Uuno Klami - Der finnische Impressionist


  • Geboren am 20. September 1900 in Virolahti (Finnland)


    Gestorben am 29. Mai 1961 ebenda

    Uuno Klami betrat die Bühne des finnischen Musiklebens etwas später als z.B. Aarre Merikanto und Väinö Raitio, ist aber dennoch mit gutem Grund im Zusammenhang des Modernismus der 20er-Jahre zu betrachten. Klamis Tonsprache umfasst Einflüsse vor allem aus der neuen französischen und russischen Musik jener Zeit. Auch Jazz-Einflüsse und neoklassizistische Impulse sind in seinen Werken zu bemerken, aber er interessierte sich auch für finnisch-nationale Motive, die er in einer neuen, frischen und nicht-sibelianischen Weise behandelte. Die Namen vieler seiner Werke reflektieren die neoklassizistische Welt (z.B. Hommage à Händel 1931, Ragtime and Blues 1931), aber viele knüpfen auch an finnische Motive an.


    Zu seiner Zeit war Klami ein viel beliebterer Komponist als Merikanto, Raitio oder Ernest Pingoud, was auf seinem farbenreichen und leicht zu erschließenden Stil beruhte; im Vergleich wirkten z.B. Pingouds Werke zweifellos esoterisch und schwer verständlich. Nach seinem Tod teilte Klami das Schicksal vieler moderner Künstler des frühen 20. Jahrhunderts: Im Licht der neuen Avantgarde der Nachkriegsjahre wirkten seine Kompositionen überholt und altmodisch. Das heutige Interesse an seiner Musik während der letzten 20 Jahre bedeutet eine wirkliche Renaissance. Klamis musikalisches Schaffen wurde fleißig erforscht (u.a. durch Helena Tyrväinen, Erkki Salmenhaara, Kalevi Aho und Marjo Valkonen), und auch die Uuno-Klami-Gesellschaft, die 1987 gegründet wurde, förderte Klamis Bekanntheit. Zu Lebzeiten genoss Klami sogar ein gewisses internationales Renommee. Der berühmteste Dirigent, der Klamis Musik je aufführte, war Leopold Stokowski.


    Klami wurde gewöhnlich als rätselhafte und geheimnisvolle Figur betrachtet, und einige Phasen seines Lebens – wie die Entstehungsphasen einiger Werke – sind noch heute unbekannt. Verschleiernd wirkt sich weiterhin auch das Faktum aus, dass Klamis eigene Berichte über z.B. seine Studienreisen ins Ausland nicht immer zuverlässig sind.


    Uuno Klami stammte aus Virolahti im südöstlichen Finnland. Er begann bereits 1915, am Musik-institut Helsinki Musik zu studieren und setzte seinen Studien unter Leitung von Erkki Melartin in mehreren Phasen fort.


    1924–25 wohnte Klami in Paris und wurde u.a. mit Maurice Ravel und Florent Schmitt bekannt. Er beschäftigte sich in Paris wahrscheinlich nicht mit formalen Studien, aber desto wichtiger waren die Erlebnisse, die die neue Orchestermusik ihm gab: Er hörte, soweit man weiß, u.a. Ravels Orchesterwerk Rhapsodie Espagnole (nach Klami „die schönste Partitur der Welt“), Sergei Prokofiews Skythische Suite und Werke von Manuel de Falla. In Paris schrieb Klami sein erstes Klavierkonzert, dessen Jazz-Elemente und im Orchester platzierten Saxophone in Finnland Aufmerksamkeit erregten. Nach Ernest Pingous Vorschlag gab Klami dem Werk den Namen "Une Nuit à Montmartre". Das Werk war zusammen mit u.a. "Karjalainen rapsodia" („Karelische Rhapsodie“) in Klamis erstem Kompositionskonzert in Helsinki zu hören. Auch die Rhapsodie bedeutete einen neuen Schritt in der Geschichte der nationalen finnischen Musik: Klami behandelt ein nationales Motiv auf neue Weise, nicht unähnlich Igor Strawinskys Petruschka.


    Nach dem Kompositionskonzert reiste Klami nach Wien, um dort 1928–29 für ein halbes Jahr zu studieren. Über Klamis Aufenthalt in Wien sind nicht viele Einzelheiten bekannt: So konnte die Angabe, Klami habe bei Hans Gál studiert, bisher nicht durch unabhängige Quellen bestätigt werden. In Wien hörte Klami u.a. Konzerte, die von Richard Strauss dirigiert wurden, und Béla Bartók selbst am Klavier; letzterer machte auf Klami großen Eindruck.


    Im Hinblick auf Klamis Wiener Aufenthalt ist der Bolero von Ravel und dessen Beziehung zu Klamis Orchesterwerk 3 Bf (aus Merikuvia, dt. „Meeresbilder“, 1928–30) interessant. 3 Bf ähnelt Ravels Werk auffallend, und in Finnland war man lange Zeit unsicher, ob Klami den Bolero nicht bereits gehört hatte, bevor er sein eigenes Werk komponierte. Im Lichte des neuesten Kenntnisstandes war dies sehr wohl der Fall. Die Studienreise nach Wien führte Klami nicht näher an die deutschsprachige Kultur heran; er bezog seine Einflüsse auch weiterhin aus der französischen und der russischen Tonkunst.


    Nach seiner Reise nach Wien begann Klami mit der Konzeption eines großen Kalevala-Werkes. Der Kompositionsprozess war – für Klami durchaus typisch – wechselvoll; in einem gewissen Stadium hatte er Pläne, ein Kalevala-Oratorium zu komponieren, aber schließlich wurde es die fünfteilige Kalevala-Suite für Orchester. Die endgültige Version wurde 1943 uraufgeführt. Die Kalevala-Suite
    brachte wieder einen neuen Stil in die Geschichte der finnisch-nationalen Kompositionen ein: Das Werk nähert sich dem Primitivismus von "Le Sacre du Printemps" von Strawinsky. Typische Merkmale sind z.B. kurze intensive Tonmotive und statische „erwartungsvolle“ Stimmungen. – Die "Tseremissiläinen fantasia" („Tscheremissische Phantasie“, 1931) für Cello und Orchester setzte wiederum die Linie der Werke mit karelischen und finnisch-ugrischen Motiven fort.


    In den 30er-Jahren komponierte Klami auch das umfangreiche zweiteilige Werk "Psalmus" (1931–36) für Solisten, Chor und Orchester. Die romantischen Züge des "Psalmus" verleihen Klamis Image als Komponist neue Nuancen. Das unvollendete Ballett "Pyörteitä" („Wirbel“) ist Klamis drittes Hauptwerk. Es knüpft ebenfalls – allerdings ziemlich locker – an die Welt des Kalevala an. Das Werk kam erst in den 80er-Jahren an die Öffentlichkeit, und man hat den ersten und zweiten Akt aufführen können; der erste Akt wurde 1988 von Kalevi Aho orchestriert.


    Weitere Werke aus Klamis späterem Schaffen sind u.a. das Violinkonzert (dessen erste Version von 1940–43 verloren ging; die
    zweite Version wurde 1954 vollendet) und "Laulu Kuujärvestä" („Lied aus Kuujärvi“ zum Text von Yrjö Jylhä, 1956), das Klamis Kriegserfahrungen verarbeitet.


    Klami wurde 1959 zum Mitglied der Akademie Finnlands ernannt. Der nach ihm benannte Kompositionswettbewerb für junge Komponisten in Kotka/Südostfinnland wurde 2003–04 ins Leben gerufen.


  • Ich habe mich immer wieder mal mit Klamis Musik beschäftigt, und sie erweckte mein Interesse. Ein ziemlich guter Einstieg ist die (nicht mehr erhältliche) Doppel-CD aus der Finlandia-Reihe "Meet the Composer":



    Die erste CD daraus wird von Leif Segerstam dirigiert und umfasst die Werke "All' ouverture", "Sea Pictures" und die "Kalevala-Suite", die besonders hörenswert ist.


    Es gibt dann noch eine mittelmässige Naxos-CD unter Jorma Panula und eine ebenso mittelmässige Chandos-CD unter Petri Sakari. Das Geld für diese beiden CDs kann man sich sparen.


    Aber diese CD ist jeden Cent wert:



    Diese Einspielungen sind grandios, idiomatisch und klanglich gesehen äusserst dynamisch und räumlich perfekt gestaffelt. Besonders "Aurora Borealis" (Northern Lights) ist ein Meisterwerk für sich.


    Der "classicstoday"-Rezension kann ich mich nur vollumfänglich anschliessen:


    https://www.classicstoday.com/review/review-15287/?search=1

  • Vor ca.10 Jahren fand abgebildete NAXOS_CD eher zufällig in meine Sammlung.
    Die Werkbezeichnungen erinnerten an Sibelius und erweckten so mein Interesse. Das Hörergebnis empfand ich dann als nicht so erbaulich - eher liegen nur "ganz nette" Stücke vor, bei denen mir dann doch der inhaltliche und hörakkustische Bezug zu Sibelius fehlte. Ich hatte mir deutlich mehr versprochen ...


    Die CD liegt seitdem "brach"... ggf werde ich mir diese dieser Tage nocheinmal vorknöpfen und mich hier noch einmal melden, wenn ich etwas wesentliches "überhört" hatte.


    NAXOS; 1998, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Diese Naxos-CD hatte auch bei mir keinen Eindruck hinterlassen, weswegen ich Uuno Klami ungerechtfertigterweise als uninteressant abgestempelt hatte. Ein fataler Fehler, wie sich nun erwiesen hat. Ich werde mir die CD aber auch nochmal genau anhören.


    Du solltest Dir auf jeden Fall die von mir oben gezeigte Ondine-CD unter John Storgards besorgen, auch wenn sie im Hochpreissegment liegt. Es würde mich sehr wundern, wenn sie Dich nicht ansprechen würde. Hier sind alle drei Stücke hervorragend dargeboten. "Northern Lights" ist für mich, wie gesagt, eine absolute Entdeckung. Aber auch die "Kalevala-Suite" finde ich hier fantastisch. Klami ist eben kein Sibelius - und will es auch gar nicht sein. Dadurch wurde er in Finnland praktisch automatisch zum Aussenseiter. Er hat sich eben sehr an Ravel, Debussy und Prokofiev orientiert. Und das ist hörbar.


    Gib Ihm eine Chance, teleton!

  • Gib Ihm eine Chance, teleton!


    :hello: Werde ich machen.
    Aber mich wundert es schon, dass die NAXOS_CD bei uns Beiden so wenig überzeugen konnte.
    Den gerade Jorma Panula kenne ich als ausgezeichneten Interpreten von Werken des nordischen Komponisten Einar Englund, die er mit grossem Hörerfolg und fabelhafter Umsetzung darbietet (auch auf Naxos).


    Von der (von Dir gezeigten) Finlandia-Serie Meet the Composers, habe ich die Doppel-CD´s von Engund, Merikanto und Kokkonen.
    Die von Merikanto war eher weniger "erbaulich". Ich denke bei Merikanto sind es nur die 3 KK, die bei ihm richtig zünden ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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