https://de.wikipedia.org/wiki/Yuja_Wang
Yuja Wang, geboren 10. Frebruar 1987 in Peking
Zur Vorstellung dieser hochbegabten jungen chinesischen Pianistin wähle ich diese, ihre zweite CD für die "Deutsche Grammophon", im Moment für nur 10 Euro zu haben.
Als 20jährige machte Yuja Wang diese Aufnahme mit gleich mehreren absoluten Gipfeln pianistischer Virtuosenliteratur mit musikalischem Anspruch. Was sie damit untermauern will und kann, ist ihr Anspruch als eine der führenden Pianist(inn)en ihrer Generation. Zu jedem Moment ist klar: Yuja Wang ist pianistisch nicht nur eine große, sondern ganz große Begabung. Und das nicht nur in manueller Hinsicht. Ihr Spiel besticht durch unverkrampfte Leichtigkeit, wache Intelligenz und großes Gestaltungsvermögen. Bei all dem wirkt sie nie verkrampft oder ambitioniert, sondern behält sowohl ihren jugendlichen Charme als auch ein gewisses nonchalantes Draufgängertum. Natürlich gelingt ihr „Petruschka“ von Strawinsky eindrucksvoll. Sie wirft nur so die virtuosen Brocken auf den Flügel hin. Das ist tänzerische Musik als Spiel. Die Puppen tanzen, immer wohl charakterisiert. Yuja Wang zeigt was sie kann, macht aber gerade deswegen, weil sei es kann, aus Strawinsky kein Showpeace eitler virtuoser Selbstdarstellung. Dieser Strawinsky bleibt allerdings auch irgendwie ein sehr jugendliches Puppenspiel, ein Lebensfreude ausstrahlendes Spiel mit Musik. Da erreicht die große alte klassische Aufnahme von Maurizio Pollini doch eine andere Dimension: Bei Pollini ist diese Musik eben mehr als nur klaviervirtuose „Transformation“ eines Orchesterstückes auf dem Klavier, sondern originäre Klaviermusik, ein Monument klassischer Moderne. Die beiden Scarlatti-Sonaten sind wohl nicht zufällig aus dem Horowitz-Programm gewählt: Yuja Wangs Lehrer ist schließlich der Horowitz-Schüler Garry Graffman. Sie spielt diese Sonaten frei, jugendlich frisch und zart und im Vergleich mit Horowitz ohne melancholische Patina.
„Beweisen“ kann sie sich auch mit Brahms´ berühmt-berüchtigten „Paganini-Variationen“. Auch hier nimmt sie den deutschen Brahms so gar nicht schwermütig, sondern spielerisch virtuos, ohne aber jemals ins nur Etüdenhafte abzugleiten. Die einzelnen Stücke sind alle sehr sorgfältig durchgezeichnet. Die interpretatorische Schwierigkeit bei Brahms liegt in der „Transformation“ von Paganini-Virtuosität in romantisches Gemüt. Was man als Interpret treffen muss ist den Ernst im Spiel bei gleichzeitiger Wahrung des Spielerischen im Ernst, eine Etüdenhaftigkeit, die sich als solche nie zeigen darf. Yuja Wang gelingt diese eigenartige Synthese vorzüglich, allerdings mit einer „jugendlichen“ Verschiebung zum Spielerischen hin. Sinn für die melancholischen Töne hat sie, aber Brahmssche grüblerische Schwermut liegt ihr dann doch eher fern. Wenn man freilich an den unerreichbaren Maßstab von Michelangelis Jahrhundertaufnahme denkt, dann muss man doch konstatieren: es geht noch klarer und pianistisch unfehlbarer (die Trillervariation!) und auch expressiver, farbiger, tiefschürfender. Aber das schmälert die grandiose Leistung von Yuja Wang in keiner Weise. Ravels „La valse“ liegt ihr selbstverständlich – wie es sein soll „explodiert“ bei ihr dieser Wiener Walzer. Yuja Wang ist ein begnadetes Talent, die anderen hochbegabten Jungtalenten die intelligente Sorgfalt und Ernsthaftigkeit des Musizierens, gepaart mit entwaffnender Unverkrampftheit und Natürlichkeit, voraus hat. Sie ist eben zuerst Musikerin und dann Virtuosin – weswegen man auf ihre zukünftige Entwicklung gespannt sein darf.
Schöne Grüße
Holger