da nicht gefiel, sondern das Sperrige, knorrige, Ich war auf Wiener Klassik fixiert, hörte aber auch "Ohrwürmer" wie Tschaikowskys "Capriccion Italien", (nicht aber die Sinfonien) oder Auszüge aus den Balleten, Mahlers "Lieder eines fahrenden Gesellen und folgerichtig auch die erste und später die Vierte, Anschlussstellen in die beiden Richtungen waren Jahann Christian Bach und Hummel.
    Auch ich habe mich lange Zeit eigentlich nicht bemüht, mir jene Musik zu eigen zu machen, die mir nicht gefiel.
    Ich erachte das "erarbeiten" von Klassikzugangen ohnehin als den falschen Weg, weil er auf Neueinsteiger verschreckend wirkt.
    Manches ergibt sich dann von alleine - manches eben nicht. Endgültige Resumé kann man erst ziehen wenn man tot ist.
    Ich werde im Laufe des Threads - frei von Eitelkeit - von einigen persönlichen Schlüsselerlebnissen berichten - somit ist der Bestand dieses Threads auf Jahre hinaus gesichert.
    Und natürlich ist es auch eine Hypothek, wenn man solch ein Forum betreibt.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • "Ratlos" könnte insofern passend sein, als man selber nicht so genau weiß, woran es eigentlich liegt.


    Dass viele Klassikliebhaber bestimmter Musik des 20. Jahrhunderts (Neue Wiener Schule, Serialismus) nichts abgewinnen können, ist nicht überraschend, das ist dann oft sogar die Mehrheitsmeinung (wobei ich hier bekanntlich die Minderheit vertrete, die gerne Schönberg und Messiaen hört). Interessanter finde ich Fälle wie Brahms oder auch Händel, die zum klassischen Kanon gehören. Wobei eine Abneigung gegen Händel nun wiederum einer allgemeinen Abneigung gegen die Barock-Musik geschuldet sein kann.


    Bei mir ist es so, dass ich Barock-Musik zwar liebe, insbesondere Opern und Instrumentalwerke, aber zu J. S. Bach nie einen Zugang gefunden habe. Es zieht sich bei mir zwar nichts zusammen, wenn ich Bach höre, aber wirklich begeistern kann mich da nichts (im Gegensatz zum italienischen und französischen Barock und eben auch zu Händel).


    Mein zweites "Problem" ist Verdi. Ich weiß, dass seine großen Werke vielen Opern-Aficionados als Höhepunkte der Operngeschichte gelten, aber mich lassen sie seltsam kalt. Ich höre ja nun wirklich viele Opern, und von Monteverdi bis Rihm mit Begeisterung so ziemlich alles querbeet, aber Verdi rangiert da bisher ziemlich weit unten auf meiner Beliebtheitsskala. Im Gegensatz zu Bach, den ich für mich aufgegeben habe, bin ich bei Verdi aber immer noch entschlossen, mir den Zugang irgendwie zu erarbeiten.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Meine Abneigung ist komplett gegen die italienische Oper des 19. Jahrhunderts, mi Ausnahmen: Verdi (Don Carlos), Puccini (Tosca und trittico), Bellini, Donizetti und die ganze Reihe. Die Gründe sind so viele, dass ich sie hier euch ersparen möchte. Auch die gesamte geistliche Musik der Klassik ist mir fremd, also all die Messen von Haydn, Mozart und Schubert. Ich ziehe halt Bach, Brahms, Schütz, Monteverdi und die Polyphonie vor. Auch Beethoven höre ich nicht oft, das liegt aber daran, dass ich das zu gut kenne. Die Streichquartette scheinen mir verheißungsvoll und neuerdings habe ich auch eine positive Einstellung zur Missa solemnis (ein Produkt der Tamino-Beethoven-Fraktion). Von Tschaikowski gefallen mir die drei Srreichquartette und die beiden großen Opern. Die Klavierkonzerte empfinde ich als Folter, da sind nut die Rachmaninows noch schlimmer.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

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  • Auch ich würde nicht von Ratlosigkeit sprechen. Bruckner z.B. "verstehe" ich nicht, aber er gefällt mir ungemein. Jetzt können die Theoretiker wieder mit Analysen und sonstwas kommen, aber es ist so. Ein Bauchgefühl eben, die Musik beruhigt micht. Und das durch die Bank alle neun Sinfonien. Die Adagios der 7. und 8., das ist höchster akustischer Genuß für mich. Im 3. Satz der 9. glaube ich, Bruckners Verzweiflung über seine zunehmende Einfallslosigkeit und das langsame Sterben körperlich zu erleben. Ähnliche Gefühle kenne ich bei allen mir zusagenden Kompositionen, nicht nur Bruckners.


    Aber eigentlich geht es um Musik, die einem nichts gibt. Auch hier kann ichs nicht erklären, warum mir Renaissance-Musik oder Barock nichts gibt. Bach, Händel, gar Telemann, da steh ich davor wie die Katze vorm verschlossenen Tor und kann nicht hinein. Vielleicht ist es bei Bach die Häufung von 1/16 oder gar 1/32 Noten, die mein Gehirn nicht erfassen kann oder will? Das kann es aber nicht sein, selbst das Air sagt mir nicht zu. Auf der anderen Seite haben auch andere Komponisten Musik in schneller Notenfolge geschrieben, nehmen wir nur z.B. den Hummerlflug oder die rumänische Rhapsodie von Enescu - Top-Titel für mich. Sind es die unterschiedlichen Harmonien, sind es die crescendi und descrescendi, sind es die "Explosionen" mit vollem Schlagzeug, besonders dem großen Becken? Ich kanns nicht begründen. Aber ein Tutti ist für mich fast immer ein Höhepunkt.


    Ich glaube, ich bin auch nicht mehr lernfähig, auch nicht lernbereit. Ich habe sicher 20 Jahre gebraucht, um Strauss gut zu finden. Früher stand ich auch ratlos da und fand seine Musik einfach nur unharmonisch. Jetzt gefällt mir gerade der Wechsel von Harmonie und Tohuwabohu. Mahler war ähnlich, und bei Schostakowitsch geht es mir jetzt noch so. Seine 1 - 4 finde ich gräßlich, 5 -9 wieder toll, 10 -12 und besonders 14 grauenhaft, seine Solokonzerte erreichen mich auch wieder nicht. Aber manche Sätze dieser Werke könnte ich mir durchaus öfter anhören.


    Zum Glück sind die Geschmäcker verschieden. Es wäre ja sonst schlimm. Ich gönne es jedem, wenn er an Bach Gefallen findet. Im Gegenzug erwarte ich auch von jedem, daß er meine Vorliebe für Mahler, Strauss, Bruckner, Wagner, Verdi und Puccini nicht schlechtredet.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich bn eigentlich selten "ratlos" wenn ich zu einem Komponisten, einem Werk etz "keinen Zugang finde", weil ich ihn üblicherweise gar nicht suche (wir müssen hier den privaten Alfred Schmidt vom Forenbetreiber Alfred Schmidt trennen, etwas das mir im Laufe der Jahre immmer besser gelingt)
    Eigentlich hatte ich vor mit Brahms zu beginnen, greife aber den Ball von Bertrarido auf und lande bei Johann Sebastian Bach.
    Bach ist mit Sicherheit trockener als die Italienischen Barockkomponisten, weniger elegant als die Franzosen und sah sich selbst eher als fleissigen Handwerker , denn als Genie. Seine Schwerpunkte liegen bei Kantate und Orgelmusik. Dazu kommt, daß die Interpreten vor Karl Richter sehr indifferente Interpretationen seiner Werke abgeliefert haben, vor allem dann, wenn keine Tempobezeichnungen angegeben waren, In erschauernder Ehrfucht vor Werk und Meister (die Nachwelt sieht ihn übrigens durchaus als Genie) getraute man sich nur selten, "lebendig" zu interpretieren - man zelebrierte Museumsstücke . wobei man in Wirklichkeit gat keine Anhaltspunkte hatte, was den der richtige Zugang wäre. Karl Richter war (meines Wissens) der erste, der sich getraute Bach etwas subjektiver und lebendiger zu gestalten, wofür er zu Lebzeiten bewundert, aber auch "geprügelt" wurde, Daß er heute von einigen als "altmodischer Langweiler" gesehen wird ist Ironie der Musikgeschichte. Für mich hat allerdings die HIP Interpretation (die moderate, also "The English Concert2 oder "Akamus") Bach entscheidend näher gebracht.
    Es ist aber so, daß es in den seltensten Fällen EINE Urache gibt, warum man auf einen Komponisten aufmerksamer wird, ihn persönlich ehr schätzt,
    Und hier sind die Auslöser oft abstrus, Es war etwa Mitte der achtiger Jahre, als der Heimcomputer AMIGA 500 auf den Markt kam. Kaum jemand kann sich vorstellen wie fortschrittlich der damals war. Wärend IBM PCs noch mit grünen Monocromatischen Bildschirmen herumfummelten und stumm daherkamen hatte der AMIGA (korrekt DIE Amaga) bereits eingebaute Farbgrafik und eingebauten Soundteil mit Sprachsyntesiyzer und einfachem Syntesizer. Um diese Fähigkeiten zu demonstreieren waren einige musikalische Soundbeispiele mitgliefert.
    EINES davon hat mich sofort fasziniert und ich hörte diesen Ohrwurm tagelang - wusste aber nicht was es war, denn es war nicgends vermerkt und ich kannte es nicht. Ich habe den ursprünglichen Text hier einwenig abgeändert, und nicht geschrieben was es denn ist, denn ich habe überraschenderweise den (Original?) Sound von damals gefunden.....


