Die DREIGROSCHENOPER

  • Ich wage es, in diesem Klassik Forum einen thread zu diesem Klassiker ohne klassische Musik zu eröffnen, der aber in fast jedem Opernführer zu finden ist: Meiner Meinung nach ein Meisterwerk des 20. Jahrhunderts, wenn auch sicher keine Oper im strengen Sinne, eher wohl Theater mit Musik, aber wohl auch "Gesamtkunstwerk" und teils Parodie auf die Oper. In dem von mir erlebten Teil der Rezeptionsgeschichte ist erstaunlich, daß in den frühen 70er Jahren, als Brecht Hochkonjunktur hatte, da die "68er" als Junglehrer mit Brecht im Gepäck die Gymnasien meiner Heimatstadt stürmten, die DREIGROSCHENOPER kaum Beachtung fand. Nun, anders als die Stücke Brechts, den ich heute als Dramatiker für eher langweilig halte, ist die DREIGROSCHENOPER eigentlich eine Collage von Texten, die durch eine Rahmenhandlung verbunden sind, aber auch einzeln verständlich und interpretierbar sind. Dem entspricht der uneinheitliche Charakter der Musik Weills, die sich in verschiedensten Stilen präsentiert.
    Eines der leider seltenen Werke, in dem Text und Musik, beide einfach strukturiert und daher leicht zugänglich, trotzdem auf hohem Niveau eine perfekte Entsprechung finden, dazu noch mit hohem Unterhaltungswert.


    Ich habe folgende Aufnahmen:
    1930 mit Gerron, Lenya, Ponto, Trenk-Trebitsch u.a.; Mackeben
    1958 mit Lenya, Trenk-Trebitsch, Hesterburg, Schellow, v. Koczian, Grunert u.a. ; Brückner- Rüggeberg
    1968 mit Qualtinger, Baal, Wieder, Drews, Messemer, Held, Clarin, Degenhardt u.a.; Last
    1999 mit Raabe, Gruber, Hagen Brauer u.a.; Gruber


    Perfekt ist wie üblich keine Einspielung. 1930 ist im Vortrag für heutiges Empfinden recht antiquiert. Das gilt teilweise auch für 1958, die gleichwohl beeindruckend ist. 1999 bietet eine geschlossene Leistung mit origineller Besetzung. Mein Favorit ist 1968: Messemer als intellektueller Macheath voller Ekel und Hohn für Umwelt und Mitmenschen; Hanne Wieder als herrlich vulgäre Schlampe mit Herz, Degenhardt (den ich auch sonst sehr schätze) als Moritatensänger mit giftig boshaftem Unterton, um nur Beispiele zu nennen.



    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Ganz zweifellos ist die Zusammenarbeit von Brecht und Weill für "Die Dreigroschenoper" ein Klassiker des 20. Jahrhunderts - ein Stück, an dem niemand eigentlich vorbeigehen kann. Mag sein, dass man die Nase rümpfen mag über die vermeintliche "U-Musik", die Weill hier schreibt, aber wie er das tut! Und: Stücke, die die Grenzen brechen zwischen beiden vermeintlichen (und meiner Meinung nach eher schlecht erfundenen) "Lager", gab es und gibt es immer wieder.


    An HK Grubers Einspielung von 1999 führt eigentlich kein Weg vorbei: Nicht unbedingt wegen der zweifellos originellen, aber streitbaren Sängerbesetzung, sondern wegen der vorbildlichen Arbeit des Ensemble Modern am Instrumentarium: Hier klingt Weill im Gegensatz zu manch älterer Aufnahme frech, knackig, bissig und wo es sein muss auch hoffnungslos (pseudo)kitschig - einfach eine Wonne. Und natürlich auch, weil die Aufnahme als bisher einzige die neue Kurt Weill Edition zugrundelegt und die Bühnenmusiken sowie eine Arie der Lucy (im Anhang) berücksichtigt.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Ich habe den Thread erst jetzt - im Rahmen meiner Ergänzungen des Bereiches OPERNFORUM im Thread-Directory - gesehen (sorry das Foruim ist ja schon riiiesengroß) und bin verwundert, auf wie wenig Resonanz er stieß. Aber vielleicht ging es anderen Forianern wie mir, sie haben ihn einfach übersehen.


    Persönlich finde ich daß er sehr wohl ins Opernforum gehört - und das nicht ohne Eigennutz - schließlich plane ich die Anschaffung dieses Werks noch für heuer ......


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,
    welche Aufnahme willst Du denn anschaffen?

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Hallo,


    das Problem mit den Aufnahmen der "Dreigroschenoper" ist, dass es keine wirklich befriedigende Einspielung gibt. Die faszinierenden alten Aufnahmen von 1930 sind authentisch und haben den richtigen Sprach- und Gesangsduktus, sind aber natürlich technisch veraltet. Brückner-Rüggebergs Aufnahme ist zwar relativ vollständig, bringt aber nicht alle Strophen und ist außerdem noch umarrangiert, so dass Weills spröder und aggressiver Sound manchmal eher nach Tanzkapelle zum 5 Uhr-Tee klingt. Die Gesangsleistungen lassen auch eher zu wünschen übrig, für die alte Lenya mußten Teile auch noch nach unten transponiert werden.


    Die Aufnahme von 1968 krankt an dem m.E. unerträglichen Arrangement von James "Hansi" Last, der alle Ecken und Widerhaken aus Weills Partitur zu einer leicht konsumierbaren Schunkel-Soße zurechtgelutscht hat. Brecht für "Bild"-Leser sozusagen. Die Schauspieler sind gediegen-solide, wenn man nicht verlangt, dass sie den richtigen Ton (im doppelten Sinne) treffen. Herausragend allerdings der Peachum des Helmut Qualtinger.


    Orchestral gibt es zur Gruber-Einspiélung mit dem Ensemble Modern keine Alternative, hier klingt Weill endlich so, wie er klingen soll. Max Raabe und Nina Hagen sind interessante Fehlbesetzungen (hier wäre der Ausdruck "maniriert" einmal wirklich angemessen).


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von GiselherHH
    das Problem mit den Aufnahmen der "Dreigroschenoper" ist, dass es keine wirklich befriedigende Einspielung gibt. Die faszinierenden alten Aufnahmen von 1930 sind authentisch und haben den richtigen Sprach- und Gesangsduktus, sind aber natürlich technisch veraltet.


    Und es fehlt natürlich eine ganze Menge an Musik...
    Dennoch schade, dass ich viel der folgenden Interpretation nicht am dem leicht distanzierten Gesangsstil dieser Einspeilungen orientierten, sondern an dem übertrrrriebenen Diseusengeblöke, das die Lenya 30 Jahre später teils veranstaltete.


    Zitat


    Orchestral gibt es zur Gruber-Einspiélung mit dem Ensemble Modern keine Alternative, hier klingt Weill endlich so, wie er klingen soll. Max Raabe und Nina Hagen sind interessante Fehlbesetzungen.


    Dann muß ich mir die wohl doch nochmal holen. Bisher hatte ich mich außer den 1930er Schellacküberspielungen mit der ebenfalls sehr durchwachsenenen, aber recht soliden unter Mauceri (Lemper o.k., Kollo o.k., Adorf, naja, Milva naja, Dernesch als Ms Peachum naja. ein kurioser Mix aus Opernsängern, Schauspielern, Kabarett). Die singfähigen Schauspieler, dei das Stück verlangt, gibt es anscheinend nicht.
    Und mit sehr viel ehrgeizigeren Stück Mahagonny siehts eher noch schlimmer aus...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Na ja, nach den eurobedingten Preiserhöhungen wären es an der Kaufkraft gemessen heute dann nur noch ca. 10 Cent... :D

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Durch Zufall bin ich auf diesen alten Thread gestoßen. Darin wird u.a. bedauert, dass es keine adäquate Einspielung des Werkes auf Platte gibt. Diese Meinung kann ich nicht teilen. Es gibt durchaus bemerkenswerte Aufnahmen. Hier ein Auszug aus meiner Sammlung:


    WEILL
    DIE DREIGROSCHENOPER

    Berlin 1930 Lenya, Gerron, Trenk-Trebisch, Ponto – Mackeben
    Wien 1950 Jerger, Anday, Rosvaenge, Preger – Adler
    Berlin1958 Trenk-Trebitsch, Koczian, Lenya – Brückner-Rüggeberg
    New York 1961 Merrill, Wolfson, Sullivan, Rae, Price, Lenya – Matlowsky (engl.)
    Frankfurt 1965 Kutschera, Mey, Hübner, Korte – Rennert
    Hamburg 1968 Baal, Qualtinger, Degenhardt, Wieder, Messemer – Last
    Köln 1968 Tappert, Trenk-Trebitsch, Hatheyer – Pütz §
    Berlin 1988 Adorf, Dernesch, Lemper, Kollo, Milva – Mauceri
    London 1989 Harris, Migenes, Daltrey, Walters – Seltzer (engl.)
    Köln 1994 Kante, Steinsky, Henschel, Raffeiner – Latham-König
    Hamburg 2004 Tukur, Redl, Mattes, Stappenbeck, Bill – Stötzel (DVD)


    Die Frankfurter Aufnahme unter Rennert, die WDR-Aufnahme von 1968 und die Berliner CD unter Mauceri mit Mario Adorf und Ute Lemper erfüllen diese Ansprüche meines Erachtens, und der Erfolg der Hamburger Neuinszenierung mit Ulrich Tukur ist bekannt.
    Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, diesen Thread neu zu beleben!

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hi!


    Die DGO ist meiner Meinung nach eine sehr interessante Komposition, die mich im damaligen Musikunterricht sehr angesprochen hat.


    Bei öfterem Hören würde sie jedoch für mich den Reiz verlieren.


    LG Florian


    :hello:

    Gustav Mahler: "Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten."

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  • Für mich ist die Dreigroschenoper ein Stück, das mich immer wieder auf's neue zu begeistern vermag, was sicher auch daran liegt, daß ich sie stellenweise als unglaublich komisch empfinde - nicht nur im Text, sondern auch in der Musik - allein die Opernparodie, die das Finale einläutet... :)


    Dennoch geht es mir wie einigen Vorrednern, die "perfekte" Einspielung will sich nicht so recht finden.


    Sowohl bei 1930 als auch 1958 habe ich massive Probleme - die historische Tontechnik, die gesamte Art des Gesangs mögen mir nicht zusagen. Auch wenn Lotte Lenya immer wieder in der Literatur als Idealdarstellerin angeführt wird: Es entspricht nach meinem Empfinden einem damaligen "Zeitgeschmack", den ich so heute nicht mehr hören möchte; es sei denn als Dokument.


    Die Einspielung des Ensemble Modern hat mich sofort begeistert, auch -und gerade!- die oben kritisierte Nina Hagen; nur der für mich stets gleich klingende Max Raabe stört mich doch sehr.


    Da ich sie nicht kenne, würde es mich freuen, wenn jemand etwas zu der Aufnahme Berlin 1988 sagen könnte, diese würde mich sehr interessieren, vor allem, wie sich Milva schlägt. In einem vor einiger Zeit im Fernsehen gesendeten Brecht-Abend kam sie mir nämlich fast etwas zu engagiert vor, mit ein bisschen zuviel Hingabe und Interpretation (sie hat so gnadenlos übertrieben, daß ich umschalten musste :stumm: ).


    Liebe Grüße!

    "Der Aufführung fehlte es nicht an Sensibilität, Gefühl und Verstand, aber am Gleichmaß von Harmonie, Not und Glück" (J. Kaiser)

  • Das "Ensemble Modern" ist weiter oben bereits gelobt worden.


    Der ZDF-Theaterkanal sendet im Mai die Aufzeichnung der "Dreigroschenoper" in einer Produktion des Frankfurter Schauspielhauses.
    Die - nicht immer sehr sangeskräftigen - Schauspieler werden in dieser Inszenierung vom "Ensemble Modern" kompetent begleitet:


    Die Dreigroschenoper
    Ein Stück mit Musik von Bertolt Brecht und Kurt Weill
    Schauspiel Frankfurt, 2007


    - Karin Neuhäuser
    - Wolfram Koch
    - Joachim Nimtz
    - Sascha Maria Icks
    - Sebastian Schindegger


    Bühnenbild: Adriane Westerbarkey
    Fernsehregie: Peter Schönhofer
    Inszenierung: André Wilms
    Kostüme: Mareike Uhlig
    Orchester: Ensemble Modern


    Zitat

    Die 1928 in Berlin uraufgeführte "Dreigroschenoper" wurde zum größten Theatererfolg der zwanziger Jahre. Bertolt Brechts Stück, in dem Bettler, Huren und Räuber auftreten, stellt die dunkle, kriminelle Seite der großstädtischen Welt dar. Trotz ihrer Ansiedlung im viktorianischen England kritisiert die "Dreigroschenoper" mit Satire und Spott die bürgerlich-kapitalistische Welt. Und die Musik Kurt Weills, vor allem die Balladen das "Lied der Seeräuber-Jenny" oder die "Moritat" von Mecky Messer sind mittlerweile Ohrwürmer geworden, die sofort mit der "Dreigroschenoper" assoziiert werden. In André Wilms Inszenierung am Schauspiel Frankfurt singt und spielt das Ensemble die "Dreigroschenoper" ohne tonnenschwere Tradition und moralinsauren Beigeschmack. Dabei kommt die Moritat von der Gaunerwelt als Vexierspiel der unsrigen so reibungslos daher, als sei sie brandneu. Das Ensemble Modern setzt hohe Maßstäbe und gibt Kurt Weills Musik in all ihren reizvollen Vertracktheiten glasklar und mit oft atemberaubendem Tempo wieder.


    Hier noch die Sendetermine:


    Do, 08.05.2008 19:40 Uhr(130 min.)
    So, 11.05.2008 24:00 Uhr
    Fr, 16.05.2008 24:00 Uhr
    Di, 20.05.2008 19:40 Uhr
    So, 25.05.2008 19:40 Uhr
    Mi, 28.05.2008 24:00 Uhr
    Fr, 30.05.2008 19:40 Uhr


    LG
    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich habe wieder


    Die Dreigroschenoper


    als Oper gesungen,


    und zwar mit


    Alfred Jerger - Peachum,
    Rosette Anday - Frau Peachum,
    Polly - Liane Augustin,
    Macheat - Kurt Preger
    Brown - Frederick Guthrie,
    Lucy - Anny Felbermayer,
    Ausrufer - Helge Rosvaenge.


    Dirigent: F. Charles Adler


    Keine Dialoge, wie bei Amadeo so üblich, also auch keine Zeitkritik.
    Die tiefe Melancholie von Weills Musik wird aber deutlicher.


    Mir gefällt die Polly der Liane Augustin, diese Frau hatte so eine wunderschöne Stimme, war aber, denke ich Europaweit nicht so bekannt, ebenso wie Greta Keller, mit ihrer rauchigen Stimme.

  • nun, ich glaube, dass viele stücke von b.b. durch die finanzkrise wieder unheimlich aktuell geworden sind. sie waren es eigentlich im grunde immer,nur wurde das durch den leider nicht ewig andauernden wohlstand kschiert.mit hartz IV, den ein-euro-jobs,der leiharbeit fing es eigentlich schon.der mensch als beliebig auswechselbare ware, die einzig beherrschende macht des geldes, die unglaubliche hagier nicht nur der banker - alles das hat b.b. schon meisterhaft in seinen stücken angeprangert. und mahagonny war nie so aktuell wie heute.
    übrigens wurde mir b.b. schon lage vor 1968 durch meinen deutschlehrer in der nähe von kiel nahegebracht.

    friedrichsfelde

  • Die weiter oben erwähnte Inszenierung aus Frankfurt wird am Sonntag in arte TV nochmals ausgestrahlt:
    Sonntag, 9. Januar 2011 um 14.20 Uhr


    Die Dreigroschenoper
    von Bertolt Brecht, Kurt Weill
    (Deutschland, 2007, 128mn)
    ARTE zeigt eine Inszenierung des französischen Regisseurs André Wilms aus dem Schauspiel Frankfurt.
    Regie: Peter Schönhofer
    Darsteller: Bert Tischendorf (Jakob), Bruno Thalhäuser (Smith, Pastor Kimball), Chris Pichler (Lucy), Florian Stamm (Ede), Joachim Nimtz (Jonathan Peachum), Jonas Maiwald (Moritatensänger), Karin Neuhäuser (Celia Peachum), Max Landgrebe (Robert Filch), Michael Lucke (Brown), Sascha Icks (Polly Peachum), Sebastian Schindegger (Matthias), Wolfram Koch (Mackie Messer), Yvon Jansen (Spelunken Jenny)


    Dirigent: Nacho de Paz
    Inszenierung: André Wilms
    Orchester: Ensemble Modern



    Zitat

    "Selig sind die Armen im Geiste - Wo bleibt das Himmelreich?", heißt einer ihrer berühmten Sätze. In seiner 1928 in Berlin uraufgeführten Erfolgsproduktion "Die Dreigroschenoper" kritisierte Brecht mit Satire und Spott die Werteordnung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, in der nur noch Korruption und Selbsterhaltungstrieb herrschen. ARTE zeigt eine Inszenierung des französischen Regisseurs André Wilms aus dem Schauspiel Frankfurt, die in musikalischer Zusammenarbeit mit dem Ensemble Modern entstanden ist. In den Hauptrollen sind Wolfram Koch als Mackie Messer und Karin Neuhäuser als Celia Peachum zu erleben.


    Die 1928 in Berlin uraufgeführte "Dreigroschenoper" wurde zum größten Theatererfolg der 20er Jahre. Bertolt Brechts Stück, in dem neben einem korrupten Polizeichef, Bettler, Huren und Räuber auftreten, stellt die dunkle Seite der großstädtischen Welt dar. Trotz ihrer Ansiedlung im viktorianischen England kritisiert die "Dreigroschenoper" mit Satire und Spott die bürgerlich-kapitalistische Welt. Und die Musik Kurt Weills, vor allem die Balladen "Lied der Seeräuber-Jenny " oder die "Moritat von Mackie Messer", sind zu berühmten Liedern geworden, die sofort mit der "Dreigroschenoper" assoziiert werden.
    In André Wilms Inszenierung am Schauspiel Frankfurt singt und spielt das Ensemble Modern die "Dreigroschenoper" ohne moralinsauren Beigeschmack. Die Moritat von der Gaunerwelt als Vexierspiel der heutigen Welt kommt dabei so unangestrengt über die Bühne, als sei sie brandneu. André Wilms schafft es gekonnt, sich nicht von der langen Inszenierungstradition erdrücken zu lassen. Das Ensemble Modern setzt musikalisch hohe Maßstäbe und gibt Kurt Weills Musik in all ihren reizvollen Ecken und Kanten glasklar und mit oft atemberaubendem Tempo wieder.


    Aus der Presse:
    "Nacho Paz, der das Ensemble Modern im Orchestergraben alternierend mit Manuel Nawri leitet, und Dietmar Wiesener haben ein Klangbild hergestellt, das den Nebenstimmen- und Randereignis-Reichtum von Weills Musik hörbar macht und die Eingängigkeit der Melodik als immer wieder erstaunlichen Gegenpol dazu. So wird die Dreigroschenoper zu einem echten Singspiel, und das Vergnügen des Publikums an der Inszenierung ist zu einem beträchtlichen Teil das Vergnügen, das man beim Hören hinreißend gut gebauter, vielschichtig intelligenter Lieder hat, die die Hauptverantwortung dafür tragen, dass Brecht/Weills 'Dreigroschenoper' mit ihrem unverschämten, eleganten Wahnwitz und ohne Anschein eines fertigen, reifen Werkes erwecken zu können, eines der Stücke ist, die vom 20. Jahrhundert geblieben sind."
    (Hans Jürgen Linke, in: Frankfurter Rundschau, 22. Januar 2007)
    André Wilms ist Theater- und Filmschauspieler sowie Regisseur und lebt in Paris. Von Bertolt Brecht inszenierte er bereits "Die Kleinbürgerhochzeit" am Cuvilliéstheater in München und gab als Schauspieler unter der Regie von André Engel den Baal. Er inszenierte für Theater- und Opernhäuser sowie Festivals in Paris, München, Strasbourg und Montpellier. Am Schauspiel Frankfurt waren folgende Produktionen von ihm zu sehen: "Sommernachtstraum", von Jens Groß nach William Shakespeare und August Wilhelm Schlegel (2004), "Die Zofen" von Jean Genet (2004), "Jojo, der Zirkusjunge, der kein Clown werden wollte" von Leigh Sauerwein, Pascal Dusapin (Musik, 2003), "Die Logik des Zerfalls", Samuel Beckett-Event (2003), "Katzen haben sieben Leben" von Jenny Erpenbeck (2002) sowie "La vie de Bohème" nach dem gleichnamigen Film von Aki Kaurismäki und dem Roman von Henri Murger (2001).


