Puccini "Manon Lescaut" Premiere im Görlitzer Musiktheater

  • Dieser Thread heißt ja "Gestern in der Oper" und wenn man da berichtet, setzt das eigentlich voraus, daß man in einer erlebten Vorstellung war und nun seine Eindrücke schildert.
    Am vergangenen Sonnabend war in meinem heimatlichen Musiktheater die Premiere von "Manon Lescaut" und ich nehme es vorweg - ich war nicht in der Vorstellung.
    Abgesehen davon, daß mir der Termin aus persönlichen Gründen nicht gepaßt hat, wollte ich auch erst mal veröffentliche Szenenbilder und Kritiken /Rezensionen anschauen.
    Ich wußte schon seit langem, daß diese Oper bei uns aufgeführt wird, habe ich mich auch gefreut evtl. wieder mal nach einem halben Jahr mein heimatliches Theater zu besuchen,
    hatte aber auch im Vorfeld eine gewisse Skepsis. Und wie ich nun weiß, scheint diese auch, zumindest in meiner Erwartung und Betrachtung, berechtigt.
    Gestern stand die Rezension in meiner heimatlichen Regionalzeitung und nach dem Lesen glaube ich nicht, bzw. bin ich mir relativ sicher, daß ich mir das antue.
    Ich stelle die Rezension für Interessenten wörtlich rein - mache sich jeder selbst ein Bild und eine Meinung.


    Sächsische Zeitung, Ausgabe vom 10. April


    Geld oder Liebe Puccinis Erfolgsoper "Manon Lescaut" hat in Görlitz Licht und Schatten von Jens Daniel Schubert
    Zuerst berichtet der Autor über die Geschichte und den Inhalt der Oper. Dann heißt es wörtlich, Zitat:


    Die Diskontinuität der Handlung, die großen Sprünge in Zeit und Raum, die heute kaum mehr zu erfassende Problematik eines "lasterhaften Lebens",
    das mit Verbannung geächtet wird, sind große Herausforderungen an eine Inszenierung.
    Francois de Carpendries hat sich diesen in Görlitz gestellt. In der Ausstattung von Karine Van Hercke läßt er das erste Bild nicht auf einem öffentlichen Platz,
    sondern in einem Fernbus der Hippiezeit spielen. Wenn hinter dem Bus die Postkartenlandschaft vorbei zieht, alle Chorsänger das Wackeln des Gefährtes imitieren
    und die jeweiligen Soli in den Vordergrund gedrängt werden, ist das ein unterhaltsamer Effekt. Doch der verbraucht sich schnell. Die Verlegung in die 60er bringt nichts,
    außer einem hübschen Petticoat für die Hauptdarstellerin, oder? Diese Frage bleibt nicht nur für dieses Bild unbeantwortet. Im Folgenden ist Geronte ein Nobelfotograf,
    der seinen Star Manon von Karl Lagerfeld in Barockszenen arrangieren läßt. Eine nette Idee, die allerdings nichts über die Geschichte erzählt, die darin passiert.
    Vielmehr wird deutlich sichtbar, daß die Protagonisten ihre Beziehungen zueinander nur spielen. Der Zuschauer findet bei Manon keine echten Gefühle, weder zu dem Einen,
    noch zu dem Anderen. Ihr Bruder bleibt in seinen Motiven unfaßbar. Ähnlich ist es bei der Verschickung im Hafen, wenn die Protagonisten im choreografischen Hin und Her
    des Chores und der Statisten von einer videoprojizierten Wellenlandschaft ins düstere Irgenwo gestoßen, distanziert ihre Liebesbekenntnisse singen.
    Das letzte Bild schließlich, hier ein düsterer Sammelplatz alter Reifen, in das Des Grieux die bis auf ein edles Seidenhemd und einen Slip nackte Manon schleppt,
    setzt mehr die schönen Beine der Protagonisten als ihre Gefühle, ihre Verzweiflung in Szene.
    Um die Handlung nachvollziehbar zu machen, werden vor den Zwischenspielen Teile der Originalgeschichte eingelesen. Völlig untheatralisch kommt so das
    erzählende Element, das Puccini ausgelassen hat, zurück.
    So viel zur Inszenierung. Dann folgt eine Bewertung von den Solisten, dem Chor und dem Orchester, die insgesamt allesamt positiv lobend beurteilt werden.


    Persönliches Fazit: Nein, das werde ich mir wohl nicht antun. Mein Blick geht etwas wehmütig zurück:
    Was habe ich in früheren Jahren für großartige, beglückende Abende auch in meinem Theater erleben dürfen. Schöne, bleibende Erinnerungen, aber - es war einmal...
    Trotzdem muß ich mich nicht ärgern und auch nicht traurig sein. Seit 4 1/2 Jahren habe ich ein beglückendes anderes Opernhaus gefunden.
    Und dort ist am kommenden Sonntag La Traviata, am 4. Mai Nabucco und am 19. Mai die Premiere von Rigoletto.
    CHRISSY


    Hier noch ein Szenenbild:

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Chrissy,


    danke für Deine Info. Nichts für uns. Wie schön war da doch die Prinzessin Salome am Samstag in Saalfeld.
    Ich glaube nicht, daß Görlitz Dein Lieblingstheater werden wird!!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ergänzend zu meinem obigen Beitrag betr. "Manon Lescaut", habe ich jetzt einen kurzen Video - Link gefunden, den ich nachfolgend für evtl. Interessenten reinstelle.


    https://www.g-h-t.de/de/Musiktheater/?vkdetails=1340&lnr=7538&zt=2017-04 (nach anklicken etwas runterrollen):


    Am Ende des Videos zeigen sich weitere Video - Tipps. Hier lohnt es sich, auf das Video links oben anzuklicken.
    Das ist doch "niveauvolles Theater /Ballett", wie man das unbedingt auf einer Theaterbühne sehen will. Aber gut, wer halt so was braucht...
    Viel Freude und Erkenntnis wünscht
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...