    Und so können mitleser, die das Stück nicht kennen, und sich nicht selbst betrügen, indem sie nachsehen, eine Weile nachdenken und das Stück auf sich wirken lassen......


    mfg aus Wien
    Alfred


    PS: Wie ich sehe, war das ein frommer Wunsch, denn es ist betitelt:....

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es ist doch immer wieder interessant zu lesen, wer womit so seine Probleme hat. Ich halte das sowieso für völlig normal, und mich würde es eher befremden, wenn alle alles toll finden würden. Nein, man soll klar sagen, was los ist.
    Oft kann man gar nicht genau sagen, warum man etwas unerträglich oder als "Folter" empfindet. Neben Händel sind das für mich unter anderem auch gewisse Opern von Richard Strauss (Rosenkavalier, Arabella, Capriccio), Richard Wagner (Meistersinger, Lohengrin, Tristan und Isolde) und W. A. Mozart (Cosi fan tutte, Figaros Hochzeit).

  • In meiner Statistk der gehörten Werke in Konzerten steht Brahms an zweiter Stelle nach Beethoven. Die gespeilten Beethovenstücke verteilen sich auf 9 Symphonien 5 Klavierkonzerte 1 Violinkonzert und mehrere Ouvertüren. Von Brahms werden 4 Symphonien aufgeführt, davon mehrfach die 3. und 4. mehrmals die Ouvertüren und das Violinkonzert.
    Vielleicht ist dies auch ein Grund, daß ich Brahms nicht mehr von CD höre und als eher " langweilig" empfinde.

    Ich verliere nie! Entweder ich gewinne oder ich lerne. (Unbekannt)

  • Ich verstehe allerdings nicht, warum die Achte Sinfonie von Mahler immer so schlecht gemacht wird. Was gibt es an diesem Werk auszusetzen? Ich finde sie zum Beispiel viel interessanter und beeindruckender als die blödsinnig-banale Vierte, die mittlerweile jeder mittelprächtige Dirigent aufs Programm setzt. Die Achte ist reinster Mahler, monumental bis zum Exzess, verstörend, zerstörend.Es gibt natürlich zu viele Aufnahmen davon. Ich ziehe nach wie vor Soltis Aufnahme vor, die besonders klangtechnisch unerreicht ist.

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  • Da muss ich Dir mal wirklich aus vollem Herzen beipflichten, lieber Agon. Ich habe mir vor wenigen Wochen einmal wieder alle Mahler-Symphonien angehört. Zwar rangiert die Achte für mich nicht mehr an vorderster Stelle (wie zu meiner Zeit als Mahler-Einsteiger), doch wühlt mich besonders der II. Teil noch immer stark auf. Von "Blicket auf zum Retterblick" bis zum fulminanten Ende halte ich es sogar für mit das Beste, was Mahler je komponierte.


    Mit Abstand am nichtssagendsten (abgesehen vielleicht vom Finalsatz) fand ich beim erneuten Durchhören tatsächlich die Vierte. Ich wäre dabei beinahe eingenickt vor Langeweile. Das ist auch jene Mahler-Symphonie, die ich schon früher am seltensten hörte – und jetzt weiß ich wieder, wieso.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Interessant wäre auch, ob sich solche Bewertungen im Laufe der Zeit ändern und was die Veränderung verursacht hat.


