Herrscher und ihr Umfeld im Mittelalter und der Renaissance in Portrait- Historien- und Buchmalerei

  • Meine Lieben,


    da der Bereich Malerei allmählich in unserem Klassikforum an Bedeutung gewinnt möchte ich ein neues Thema starten. Zahlreiche historische Persönlichkeiten sind nur mehr dem Namen nach bekannt oder allenfalls durch EIN immerwährendes Portrait. Darauf wurde ich aufmerksam, als ich neulich im Rätselthread Abbildungen des burgundischen Herzogs Philipp des Guten (1396 bis 1467) gesehen habe, sowohl als Portrait, als auch im Rahmen von Buchillustrationen.
    Wir können hier die Erinnerungen an jene Personen wachhalten und vielleicht ein paar Zeilen über sie hinzufügen oder einen Link auf eine CD mit Musik ihrer Zeit setzen. Ich sehe hier keine Verwässerung des Forums, denn die Interessenten von klassischer Musik und historischen Gemälden kreuzen sich oft. Dieser Bereich war schon etwa 2008 gepalnt hat sich dann aber durch Wegfall einiger Mitglieder zerschlagen, die hier etwas beizutragen gehabt hätten. Heute ist es nach meiner Einschätzung so, daß wir diesen Bereich mit jahrelanger Verspätung unbedenklich ins Leben rufen können. Wir sollten allerdings eher bedächtig vorgehen, MAXIMAL 7 Beiträge pro Woche und Person als "Richtlinie" - wobei natürlich auch alle 7 an einem oder zwei Tagen eingestellt werden können, ich möchte mit diesem Limit lediglich vermeiden, daß hier schneller geschrieben wird als das Interesse der Leserschaft gegeben ist....


    Logischerweise lasse ich hier unserem Mitglied moderato den Vortritt...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dann starte ich mit diesem wenig bekannten Porträt Heinrich VIII., das auf dem Cover dieser CD abgebildet ist. Es mag erstaunen, dass der englische König Musik komponiert hat. Sie füllt immerhin eine ganze CD mit 66 Minuten Musik.



    Es zeigt Heinrich VIII. als den biblischen König David mit Harfe. Das Original dürfte nicht grösser sein, als das Pic.



    Hier eine Vergrösserung



    Gemalt hat ihn der französische Emigrant Jean Mallord um 1540. Entnommen ist die Miniatur dem persönlichen Gebetbuch des Königs, der das Manuskript benutzte. Es ist mit umfangreichen lateinischen Annotationen von seiner Hand versehen.


    Ich habe einen Teil des informativen CD-Booklets für euch abgetippt, der die musikalischen Fähigkeiten des Königs beschreibt:


    "König Heinrich VIII (1491–1547) war einer der bemerkenswertesten Monarchen Englands. Der Bruch mit Rom, die Auflösung der Klöster, die Gründung der königlichen Flotte und die Anfänge des modernen Staatswesens in England – all dies sind Resultate seiner tumultreichen Regierungszeit. Diese grossartigen und zugleich ikonoklastischen Leistungen haben jedoch – zusammen mit der grausamen Geschichte seiner Heiraten und seinem Image als ein verfetteter mittelalter Despot – dazu beigetragen, das Bild seiner Jugend zu verzerren. Denn als junger Mann wurde Heinrich in ganz Europa als die ideale Verkörperung des galanten, dem Sport und den Künsten ergebenen Renaissance-Prinzen gefeiert. Im Jahre 1515 schrieb der venezianische Botschafter Magnifico Piero Pasqualigo über den 23jährigen Heinrich:


    Er spricht Französisch, Englisch, Latein und ein wenig Italienisch, ist gewandt im Spielen der Laute und des Cembalos, singt vom Blatt, spannt den Bogen mit grösserer Kraft als jeder andere in England und ist im Turnier unschlagbar.


    Pasqualigos Betonung von Heinrichs musikalischen Fähigkeiten war mehr als bloße Schmeichelei. Denn neben der Laute und Tasteninstrumenten spielte er die Harfe und Ensemble-Instrumente wie zum Beispiel die Blockflöte. Ein weiteres Zeugnis aus dem Jahr 1515 erwähnt, dass “der König sich Tag und Nacht im Orgelspiel übte”.


    Sein Leben lang sammelte Heinrich mit grossem Enthusiasmus Instrumente und bemühte sich um gute Musiker für seine Hofkapelle; im Komponieren und Musizieren hingegen war er besonders als junger Mann in seinen zwanziger und dreissiger Jahren aktiv. Seine Verdienste als Komponist mögen von seinen Untertanen und der Nachwelt übertrieben worden sein, immerhin jedoch hinterliess er weit mehr Werke als jeder andere britische Monarch, obwohl es sich in einigen Fällen ihm zugeschriebener Kompositionen um Arrangements oder von anderer Hand mit zusätzlichen Stimmen versehene Stücke handeln dürfte. Nur wenige seiner Kompositionen erreichen eine gewisse Länge, bei den meisten handelt es sich hingegen um Miniaturen von grossem Charme, die die überschäumende Lebensfreude dieses aussergewöhnlichen jungen Königs und die höfischen Festlichkeiten ins Gedächtnis rufen, bei denen er zusammen mit seiner ersten Gemahlin Katharina von Aragon im Mittelpunkt stand."

