Tschaikowski: Schneeflöckchen

  • Pjotr Iljitsch Tschaikowski
    „Schneeflöckchen“ op. 12
    Musik zum Schauspiel von Alexander Nikolajewitsch Ostrowski (1873)


    Die Schauspielmusik wurde zwischen März und April 1873 komponiert und sollte Alexander Ostrowskis Schauspiel musikalisch untermalen.


    Das Werk ist für Solostimmen, gemischten Chor und großes Theaterorchester geschrieben. Es gibt drei Solistenrollen: Lel (Mezzosopran), Frost (Tenor), Brusila (Tenor).


    Die Originalpartitur besteht aus 19 verschiedenen Nummern, von denen zwei (Nr. 14 und 15) in zwei Fassungen existieren.


    1. Einleitung
    Prolog
    2. Tänze und Chor der Vögel
    3. Frosts Monolog
    4. Abschiedschor für den Winter
    5. (a) Melodrama
    I. Akt
    (b) Entr'acte
    6. Lels erstes Lied
    7. Lels zweites Lied
    II. Akt
    8. Entr'acte
    9. Chor der blinden Fiedler
    10. Melodrama
    11. Chor des Volkes und der Höflinge
    III. Akt
    12. Tanz der jungen Mädchen
    13. Tanz der Narren
    14. Lels drittes Lied (a) Erste Fassung (b) Zweite Fassung
    15. Brusilas Lied (a) Erste Fassung (b) Zweite Fassung
    16. Ankunft des Waldgeistes und des Geistes des Schneeflöckchens
    IV. Akt
    17. (a) Entr'acte (b) Monolog des Frühlings, Chor und Tänze
    18. Zar Berendeis Marsch und Chor
    19. Finale


    Für „Schneeflöckchen“ verwendete Tschaikowski einiges an Musik aus seiner ersten Oper „Undina“, darunter die Einleitung und Undinas Arie.


    Obwohl die Uraufführung am 11. (jul.)/23. (greg.) Mai 1873 im Bolschoi-Theater Moskau unter Niklai Rubinstein kein besonderer Erfolg wurde, sah es Tschaikowski selbst als eines seiner besten Werke an, wie er Nadeschda von Meck 1879 schrieb. Dass sich Rimski-Korsakow kurze Zeit später ebenfalls mit dem Stoff befasste und eine gleichnamige Oper schrieb, erzürnte Tschaikowski zutiefst.


    Einspielungen:



    Natalia Erassowa, Alexander Archipow, Nikolai Wassiliew
    Russischer Staatlicher Chor
    Russisches Staatliches Symphonieorchester
    Andrei Tschistjakow
    Aufnahme: 1993



    Irina Mischura-Lechtman, Wladimir Grischko
    University Musical Society Choral Union
    Detroit Symphony Orchestra
    Neeme Järvi
    Aufnahme: 1994



    Jelena Okolyschewa, Arkadi Mischenkin
    Moscow Capella
    Moscow Symphony Orchestra
    Igor Golowschin
    Aufnahme: 1996



    Wsewolod Griwnow, Annely Peebo
    MDR Rundfunkchor
    MDR Sinfonieorchester
    Kristjan Järvi
    Aufnahme: 2014


    Die idiomatischste Aufnahme ist von Andrei Tschistjakow, ursprünglich auf Chant du Monde, nun bei Brilliant neu aufgelegt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo,


    ich glaube ich war um die 12 als ich das erste Mal Musik aus Tschaikowskis "Schneeflöckchen" hörte - es war das zweite Konzert, dass ich in meinem Leben besucht habe und Dirigent Mark Gorenstein brachte die Suite aus der Schauspielmusik mit. Auch wenn ich nicht gerade als großer Tschaikowsky-Liebhaber bekannt bin, muss ich doch sagen, dass es sich hierbei um wirklich gute Musik handelt. Mitreißende Tänze, typisch russische Chöre, unterhaltsame Arien - was will man mehr.
    Ich habe die Aufnahme mit Kristjan Järvi im Regal und mag sie sehr gerne (auch Du Joseph II. müsstest als Swetlanow-Liebhaber Järvis Herangehensweise mögen). Er bietet ein mitreißendes Dirigat, ingesamt eine unsentimentale Lesart, straffe Tempi - und das Schlagwerk kommt auch gut durch. Meine Empfehlung gibt es (allein schon der Tanz der Gaukler macht solch eine Laune!)


    LG
    Christian

  • Dass diese tolle Musik, die der Komponist zurecht als eine seiner besten einschätzte, so selten gespielt wird, ist wirklich rätselhaft. Man könnte es als einen der Höhepunkte des früheren Tschaikowski bezeichnen. Übrigens ist die Einleitung der Schauspielmusik völlig identisch mit derjenigen zu seiner nur in Fragmenten erhaltenen Oper "Undina" (1869). Die Arie der Undina wurde im ersten Lied von Lel "recycled".



    Auf Deinen Hinweis auf Swetlanow habe ich mal ein wenig recherchiert, da ich mir dachte, es kann doch nicht sein, dass der sich nie mit dem Werk beschäftigte. Und siehe da: Es gibt zumindest Auszüge der Schauspielmusik unter seiner Leitung. Auf Spotify findet man die tadellos aufbereitete Melodia-Platte unter dem sperrigen Titel "Concert in Grand Hall of Moscow Conservatory. December 25, 1974 (Live)". Auf LP ist das 1978 unter dem Titel "The Pearls of Russian Symphonic Miniatures" erschienen (Melodia Stereo 33 C 10-10479-82). Das ganze Konzert ist ein gutes Beispiel für Swetlanows Dirigierkunst. Es sind Werke von Glinka, Borodin, Mussorgski, Ljadow, Balakirew, Tanejew, Rachmaninow, Glasunow, Skrjabin, Rimski-Korsakow und eben Tschaikowski enthalten. "Drei Wunder" aus der Oper "Das Märchen vom Zaren Saltan" ist ein orchestraler Kracher erster Güte, den man kaum besser interpretieren kann.


    Zurück zum Thema: Swetlanow hat die Einleitung, das Melodrama des II. Aktes und den Tanz der Gaukler aufgenommen. Im direkten Vergleich mit K. Järvi (der via Spotify und Co. ja problemlos möglich ist) lässt sich Swetlanow in der Introduktion mehr Zeit. Im Melodrama scheint Järvi eine Wiederholung zu spielen und benötigt daher länger. Im Tanz der Gaukler haben sie beinahe dieselbe Spielzeit. Die orchestrale Zuspitzung des Sowjetischen Staatsorchesters erreicht das MDR Sinfonieorchester trotz der unbestreitbar hohen Spielkultur dann doch nicht. Die Blechbläser dröhnen und die Pauken donnern bei Swetlanow schon typisch russischer. Man kann daher nur bedauern, dass er nicht auch die übrigen Nummern eingespielt hat.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões