Aber den Vergleich mit den bedeutenden Baritönern früherer Tage hält er nicht aus.....

  • In einem anderen Thread wurde dieser Satz gesagt, bezogen auf einen bestimmten Sänger. Aber diesen Satz hört man in ähnlicher Form immer wieder - und natürlich nicht nur auf Baritonstimmen bezogen.
    Ein wunderbares Thema für einen Thread. Denn auch mir entlocke eine derartige Aussage in der regel ein zustimmendes Nicken. Man kann sich nun die Frage stellen OB solche Aussagen zutreffend sind oder nicht. Wir werden statistisch gesehen mehr Zustimmung bei jenen finden, die noch viele Stimmen aus der Vergangenheit kennen. Dazu vielleicht später mehr.
    Wir konnen aber das Thema ganz anders anpacken und die Frage stellen WARUM das so ist - oder so gesehen wird.
    Und ob es verinzelt DOCH NOCH Stimmen gibt, die mit den "Großen Alten" konkurrieren konnen ?


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich möchte hier mal den Anfang machen und aus dem Thread "Tamino bei Nacht" meinen letzten Beitrag hierhin kopieren:



    Er hält den Vergleich aus.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • In der Tat ist es schwierig, absolut herausragende Stimmen zu finden, die keinen Vergleich scheuen müssen, wobei natürlich jeder Sänge seine Stärken und Schwächen hat, manche Partien besser, anderer schwächer absolviert.


    Einer der Sänger, der in seinem Fach keinen Vergleich scheuen muss, ist in meinen Augen Juan Diego Florez; ansonsten gibt es allerdings nicht sehr viele Namen, bei denen dies in ähnlicher Weise der Fall ist.


    Woran das liegt? Ob früher alles besser war? Das wohl nicht, aber ich denke, dass man bei der Ausbildung und Karriereplanung möglicherweise etwas behutsamer vorgegangen ist und der multimediale und sonstige Druck weniger groß gewesen ist. Auch denke ich, dass es sicherlich in der Breite sehr viele hervorragende Stimmen gibt, die vielleicht weniger wahrgenommen werden, und die aus unterschiedlichen Gründen eher im Verborgenen blühen.


    Aber letztendlich eine schlüssige Erklärung zu finden, gelingt mir auch nur ansatzweise.

  • Der früher – war – alles – besser – Blick auf die Welt zeigt ein nicht untypisches Weltbild alter Menschen, hier alter Männer. Ist das Alter eine Last, wird die Vergangenheit häufig verklärt und die jetzt – Zeit zum Jammertal.



    Sicher gab es in der Vergangenheit hervorragende Bariton/Bass - Sänger. Sie hatten das Glück, jedenfalls manche von ihnen, medial sehr präsent sein zu können. Unglaublich viele Aufnahmen konnte ein Fischer –Dieskau machen. Es gab eine umfangreiche Plattenindustrie, die dies möglich machte.


    Das hat sich gründlich gewandelt. Die meisten Schallplattenfirmen sind pleite. Aufnahmen lohnen sich immer weniger, weil es heute zahlreiche Gelegenheiten gibt, die Interpretationen kostenlos wahrzunehmen. Auf diese Weise lernt man viele Sänger gar nicht erst kennen, weil man nicht an den Orten ihrer Auftritte ist. In welchem Umfange also großartige Bässe oder Baritone vorhanden sind, kann man nicht zuverlässig feststellen.


    Aber es ist davon auszugehen, dass immer wieder großartige Sänger auftauchen. Nicht nur der mittleren Generation, Matthias Goerne wurde bereits erwähnt, einer der großen. Zudem sehr hörenswerten Sängern der jüngeren Generation gehört zB Andreas Wolf, am ehesten bekannt durch seine Rolle in der Cosi fan tutte Inszenierung von michael Haneke. Ein inzwischen sehr gefragter Sänger (Bach, Händel, Mozart).