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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Lieber Moderato. Dein Artikel mit Bemerkungen über Heinrich VIII kommen mir zuvor, aber ich bin froh, daß scheinbar mehr Leute als ich, etwas mehr über diesen englischen König wissen und ihm historische Gerechtigkeit widerfahren lassen. Allgemein unbekannt ist heute, daß er bei seinem Volk durchaus beliebt war. Er kommponierte nicht nur, sondern soll angeblich über eine angenehme Stimme (auf seinen Gesang bezogen) gehabt haben. Die Hinrichtungen einiger seiner Frauen die sich mit hübschen Pagen und Musikanten vergnügten, und einer Geistlichkeit sowie seines Kanzlers Dir Thomas Moore (mit dem er eigentlich befreundet war !!) die ihm ÖFFENTLICH die Gefolgschaft in seinem Kampf gegen die Kirche verweigerten, liessen ihm eigentlich keine andere Wahl. Wir befinden uns in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und da herrschten rauhe Sitten...
    Mein erstes Bild, das ich in diesen Thread hier einstelle, stammt von einem gewissen Herrn "ANONYM", der uns vermutlich noch oft in diesem Thread begleiten wird.
    Der Maler ist unbekannt, aber ich empfinde das Bildnis als durchaus gelungen. Wenn das geschätzte entstehingsdatum in etwas stimmt, dann wer Heinrich hier 22 Jahre alt und wäre im 4. Jahr seiner Regierung gewesen. Auch so werden nur wenige den englischen König Heinrich VIII gesehen haben....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Als ganz großer Verehrer des Mahlers Hans Holbein d.J. stand ich oft vor diesem Gemälde im Frankfurter Städel!



    HANS HOLBEIN D. J. 1497/98 – 1543


    Bildnis des Simon George of Cornwall, ca. 1535 – 1540


    ÜBER DAS WERK


    Hans Holbein d. J., der Hofmaler Heinrichs VII., wird dem Landadligen Simon George of Cornwall in London begegnet sein. Eine Brautwerbung bildete den Anlass für das Porträt. Darauf deuten die Nelke und die Agraffe am Barett hin. Diese zeigt den antiken Mythos von Ledas Vereinigung mit Jupiter in Gestalt eines Schwans und verrät damit die erotischen Absichten des Porträtierten. Nicht nur mit aufwendigem Kostüm nach der letzten Mode wollte Simon George gefallen, er wählte auch eine der damals modernsten Bildformen: das von antiken Münzen herrührende Profilbildnis im Tondo.



    Ich war von meinem ersten Besuch des Städels 1973 an ganz angetan von diesem wunderschönen Portrait und so begann meine große Liebe zu H.Holbein des Jüngeren. Besonders als Hofmaler Heinrich des VIII mit den vielen Portraits, die mich allesamt beeindrucken haben, besonders bezüglich ihres Detailreichtums.


    LG Fiesco


    Quelle Städel Frankfurt.

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Das Porträt des Kaisers Maximilian I (1459-1519) hat Bernhard Strigel (1460-1528) gemalt. Es sind mindestens drei verschiedene Fassungen von seiner Hand bekannt, die den Regenten im Halbprofil zeigen. Deutlich erkennt man das markante körperliche Merkmal der Habsburger: die Hakennase.



    Das Gemälde findet sich auch auf der Rückseite dieser CD, die Musik enthält, welche die Wiener Hofkapelle zur Amtszeit Maximilians I aufgeführt hatte.



    Der Produktinformation zur CD habe ich diesen Text entnommen, der die Bedeutung dieses deutschen Kaisers für die Musikgeschichte beschreibt.


    "Die Zeit um 1500 ist eine Wendezeit. Janusköpfig blickt sie in Mittelalter und Neuzeit zugleich, ist Gotik und Renaissance, Ende und Neubeginn. Die Wiener Hofkapelle Kaiser Maximilians I., des »letzten Ritters« und begeisterten Humanisten, steht im musikalischen Brennpunkt dieser Tendenzen. Ihr Repertoire spiegelt in hervorragender Weise alle wesentlichen musikalischen Zeitströmungen in künstlerischen Spitzenleistungen wider. Als Institution tritt sie im Juli 1498 in die Welt. Die bis dahin in ihrer Zusammensetzung ständig wechselnde und an keinen fixen Ort gebundene Hofkapelle beginnt sich nun, auf kaiserlichen Wunsch, zu stabilisieren. Ihr ständiger Sitz wird Wien, was keinesfalls selbstverständlich war, da Maximilian Innsbruck und auch Augsburg als Aufenthaltsorte zu bevorzugen schien.


    Schon 1496 hatte Maximilian, seit 1493 Kaiser, von Pisa aus einen Teil der Kapelle samt dem hochberühmten Komponisten Heinrich Isaak nach Wien geschickt. »Wir haben Hansen Kerner, unsern obersten Caplan und Cantor mitsambt 12 Knaben und Gesellen darzue den Ysaak und sein Hausfraw gen wien verordnet« (13. November 1496).


    Am 7. Juli 1498 wird der »Huebmeister« (eine Art Aufseher über Zinspflichtige) Hans Harasser vom Kaiser aus Freiburg im Breisgau angewiesen »daran zu sein, damit dieselben unser Singer alle tag ain ambt singen« in Wien. Am 20. Juli ein detaillierter Erlass: »Lieber Herr Huebmeister, die Röm. K. Mt. (Römisch kaiserliche Majestät) etc. unser allergnedigster Herr, hat zu Wien ain Capellen auffzurichten furgenommen, und derselbig Capellen Herren Georgen N. zu Singmaister (…) verordnet«. Zentrum der kaiserlichen Hofkapelle war die Kantorei, das aus Knaben und Männern zusammengesetzte Vokalensemble zur Ausführung der kunstvollen, mehrstimmigen Sakralmusik. Ihnen standen Zinken- und Posaunenbläser zur Seite. Unter den ihr angehörenden Organisten ragte Maximilians Leiborganist Paul Hofhaimer hervor.


    Für weltliche Feste und Unterhaltungen stand dem Kaiser eine Unzahl von Spielern auf Zupf- und Streichinstrumenten (die sich manchmal auch bei geistlichen Hochämtern hören ließen), wie auch »Pfeifern« und »Trommelschlager« aller Art zur Verfügung. Eine Klasse für sich bildeten die »Trummeter und Pauken«, die nicht nur im Krieg, sondern auch bei öffentlichen Anlässen, bei Turnieren, in Kirche und Palast zu hören waren. Zur Hofkapelle im eigentlichen und engeren Sinne scheinen nur die Kantorei, Zinken- und Posaunenbläser, sowie die Organisten gehört zu haben, im weiteren Sinne aber wohl alle Mitglieder der kaiserlichen Hofmusik. Trotz aller Stabilisierungsversuche blieb aber der Mitgliederstand der Kapelle weiterhin vielen Schwankungen unterworfen, was sicher auch mit des Kaisers ständigen Geldnöten zu tun hatte. Hauptsitz war nun zwar Wien, aber wenigstens ein Teil der Kapelle, oft die ganze Hofmusik, hatte den reiselustigen Kaiser bei seinen zahlreichen Unternehmungen zu begleiten."
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  • Bevor ich mich (morgen) ebenfalls Maximillian I und seinen Portraitisten zuwende, verweile ich noch kurz bei Heinrich VIII und seinem Hofmaler , Hans Holbein d.J.
    Holbein hat Heinrich nicht geschmeichelt, aber er hat seine Würde und Autorität in seinen Bildern betont. Es stellt sich übrigens die Frage- inwwieweit Holbein Heinrich nach der Natur gemalt hat, Nahezu schablonenhaft sieht uns immer der Selbstbstbewusste König entgegen, in immer wieder anderen Gewändern.
    Wenn man Heinrich "näher "kommen möchte, so ist man gut beraten die Originale von Holbein zu Rate zu ziehen. Hier ist der Gesichtsausdruck des Königs gelassen, stellenweise sogar gleichgültig. Ich sehe hier eine scharfe Intelligenz, einen unbestechlichen Analytiker. Man vergleiche die Augen mit jenem am Jugendbildnis (das natürlich nicht von Holbein stammen kann) der unbestechliche Blick, dem kein Detail entgeht ist geblieben. bei vielen Kopien bzw Portraits "nach Holbein" hat der Kopist versucht dem König einen bösartigen Zug zu verleihen. Der dürfte indes nicht der Realität entsprechen. Der schöne Jüngling Thomas Culpeper war wegen seines Verhälnisses zu Catherine Howard von einem Gericht zum Toder verurteilt worden, und zwar durch Hängen, Ausweiden und vierteilen. Heinrich unterschrieb indes die Milderung durch einfaches Enthaupten eigenhändig. Daß sein abgeschlagene Kopf und der eines Mitverurteilten bei der London Bridge über einen längern Zeitraun öffentlich zur Schau gestellt wurde entsprch den Gepflogenheiten der Zeit....


    mfg aus Wien
    Alfred

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  • Hier ein weiteres Portrair von KaiserMaximilian I. angefertigt von Ambrogio de Predis (* um 1455; † nach 1508) Hofmaler an mehreren einflußreichen Höfen, zuletzt im Dienste von Maximilian I. Auch wenn sein Spezialgebiet die Portraikunst war, so kann mich kaum eines seiner Bilder wirklich begeistern. Sie Portraits wirken Schablonenhaft und unnatürlich, das Bildnis von Maximillian ist "geschönt" (man wollte die Nase behutsam korrigieren, ein Versuch der im konkreten Falle a priori zum Scheitern verurteilt war. Der Kaiser ist auf diesem Bild kaum zu erkennen. Enstanden ist es in Innsbruck, vermutlich kam es nach Schloß Ambras und danach mit hoher Wahrscheinlichkeit von dort nach Wien ins Kunsthistorische Museum.


    mfg aus Wien
    Alfred


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  • Jean Perréal: Portrait Ludwigs XII., Königs von Frankreich (um 1514), Royal Collection, Hampton Court Palace


    Ludwig XII. (geb. 27.06.1462, gest. 01.01.1515), ein Zeitgenosse Kaiser Maximilians I., ist heute einer der eher unbekannten Könige von Frankreich (reg. 1498–1515). Er kam 1498 als Mitglied der Orléans-Nebenlinie des Hauses Valois auf den Thron. Seine Regierungszeit wurde insbesondere von den Kriegen in Italien überschattet, in deren Verlauf er zeitweise auch Herzog von Mailand (1499–1512) und König von Neapel (1501–1504) wurde. Dass Ludwig XII. einer der populärsten französischen Könige war und als einziger sogar offiziell den Beinamen "Vater des Volkes" (Le Père du Peuple) erhielt (von den Generalständen 1506 verliehen), ist ebenfalls nicht unbedingt Allgemeinwissen. Er setzte sich für eine Verringerung der Steuerlast, Justizreformen und Frieden innerhalb Frankreichs ein.


    Dass er überhaupt König wurde, verdankte er dem Zufall. Ludwig XI. (reg. 1461–1483) wollte die Nebenlinie der Orléans praktisch austilgen, indem er seinen Namensvetter zur Ehe mit seiner Tochter Jeanne zwang, die nicht nur hässlich, sondern auch gebärunfähig war. Unter dem nächsten König, Karl VIII. (reg. 1483–1498), entspannte sich die Situation etwas. Als Karl unerwartet 28-jährig starb, kam der Orléans doch noch auf den Thron. Er ließ bereits 1499 seine Ehe mit Jeanne annulieren und heiratete vielmehr Karls Witwe Anne de Bretagne. Mit dieser hatte er mehrere Kinder, von denen zwei Töchter überlebten: Claude und Renée. Erstere heiratete 1514 den späteren König Franz I., der ihrem Vater nachfolgte, wodurch sie selbst Königin wurde.


    Anfang 1514 starb Anne de Bretagne, worauf Ludwig XII. ein drittes und letztes Mal heiratete, und zwar Mary, die gerade 18-jährige Schwester Heinrichs VIII. von England. Die Hochzeit fand am 9. Oktober 1514 statt. Ludwig XII. sollte diese Eheschließung nur wenige Wochen überleben: Er starb in der Nacht vom 31. Dezember 1514 auf den 1. Jänner 1515 im Alter von 52 Jahren – gerüchteweise hatte er sich zu sehr für für seine blutjunge dritte Ehefrau verausgabt. Lange Zeit war strittig, ob er am letzten Tag des Jahres 1514 oder am ersten Tag des Jahres 1515 starb. Die Forschung scheint sich mittlerweile auf letzteres geeinigt zu haben. Auf ihn folgte der ungleich bekanntere Franz I.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Man kann auch mal die Sicht einnehmen, welchen Dienstherren ein Komponist verpflichtet war. Ein schönes Beispiel hierfür ist der franco-flämische Komponist Josquin Desprez (1450/55 - 1521), der während seiner Tätigkeit als Sänger und Komponist vielen Regenten diente. Die Datenlage ist jedoch nicht immer eindeutig und die Musikhistoriker müssen aufgrund von Verzeichnissen, Briefen und Urkunden ermitteln, wo und wann Josquin Deprez wirkte.


    Er wurde in der Umgebung von Saint Quentin im Nordosten des heutigen Frankreichs geboren. Eine genaue Ortsangabe ist nicht gesichert. In Saint Quentin erhielt der Jugendliche seine musikalische Ausbildung als Chorknabe. Direkte biografische Daten fehlen jedoch für die Zeit zwischen 1466 und 1475. Verwandte in in Condé-sur-l’Escaut setzten für Joaquin Deprez ein Testament auf. Später sollte er über die geerbten Ländereien dort verfügen, wo er den Lebensabend verlebte.


    Spätestens seit Anfang 1475, dokumentarisch belegt im April 1477 war er am Hofe des Herzogs von Anjou in Aix-en-Provence als Sänger in der Hofkapelle tätig. Dieses Porträt seines Dienstherren stammt von Nicolas Froment.



    Für 1478 gibt es einen entsprechenden Beleg. Sollte Josquin Deprez dem Herzog bis zu seinem Tod 1480 gedient haben, könnte er zusammen mit der Hofkapelle anschließend in den Dienst von König Ludwig XI. dem Grausamen von Frankreich (Regierungszeit 1461–1483) in die Sainte-Chapelle in Paris übernommen worden sein, weil die Herzogtümer Anjou und Bar als „erledigte Lehen“ betrachtet wurden und an die französische Krone fielen.



    König Ludwig XI erlitt im September 1481 einen Schlaganfall und ließ in der Folgezeit in der Sainte-Chapelle des Palasts täglich sieben Uhr morgens eine von ihm gestiftete Messe von acht Sängern der übernommenen Kapelle des Herzogs singen, wobei gut möglich ist, dass Desprez hier mitwirkte. Auch wurde seine Motette „Misericordias Domini in aeternam cantabo“ offensichtlich für den erkrankten König geschrieben; dieser ließ den Text auf fünfzig riesige Pergamente schreiben und in den Räumen seiner Residenz im Schloss Plessis-lès-Tours aufhängen.

    Etwa 1483 oder 1484, nach dem Tod von König Ludwig XI., ging Josquin nach Italien und ist im Haushalt des mächtigen, luxusliebenden und kunstsinnigen Kardinals Ascanio Sforza (1455–1505) in Mailand nachweisbar.



    Der hohe kirchliche Würdenträger übersiedelte im August 1484 nach Rom und Josquin schloss sich ihm als Mitglied seines Hauses an. Hier fungierte Ascanio als Mailänder Verbindungsmann am päpstlichen Hof und wurde zu einem Mittelpunkt des gesellschaftlichen und künstlerischen Lebens. Josquin wirkte in Rom ab Juni 1486 bei dem Chor der päpstlichen Kapelle mit, war dort nachweislich anwesend von September 1486 bis Januar 1487, im September 1487 und von Juni 1489 vielleicht sogar bis 28. Februar 1495.


    Während dieser Zeit, schon vor 1485, plante Josquin, die Dienste Ascanios zu verlassen und wird in einem späteren Beleg vom 11. Februar 1489 als Sänger in der Hofkapelle des Mailänder Herzogs Gian Galeazzo Sforza (1469–1494) bezeichnet, offenbar nur eine vorübergehende Mitwirkung. Das Porträt des Herzogs mit den wallenden Haaren malte kein Geringerer als Leonardo Da Vinci.



    Nach seiner Zeit in Rom hatte Josquin Desprez möglicherweise eine Beziehung zum burgundischen Hof von Philipp I dem Schönen von Österreich, König von Kastilien und Herzog von Burgund, weil er diesem im Jahr 1495 ein Exemplar seines Stabat mater zuschickte.



    Sehr wahrscheinlich ist aber, dass der Komponist nach Ausscheiden aus der päpstlichen Kapelle, zumindest für 1501 bis 1503, an die Hofkapelle des französischen Königs Ludwigs XII. († 1515) wechselte. Von anonymer Hand stammt dieses Seitenprofil



    Josquin Desprez wurde im Jahr 1503 zur Hofkapelle von Herzog Ercole I. d’Este nach Ferrara abgeworben. Herzog Ercole war auf der Suche nach einem neuen Kapellmeister und hatte mit Hilfe seines Agenten nach Kandidaten in Frankreich gesucht. Ein anderer Agent Ercoles suchte in Savoyen Sänger für Ercoles Hofkapelle und konnte von dort Heinrich Isaac als möglichen Kandidaten für die Leitung der Kapelle benennen. Es kam zu brieflichen Rückmeldungen der Agenten an den Herzog über die Qualitäten der gefundenen Kandidaten, in dem er, nach erfolgter Begutachtung einer Probekomposition Isaacs, beide Komponisten und deren Qualitäten vergleicht. Hier heißt es unter anderem:


    „Ich muss Euer Gnaden mitteilen, dass Isaac der Sänger in Ferrara gewesen ist und eine Motette über eine ‚La mi la sol la sol la mi‘ betitelte Fantasie geschrieben hat; diese ist sehr gut, und er schrieb sie in zwei Tagen. Daraus kann man nur schließen, dass er sehr schnell in der Kunst der Komposition ist; im übrigen ist er gutartig und umgänglich. … er hat sich die Zeit von einem Monat für die Antwort ausbedungen, ob er dienen will oder nicht. Wir haben … ihm 10 Dukaten pro Monat versprochen … Mir scheint er gut geeignet, Euer Gnaden zu dienen, besser als Josquin, weil er zu seinen Musikern von liebenswürdigerem Wesen ist und öfter neue Werke komponieren will. Dass Josquin besser komponiert, ist richtig, aber er komponiert, wenn er es will und nicht, wenn man es von ihm erwartet, und er verlangt 200 Dukaten als Lohn, während Isaac für 120 kommen will …“.



    Herzog Ercole von Ferrara akzeptierte letztlich die erkennbare Rolle des großen, wenn auch etwas schwierigeren Komponisten, entschied sich für Josquin und bewilligte ihm das geforderte, außerordentlich hohe Gehalt.


    Der Komponist hatte seine glänzende Stellung merkwürdigerweise schon nach weniger als einem Jahr aufgegeben. Die einzige Erklärung hierfür ist seine Flucht vor der Pest, die im Juli 1503 in Ferrara ausgebrochen war und auch zum Wegzug des Hofs im September 1504 führte.


    Josquin Desprez war nach einer Reise von über tausend Kilometern bereits am 3. Mai 1504 an seiner früheren Wirkungsstätte Condé-sur-l’Escaut eingetroffen, nachdem ihn das dortige Kapitel zum Propst gewählt hatte. Die dortige Stellung war für den ehemaligen Kapellmeister nicht nur wegen seines dortigen Haus- und Grundbesitzes attraktiv, sondern noch mehr wegen der guten Personalausstattung der Kirche und der Qualität der dortigen Musikausübung. Für einen Komponisten waren das ideale Arbeitsbedingungen. In dieser Stellung wirkte Joaquin Desprez 17 Jahre lang bis zu seinem Lebensende.


    Und wie sah der auch von seinen Komponistenkollegen hoch angesehene Josquin Desprez aus? Das Cover zeigt ein Porträt des Meisters der vokalen Polyphonie.




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  • Zu moderatos Beitrag kann ich nur sagen. WOW !! (oder WAU, wie man bei uns in Wien so treffend sagt)
    Mein Beitrag ist etwas bescheidener. Er zeigt aber einen der berühmtesten Persönlichkeiten seiner Zeit, Karl den Kühnen von Burgund (1433-1477). Da das KHM vor einigen Jahren eine temporäre Ausstellung über Karl den Kühnen gemacht hat, steht mir dieser interessante Herrscher, Herzog von Burgund eigentlich recht nahe, vor allem die familiären Verbindungen sind interessant, Wir werden sie im Laufe dieses Threads sicher indirekt kennenlernen.
    Karl der Kühne war Sohn von Philipp III dem Guten (1396 - 1467) dessen Abbildung in einer Buchmalerei im Malerei - Rätselthread mich eigentlich zu diesem Thread , wo wir uns grade befinden, angeregt hat... Karls Mutter war Isabella von Portugal.
    Heute möchte ich esa Bildnis von Karl dem Kühnen zeigen, das von Rogier van der Weyden (ca 1400 - 1464) ca 1460 gemalt hat. Eigentlich stehlt man sich einen "Kühnen" etwas forscher vor, aber in den Augen sieht man IMO planendes Kalkül, Willenskraft und Intelligenz.
    Aber er war auch prunkliebend und war immer mit Kriegsstrategien beschäftigt. Dennoch ließ er sich 1477 auf eine Schlacht mit einem ungleich stärkeren Gegner ein, deren Ausgang eigentlich voraussehbar war. In ebendieser Schalcht, der Schlacht von Nancy fiel er auch. Sein gefrorener, nackter und von Wölfen angefressener Leichnam war nur schwer identifizierbar.......

    Rogier van der Weyden: Karl der Kühne (1460)


    Für Liebhaber der Musik dieser Zeit (15 und 16 Jahrhundert) empfiehlt sich die hier abgebildete CD (Analogaufnahme vom 1977-82) in superber Tonqualität. Tüftler mögen einwenden, daß Karl der Kühne ja bereits im 15 Jahrhundert gestorben sei. Aber seine Tochter Maria übernahm Burgund, aud das allerdings auch der französischen König Ludwig XI ein Auge hatte. Um ihr Erbe zu schützen heiratete Marie Erzherzog Maximilian von Österreich, dern wir später als Kaiser Maximilian I (siehe weiter oben im Thread) kennen. Damit wurde nach damals geltenden Recht, die Herzogswürde von Burgund auf Maximillian übertragen, der somit auch Herzog von Burgund wurde. Maria starb indes im Alter von 25 Jahren an den Folgen eines Reitunfalls.

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  • Lieber Alfred Schmidt


    Bleibt noch zu erwähnen, dass es die schweizerischen Eidgenossen, das heisst die Söldner, waren, die Karl den Kühnen zur Strecke brachten. Ich mag mich an meinen Geschichtsunterricht der Schulzeit erinnern, in der die Taten der Schweizer glorifizierend im Geschichtsbüchlein dargestellt wurden. Um sich die Reihenfolge der Schlachten einprägen zu können, lernte die Klasse diesen Spottvers der Eidgenossen als Eselsbrücke "Karl verlor in Grandson das Gut, in Murten den Mut und in Nancy das Blut". Dies ist allerdings eine verkürzte Darstellung der Ereignisse: Laut dem Aargauer historischen Taschenbuch erstmals bezeugt in einem „alten Holzschnitt“ in der Fassung "Herzog Carolus verlor vor Elicurth den Muth (1474), vor Granson das Gut (1476), vor Murten den Hut (1476), vor Nancy das Blut."
    Vergessen ging im Schulunterricht uns Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass diese kriegerischen "Heldentaten" mit grösster Brutalität von beiden Seiten vollzogen wurden.


    Karl des Kühnen Wappen mit seiner Wortdevise "Je lay emprins" = Ich hab es gewagt



    Geschichtlich Interessierte werden hier unter diesem Link noch mehr über die Hintergründe erfahren können, die dem burgundischen Herrscher und zu seiner Zeit modernsten Armee den Garaus machten und den mächtigen Flächenstaat von der Landkarte tilgten:


    "https://www.welt.de/geschichte/article160885772/Diese-Typen-vernichteten-die-beste-Armee-ihrer-Zeit.html"


    Mit herzlichem Gruss nach Österreich aus den habsburgischen Stammlanden


    moderato
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  • Ein bedeutender Habsburger Herrscher war Rudolf IV (1339-1365) genannt der Stifter. Er hatte somit eine kurze Lebensspanne von 26 Jahren. Er war Herzog und regierte sieben Jahre von 1358 bis 1365 über die Herzogtümer Österreich, Kärnten und Steiermark, von 1363 bis 1365 außerdem über die Grafschaft Tirol und seit 1364 auch über das Herzogtum Krain.



    Trotz seiner kurzen Regierungszeit war sein Wirken für das Österreichische Staatsgebiet und die Macht der Habsburger von grundlegender Bedeutung. Seine Ambitionen galten der Verbesserung der Stellung seines Herrschergebietes. Zwei Beispiele sollen das belegen:


    Die Nachfolgeschaft eines Herrschergeschlechtes war nicht immer gesichert. Eine Ehe konnte kinderlos bleiben oder die hohe Kindersterblichkeit konnte das Aussterben eines Herrschergeschlechts bewirken, weil kein erbberechtigter Nachkomme überlebte. 1364 schloss Rudolf mit seinem Schwiegervater Kaiser Karl IV. den Brünner Erbvertrag. Darin wird die gegenseitige Erbfolge von Habsburgern und Luxemburgern im Fall des Aussterbens einer der beiden Dynastien geregelt.


