Die Sprache in der Musik

  • Salut,


    ich weiß momentan nicht, wohin mit diesem Thread, also fang ich belanglos hier an:


    Ich habe heute im Radio vernommen [und hätte dabei fast die Leitplanke gerammt], Christoph Willibald Gluck habe es erfunden, die Musik [in der Oper] zur Sprache passend zu schreiben.


    Also ich meine, dass das weitaus früher auch durchaus schon üblich war...


    ?(


    LG
    Ulli




    Beitrag in die Allgemeinen Klassikthemen verschoben, petemonova

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ich verstehe diese Aussage nicht ganz. Händel war doch eher, oder?
    Und er hat sehr schöne Opern geschrieben.
    Und Matthias wird vermutlich auch etwas zu bemerken haben.


    LG, Paul

  • Salut,


    wie gesagt: Ich konnte die Aussage auch nicht richtig glauben. Wenn ich aber Gluck mit Kraus z.B. vergleiche, dann würde ich das ausgereifte Wort-Musikverhältnis eher Kraus zuschieben... :rolleyes:


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Aber Gluck war ein bißchen vor Kraus, oder?


    Ich kenne nichts von Gluck gründlich genug, aber der Unterschied, eben auch im Wort-Ton-Verhältnis, zur Opera seria ist ziemlich deutlich. Das ganze ist "realistischer" (wie Iphigenie en Tauride, wo ohne richtige Ouverture die Oper mit Sturm und Chor oder was beginnt). Dieses Neue bei Gluck wurde wohl auch von den Zeitgenossen so empfunden, sonst hätte es ja keine solche Diskussion gegeben. Gluck dürfte für Mozart (und vemutlich auch Kraus, den kenne ich halt nicht) ein sehr wichtiger Einfluß gewesen sein sein.
    Ich habe mal in einem CD-Geschäft (Tower Records San Francisco, ein eigener Laden nur für Klassik) Musik gehört, die ich schwer einordnen konnte und die mir vage Berlioz-ähnlich, aber irgendwie früher vorkam. Ich dachte, es sei vielleicht Cherubini (von dem ich auch kaum was kenne, aber wußte, das er ein wichtiger Einfluß auf Berlioz war), aber es war tatsächlich Glucks Iphigenie en Tauride!
    Die Aussage im Radio war in der globalen Form aber trotzdem fragwürdig, weil man ähnlich "sprachnahe" Oper schon in Monteverdis Orfeo findet, vor der Entwicklung zum Sängerspektakel der Hochbarockoper, auf das Glucks Reform ja eine Reaktion darstellt, findet.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Salut,


    ja, der Gluck war schon gute 40 Jahre älter, als Kraus [und Mozart]. Gluck "darf" schon als Reformator angesehen werden, ganz klar. Er schuf auch vielleicht eine neue Art des Wort-Tonverhältnisses, aber so wagnerisch unmelodiös wie Kraus, das gab es bei Gluck nicht - durchkomponierte Passagen fast ohne Ende... er kommt aus der medias res gar nicht mehr heraus. Wobei die Sprache selbst ja schon eine natürliche [eben nicht konstruierte, von spezieller Literatur abgesehen] Melodie hat.


    Das, was Kraus und Gluck evtl. gemeinsam haben, sind die Ouvertüren - Kraus spiegelt hier Glucks Arien ohne Gesang wieder, die Arien und Ensembles selbst aber lassen sich in keinster Weise vergleichen und/oder auf eine Ebene stellen.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Die Aussage im Radio war in der globalen Form aber trotzdem fragwürdig, weil man ähnlich "sprachnahe" Oper schon in Monteverdis Orfeo findet, vor der Entwicklung zum Sängerspektakel der Hochbarockoper, auf das Glucks Reform ja eine Reaktion darstellt, findet.



    Das will ich auch meinen! Die Madrigalkunst in Italien und anderswo ist ohne sprachnahe Musik nicht zu denken. Unbedingt ist hier auch Heinrich Schütz zu nennen. Näher als er kann man Sprache kaum in Musik umsetzen. Das hat er während seiner Studienjahre in Italien gelernt und in der Deutschen Sprache perfektioniert.



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -