Historische Monumente

  • Durch einen Zufall kam ich in den Besitz einer CD-Aufnahme, die jemand in ein öffentliches Bücherregal zwischengelagert hatte - immerihin nicht in einen Müllcontainer entsorgt: eine Gesamtaufnahme von Verdis FALSTAFF vom Reichssender Leipzig aus dem Jahre 1939! Vermutlich war irgendwo ein Opa gestorben, und niemand in der Familie konnte etwas damit anfangen. (So viel zur Gattung Oper und ihrem heutigen Stellenwert im öffentlichen Bewusstsein.)
    Was die Aufnahme bemerkenswert macht: Die beiden männlichen Hauptrollen sangen Hans HOTTER (Falstaff) und Arno SCHELLENBERG (Ford). Zum Glück hat diese Trouvaille eine alte Frau entdeckt, die wusste, dass ich dergleichen Ramsch zu schätzen weiß.
    Und weil die Oper nicht 2 CDs ausfüllt, hängen noch Ausschnitte aus AIDA hinten dran - mit H. HOTTER, H. SCHEPPAN und H. ROSVAENGE (aus dem Jahre 1942!).


    Ich bewahre diesen Schatz seit gestern auf. Dabei kam mir der Gedanke, dass unser aller Gerhard Anfang März seinen 80. feiert und dass er sich über eine solche Gabe (natürlich eine Kopie!) freuen könnte. Ich gratuliere dir schon mal vorsorglich, lieber Gerhard, und frage dich: Nimmst du die Wahl an? (Du darfst dich auch demnächst revanchieren, wenn du willst!)


    Herzliche Grüße vom wesentlich jüngeren Sixtus

  • Wunderschöne, seltene Aufnahme, noch schönere Idee, diese zum 80. Geburtstag unserem Gerhard zu schenken. "Nomen es omen" der Name Schenke triftt also zu.


    Herzlichst
    Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Liebes Sixtus,


    so ganz habe ich nicht verstanden, was Du uns mitteilen möchtest. Dass Gerhard bald achtzig wird? Für diesen Fall schließe ich mich den Glückwünschen sehr herzlich an. :hello:


    Willst Du uns diesen FALSTAFF von 1939 aus Leipzig preisen? Oder klagst Du - wie weiland der Ritter selbst - über die Schlechtigkeit der Welt, weil womöglich ein CD-Album mit dieser Oper aus dem Nachlass eines toten Opas von einer aufmerksamen alten Frau, die noch weiß, was Kultur ist, vor dem Müll gerettet wurde? Jetzt kommt es auf die Pressung dieses Albums an. Es gibt nämlich Anbieter im Netz, die CDs ähnlich wie am heimischen PC herstellen, also unversiegelt in Umlauf bringen. Die Schrift ist nur auf die nicht sonderlich hochwertigen Rohling gedruckt und lässt sich mit dem Fingernagel ganz leicht abkratzen, wenn sie denn nicht von selbst abblättert. Dieser Art war mein FALSTAFF vom Reichsrundfunk Leipzig. Und weißt Du wohl, wo der landeten, nachdem ich mir rasch eine Kopie auf die Festplatte gezogen hatte? In der Tonne. Und genau dort gehört solcher Schrott hin. Hier im Forum ist vor einiger Zeit, als Du noch nicht zugegen warst, über dieses Probleme sehr kritisch diskutiert worden. Ich finde den Thread jetzt allerdings nicht wieder. Wenn ich mich nicht irre, war noch Harald dabei.


    Damit sei nichts gegen diese Aufnahme gesagt, die wohl ihren historischen Wert hat. Ich vermisse allerdings die Eleganz und die Hintergründigkeit, die ich an dieser Oper schätze. Der Vortragsstill ist für meinen Eindruck etwas teutonisch.


    Hoffentlich begreift, wer das liest, worauf ich hinaus will. ;)


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Das war meine Ausgabe leider nicht! :no: Wenn es die mal gewesen wäre!


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Lieber Rheingold,
    ich ahne, was du sagen willst: Auch gut gemeinte spontane Ideen können in falsche Hände gelangen und Schaden anrichten! Hoffentlich ist es diesmal nicht so...


    Es war einfach eine Schnapsidee von mir, diese Aufnahme, die mir von ahnungsloser Hand übereignet wurde, wegen ihres historischen und künstlerischen Werts zur Diskussion zu stellen. Und dann erinnerte ich mich, dass Gerhard mir in Ölbronn das ungefähre Umfeld seines 80.Geburtstags "Anfang März" zugeraunt hatte - mit dem stolzen Zusatz, er sei um fast 2 Monate älter als ich.


    Jetzt habe ich unversehens einen Thread eröffnet, und womöglich einen gefährlichen oder kriminellen obendrein. Deshalb meine Bitte an hilfreiche Mitmenschen: Helft mir, das Beste draus zu machen! Wir könnten ja ähnlich interessante Dokumente präsentieren und diskutieren. Ich habe eine ganze Menge davon im Magazin!


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Zunächst mal kann ich Dir, lieber Rheingold, Entwarnung melden: Meine Aufnahme ist identisch mit der, die Michael eingestellt hat. Ich bin also der Illegalität nochmal entkommen. Inzwischen höre ich grade den angehängten Aida-Nilakt, und das toppt sogar noch den Falstaff.


    Der junge Hotter ist als Amonasro eine Urgewalt, Hilde Scheppan lässt keine Wünsche offen, und Rosvaenge ist trotz seiner Unarten (oder grade deswegen?) immer ein unnachahmlicher Fixpunkt. Ich habe ihn zehn Jahre später in einem Lieder- und Arienabend gehört - in Zittau!! Und später (1955?) noch einmal als Alvaro in Stuttgart. Einen heutigen Sänger mit diesem unverkennbaren Stimmprofil kenne ich nicht. Die Kammersänger-Unarten gehörten damals einfach dazu - besonders bei ihm.


    Bevor ich mein Gedächtnis (und mein Archiv) plündere, möchte ich anderen Gelegenheit geben, von ähnlichen Trouvaillen zu berichten. Nur zu!

  • Ich bin kein Freund alter Aufnahmen und auch kein Freund von Verdis Falstaff.
    Aber dass du geschrieben hast, lieber Sixtus, "unser aller Gerhard", das hat mich entzückt. Ich als Theologe kann dir schon mal dafür für später eine besonders bequeme Wolke und eine exzellente Harfe reservieren. Vielleicht setzt euch Petrus dann auf die gleiche Wolke!

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Rosvaenge ist trotz seiner Unarten (oder grade deswegen?) immer ein unnachahmlicher Fixpunkt. Ich habe ihn zehn Jahre später in einem Lieder- und Arienabend gehört - in Zittau!! Und später (1955?) noch einmal als Alvaro in Stuttgart. Einen heutigen Sänger mit diesem unverkennbaren Stimmprofil kenne ich nicht. Die Kammersänger-Unarten gehörten damals einfach dazu - besonders bei ihm.


    Lieber Sixtus,


    ich habe mich schon oft als absoluter Rosvaenge-Fan zu erkennen gegeben. Von 1957 (da war er noch Mitglied des Wiener- und Berliner-Staatsopernensembles, bevor er 1959 mit einer Galaveranstaltung in Wien verabschiedet wurde) bis 1960 habe ich ihn 4 x in verschiedenen Opern in Gera erleben dürfen. Ich habe über alle 4 Erlebnisse, die mich musikalisch und inszenatorisch geprägt haben wie keine anderen Opernaufführungen ausführlich hier berichtet, ich glaube es war ein eigener Thread über Rosvaenge. Jetzt finde ich das nicht mehr.


    Er hatte auch 2 Bücher geschrieben, die ich verborgt und natürlich nicht wiederbekommen habe. Und er lebte bis in die 60-er Jahre hinein in Birkenwerder bei Oranienburg, aber er hatte auch an einem bayrischen See ein Haus. Daß er Chemiker war wie ich machte ihn mir besonders sympathisch. Er dominierte auch die Opernsendungen im Radio in den 50-er und 60-er Jahren.


