Von Gemälden, Malern, Fälschern, Spekulanten und Gutachtern - ein Hexenkessel

  • Das Thema wurde ja schon implizit im Bereich des Coverbildrätsels angeschnitten, nämlich die Frage wie kriminell sich ein Fälscher verhält, der von ihm selbst gemalte Kopien oder (sicherer !!) Stilkopien als Originale verkauft, welche Rolle der "Markt hier spielt und wie ein "Original" bewertet wird.
    Ich hatte dieses Thema schon vor 2 oder drei Wochen im Hinterkopf, habe es dann aber vergessen, erst der Kurzstückmeister hat es mir erneut in Erinnerrung gerufen.
    Gemälde waren immer schon teuer, auch zu Zeiten wo sie entstanden sind. Hier kann man sich die Frage stellen: Warum ? Und warum waren die Leute bereit das zu bezahlen ? Was waren die Kriterien ? Und warum wurde manche seit Jahrhunderten am Dachboden verschimmelnder Schinken als Kunstwerk eines berühmten Mahlers erkannt ? Fragen über Fragen...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    "warum ist kunst wertvoll" - ist das jetzt ernst gemeint - in einem "klassikforum"?


    Das ist ABSOLUT Ernst gemeint - denn der Begriff von "Kunst" hat sich ja in den Jahren doch merklich gewandelt. Ich behaupte, der "handwerkliche" Teil von dem was gemeinhin als "Kunst"bezeichnet wird, war früher stärker betont, man hat ihn als wichtig gesehen, eine Art verfeinertes Handwerk, gewissermaßen. Diese Meinung wird sogar von Johann Sebastian Bach vertreten der sich irgendwo in der Form geäussert hat, jeder, der nur genügend Fleiß aufbrächte, könne es in der Kunst zu etwas bringen (sehr frei aus dem Geächtnis zitiert - gewiss aber sinngemäß)


    Die Frage ist aber natürlich auch ein wenig hintergründig, soll aufs Glatteis führen, den heutigen Kunstbegriff, der ja IMO sehr schwammig ist, hinterfragen und in Frage stellen.


    Letztlich soll auch auf die Frage etwas differenzierter eingegangen werden, warum ein perfekter Kopist, dessen Werk vom Original kaum unterscheidbar ist, oder - noch besser - der ein bislang nicht existierendes Werk (ich erinnere mich hier an die "Vermeers" von Han van Meegeren) so stilecht nachempfand, daß die gesamte Fachwelt sie als Original bewertete. Sowei ich es richtig in Erinnerung habe, glaubte man Van Megeren die Autorenschaft nicht mal, als er bekannte die Bilder selbst gemalt zu haben. Man stellte ihm Pinsel Farben und Leinwand ins Gefängnis, damit er einen weiteren "Vermeer" kreiere - und somit beweise, daß er dazu fähig sei - was dann auch geschah. er malte in der Haft "Jesus unter den Schriftgelehrten" (Das Bild erzielte 1950 bei der Zwangsversteigerung des Nachlasses immerhin 3000 Gulden - obwohl inzwischen als Fälschung bekannt)


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dass Du da hin willst, weiß ich schon.
    Allerdings hast Du oben falsch herum angefangen.
    Denn Dich stört, dass van Megeren billig ist, nicht, dass Vermeer teuer ist.


    Allerdings solltest Du Dich darüber freuen, dass van Megeren billig ist, dann kannst Du eher einen kaufen.



    Oder wünschst Du doch, dass Vermeer billiger wird? Was soll das bringen?

  • Ich finde ja das Konzept mit den quasi unbezahlbaren Originalen der großen Meister, die im Museum hängen, und den vergleichseise extrem günstigen Stilkopien (die ganz so billig auch nicht sind) z.B. hergestellt von Restauratoren nicht schlecht. Auch Werke, deren Autorschaft nicht so klar ist, kann man durchaus um weniger als eine Eigentumswohnung kaufen.


    Wenn "der Skandal des Kunstmarkts" beschrieen wird, würde ich gerne mal ein Alternativkonzept sehen.


    Am besten ist: selber malen.
    :D

  • Es gibt hier eine historische Begebenheit, die sich nach Albrecht Dürers Tod - also nach 1528 - zutrug. Agnes Dürer, dessen Witwe - sie vermarktete die Werke Albrechts nach dessen Tod, interventierte in Venedig beim Dogen, daß in seinem Land Kopien der Stiche ihres verstorbenen Mannes hergestellt würden, die noch dazu von sclechter Qualität seine und seinem Ruf schadeten (Copyrightansprüche in heutiger Form gab es ja noch keine) - sowie einen BETRUG an den potentiellen Käufern bedeuteten.
    Der Doge ließ die Sache durch eine Komission beurteilen, die feststellte, daß die Kopien ebenso qualitiativ hochwertig seine wie die Originale, eine Schädigung der Käufe, also Betrug sei in diesem Falle nicht gegeben........


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auf dem Kunstmarkt und verwandten Gebieten (Autographen z.B.oder Buch-Raritäten, Erstausgaben etc.) herrscht zunächst einmal die Regel: eine Sache ist soviel wert, wie jemand bereit ist, hierfür zu zahlen.
    Viele Preise, die bei Versteigerungen erzielt werden, lassen den Betrachter ratlos zurück, wenn man z.B. den Horrorpreis sieht, den eine Mahler-Patitur neulich erzielt hat. Ein praktischer Nutzen ist mit dieser Partitur nicht verbunden, da ja eine kritische Gesamtausgabe der Partituren durch die IGMG existiert.
    Wahrscheinlich ist es der Wunsch, durch Besitz eines Werkes aus der Hand eines Meisters, irgendwie mit diesem und seiner Epoche in Verbindung zu stehen. Dies kann keine Reproduktion oder Fälschung, so exakt sie auch ist, erzeugen.
    Wegen der hohen Preise und der hierdurch erzeugten Spekulationsmöglichkeiten tummeln sich auf dem Kunstmarkt naturgemäß viele trübe Gestalten; in der Presse erfährt man ja oft über solche Fälle.


    Viele Grüße


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Irgendwie fängt der "Hexenkessel" kein Feuer.
    Ich fühle mich durch den Dogen nicht provoziert.
    In der Renaissance hat man auch versucht, gefälschte Antiken als solche zu verkaufen.

  • Zitat

    In der Renaissance hat man auch versucht, gefälschte Antiken als solche zu verkaufen.


    Da gab es noch ganz andere Sachen, nämlich die Repliken. Für Nichteingeweihte: Repliken sind üblicherweise Kopien (in unserem Falle eines Gemäldes), welche vom eigentlichen Künstler angefertigt wurden, also dasselbe Bild zwei - oder mehrfach gemalt und signiert und als "Original" verkauft. Das passierte vor allem bei Künstlern die mit Aufträgen überhäuft wurden. Es gibt da auch die Werkstatt-Replik, wo die Gesellen das Bild des Meisters kopieren, dieser dann Korrekturen vornimmt, die Feinheiten malt und das Bild letztlich selbst signiert. Solche Bilder sind über die museen der Welt verstreut und es ist schwierig das Original vom Werkstattbild zu unterscheiden, wenngleich es heute möglich wäre und auch in der Vergangenheit von Kennern recht gut unterschieden werden konnte - so man in der Lage war BEIDE verdächtigen Bilder gegeneinanderzustellen.
    Das war in der Vergangeneit (da meine ich beispilsweise das 16. oder 17. Jahrhundert) kaum möglich.
    Zum einen waren die Bilder über ganz Europ verstreut, zum anderen waren solche Bilder oft Repräsentationsgeschenke durch einebedeutend Persönlichkeit, also einen Kaiser, Künig oder Papst etc. Da nahm nan das Geschenk dann mit Freuden an und stellte nicht erst langwierige Untersuchungen über die "Echtheit" des Bildes an.



    Wir gehen bei unseren Überlegungen fürs erste also von einer Replik durch den Original-Maler aus:
    Wenn ein Bild einmal gemalt wurde, den ist es di Aufgabe des Kopisten - auch wenn er der Originalmaler ist, den Zustand des Originals täuschend ähnlich nachzuahmen. Das funktioniert bei Bildern, wie wir sie beispielsweise von mittelalterlichen Bildern oder von Hans Holbein, Pieter Bruegehel oder Cranach kennen, recht gut. der Pinselstrich ist fein und mit Bedacht geführt. Eher statisch - es ist kein Schwung darinnen.
    Anders sieht es schon bei Velazques späteren Bildern aus. Die kleider sind wunderbar plastisch und man kann den Stoff förmlich fühlen - allerdings nur aus der Entfernung. Kommt am solch einem Bild näher, dann bemerkt man, daß hier die Verzierungen und Reflexe des Stoffes nur hingetupt wurden. Das geschah mit Schwung und ist schwer nachzumalen. Man muss sich hier um zum selben Ergebnis zu kommen einer anderen Methode bedienen, die indes ein Gutachter erkennen SOLLTE.
    Chemische Untersucheungen solch eines Bildes sind in den wenigsten Fällen hilfreich, weil ja Zeit, Farbchemie , Maltechnick oder deren Imitation ein geschlossenes Ganzes darstellen und somit in der Regel stimmen


    Warum Werksattbilder in den seltensten Fäöllen "entlarvt" werden, werde ich euch im nächsten Beitrag verraten, bevor nicvht jemand anderer es vorher tut. Ich gehe überhaupt davon aus, daß "Kurzstückmeister" einige Einwände gegen manche Erklärungen meinerseits hat. Das ist völlig normal - und ich wäre eigentlich verwundert, wenn das nicht so wäre.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auf die Idee, beim Fälschungsthema über die Mehrfachausführungen von Motiven im Werkstattbetrieb zu schreiben, wäre ich nicht gekommen. Das hat mit Fälschungen nicht so viel zu tun. Außerdem suggerierst Du, dass es zwingend das Original des Meisters gäbe, von dem die Werkstatt Kopien erstellt hat - ich habe da eine andere Vorstellung: Es waren fast immer mehrere Hände beteiligt, und nur bei besonderen Anlässen schuf der Meister alleine, resp. geht man ja oft davon aus, dass besonders schöne Details vom Meister sind und anderes von der Werkstatt. Vom Meister sollte jedenfalls der Entwurf sein. Wenn man das vor Augen hat, ist es absurd, eine Ausführung durch die Werkstatt als "Fälschung" anzusprechen.

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  • Zitat

    Auf die Idee, beim Fälschungsthema über die Mehrfachausführungen von Motiven im Werkstattbetrieb zu schreiben, wäre ich nicht gekommen. Das hat mit Fälschungen nicht so viel zu tun

    .
    Das isr natürlich eine Betrachtungssache, ich behaupte aber, wenn die Existenz eines "Originals" im strengen Sinne in Frage gestellt ist, bzw ein solches, du definerst das in Deinem 2. Satz sehr gut, garnich existiert, weil eine Reihe von Werkstattbildern die Werkstatt verlassen hat, dann ist Fälschungen IMO Tür und Tor geöffnet.


    Zitat

    Vom Meister sollte jedenfalls der Entwurf sein. Wenn man das vor Augen hat, ist es absurd, eine Ausführung durch die Werkstatt als "Fälschung" anzusprechen.


    So gesehen wäre eine perfekt angefertigte Kopie auch nicht unbedingt eine Fälschung, oder zumindest wäre es schweer zu argumentieren, warum eine Kopie weniger wert sein soll als das "Original"
    Ich weiten den Bereich unserer Thematik noch weiter aus, nämlich auf seinerzeit wissentlich angefertigte Kopien, die dann an Stelle des Originals aufgehängt wurden. Das entsprach einer Gepflogenheit vergangener Jahrhunderte, Wenn der Kaiser, König, oder sonst eine sehr einflußreiche Persönlichkeit ein Gemälde sah, das ihr gefiel, dann erklärte sie dem jeweiligen Besitzer, daß sie er zu erwerben gedenke, Geld spiele da keine Rolle. Es war gelegentlich lebensgefährlich sich solchen Wünschen widersetzen zu wollen, daher wurde man handelseins. Es war in Zusammenhang mit solchen Deals oft üblich quasi als "Draufgabe " zur vereinbarten Kaufsumme ein vom Hofmaler oder einem anderen Künstler eine Kopier anzufertigen, die sich kaum vom Original unterschied, un die an Stelle der nun entstandenen Lücke Placiert werden konnte, sodaß ein normaler Beobachter den Unterschied gar nicht merkte. Solche Bilder haben die Eigenschaft, daß hier der Entstehungszeitraum, also auch die Farbchemie, das Leinwandmaterieal weitgehend dem des Originals entspricht. Nachfahren des Besitzers waren über den Tausch oft gar nicht informiert. Solche Bilder hängen zu hunderten in Museen. Ihre Authenzität könnte heute zwar nicht in allen Fällen bewiesen oder widerlegt werden, aber immerhin sehr oft. Das scheitert meist daran, das kaum ein Museun der Welt daran interessiert ist die Wahrheit zu wissen - Legenden würden so zerstört.
    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Der Aufhänger war ja der Preis am Kunstmarkt und die unterschiedliche Wertschätzung in Fachkreisen, bei denen Du der Meinung bist, dass da zu große Unterschiede sind.
    Die Rangfolge wäre wohl diese:


    1) Original vom Meister
    2) Original vom Meister mit Werkstattbeteiligung
    3) Werkstatt nach Entwurf des Meisters
    4) Werkstattkopie nach vorhandenem Original des Meisters
    5) Zeitgenössische Kopie
    6) spätere Kopie
    7) Zeitgenössische Fälschung (also auch Entwurf nicht original)
    8) spätere Fälschung


    Wobei mir die Rangfolge bei 5-8 nicht ganz klar ist, jedenfalls ist 6 weniger Wert als 5 und 8 weniger als 7, würde ich annehmen.
    Problematisch sehe ich nur die illegalen Sachen, also 7-8, auch in künstlerischer Hinsicht, da das Gesamtwerk eines Künstlers dadurch verzerrt wird, dem Künstler also gewissermaßen künstlerisch geschadet wird. Kopien sind ja nicht verboten, sofern man sie nicht als Originale verkaufen will.


    Dass Du grundsätzlich gegen die Unterscheidung zwischen Original und nicht-Original anschreibst, verstehe ich schon, und es ist gut, die Unschärfen zu kennen. Was Dein Ziel ist, ist mir nicht ganz klar. Was ist die Vision?