Möglicherweise ein provokanter Titel. Aber das Werk macht mich ratlos. Ganz schöne Musik, eigentlich. Aber: das Werk hat für mich nichts mit Sakralmusik zu tun. Auch wenn es liturgische Texte vertont. Messen sind ja kein Selbstzweck, auch wenn die heutige Aufführungspraxis das nahe legt. Die Musik aht einen liturgischen Kontext. in den sie sich einfügen muss. Das ist bei der "Missa Solemnis" nur schwerst vorstellbar. Zumal da auch einige Stimmungsschwankungen eher an ein Requiem denken lassen.
Chorfantasie auf liturgische Texte, das würd's noch am ehesten treffen.
Beethoven selber scheint das anders gesehen zu haben, für ihn sei der Tag " wo ein Hochamt von mir zu den Feierlichkeiten für I.K.H.soll aufgeführt werden, wird für mich der schönste meines Lebens sein; und Gott wird mich erleuchten, dass meine schwachen Kräfte zur Verherrlichung dieses feierlichen Tages beitragen.“
Dazu kam es allerdings nicht; die Ernennung des Erzherzogs zum Erzbischof erfolgte ohne Beethovens Messe und auch die Uraufführung fand nicht im liturgischen Rahmen statt. So weit, so nachschlagbar (Wikipedia sei Dank).
Eingeordnet wird die Messe als eines der größten Werke van Beethovens, und ich will das auch gar nicht bestreiten wollen. Aber
dennoch: ich nehme es nicht als Messe wahr, auch nicht als feierliche. Nun kann ich freilich nicht sagen, ob das nicht an der Aufnahme liegt. Eine interessante Thes kommt immerhin vom Leipziger Musikhistoriker Helmut Loos, der ausführt, dass ab ca. 1815 eine Entwicklung begann, die Komponisten als Gottähnlich ansehen wollte. Während nach dem Wiener Kongress der Bürger seiner freien Sprache durch Zensur beraubt worden war, ließ sich in der Musik unzensierbar als Gefühl ausdrücken, was in der Sprache nicht mehr sagbar war. In die daraus für Loos folgernden Konsequenzen mag ich jetzt nicht abschweifen (ein grober Abriss ist in diesem Interview nachlesbar), sondern lediglich die Vermutung in den Raum stellen, dass Beethoven in seinem Werk deutlich über den sakralen Zweck hinaus gedacht hat und etwas Eigenständiges neben den liturgischen Zweck gestellt hat.
Liebe Grüße vom Thomas