Rosette Anday - Eine überragende Altistin der 30er Jahre

  • Erstaunlich, daß es von dieser überragenden Altistin und festen Stütze der Wiener Staatsoper noch keinen eigenen Thread gibt. Vielleicht gibt es im Forum Jemand, der hierzu einige Zeilen schreiben möchte.

    W.S.

  • Hallo Wolfgang,


    schön, dass Du an Rosette Anday erinnerst. Erst vor wenigen Tagen habe ich mir Aufnahmen von ihr angehört. Das war eher Zufall, da ich kurz zuvor die CD "Marcel Prawy - Lieblinge meiner Jugend" eingelegt hatte (mit Lotte Lehmann, Beniamino Gigli, natürlich Jan Kiepura, Maria Jeritza, Alfred Piccaver, Leo Slezak, Richard Mayr, Richard Schubert, Richard Tauber und eben Rosette Anday). Auf der Prawy-CD ist Rosette Anday mit "Sieh, mein Herz erschließet sich" aus Samson und Dalila zu hören. Das reichte mir aber nicht, daher griff ich zu der o. a. Preiser-CD.


    Rosette Anday (12.12.1903-22.12.1977) wurde in Budapest geboren und lernte zunächst Geige. Sie studierte auch Komposition bei Béla Bartók. Danach erst ließ sie ihre Stimme ausbilden. Bereits mit 17 Jahren debütierte sie in Budapest. Die Partie der Carmen von Bizet hat sie mehr als 500mal (!!) auf der Bühne gesungen - neben ihrer Muttersprache ungarisch auch in deutsch, französisch und italienisch. In Wien hat sie auch ca. 100 Rollen verkörpert und gehörte zu den Stars des Staatsopern-Ensembles. Auch in Salzburg war sie ein gern gesehener Gast.


    Ihre Stimme war ein tiefer Alt, von großer Klangfülle und reichte mühelos bis zum "c". Kritiker bemängelten, dass ihre Stimme wegen fehlender Leichtigkeit an Flexibiliät einbüßte. So neigte sie auf der Bühne wohl häufiger zu Verlangsamungen und übermäßigen Dramatisierungen.


    Dennoch finde ich, dass sie beispielsweise "Stride la vampa" aus Verdis "Trovatore", "Sei stille dem Herrn" aus "Elias" von Mendelssohn oder Glucks "Ach, ich habe sie verloren" mustergültig interpretiert.

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Lieber Manfred!


    Vielen Dank für deine interessanten Zeilen zu Rosette Anday. Ich besitze drei LP von Preiser mit Arien und Liedern dieser hervorragende Altistin.
    Warum die Firma Preiser davon nur eine als CD herausbrachte, ist mir ein Rätsel. Die Nummern II und III sind als LP kaum zu bekommen.


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Kritiker bemängelten, dass ihre Stimme wegen fehlender Leichtigkeit an Flexibiliät einbüßte.


    Das finde ich gar nicht. Dennoch ist diese Zitat interessant, lieber Manfred. Ich werde es im Hinterkopf behalten. Mir gefällt, dass sie manchmal sehr veristisch klingt. Wer sich für Rosette Anday interessiert kann - was Aufnahmen anbelangt - aus dem Vollen schöpfen. Für ihre Generation ist sie ganz vorzüglich dokumentiert. Wolfgang hat bereits die wichtigen Preiserplatten genannt. Darüber hinaus findet sie sich auch in der großen Edition von Koch/Schwan mit Liveaufnahmen der Wiener Staatsoper in vielen Teilen - hier Box 9:



    Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie als Jüdin für Jahre Auftrittsverbot hatte und der Deportation durch die Nazis nur durch ihre Ehe mit einem "Arier" entging. In den Annalen der Wiener Staatsoper füllen ihre Auftritt in den unterschiedlichsten Rollen mehrere Seiten. Noch 1960 ist sie als Agnes in der "Verkauften Braut" aufgetreten. Sie kannte keine Grenzen zwischen den Genres und ist sogar als Mrs. Peachum in einem Plattenqueschnitt durch die "Dreigroschenoper" erhalten. Nach dem Ende der Hiterdiktatur konnte sie an frühere Erfolge anschließen mit etlichen Auftritten bei den Salzburger Festspielen und ihrer berühmten Brangäne im "Tristan" an der Mailänder Scala an der Seite von Max Lorenz und Kirsten Flagstad.


    Alle Sammleranstregungen wert ist ein konzertanter "Ring des Nibelung von 1949 aus Wien unter Rudolf Moralt - hier der "Siegfried":



    Die Anday singt die Erda, die Fricka in der "Walküre" und die Waltraute in der "Götterdämmerung". Hier in einer frühen Aufnahme mit der Erzählung der Wotanstichter angeblich von 1928:



    https://www.youtube.com/watch?v=SYyX0g6SozY


    Und auch Operette ist im Angebot - mit ihr als Czipra:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Alle Sammleranstregungen wert ist ein konzertanter "Ring des Nibelung von 1949 aus Wien unter Rudolf Moralt - hier der "Siegfried":


    Ich greife diese Anregung gerne auf und kaufe diese Einspielung. Natürlich, um sie zu hören.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*