    Durch die Aufzeichnung von Interpretationen vergangener Künstler sind in allen Bereichen Maßstäbe vorhanden, die schon sehr hoch liegen: Carlos Kleiber mit der zweiten und vierten Sinfonie von Brahms wirft schon sehr lange Schatten.. Und dennoch: immer wieder tauchen aktuell Künstler auf, die einen beglücken können.

  • Aber den Vergleich mit den bedeutenden Baritönern früherer Tage hält er nicht aus.....
    In einem anderen Thread wurde dieser Satz gesagt, bezogen auf einen bestimmten Sänger. Aber diesen Satz hört man in ähnlicher Form immer wieder - und natürlich nicht nur auf Baritonstimmen bezogen.


    Lieber Alfred,


    das war ein Satz zu einem Bariton, der gegenwärtig nach meiner Meinung überschätzt wird. Es gibt aber viele, viele Sänger, die heute keine Vergleiche zu scheune brauchen.
    Ich habe oft genug darauf hingewiesen, dass in früheren Zeiten, die Opern des Barock nicht auf dem Niveau aufgeführt werden konnten, das wir heute gewohnt sind, weil einfach keine adäquaten Sänger dafür vorhanden waren. Gleiches gilt für die Opern von Rossini, teilweise auch von Bellini.
    In dem für mich wichtigen Mozart-Fach gibt es auch vorzügliche Sänger! Sie singen und klingen anders als zu Zeiten von Lemnitz und Grümmer, Güden und Seefried. Aber sind sie deswegen schlechter? Ich bezweifle das.
    Und William hat zu Recht angedeutet, dass wir vorzügliche Liedersänger haben, deren Interpretationen ich persönlich viel interessanter finde als die der Liedersänger früherer Tage.


    Nur weil wir mit der Besetzung der Opern Wagners und Verdis Probleme haben, sollten wir uns nicht den Blick dafür trüben lassen, was es an vorzüglichen Sängern gibt.
    Es geht uns gar nicht so schlecht!


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Ich muss sagen, dass wir im Bereich der Alten Musik heute bessere und mehr Sänger haben als früher; vor allem, weil die in der Alten Musik auch entsprechend ausgebildet werden. Wenn ich da die Soprane der Leppardschen Cavalli-Opern mit Hana Blazikova, Nuria Rial oder Giulia Semenzato vergleiche: welch ein gewaltiger Fortschritt.
    Was mich immer wieder verblüfft, ist, dass viele dieser Sänger auch in mehreren Vokalensembles singen, so z.B. Stephen McLeod, der bei Herreweghe und bei Vaclav Luks singt. Dazu gibt es eine neue Stimmgattung gegenüber früher, nämlich die Countertenöre, von denen es doch eine Reihe sehr guter gibt, wie z.B. Raffaele Pe in der neuen Cavalli-CD von La Venexiana.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Und William hat zu Recht angedeutet, dass wir vorzügliche Liedersänger haben, deren Interpretationen ich persönlich viel interessanter finde als die der Liedersänger früherer Tage.

    Lieber Caruso41,


    diese Meinung teile ich nun gar nicht, ohnehin nicht beim - meiner Meinung nach - mit einförmigen Dauervibrato singenden Matthias Görne. Ich gebe ja zu, dass meine Live-"Winterreise" von ihm nun schon fast zwazig Jahre her ist, aber seit diesem "Erlebnis" versuche ich diesen Sänger weiträumig zu umfahren.
    Außerdem gibt es heute immer weniger gute Opernsänger, die wirklich auch gute und regelmäßige Liedersänger sind. Die Zahl der Liederabende ist in den letzten 25 Jahren doch spürbar zurückgegangen, und in Zeiten, wo nur noch das große schnelle Geld zählt, stehen für viele Sänger - die mit einer Opernpartie, die sie längst drauf haben, mehrere tausend Euro Gage an einem einzigen Abend verdienen können - (großer) Aufwand und (finanzieller) Nutzen in keinem lohnenden Vehältnis mehr.
    Wo ist zum Beispiel heute in Berlin der hervorragende lyrische Bariton, der dort regelmäßig neue Liederabende anbietet, nachdem Dietrich Fischer-Dieskau, Siegfried Lorenz und Thomas Quasthoff abgetreten sind? ?(

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat

    In dem für mich wichtigen Mozart-Fach gibt es auch vorzügliche Sänger! Sie singen und klingen anders als zu Zeiten von Lemnitz und Grümmer, Güden und Seefried


    GENAU DAS ist es, worauf ich in diesem Thread hinaus wollte.
    Sie singen ANDERS. Egal ob mir das nuin gefällt oder nicht, sie sind Produkte der gegenwärtigen Gesellschaft und haben ein anderes "Wertesystem" Das gilt natürlich vor allem auch für das Publikum, dessen Geschmack ein anderer ist, nicht nur in Sachen Gesang. Nichts ist mehr wirklich wichtig, die - aus heutiger Sicht - oft thetralische Haltung ist verschwunden.

    Zitat

    Und William hat zu Recht angedeutet, dass wir vorzügliche Liedersänger haben, deren Interpretationen ich persönlich viel interessanter finde als die der Liedersänger früherer Tage


    Hier steckt wiéderum eine interessante Aussage in dem Satz.
    Ich hatte in meiner Jugend nie den Eindruck, daß man von einem Liedersänger erwartet hätte, "interessant" zu sein. Er sollte "schön" oder "strahlend", "heldenhaft" oder "erhaben" singen. und das Ohr der Hörers umschmeicheln. Dabei war oft ein plakativer Unterton zu hören. Dieser - heute oft belächelt - fehlt in vielen Fällen.
    -dem heutigen Sänger fehlt irgendwie das "Göttliche", das sie über den Normalbürger erhebt - speziell bei Wagner mag das ein Nachteil sein...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Um die fieberhafte Sucherei nach dem "Baritöner" der Eingangsaussage abzukürzen: Es war Mariusz Kwiecień gemeint, Verfasser Caruso.
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Dieser - heute oft belächelt - fehlt in vielen Fällen.


    -dem heutigen Sänger fehlt irgendwie das "Göttliche", das sie über den Normalbürger erhebt - speziell bei Wagner mag das ein Nachteil sein...


    Lieber Alfred,


    ich neige häufig auch zur Formulierung im Superlativ. Das "Göttliche" in Bezug auf einen Sänger scheint mir nun doch etwas hoch gegriffen zu sein. Wahrscheinlich gibt es in jeder Sängergeneration herausragende Stimmen, die in Erinnerung bleiben. In der Nachkriegsgeneration, die ich erleben durfte und die durch viele Aufnahmen noch für viele von uns präsent sind, fallen mir Spontan ein. Birgit Nilsson, Elisabeth Grümmer, Elisabeth Schwarzkopf, Matha Mödl, Hilde Güden, Erika Köth, Anneliese Rotherberger, Caterina Liegendza usw. - Dietrich Fischer-Dieskau, Hermann Prey, Fritz Wunderlich, Rudolf Schock, Josef Metternich, Marcel Cordes, Gottlob Frick, Kurt Moll. Eine Begründung, die fast zu einfach ist wäre:. Alle die Genannten atten unverwechselbare Stimmen und beeindruckten als persönlich geprägte, typische Bühnenpersönlichkeiten. Heute gibt es ebenfalls wunderbare Stimmen - nur sie klingen oft so gleichmäßig schön,ohne die Farbe, das Timbre und den Stimmkllang der großen Alten.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Zitat

    .....nur sie klingen oft so gleichmäßig schön,ohne die Farbe, das Timbre und den Stimmkllang der großen Alten.