    Unlautere Mittel wurden von Rudolf IV auch eingesetzten bei der Durchsetzung seiner Machtansprüche. Er fälschte eine Urkunde, das Privilegium Maius, damit die Dynastie der Habsburger den Kurfürsten im Heiligen Römischen Reich gleichstellt wurde. In der Goldenen Bulle waren die Herzöge von Österreich nicht erwähnt und konnten für die Wahl des römisch-deutschen Königs resp. Kaisers nicht berücksichtigt worden. In diesem in Urkundenform verfassten kaiserliches Gesetzbuch von 1356 waren die Modalitäten der Wahl und der Krönung der römisch-deutschen Könige und Kaiser durch die Kurfürsten geregelt. Es war das wichtigste „Grundgesetze“ des Heiligen Römischen Reiches.


    Rudolf IV gründete in seinem Todesjahr 1365 die Universität Wien, die älteste Bildungseinrichtung im deutschen Sprachraum.


    Er legte 1359 den Grundstein zum Stephansdom in Wien, wo er in der Gruft bestattet wurde. Auf den Ausbau der Kirche St. Stephan wird sein Beiname Der Stifter zurückgeführt.
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  • Wie haben sie weiter oben im Thredd bereits einmal erwähnt, die Tochter von Karl dem Kühnen, Maria von Burgund und erste Frau von Maximillian I (einer breiteren Öffentlichkeit als "der letzte Ritter" bekannt) Auf diesem Portrait von Michael Pacher (ca 1435-1498) trägt sie den Hennin, eine stumpfe oder spitze kegelförmige , we Haube mit daran befestigtem Schleier (Flinder), welche insbesonder in Burgund in Mode war (detailliertere Beschreibung bei Wikipedia)
    Sie galt als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit, sprach flandrisch und französisch und hatte Lateinkenntnisse, war in Geschichte unt Religun bewandert, geschickz in der Handarbeit und musikalisch noch dazu. Ein Reitunfell führt zu ihrem frühen Tod


    Hier sehen wir ein sehr ähnliches Bild, welches Niklas Reiser zugeschrieben wird, der zwischen 1497 und 1512 als Maler in Tirol nachweisbar ist Die genauen Lebensdaten scheinen unbekannt zu sein.


    Die beiden BIlder sind IMO - bei aller scheinbaren Ähnlichkeit - von stark unterschiedlicher Qualität und offensichtlich ist ein Bild hier vom anderen abgemalt (in damaliger Zeit (und auch später) durchaus üblich, nicht alle Herrscher waren bereit lange Modell zu sitzen,


    Wir sehen beim oberen Bild einen neutralen Hintergrund und eine sehr genaue Ausarbeitung der Züge, wie wir sie bei einigen Bildern von Hans Holbein (Beispiel: Portrait von Jane Seymour) finden, die aber in der Wiedergabe von Stoffen etc wesentlich naturnäher waren. Durch den Verzicht von Beiwerk rückt Pacher die Person in den Vordergrund


    Die Kopie (??) von Nikolas Reiser geht indes in eine andere Richtung. Entsprechen eine anderen Mode der Zeit lässt er Maria bei offenem Fenste mit Blich auf eine Phantasielandschaft posiern (eigentlich geht der Blick vorbei) und betont ihren gesellschaftlichen Stus durch die Brokat- oder Seidentapete ebenso wie durch ein offensichtlich teures Kleid der Schmuck ist identisch mit dem Vorbild. Die Nase Marias wurds leicht begradigt, was ihr eigenartigerweise ihr aparte Schönheit nimmt.
    Die Gesichtzüge sind flacher, der Ausdruck dadurch stumpfer und puppenhafter, alles , sogar die Mauer ist unnatürlich und schablonenhaft.
    Zur Zeit des Entstehens war das Portrait aber vermutlich (wenn auch leicht in Richtung Mittelalter gewandt) ein ein offizielle Demonstration herzoglichen Machtanspruches.


    mfg aus Wien
    Alfred






    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Und mit Maria von Burgund sind wir wieder bei Maximilian I gelandet. Ihn heiratete sie nämlich nach dem Tod ihres Vaters um den Begehrlichkeiten anderer Herrscher entgegenzutreten, die ein oder zwei Augen auf Burgund geworfen hatten. So fand ich es jedenfalls im Internet, allerdings wurden schon zu Lebzeiten Karls des Kühnen über diese Ehe Verhandlungen begonnen. Sie wurde per procurationem geschlossen.
    Dennoch muß sie aber sehr glücklich gewesen sein, denn obwohl nach Marias frühem Tod Maximilian im Laufe seines Lebens zwei weitere Ehen schloß, kam er indes über den Tod Marias nicht wirklich hinweg.


