Immer häufiger liest man jetzt in seriösen Zeitungen und Zeitschriften, dass in den neueren Inszenierungen kein Konzept mehr zuerkennen ist. Man hat den Eindruck,dass einfach wild drauflos inszeniert wird: Ein bisschen Gewalt, ein bisschen Sex und ein paar Albernheiten bunt in den Topf geworfen und ein paar Mal durcheinandergerührt. Fertig ist die trübe Soße, die man dem Publikum - sogar verlogen noch unter dem Namen des Originalwerks - anbietet.
Dabei gibt es ein gutes Konzept: das Libretto, auf das der Komponist seine Oper geschrieben hat. Aus diesem Konzept haben in der Vergangenheit viele gute Regisseure, die ihr Handwerk noch verstanden, immer neue unterschiedliche Inszenierungen hervorgebracht, von denen keine der anderen glich, aber alle unverfälscht Ort, Zeit und Handlung aus Achtung vor dem Libretto wahrten, zu dem der Komponist seine Musik passend geschrieben hat.
Die Behauptung, die uns von den Befürwortern des Regisseurstheaters immer wieder als Antwort entgegen geschleudert wird, wir Gegner dieser das Werk verfälschenden Inszenierungen wollten die Oper immer nur so sehen, wie wir sie irgendwann einmal gesehen haben, ist daher barer Unsinn. Jeder von uns hat bestimmte Opern (bei allen gelingt das leider nicht) mehrfach in völlig unterschiedlichen (auch moderneren) Inszenierungen gesehen, die sich aber immer im Rahmen des Librettos bewegten. Den Ausspruch "Wir wollen die Oper immer so sehen, wie wir sie immer gesehen haben" habe ich hier noch nie gelesen. Die Forderung ist lediglich lautet lediglich, dass die Inszenierung die Handlung in der vorgegebenen Zeit und am vorgegebenem Ort beachtet und nicht das Werk - das dann sogar noch als das Originalwerk deklariert wird - auf eine grauenhafte Weise entstellt wird, wie es heute in der Regel geschieht. Gerade ich habe mich hier schon mehrfach positiv zu moderneren Inszenierungen geäußert, die aber die Handlung des Librettos wahrten. Natürlich gibt es hier ein paar Befürworter des Regisseurstheater, die - wie ihre geliebten Regisseure die Werke - uns das Wort im Mund verdrehen (der Kindergarten lässt grüßen!).
Aufgabe des Regisseurs wäre es, sich auf sein eigentliches Handwerk zu konzentrieren, nämlich nach dem vorhandenen Konzept des Librettisten und Komponisten die Personen, ihre Handlungen und Gesten so zu lenken, dass dieses Konzept bestmöglichst und glaubwürdig erfüllt wird. Dies wird aber oft schmählich vernachlässigt. Weil sie ihr Handwerk in Bezug auf die Materie Oper einfach nicht beherrschen, versuchen sie, ihre Unfähigkeit zu verdecken, indem sie wirres Zeug zusammenstricken und auf diese Weise die Lücke zu füllen. Damit zerstören sie die Oper, der Kenner fühlt sich und den Komponisten verhöhnt und geht verärgert nach Hause.
Zujubeln können solchen Inszenierungen doch nur Leute, die nichts Besseres kennen gelernt haben. Leider hat die Jugend kaum noch eine Chance, gute Inszenierungen kennen zu lernen.
Liebe Grüße
Gerhard