    Ja und nein. Ich glaube, daß dies eher eine Frage der "Anforderungen" an den Sänger ist. Wobei wir hier doch zwischen Liedgesang und Opernarien unterscheiden müssen. Wenn ich es richtig sehe, dann ist im Falle Oper eher eine "leichtere" Interpretation im Trend. Man höre nur, wie die Rolle des Tamino immer mehr mit helleren Tenören besetzt wird. Aus dem "männlichen Prinzen" ist ein "Jüngling" geworden (wenngleich nur stimmlich, optisch muß man sich oft fragen warum sich nicht Oamino den oft wesentlich fescheren Papageno angelt.. :D:stumm::untertauch: )
    Auch die Daponte Operen sind "leichter" geworden, verspielter - aber weniger "Große Oper"


    Im Falle des Kunstliedes sehe ich die Situation so, daß Stimmen von (IMO) eher unangenehmen Timbre, sehr gut ausgebildet und technisch versiert, den Inhalt der vertonten Dichtung dramatisch auszuleuchten versuchen und dabei gelegentlich an ihre Grenzen gehen. Früher war den Sängern der Liedinhalt eher egal, sie wollten (und konnten !!) ihr schönes Timbre in ein gutes Licht setzen.Der "Lindenbaum" von Schubert ist IMO ein ganz gutes Beispiel, wo ein Lied völlig aus dem Zyklus gelöst wurde und als Demonstrationsobjekt (auch für Männerchöre) ge- oder mißbraucht wurde - je nach Standpunkt.


    Dann kommt noch dazu, daß sich die einstigen Sänger gewisse "Freiheiten" genommen haben, die heute als "Unarten" gesehen würden.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch ich tue mich schwer, mich auf eine eindeutige Priorität festzulegen. Am ehesten kann ich mich dem Urteil anschließen, die heutigen Sänger seien anders als die aus früheren Zeiten. Aber was heißt das? Lässt sich das an einem oder wenigen Charakteristika festmachen?


    Ich will es versuchen: Was die heutigen Sänger von früheren unterscheidet, ist vor allem das Weglassen oder Vermeiden dessen, was man den Kammersängerton nennen könnte. Man muss es ja nicht gleich das Göttliche nennen. Aber sie sagen eher "Ich bin einer von euch, nur besser" als "Ich bin ein Hohepriester der Kunst". Auf die besten von ihnen passt vielleicht das Prädikat perfekt, während auf die besten von einst eher das Prädikat vollkommen passt. Waren sie einst eheroriginell, sind sie heute wohl eher stromlinienförmig im Sinne von medienkompatibel und austauschbar.


    Ich finde unter beiden Arten vieles, was mir gefällt: bei den Heutigen eher das glatte Schöne, bei den Alten eher das Staunenerregende. Letzteres ist, weil weniger perfekt, etwas aus der Mode gekommen, aber wenn es hohes Niveau hat, fasziniert es mehr als die glatte Perfektion.


    Vielleicht fällt mir morgen noch etwas besseres ein. Gute Nacht!

  • Ja, alle haben es erkannt, die heutigen Sänger sind anders als die alten (hochgelobten).


    Woran das liegen könnte? Ich glaube, dass früher mehr Persönlichkeiten auf der Bühne standen und heute viele gute Sänger. Ein kleines Beispiel: Es sangen in Wien einmal zwei bedeutende Baritone: Eberhard Wächter und Marcel Cordes. Statur und
    Stimme diametral gegensätzlich. Der eine elegant, gut aussehend und der andere das genaue Gegenteil - seine Bösewichte und auch Väter waren schauspielerisch ausgefeilt und absolut ohne jede Sympathie. Auch die Stimmen passten zum Aussehen: Kavaliersbariton contra Wüterich. Wo kann man heute in einer Stadt solche Gegensätze noch erleben? Und noch eins: Es gab kein Regietheater, jeder hatte seine persönliche Darstellung auf die Bühne gebracht.

  • Ja und nein. Ich glaube, daß dies eher eine Frage der "Anforderungen" an den Sänger ist. Wobei wir hier doch zwischen Liedgesang und Opernarien unterscheiden müssen. Wenn ich es richtig sehe, dann ist im Falle Oper eher eine "leichtere" Interpretation im Trend. Man höre nur, wie die Rolle des Tamino immer mehr mit helleren Tenören besetzt wird.

    Genau das ist es, in der Oper scheint das stimmliche Ideal von heute zum einen leicht, schön und hell zu sein. Da werden Partien wie Lohengrin und Stolzing mit "Knabentenören" besetzt. Der Hagen wird ins Baritonfach verlegt. Dabei kann kaum etwas langweiliger sein, als zu lang andauernder Schöngesang. Auf der anderen Seite ist das Qualitätskriterium im dramatischen Fach heute oft nur laut, laut,laut. Aber auch auf der Sprechbühne wird unterkühlt gesprochen. Kaum mehr erlebt man ekstatische Ausbrüche, wie man sie bei Kalibern wie Bassermann, Jannings, Heinrich George oder Eugen Klöpfer erleben konnte. Das Publikum wird durch den geglätteten Stil, um das aufwühlende, dramatische Erlebnis gebracht.

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  • Wahrscheinlich neigen wir auch zum Verklären....


    Mir geht es teilweise mit alten Plattenaufnahmen so, dass ich zu einer Platte greife, die ich jahrelang nicht gehört hatte und die ich wegen ihrer erinnerten Interpretationsschönheit und erinnerten Aufnahmetechnik wieder aus dem Schrank hole. Un stelle plötzlich ihre Schwächen fest.


    Zudem: nicht jeder der Alten hat Plattenaufnahmen hinterlassen. Unser Blick in die Vergangenheit ist verengt auf diejenigen Musiker, von denen es Tonaufzeichnungen gibt (die dann nicht selten bei weitem nicht an das heutige Aufzeichnungniveau heranreichen.


    Ich halte es jedenfalls für fraglich, dass Sänger wie Cordes, Wächter, Traxel, Schlusnus, Lorenz etc. Standard waren, ebensowenig wie Callas, Tebaldi della Casa, Schwarzkopf, de los Angeles etc.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Ich halte es jedenfalls für fraglich, dass Sänger wie Cordes, Wächter, Traxel, Schlusnus, Lorenz etc. Standard waren, ebensowenig wie Callas, Tebaldi della Casa, Schwarzkopf, de los Angeles etc.


    Lieber Thomas,
    wenn es die genannten Sänger nicht waren, die Standards setzten. Wer oder was war es denn dann, durch das die Opernnachkriegsära über die wir schwerpunktmäßg diskutieren geprägt wurde. Jede Zeitepoche hat doch ihre maßstabsetzenden Vorbilder.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber "Operus", ich glaube, du hast Thomas Pape missverstanden. Er meint, dass diese Sänger mit ihren Leistungen nicht der übliche "Standard" im alltäglichen Opernbetrieb waren, sondern herausragten und mit ihrer Leistungsfähigkeit eher rar waren. So interpretiere ich das jedenfalls. Du hast hingegen "Standard" mit "Maßstab" assoziiert. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber,
    danke für den Hinweis. Ich glaube, dass es so ist, wie Du es interpretierst.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Aber auch auf der Sprechbühne wird unterkühlt gesprochen. Kaum mehr erlebt man ekstatische Ausbrüche, wie man sie bei Kalibern wie Bassermann, Jannings, Heinrich George oder Eugen Klöpfer erleben konnte. Das Publikum wird durch den geglätteten Stil, um das aufwühlende, dramatische Erlebnis gebracht.