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo,
    eigentlich lässt mich die 3Groschen Oper immer etwas kalt.
    Man muss sie live sehen und die Frankfurter Aufführung da ist schon erwärmend.
    Aber sie offenbart auch elendige Längen in der Musik.


    Daher empfehle ich zur Abrundung folgende Aufnahme.
    Quasi "Greatest Hits" aus der Dreigroschenoper.
    Die "kleine Dreigroschenmusik" wurde übrigens von Klemp bei Weill in Auftrag gegeben, es gibt auch Aufnahmen mit ihm, aber Atherton macht es entschieden schwungvoller und daher besser.


    Gruß S.

  • Die Dreigroschenoper,
    ein Stück mit Musik in einem Vorspiel und 3 Akten (8 Bilder)
    von Kurt Weill nach John Gays The Beggar's Opera (1728).
    Deutsche Bearbeitung von Bertolt Brecht.
    Uraufführung: 31.8.1928 Berlin, Theater am Schiffbauerdamm
    mit Lotte Lenya • Bahn • Paulsen • Gerron • Carlotta Valetti • Erich Ponto • Busch.



    Aufnahme: 1928-1930, live
    Dirigent: Theo Mackeben
    Lewis-Ruth-Band
    Lucy: Lotte Lenya
    Macheath, genannt Mackie Messer: Willy Trenk-Trebitsch
    Mr. Jonathan Jeremias Peachum: Erich Ponto
    Mrs. Celia Peachum: Erika Helmke
    Polly Peachum: Lotte Lenya

    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Kurt Weill, der "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" komponiert hat, hier in der Aufnahme


    wurde am 2. März 1900 geboren.

    Heute ist sein 115. Geburtstag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Heute möchte ich schon wieder an Kurt Weill erinnern, und zwar an seinen Todestag. Kurt Weill starb am 3. April 1950.


    Heute ist sein 65. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • In diesen Tage ist die Verfilmung diese "Dreigroschenoper" erstmal auf DVD erschienen. Es handelt sich um die deutsch-französische Koproduktion von 1962. Regisseur ist Wolfgang Staudte. Am Drehbuch hat neben Staudte auch der Schriftsteller Günther Weisenborn mitgewirkt. Die Besetzung ist mit Curd Jürgens, Hildegard Knef, Hilde Hildebrand, Walter Giller, Linie Ventura, Gert Fröbe und vielen anderen exklusiv. Kurt Weills Musik erklingt im Film nicht im Original, sondern in einer freien Bearbeitung von Peter Sandloff, wie es bei Wikipedia heißt. Besonders auffallend sei, dass dem Orchester eine Streichergruppe hinzugefügt worden sei, die beim Komponisten vollständig fehlte. Auch dramaturgisch gibt es im Vergleich mit der Vorlage Abweichungen. Der berühmte Song "Meine Herrn, heute sehn Sie mich Gläser abwaschen" wird von der Spelunken-Jenny (Hildegard Knef) gesungen und nicht von Polly gesungen.


    Vor Jahren hat es eine Langspielplatte mit Teilen der Filmmusik gegeben. So sah sie aus:



    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Seit meinem Ausgangsbeitrag ist noch diese Aufnahme bei mir im Regal:



    Und da bleibt sie auch. Eine völlige Fehlbesetzung (Kollo, Lemper, Milva, Adorf u.a.) und musikalisch belanglos.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Bei der Dreigroschenoper greife ich ausnahmsweise am liebsten zu einer historischen Aufnahme:



    Die Aufnahme hat einfach eine Authentizität, die man bei keiner anderen findet. Leider enthält sie nur Auszüge.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.