Hallo liebe Taminos,
Nun zum nächsten Bericht aus der Oper vom Forenjüngling
Wagner und ich, ja gefallen hat er mir ja schon immer, aber nicht mehr also Puccini oder Mozart zum Beispiel. Aber das gestern, ja ich sags jetzt einfach mal so, war eine Offenbarung.
Ich habe von Wagner bisher nur den Lohengrin, eine meiner Lieblingsopern live gesehen und war damals schon leicht entrückt aber das gestern war schon ziemlich, wie soll ich sagen, krass!
Vielleicht gab es in der Vergangenheit bessere Parsifal-Aufführungen, mag sein, aber dann sollte ich wohl lieber keinen mehr besuchen, sonst bin ich als Herzpatient da drin ernsthaft gefährdet. Manch einer mag diese Schilderung als leicht übertrieben empfinden, aber ich bitte die Taminos darum, sich zu erinnern, wie euer erster Parsifal war und mit welcher Wucht euch Wagners Musik damals getroffen hat!
Ehrlich gesagt ging ich ja leicht skeptisch hin, auf Grund der Bilder die ich in der Zeitung und auf der Website gesehen habe. Da spielte der Parsifal doch tatsächlich in einem Krankenhaus bzw. in der Pathologie. Eine seltsam anmutende Erscheinung, stelle ich mir doch die strahlenden Ritter vor, den Wald und die Gralsburg.
Das hat mich im ersten Akt etwas gestört, vor allem weil im Gesang des Öfteren auf den Wald hingewiesen wird. Wenn dann besagte Person im Arztkittel im Krankenzimmer steht, ist das etwas befremdlich. Wenn man außerdem jeden Tag mit der U6 fährt ist es etwas merkwürdig, Otto Wagners Stil auf der Opernbühne zu sehen, aber naja wems gefällt.
Der erste Akt ging rasant vorbei und dank meiner Tamino-Erziehung weiß ich natürlich, dass nach dem ersten Akt nicht applaudiert wird. Wobei ich gestehe mir damit reichlich schwer getan zu haben. Christopher Ventris war ein beeindruckend jugendlich klingender Parsifal, der eine sehr helle Stimme hat. Für mich eine ideale Besetzung wenn ihr mich fragt!
Gerald Finley als Amfortas war auch große Klasse, sein Gesang war die perfekte Mischung aus Schmerz, Qual und Kraft. Aber auch hier störte mich etwas seine Kostümierung.
Ich möchte an dieser Stelle fragen, wieso macht man sowas?
Naja wie dem auch sei, der erste Akt war schnell vorbei und Wagners Musik hatte auch die Zweifel hinsichtlich der Kostümierung und des Bühnenbildes weg geschwemmt.
Ich kann das Gefühl nach diesem ersten Akt gar nicht beschreiben, es war irgendwie eine Art Glückseligkeit diese Musik gehört zu haben, sie hat in mir etwas ausgelöst, nicht nur blanke Begeisterung, nein, sie hat irgend etwas eingerissen, emotionale Mauern, geistige Mauern.....Ich weiß nicht so recht wie ich das mit Worten beschreiben soll, sind diese doch ein ungenügendes Instrument in diesem Fall!
Nach der Pause ging es dann (hinunter?!) in die Pathologie mit Jochen Schmeckenbecher als Klingsor der mit blutiger Schürze die Leichen erweckte, bezaubernde rothaarige Damen die den Parsifal zu bezirzen versuchen, allerdings finde ich das rückblickend gesehen etwas schade, da die Leichentische und das drum herum die Stimmung etwas geschmälert haben. Ich habe dann einfach meine Augen geschlossen und Wagners Musik genossen, wie erhebend das doch war! Ein wenig wurde ich mit dem Bühnenbild allerdings vor der Pause doch versöhnt, als die Kundrie das Leichentuch wegzieht und Parsifal seine tote Mutter erblicken muss, ist das ein dramatischer Höhepunkt. Zu diesem Zeitpunkt fiel mir das Bühnenbild nicht mehr soo stark ins Auge und nach der Pause merkte ich bereits das Hr. Wagners Musik etwas mit mir geschafft, angestellt hatte, ich war tief beeindruckt und aß fiebrig mein Weckerl beim Buffet ohne eine Wort zu verlieren, so beschäftigt war ich mit den musikalischen Eindrücken die ich gesammelt hatte!
Nina Stemme als Kundrie war manchmal etwas undeutlich aber sehr kräftig, ich denke diese Rolle ist aber sehr schwer zu singen weswegen ich ihr die leichte Undeutlichkeit nicht ankreiden will!
Jetzt springen wir mal zum Ende vor, was hat den Regisseur veranlasst das Gehirn mitten auf die Bühne zu stellen im Finale? Ich finde das reichlich unappetitlich! (Zur Erklärung, Amfortas Wunde befand sich an diesem Abend am Kopf, deswegen war immer wieder ein Riesengehirn auf der Bühne).
Ehrlich gesagt würde ich gerne einmal mit dem Herren sprechen und ihn fragen was zum Geier das denn sollte? Ich meine gut ich weiß, worauf er hinaus wollte aber das muss doch nicht sein!
Jetzt aber zum Dirigenten Semyon Bychkov. Ihm ist es wohl zu verdanken, dass ich endgültig zu den Wagnerianern zähle. Das Ende des letzten Aktes, ich habe es ja schon ein paar Mal auf CD gehört, aber das war einfach unglaublich. Nicht nur die Figuren erlangten Erlösung, auch ich in diesem Moment. Man fühlte sich selbst wie erlöst. Es war wie ein Rauschzustand, ein solches Gefühl hatte ich noch nie. Wie kraftvoll das Orchester auch immer wieder spielte, die Staatsoper bebte zeitweise, da bleibt mir nur zu sagen, ein Hoch auf den großen Meister Wagner und ein weiteres Hoch auf Semyon Bychkov!
Beim Applaus war ich dann außer Rand und Band, da habe ich wohl die alte Dame links neben mir in Angst und Schrecken versetzt. Ich rief lautstark Bravo und keine Ahnung was sonst noch und klatschte wie ein Berserker. Einer Dame vor mir ging es aber ähnlich, sie lehnte sich so weit über die Gallerie, dass ich befürchtete sie würde hinunter aufs Parkett fliegen. Ihr Mann der während der Oper mit dirigiert hatte, als würde er im Orchestergraben stehen war bemüht sie zurück zu halten. Auf unserer Seiter der Gallerie war also alles und jeder aus dem Häuschen!
Lg. euer Traubi
Ps. hier wieder der Link zur Seite auf der Staatsoper: https://www.wiener-staatsoper.…event/963141047-parsifal/