    Bei Mozart war es bei mir so, dass ich seine Musik großteils für ziemlichen Kitsch gehalten habe, langweiligen Streicher-Kitsch, langweilige Rezitative, und alles klingt gleich. Bis ich Interpretationen auf period instruments gehört habe - da war die Meinung schlagartig geändert. In diesem Fall habe ich keinen Zugang gefunden, weil die Instrumente einfach nicht richtig waren. Aber auch entsprechende Lektüre über HIP, über Tonartencharakteristika etc. haben mich neugierig auf diese Musik gemacht, mir einen zusätzlichen Anreiz gegeben, mir das anzuhören und mich mehr damit zu beschäftigen.
    Wenn man keinen Zugang zu älterer Musik vor, sagen wir, 1800 findet, könnte man es ja mal versuchen mit Aufnahmen auf period instruments, vielleicht funktioniert es dann. Denn vielleicht hat man nur keinen Zugang gefunden, weil einen der Klang störte, in dem man diese Werke bis jetzt gehört hat.
    Oder aber man liest Sekundärliteratur, auch das kann helfen. Aber ich finde es nicht schlimm, wenn man nicht jeden Komponisten, nicht jedes Werk mag, auch zu Lebzeiten der jeweiligen Komponisten mochte nicht jeder diese Musik.


    Bei Strauss´ Salome waren es viele Gespräche, die mir den Zugang ermöglicht haben, weil anfangs fand ich auch diese Oper fürchterlich, und jetzt ist sie meine Lieblingsoper.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Auch ich breche hier gerne eine Lanze für Mahler 8. Es ist zwar die Mahler-Symphonie, die ich am seltensten höre, aber das liegt eher daran, dass mir eher selten nach Chorwerken zu Mute ist. Unter den Chorwerken steht sie an vorderster Stelle, ich habe sie sicher öfter gehört als die Missa Solemnis oder die Messa da Requiem. Von den ganzen Barockmessen ganz zu schweigen.
    Ich hatte früher auch Probleme mit der Vierten, das hat sich aber in den letzte Jahren geändert. Der dritte Satz mit seinem großen Durchbruch verfehlt bei mir seine Wirkung nie. Die Symphonie darf aber nicht naiv gespielt werden, sondern das Doppelbödige muss durchscheinen. Optimal tut sie das für mich bei MTT.

  • Agon schrieb:

    Zitat

    Die Achte ist reinster Mahler, monumental bis zum Exzess, verstörend, zerstörend.


    Genau !!
    Und genau darum will ich sie nicht hören. Wenn ich verstört werden will, dann lese ich die Tageszeitungen. sehe Nachrichten im Fernesehen oder ich fahre mit der U-Bahn und sehe all die primitiven Gesichter, die derzeit unser Stadtbild prägen, die Graffitis die unsere historischen Prunkbauten verschandeln. Dazu brauch ich wirlich keine klassische Musik.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Hosenrolle 1: In diesem Fall habe ich keinen Zugang gefunden, weil die Instrumente einfach nicht richtig waren.


    Du willst sicher damit sagen, dass du sie nicht für richtig befunden hast, die "period isntruments", lieber Hosenrolle 1, oder irre ich mich da? Ich liebe Mozarts Musik von der ersten bis zur letzten Note, auch wenn sie auf "modernen Instrumenten" gespielt wird. Ich werde später noch ausführen, welche Musik ich nicht mag, ohne ratlos zu sein.
    Ich möchte jetzt aber einen anderen Meister zitieren, einen Großmeister des Taktstocks, der sinngemäß Folgendes gesagt hat: "Zu Mahlers Musik habe ich keinen Zugang gefunden". Warum, hat er nicht gesagt, jedenfalls nicht in seinen Erinnerungen. Ein anderer Großmeister, ebenfalls führender Brucknerianer, hat auch kaum Mahler aufgeführt. Da hatten sie wohl mehr gemeinsam, als sie trennte. :D


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Ich kann einfach keinen Zugang zu Alban Berg finden. Wozzeck kann man ja noch einigermaßen ertragen , da die Oper recht kurz ist. Aber Lulu in der 3aktigen Fassung ist für mich reinste Folter. Mahler ist neben Beethoven mein Lieblingskomponist und Mahlers 8. hab ich schon häufiger live erlebt.

  • Ich höre klassische Musik nicht, um eine heile Welt vorgegaukelt zu bekommen. Das interessiert mich nicht. Es ist langweilig und verlogen. Ich suche in der Musik nach Wahrheit und Erfüllung und Tiefe.

  • Ich verstehe allerdings nicht, warum die Achte Sinfonie von Mahler immer so schlecht gemacht wird. Was gibt es an diesem Werk auszusetzen? Ich finde sie zum Beispiel viel interessanter und beeindruckender als die blödsinnig-banale Vierte, die mittlerweile jeder mittelprächtige Dirigent aufs Programm setzt.

    Das "banal" lasse ich ja noch gelten, aber "blödsinnig" ist diese Musik ganz bestimmt nicht. Mahler verlässt in diesem Werk die ganz große Bühne und schreibt ein recht vergnügliches, im Vergleich zu seinen anderen Werken harmloses Stück, das musikalisch seine Qualitäten hat. Aber natürlich muss man es nicht mögen. Um beim Thema zu bleiben, ich habe gerade wieder von Sibelius die 4. Sinfonie gehört. Und mit der Partitur verfolgt. Diesem Werk stehe ich immer wieder ratlos gegenüber, weil es hat keine Struktur, keine Linie, kaum mal ein großes Orchestertutti, keinen Höhepunkt. Sibelius hat sich hier bewusst verweigert und sich gegen die traditionelle Form entschieden. Ich höre dieses Werk dennoch von Zeit zu Zeit mit verschiedenen Interpreten. Vielleicht auch nur um festzustellen, dass mir alle anderen Sibelius- Sinfonien besser gefallen, begiinnend mit der grandiosen Zweiten. Dann war hier auch von Schostakowitsch die Rede. Dieser Komponist fasziniert mich mit seinem gesamten Lebenswerk wegen der Umstände, in denen diese Werke entstanden. Ratlos stehe ich vor der 14. "Sinfonie". Um das Repertoire zu komplettieren, habe ich mir die preiswerte Aufnahme mit Vasily Petrenko zugelegt. Der kann Schostakowitsch gut. Aber die 14. mit der eigenwilligen Orchesterbesetzung (nur Streicher und reichhaltiges Schlagwerk) verstehe ich nicht. Das ist keine Sinfonie, sondern Sprechgesang mit Tönen. Ansonsten bin ich ratlos bei jedweder atonalen Musik. Dafür sind meine Ohren nicht geschaffen. Da hier auch der Name Bach gefallen ist, gemeint ist sicher Johann Sebastian, da bin ich ziemlich ratlos bei der Matthäus-Passion, die ich schrecklich langweilig finde. So - mehr fällt mir ad hoc zu diesem Thema nicht ein. Da hat sicher jeder irgendwo seine Problemstücke oder-komponisten.
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Mit Abstand am nichtssagendsten (abgesehen vielleicht vom Finalsatz) fand ich beim erneuten Durchhören tatsächlich die Vierte. Ich wäre dabei beinahe eingenickt vor Langeweile. Das ist auch jene Mahler-Symphonie, die ich schon früher am seltensten höre – und jetzt weiß ich wieder, wieso.

    Tja, für mich ist gerade die 4. eins meiner liebsten Musikstücke überhaupt, und sie hat mir maßgeblich den Zugang zu Mahler eröffnet. Von Langeweile ist gerade diese Symphonie für mich Lichtjahre entfernt. Ich höre jede Sekunde gebannt zu. Was hast Du nur für eine langweilige Aufnahme? :D Vielleicht hörst Du mal die historische Aufnahme von Willem Mengelberg. Da liege ich schon nach drei Takten vor Lachen unter dem Tisch. Der langsame Satz ist einer der schönsten langsamsten Sätze überhaupt mit dieser unglaublichen Orchestereruption am Schluss, wo sich das Himmelstor öffnet. Vergleichbares gibt es in der ganzen Musikliteratur nicht. :D


    Schöne Grüße
    Holger


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Die 4. von Mahler ist mir, wie für Holger auch, die liebste. Sie steht und fällt aber mit der Sopranstimme im 4. Satz. Ruth Ziesak, Helen Donath, Lucia Popp: da kann nichts schief gehen.
    Übrigens möchte ich mich mal sehr bedanken für diesen thread; er ist ein großer Schritt hin zur Toleranz. Das war nicht immer so (9., 4. Satz; Lucia di Lammermoor). Bei mir kommt es immer wieder dahin, dass ich meine Meinung ändere, z.B. dass ich anfange die Missa Solemnis zu mögen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Tja, für mich ist gerade die 4. eins meiner liebsten Musikstücke überhaupt, und sie hat mir maßgeblich den Zugang zu Mahler eröffnet. Von Langeweile ist gerade diese Symphonie für mich Lichtjahre entfernt. Ich höre jede Sekunde gebannt zu. Was hast Du nur für eine langweilige Aufnahme? :D Vielleicht hörst Du mal die historische Aufnahme von Willem Mengelberg. Da liege ich schon nach drei Takten vor Lachen unter dem Tisch. Der langsame Satz ist einer der schönsten langsamsten Sätze überhaupt mit dieser unglaublichen Orchestereruption am Schluss, wo sich das Himmelstor öffnet. Vergleichbares gibt es in der ganzen Musikliteratur nicht. :D


    Lieber Holger,


    ich glaube nicht, dass es an den Aufnahmen lag. Ich habe hier so großartige Interpreten wie Klemperer, Bernstein, Barbirolli, Horenstein, Tennstedt, Gielen, Tilson Thomas, Rattle, Segerstam, Swetlanow und Asahina vorliegen, aber richtig gepackt hat es mich nirgends. Dürfte also am Werk liegen, das mich nicht erreichen will. Ob ausgerechnet eine uralte Monoaufnahme das ändert (obwohl Mengelberg einer meiner Lieblingsdirigenten ist), wage ich dann auch eher zu bezweifeln.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Mich interessiert es wirklich nicht, was hier irgendwer an der Vierten Mahler findet. Von mir aus. Ich höre sie nicht mehr, ich finde sie kitschig und langweilig. Dann höre ich lieber gar nichts. Ist sowieso oft das beste.

  • Ich kann einfach keinen Zugang zu Alban Berg finden. Wozzeck kann man ja noch einigermaßen ertragen , da die Oper recht kurz ist. Aber Lulu in der 3aktigen Fassung ist für mich reinste Folter. Mahler ist neben Beethoven mein Lieblingskomponist und Mahlers 8. hab ich schon häufiger live erlebt.

    Lieber rodolfo39,
    Eigentlich bin ich ein "Allesfresser" in der Musik. Selbst für Musical, Jazz und sogar gute gemachte Volksmusik bin ich jederzeit offen. Du hast allerdings mit "Wozzek" und "Lulu" Werke genannt, die ich auch ich nicht besonders mag, Fortners "Bluthochzeit" käme da noch dazu. Ansonsten suchen meine Frau und ich geradezu Opern, die wir noch nicht kennen. Die "Passagierin" von Weinberg war für uns geradzu ein bewegendes Erlebnis. In der Sinfonik liebe ich die drei großen B-s Beethoven, Brahms, Bruckner ganz besonders. Mahlers I. der Titan ist die Lieblingssinfonie von mir. Sie wünschte ich mir zu meinem 45. Jubiläum als 1. Vorsitzender des Heilbronner Sinfonie Orchesters - und die Hörner, weil viele Aushilfen dabei waren, haben die Hörner den erwarteten Genuss gründlich weggeblasen. Also hat das Orchester bei mir etwas gut zu machen. Da ich seit der Gründung im Jahre 1948 mit dem Orchester verbunden bin, also demnächst 70 Jahre - wer weiß? Meine Frau und ich versuchen Abneigungen zu bekämpfen, oft ändert sich unser Urteil bei gründlicherer Kenntnis restlos. Nur bei Pfitzner - außer "Palestrina - ändert sich das nie. Im diesjährigen Weihnachtskonzert musste ich sein "Christelflein" wieder ertragen - schrecklich langweilig, sperrig und fad. Als Heilbronner kann ich nicht einmal die Ouvertüre zum "Käthchen von Heilbronn" hören.
    Herzlichst
    Operus
    Den Thread finde ich gut, weil er zum Nachdenken anretund man auch einmal Dampf ablaasen kann.

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    William B.A. : Du willst sicher damit sagen, dass du sie nicht für richtig befunden hast, die "period instruments", lieber Hosenrolle 1, oder irre ich mich da?


    Zitat

    Hosenrolle 1: ?


    ich will es nochmal versuchen: du sagst, dass "die Instrumente einfach nicht richtig waren". Dies Aussage ist absolut, und die hätte höchstens Herr Mozart machen können, wenn er mit irgendeiner Vorrichtung in die Jetztzeit hätte reisen und ein Konzert mit seinen Werken, sagen wir in der Berliner Philharmonie oder im Goldenen Saal des Wiener Musivereins hätte hören können. Aber ich befürchte, er hätte etwa ganz anderes gesagt, etwa in der Art, wie Beethoven es Jahre nach Mozarts Tod in einem Brief an einen befreundeten Verleger sinngemäß sagte, dass die Klaviere, die ihm für seine Sonaten zur Verfügung ständen, allesamt zu schlecht seien, quasi also ungeeignet.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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