    Das Problem ist, daß es in unserem Kulturkreis derzeit üblich ist Contenancd zu bewahren und Gefühle zu unterdrücken. "Hysterische" Ausbrüche, seien sie durch Schmerz, Hass, angst oder triumph bedingt, finden de facto kaum mehr statt, sie würden von der heutigen Gesellschaft nicht mehr anerkannt
    Als John F. Kennedy ermordet wurde, gabe es im Österreichischen Rundunk eine dreiminütige Sendepause, dann wurde nur ernste Musik gespielt. Kann sich jemand sowas HEUTE vorstellen ?
    Gefühle in Liedern des 19. Jahrhunderts werden heute als kitschig empfunden - aber damals war das lediglich der Spiegel echter Gefühle. Ich selbst wurde in frühester Kindheiut vor allem von meiner Großmutter erzogen, die eltern waren geschieden und meine Mutte sorgte für meinen Unterhalt. Das Besondere daran ist, daß meine Großmutter relativ alt war, als sie meine Mutter (als jüngstes von 3 Mädchen) zur Welt brachte. Das war 1927, meine Großmutter war 1888 geboren, Ich hatte dadurch eine Erziehung, die in etlichen (wenngleich nicht allen) der eines Kindes von 1910 entsprach. Eine völlig andere Welt, an der ich ein bisschen mitschnuppern durfte. oder musste je nach Betrachtung.
    Und schon haben wir den Bogen wieder heraus; Es war ein anderes Weltbild, Die verschiedenen Mozart-Filme (soweit ich weiss gibt es 4) strahlen weniger Mozarts Zeit als vielmehr jene der Enstehung des Filmes aus,,,
    Das lässt sich gut auf Interpretationen von Schauspielern und Sängern übertragen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Alfreds Stichwort von der Sendepause bringt mich auf einen Aspekt, der vielleicht etwas weit hergeholt klingt, aber doch, wie ich meine, auch hierher gehört:


    Es ist heute auch undenkbar, dass Rundfunk- und Fernsehsender jede Nacht Sendeschluss haben, dem eine mehrstündige Funkstille folgt. Warum gibt es das nicht mehr? Weil sich die Sender inzwischen nur noch als Dienstleister verstehen, und dabei gilt die Devise "Zeit ist Geld". Jede Minute ohne Sendung ist ein ökonomischer Verlust. Es wird für den 24-Stunden-Tag produziert. Und die Filme sind auch oft danach: schnell zusammengeschusterte Massenware, einander zum Verwechseln ähnlich.


    Und das färbt auf den Theaterbetrieb ab: Die Schauspieler - und längst auch die Sänger! - müssen innerhalb des Ensembles austauschbar und ersetzbar sein wie Module. Da stören die Ecken und Kanten von eigenwilligen Charakteren. Die werden lieber durch stromlinienförmig funktionierende, leicht austauschbare Gesangs-Module ersetzt, um den Betrieb am Laufen zu halten.
    Wer in alten Plattensammlungen wühlt, wird entdecken, dass z.B. Mozarts Tenorpartien - nicht nur, aber auch - von Tenören wie Völker, Rosvaenge und Wittrisch gesungen wurden. Mit allen ihren Unarten, gewiss; aber immerhin mit Autorität, Technik - und Stimme! Das kann man stilistisch anfechten. Aber die Frage ist, ob man sie wirklich besser mit Evangelistenstimmen besetzen sollte, wie es heute häufig geschieht, die alle irgendwie ähnlich (anämisch!) klingen.


    Neulich fiel mir in Saarbrücken auf, dass ein Tenor bei Janacek etwas üppig besetzt war. Auf der Suche nach dem Grund kam mir der Gedanke: Die brauchen bald einen Tannhäuser! (Im Juni ist Premieree.) Falls das zutrifft, wäre dieses Vorausdenken eher eine Ausnahme - die Regel ist inzwischen andersrum. Sänger sind austauschbar geworden, und das Publikum hat weitgehend verlernt, vollwertige Stimmen einzufordern. Da liegt der Hund begraben. Nur: Wer soll das ändern?


    Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp´? Junge Leute an die Front - aber bitte solche mit Sachverstand und Spürnase... meint Sixtus

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  • Gerade stellte ich im Thread "Der "Ring der nie gelungen" eine Besprechung von Ekkehard Pluta über die bei Orfeo erschienene Gesamtaufnahme des Bayreuther "Rings", Rudolf Kempe/Wolfgang Wagner, aus dem Jahre 1961 ein , die in der neuen Opernwelt (2/2017,S. 24) herausgekommen ist. Pluta beleuchtet darin u. a. den Niedergang des Wagner-Gesangs. Eine Betrachtung, die unsere Diskussion über Gesangskunst gestern und heute befruchten kann. Daher vor allen für diejenigen, die in dieser Thematik so engagiert mit diskutieren, besonders lesenswert.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ein Gesichtspunkt, der mir beim Schmökern im Thread "Den erkenne ich blind!" in den Sinn gekommen ist (und der auch hierher passt), ist folgender:


    Wenn man eine Stimme auf Anhieb erkennt, kann es verschiedene, sogar entgegengesetzte Gründe haben, je nachdem, ob das Erkennungsmerkmal ein besonders edles
    Timbre / eine brillante Technik - oder aber eine Unart / ein technisches Defizit ist.


    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es heute weniger Unarten gibt. Sie werden dem Verkaufserfolg zuliebe abtrainiert (siehe Austauschbarkeit). Deshalb gibt es heute weniger Störendes (der glatten Oberfläche zuliebe), aber auch weniger Mitreißendes. So verschwinden allmählich die emotionalen Exzesse. Man will nicht anecken, vergisst aber dabei, dass die starke Emotion manche Hörer besonders anspricht.


    Ziemlich sicher scheint mir, dass ein Heldentenor wie Max Lorenz heute, neben enormer Wirkung, auch einiges Befremden auslösen würde. Ähnliches dürfte auf Inge Borkh oder Astrid Varnay zutreffen. Und wenn man Baritone wie Metternich und Fischer-Dieskau nacheinander mit Renatos "Eri tu" hört, glaubt man kaum dasselbe Stück zu hören. Der eine gehörte noch der alten Schule an, der andere leitete zur selben Zeit den neuen Stil ein, der die Klangentladung (teilweise mangels Masse) zugunsten der Noblesse vermied.


    Heute scheint das Pendel wieder in die Gegenrichtung schwingen zu wollen, was aber deren erklärte Gegner schnell auf den Plan ruft. Pendeln wir über "Anything goes" ins Benutzerfreundliche ein wie bei den Bratpfannen? Ich fürchte ja - aber wo bleibt dann die Kunst...? - fragt Sixtus

  • Lieber Sixtus,


    Die Ansichten und Schlußfolgerungen, Deines Beitrags decken sich weitestgehend mit den von mir formulierten Gedanken und meinen Beiträgen, die ich zu dieser Thematik eingestellt habe. Solche Übereinstimmungen bestätigen und verstärken den eigen Standpunkte und sind daher hilfreich.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zuerst mal, lieber Operus, vielen Dank für den großen solidarischen Blumenstrauß!
    Inzwischen habe ich, auf deine Anregung hin, die erste Hälfte vom "Ring, der nie gelungen" durchgeackert. Dazu möchte ich, weil es auch hierher zu passen scheint, einige Zwischen-Anmerkungen machen.
    (Ich war ja damals noch nicht im Forum, habe aber die Zeit der Entstehung der meisten Aufnahmen intensiv miterlebt. Die Disskussion hat mich streckenweise gefesselt, aber einige Differenzen hinsichtlich des sängerischen Niveaus erlaube ich mir kritisch zu kommentieren:)


    Mir fiel öfters auf, dass manche Leistungen als herausragend empfunden wurden, die meiner Ansicht nach wohl im Ausdruck, nicht aber gesanglich dieses Lob verdienen.
    Beispiele: Gerhard Stolze war ein eindrucksvoller Mime und Loge, wenn man sich vorher Ohrenstöpsel angelegt hat. Beim Nur-Hören schwer zu ertragen. Ähnlich ging es mir bei den ehrfürchtigen Erwähnungen Wotan Adam. Er war sicher ein großer Gestalter. Aber auf der Platte? man durfte mit einem Streichholz nicht zu nahe kommen, ohne zu befürchten, dass die trockene Stimme in Flammen aufgeht. Und Fischer-Dieskau hatte im Rheingold die perfekte Diktion, aber weder die passende Stimmfarbe noch das Volumen für den Gott. Krankhafter Ehrgeiz! Leider waren weder Karajan noch Solti auf der Höhe ihrer Aufgabe, wenn es um die Beurteilung und den Einsatz von Stimmen ging. Auch Brillioth war ein Zwerg als Siegfried.


    Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen.... meint Sixtus