Zauberflöte (Mozart), Hamburgische Staatsoper, 14.12.16

  • Große Umbesetzungen waren nicht angekündigt, dafür stand aber wider Erwarten Wilhelm Schwinghammer als Sänger des Sarastro auf dem Programmzettel. Leider wurde angesagt, dass stattdessen, wie vorher angekündigt, Andrea Mastroni in dieser „Kurt Moll-Partie“ auftreten würde. Während Mastroni für seine erste Arie keinen Beifall erhielt, rief jemand vom Rang, was man aus Italien kennt, sofort nach Schluss der zweiten Arie in die Stille ein überlautes „Bravo“ hinein; dann begann, vielleicht vor Schreck, auch ein Teil des Publikums kurz zu klatschen. Nicht verschwiegen werden soll, dass auch Mastroni am Ende frenetisch bejubelt wurde.


    Das Haus war, soweit zu übersehen war, ausverkauft, es befand sich viel junges Publikum im Saal, darunter jemand, der immer mal wieder Truthahnrufe in den Raum stieß (ich vermute einen Zuschauer mit Tourette-Syndrom). Der Dirigent (Nathan Brock) nahm es professionell und wartete die Gockeltöne ab, die wohl von manchen Zuschauern als Teil der Jeckelschen Inszenierung angesehen wurde. Die durch LED-Vorhänge gestaltete Bühnenausstattung gefiel mir besser als bei der letzten Aufführung, nach der Pause machte sich ob fehlender weiterer Ideen aber auch Langeweile breit.


    Der erste Teil wurde wieder von Dovlet Nurgeldiyev als Tamino beherrscht, der von der Stimmschönheit und der stimmlichen Interpretation her den besten Tamino sang, den ich auf der Bühne bisher gehört habe. Spannend war das Zusammenspiel mit dem bereits 79jährigen Franz Grundheber (geboren 27.9.1937) als Sprecher. Die wieder von Christina Gansch gesungene Pamina hinterließ bei mir einen zwiespältigen, überwiegend aber doch positiven Eindruck. Am Ende der g-Moll Arie sowie beim Wiedersehen mit Tamino gelangen ihr berückend schöne, sehr beseelte Töne, häufig wirkte die Stimme aber zu flach, zu wenig weit und rund, um ihre von mir in diesem Haus gehörten Vorgängerinnen (Mathis, Donath, Blegen, Popp, Bonney u.a.) vergessen zu lassen. Christina Poulitsi war eine ganz ausgezeichnete Königin der Nacht mit glasklaren, auch in der Höhe klangvollen Koloraturen. Ob ihrer offenbar auch bei dem jugendlichen, nicht ganz so opernaffinen Publikum bekannten Höllenrachenarie erhielt sie von allen Beteiligten den längsten Beifall, nicht zu Unrecht (einen Tamino richtig zu würdigen, ist da schon schwerer). Das Damenterzett war diesmal mit Hellen Kwon, Dorottya Lang und Marta Swiderska deutlich harmonischer und klangschöner besetzt. Jürgen Sacher fiel als Monostatos nicht weiter auf, allerdings war er auch bis zur Unkenntlichkeit überschminkt. Als Papagena überraschte mit kräftiger und schöner Stimme Narea Son (derzeitiges Mitglied im Operstudio). Die Rolle des Papageno hat sich Jonathan McGovern weiter angeeignet, auch rein sprachlich. Mir ist seine Stimme zu uncharakteristisch, sie haftet mir nicht im Ohr. McGovern legt die Rolle, wohl im Steckelschen Sinne, auch recht übertrieben und wenig subtil an, erreichte damit aber das jugendliche Publikum. Am Schluss wurde gejubelt, gepfiffen, gebrüllt und geheult, ausufernd, wie im Zirkus oder im Stadion, und das ohne jede Differenzierung der Leistung der durchaus verblüfft dreinschauenden Protagonisten. Schade, wenn sich solches, eher sich selbst als die Auftretenden akklamierendes Eventgeheul einbürgert. Aber immerhin, vielleicht wird der oder die eine andere auch für weitere Opernaufführungen gewonnen, die, wenn sie schwieriger und weniger bekannt als die Zauberflöte sind, mittlerweile recht schwach besucht werden.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv