Liebe Operninteressierte,
in Ermangelung eines Spielplan-Archivs, so wie es etwa die Wiener Staatsoper vorbildlich pflegt und online zur Verfügung stellt, möchte ich dieses Forum nutzen, um hier ein Besetzungsarchiv für die (Deutsche) Staatsoper Berlin (Unter den Linden) einzustellen.
Die dazu nötigen Besetzungszettel habe ich im Musiklesesaal der Deutschen Staatsbibliothek Berlin und im Berliner Landesarchiv eingesehen.
Bevor ich chronologisch alle Spielzeiten zwischen Sommer 1969 und Sommer 1994 einstelle, stelle ich zwei ausgewählte frühere Spielzeiten ein:
- die Spielzeit 1944/45 (letzte Kriegsspielzeit vor der Zerstörung des Hauses)
- die Spielzeit 1955/56 (erste Spielzeit nach der Wiedereröffnung des Stammhauses Unter den Linden)
Die Spielzeit 1944/45 war wohl die schwierigste Opernspielzeit in der Geschichte des Hauses, denn in der Endphase des 2. Weltkrieges kam die Front immer näher, nahmen die Bombenangriffe immer mehr zu. Bei einem „Terrorangriff“ am 3. Februar 1945 wurde die Staatsoper dann zerstört, was die letzte Eintragung im Spiel- und Probenbuch war, das mir im Landesarchiv zur Verfügung stand und wo auch kurzfristige Programm- und Besetzungsänderungen handschriftlich vermerkt sind.
Nachdem bereits im Juli 1944 einige geschlossene Vorstellungen von Mozarts „Figaro“ für die Wehrmacht, Vertriebene und die Organisation „Kraft durch Freude“ gespielt wurden, begann die Spielzeit mit den letzten szenischen Opernvorstellungen – ab dem 1. September gab es keine szenischen Opernaufführungen mehr, sondern nur noch Opernkonzerte. Diese waren nur zweistündig und konnten daher eher erfolgreich durchgeführt werden als lange Komplettaufführungen von Opern. Vielleicht mussten auch die Bühnenarbeiter zur Front, Opernkonzerte sind ja doch weniger aufwändig und von weniger Menschen zu bewerkstelligen als Operninszenierungen. Die Staatsoper Berlin hatte in der Spielzeit 1944/45 wohl das beste Opernensemble im deutschsprachigen Raum und konnte aufgrund der (durch Nazi-Deutschland verschuldeten) Kriegsereignisse nicht mehr wirklich spielen – und versuchte das Unmögliche trotzdem möglich zu machen, beinahe bis zum bitteren Ende…
Für mich war es insofern spannend zu sehen, welche der Sängerinnen und Sänger, die dann nach dem Krieg im Admiralspalast sangen, schon davor am Haus sangen und welche nicht bzw. welche davor und dann nicht mehr. Da dies vielleicht noch andere Opernnarren interessieren könnte, habe ich mich entschlossen, diese Spielzeit einzustellen – ganz sicher nicht in der Absicht, um diese Zeit zu verherrlichen, sondern um sie zu dokumentieren.