    Dürers Bildnis des Kaisers von 1519 (kurz vor dessen Tod) ist wohl das schmeichelhafteste, das uns überliefert ist, und auch das eindrucksvollste.
    Ich bin mit Dürer als Porträtisten indes nicht ganz einverstanden, er dichtete gerne bei seinen Portraits, so ist der Kaiser hier trotz großer Nase beinahe ein "schöner Mann" mit durchgeistigtem Blick, voll staatsmännnischer Weisheit. Wir finden das bei keinem anderen Maler. Aber das hier ist mit Sicherheit ein "offizielles" Bild das auch eine bestimmte Aussagekraft haben sollte, der Grantapfel, der den Reichsapfel symbolisiert, der Verzicht auf Krone und Insignien der Macht - was aber durch den teuren Pelz relativiert wird und durch die Haltung, die durchaus majestätisch, nie aber "erhaben" ist. Das IMO vorzüglich erhaltene Gemälde gehört zum Bestand des Kunsthistorischen Museums Wien.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Immer wieder werden wir in diesem Thread Sprünge durch Zeit und Raum erleben, aber es geht ja jier nicht um eine minutiöse, korrekte Aufbereitung Europäischer Geschichte (wenngleich sie natürlich eine Rolle spielt) sondern darum, um Herrscherpersönlichkeiten und ihr Umfeld, deren Namen vielen gekäufig sind, wie durch ein Zeitfenster zu betrachten, gemalt von ihren Hofmalern oder den Großen Meistern ihrer Zeit. Manche dieser Personen haben aber auch einen Bezug zur Musik, als Förderer der schönen Künste (meist nicht ganz uneigennützig), aber auch oft als historische Persönlichkeiten in Operntexten


    Eine dieser Persönlichkeiten war Francois I von Frankreich (1494-1547)aus dem Hause Valois
    Er war ein Anhänger der Schönen Künste, die er förderte. Seine Züge sind uns durch zahlreiche Maler überliefert, in der Oper hat er in der Figur des "Herzogs von Mantua" in Verdis Rigoletto überlebt, da die Zensur es verbot, daß eine historische Herrschergestalt - wie sie Victor Hugos Sprechstück und Vorlage zur Oper,"Le roi s’amuse" als sexbesessener Wüstling auf der Bühne dargestellt werde. Bezeichnend dafür ist, daß die Zensur im Stück dann beleidigende Anspielungen auf Louis-Philippe I. (1773-1850) enthielt, Offiziell erfolgte das Verbot aber aus dem Grunde, daß das Stück "unmoralisch" sei. Verdis Librettist arbeitete das Stück als Libretto aus und änderte es ab, wobei die Namen der Hauptakteure geändert wurden. So verschwand Francois I von der Opernbühne



    Das hier eingestellte Portrait stammt von Joos van Cleve, eigentlich Joos van der Beeke (1485-1540) und gibt den König, vergleicht man mit den Bildnssen anderer Maler, sehr realistisch wieder, er ist sofort zu erkennen. Nicht von äusserer Schönheit gezeichnet, wirkt er auf den mir bekannten Portraits stets entspannt bis freundlich, bei Cleves Bild kommt noch eine Andeutung von analytisch agierender Intelligenz dazu.


    Inwieweit solche Eindrücke der Realität ensprachen kann man nur herausfinden, wenn man sich etwas mehr mit der jeweils abgebildeten Person befasst.
    Dazu möge dieser Thread eine willkommene Anregung sein.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hier ein weiteres Portrait von Francois I, etwas um 1530 vom Hofmaler Jean Clouet (und einem Sohn Francois Clouet ?) gemalt
    Der Stil erinnert ein wenig an Hans Holbein, der indes im Allgemeinen seine Portaits vor einen einfarfigen Hintergrund gestellt und ihnen somit mehr Wirkung verliehen hat. Vergl. Holbeins Poertrait von Heinrich VIII in Beitrag Nr 6. Beiden Bildnissen ist indes gemein, daß sie mittels detailliert prunkvoller Kleidung das Auge des Betrachters vom Gesicht weglenken, das vielleicht allzu realitätsnah wiedergegeben hat. Es gibt andere Bildnisse von Francois 1 wo der jeweilige Portraitist gnädiger mit seinem Modell verfahren ist.
    .


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nach einem Vieteljahr Ruhe wird es höchste Zeit, diesen Thread wiederzuerwecken.


    Ich bin ja in meinen Urlauben seit vielen Jahren regelmäßig in (Nord-)Tirol, und da ich mich gern auch mit der Geschichte, insbesondere der Kulturgeschichte, meiner Reiseziele befasse, kann dieser Mann nicht übersehen werden:


    Ferdinand II. Erzherzog von Österreich (* 14. Juni 1529 in Linz; † 24. Jänner 1595) aus dem Hause Habsburg war von 1564 an Landesfürst (gefürsteter Graf) von Tirol.


    Hier ist er zu sehen auf einem Portrait, gemalt von Francesco Terzio, entstanden nach 1557:


    Francesco_Terzio_002.jpg


    Ferdinand II. hat eine hochinteressante Biografie. Er war heimlich verheiratet mit einer Patriziertochter aus Augsburg, verhalf in seinem Herrschaftsbereich der katholischen Gegenreformation zum Erfolg und gilt mit der Schaffung einer "Kunst- und Wunderkammer" auf Schloß Ambras als einer der Begründer des modernen Museumswesens.


    Es gäbe noch viel mehr zu schreiben zu Ferdinand II., ich bin wirklich noch am Anfang der Beschäftigung mit ihm.


    Bei meinem letzten Tirol-Urlaub habe ich mir dieses frisch erschienene Buch gekauft, welches ich durchaus empfehlen kann:


    9783709972939.jpg

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)