    Du merkst, ich war und bin Fan von ihm, auch weil seine Stimme mit den oft langgezogenen Vokalen so unverwechselbar war. Er hätte nie in einer nach heutigen Vorstellungen inszenierten Oper mitgewirkt.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber La Roche.
    es freut mich, dass ich mit Helge Rosvaenge schlafende Fans geweckt habe. (Du bist sicher nicht der Einzige!)
    Ich selbst würde mich nicht als sein Fan bezeichnen, aber an einem solchen Fels kommt man als junger Mensch nicht vorbei. Ich schwanke bei ihm immer zwischen Bewunderung und Schmunzeln - wie bei einigen anderen aus dem Urgestein-Massiv (etwa Kurt Böhme oder Max Lorenz). Sicher ist aber, dass sie Originale waren, und die sind inzwischen fast ausgestorben. Das macht die Welt nicht unbedingt interessanter.


    Lieber Dr.Pingel,
    ich ahne, was du mit deiner Ehrerbietung sagen willst - und nehme es schmunzelnd zur Kenntnis. In Erfüllung gehen wird dein Wunsch kaum, weil ich mir meinen künftigen Platz schon zwischen der Ober- und Unterwelt reserviert habe. So habe ich beide im Blick und kann im entscheidenden Moment zuschlagen.


    Seid herzlich gegrüßt von Sixtus!

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  • Inzwischen ist mir aufgefallen, dass ich diesen Thread schleunigst auf die Rubrik Schelllack umleiten muss, um mir nicht den Zorn des Administrators zuzuziehen.
    Also bis gleich auf der anderen Welle!

  • Lieber La Roche,


    an der Berliner Staatsoper sang Rosvaenge noch bis in die 1960er Jahre hinein.


    1962 sang er noch 10x Cavaradossi (in der Regel 1x im Monat), im ersten Quartal 1963 auch noch genau einmal monatlich Cavaradossi. Sein vorletzter Auftritt war dann im November 1963 ein Radames, sein letzter Auftritt am Haus dann im Februar 1964 ein Alfred in der "Fledermaus".

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Eine Bemerkung am Rande: Roswaenge war auch für Windgassen in seiner Jugend das grosse Idol, auch wenn man das zugegebenermassen nicht hört. Ich hätte da eher Völker vermutet...

  • Ich bin kein Freund alter Aufnahmen und auch kein Freund von Verdis Falstaff.


    Den ersten Teil dieses Satzes kann ich gut nachvollziehen, lieber Dr. Pingel, der zweite Teil versetzt mich in einige Verwunderung. Ich hätte darauf wetten mögen, dass der Janacek-Kenner und -Bewunderer diesem Werk mehr Wertschätzung entgegenbringt. Warum? Für mich ist Falstaff das Werk mit der höchsten musikalischen und dramatischen Dichte. Es ist wie ein Konzentrat. Nichts ist überflüssig. Es gibt keine Längen - "gefährliche Längen". ;) Alles stimmt, alles ist auf dem Punkt - so wie bei Janacek.


    Herzlich grüßt Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Ich denke auch, dass "Falstaff" die "janacekscheste" Verdi-Oper ist, zumindest ist das "Füchslein" nicht weit weg. An "Jenufa" ist dann vielleicht der "Otello" doch näher dran, nicht nur wegen des berührenden Gebets beider weilblichen Hauptdarstellerinnen, auch die "Gespräche" zwischen den Akteuren sind in Verdis beiden Spätwerken eben viel mehr an einer "Sprachmelodie" und weniger an der melodischen Phrase orientiert als davor.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Wahrscheinlich habt ihr Recht, aber mein Votum beweist eher, dass ich den Falstaff nicht gut genug kenne, um ihn derart beurteilen zu können. Ich werde daher eure Statements für den nächsten Falstaff im Auge behalten. Es wäre nicht die erste Lehre, die ich hier aus dem Forum annehme.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)