Einmal ist keinmal - Über das Ersthören unbekannten Repertoires

  • Wem ist es nicht schon so gegangen? Man erwirbt eine Aufnahme eines Komponisten, von dem man noch nie ein Werk gehört hat und hört sie an. Danach wandert sie in den "Plattenschrank". Soll man sich erinnern, was man da gehört hat, ist es schwierig, denn schon nach wenigen Tagen verblasst die Erinnerung. Die erste Frage in diesem Zusammenhang muß da heissen: Geht es Euch auch so ? (denn das ist ja nicht a priori vorgegeben) Und wenn ja - Akzeptiert ihr diese Gegebenheit, beispielsweise, weil sie Euch nicht stört - oder setzt ihr Maßnahmen dagegen. Eine davon wäre, das Werk mehrmals zu hören, vorzugsweise in größeren zeitlichen Abständen und (optimal) in verschiedenen Interpretationen.
    Ober seid ihr gar nicht betroffen, weil ihr ein Werk bereits nach einmaligem Hören quasi "im Archiv" habt und zumindest die Schlüsselstellen wiedererkennen würdet ?


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Normalerweise höre ich mir unbekannte Stücke, wenn sie am unkonzentrierten Ohr vorbeirauschen, recht bald ein zweites Mal, mitunter werden sie vorher gar nicht ins Regal gestellt. Meine Disziplin ist diesbezüglich aber wieder am Nachlassen.


    Mir fällt aber auf, dass es praktisch keine Stücke gibt, die ich lieber wieder rauswerfen würde aus meiner Sammlung.

  • Dass sich ein unbekanntes Stück nach einmaligem Hören nicht gleich einprägt, das ist wohl ganz normal, geht mir auch so.
    Ich merke aber beim ersten Hören recht schnell, ob mir das Werk gefällt oder ob es Potential hat, also die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass es mir nach mehrmaligem Hören gefallen könnte.
    Und wenn das der Fall ist, dann kommt es bei mir in die Rubrik 'bald mal wiederhören'. Wenn ich beim ersten Mal gleich höre, nee das wird nix, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass sie bei mir noch mal im Player landet.

    Es wird immer weitergehn, Musik als Träger von Ideen.

    Kraftwerk

  • Auf Grund meiner diesbezüglichen Erfahrungen würde ich mir nicht zutrauen, bereits beim ersten Mal hören ein Werk zu verwerfen, vor allem dann nicht, wenn es sich gleichzeitig um das "Ersthören" der Tonsprache eines mir bislang nicht vertrauten Komponisten handelt. So manches spröde Stück hat sich dan im Laude des mehrfachen Wiederhörens in einen Ohrwurm verwandelt. Auch die von mir heut so geliebten Komponisten Raff und Ries brauchten eine "Einlaufzeit" Im Falle von Onslo und Spohr ist mir der Zugang bis heute noch nicht geglückt - aber ich arbeite noch daran.
    Auch ich bin manchmal ziemlich disziplinlos, und auch ich mustere kaum je eine Komposition aus. Denn es wäre schade, sollte ich nach 5 oder mehr Jahren dann doch Gefallen an dem betreffenden Komponisten gefunden haben - wenn sie dann nicht mehr in meiner Sammlung verfügbar wäre....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • ... und auch ich mustere kaum je eine Komposition aus. Denn es wäre schade, sollte ich nach 5 oder mehr Jahren dann doch Gefallen an dem betreffenden Komponisten gefunden haben - wenn sie dann nicht mehr in meiner Sammlung verfügbar wäre....


    Eben. Manchmal ergeben sich nach Jahren entscheidende Wahrnehmungsveränderungen. Nicht wenige Komponisten brauchten lange, um sich bei mir einen Platz im "Garaguly-Olymp" zu erobern. Da war beim ersten Hören noch gar nicht viel von Begeisterung zu spüren. Und dann plötzlich: nach mehreren Jahren funkte es dann doch noch. Mit 14, 15, 16 etc. konnte ich mit Schostakowitsch, Prokofieff, Bartok etc. nichts anfangen. Deren Musik war mir hermetisch verschlossen. Das änderte sich später gründlichst. Und auch heute noch begegnen mir als erfahrenem Klassikhörer immer mal wieder Werke, bei denen ich mich zurückerinnere, dass sie mir einst (muss nicht bis in Jugendtage zurückreichen) gar nicht gefielen - und plötzlich habe ich aber einen anderen Blick darauf.


    Also - immer ruhig Blut und abwarten. Über kein Werk zu schnell den Stab brechen. Das sind meine Devisen in der hier in Rede stehenden Angelegenheit.


    Grüße
    Garaguly

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  • "Garaguly" schrieb:

    Zitat

    Nicht wenige Komponisten brauchten lange, um sich bei mir einen Platz im "Garaguly-Olymp" zu erobern. Da war beim ersten Hören noch gar nicht viel von Begeisterung zu spüren. Und dann plötzlich: nach mehreren Jahren funkte es dann


    Mir ist es ähnlich ergangen- und ich habe daraus ein Bonmot (nur für den eigenen Hausgebrauch) geschmiedet:


    "Das Schöne an der Klassischen Musik" ist,
    daß sich die meisten meiner "Fehlkäufe"
    im nachinein als "weise Voraussicht" herausgestellt haben......"


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nach dem Ersthören würde ich eine CD auch niemals at acta legen.


    Aber im Laufe der Jahre haben sich eine ganze Reihe CD´s und Werke ergeben, die nach mehrmaliger Wiederaufnahme der Beschäftigung einfach niemals zündeten und dann guten Gewissens entgültig abgesetzt werden konnten. Die werden auch in 10-20 Jahren keinen Erfolg bei mir verbuchen.
    ;) Also nutze ich meine wertvolle Hörzeit lieber für "anständiges" Repertoire ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Nach dem Ersthören würde ich eine CD auch niemals at acta legen.


    Das sehe ich ebenso.


    Allerdings glaube ich, über die Jahre ein recht verlässliches Gespür dafür entwickelt zu haben, ob Musik, die beim ersten Hören nicht auf Anhieb "zündet", zumindest das Potenzial hat, durch ein ausreichendes "Einhören" soweit zu gewinnen, dass sie mir gefällt. Final urteilen würde ich auf der Grundlage eines Ersthörens aber nicht.
    Sollte ich schätzen, so könnte man meine Erstkontakte in etwa wie folgt dritteln:
    1/3: Gefällt mir auf Anhieb. Will ich wieder hören.
    1/3: Hm, könnte mir gefallen und hat vielleicht Potenzial. Muss ich noch einmal hören, wenn die Musik eine Chance haben soll, mit tatsächlich zu gefallen.
    1/3: Das wird vermutlich nix, selbst mehrmaliges Hören wird wahrscheinlich nicht dazu führen, dass mir diese Musik gefällt.
    Dabei ist diese Aufteilung natürlich vorgeprägt durch die durch Kauf zum Ausdruck kommende Vorauswahl. Angetriggert durch meinen Geschmack kaufe ich natürlich vieles gar nicht erst.


    Zum 2. Drittel ist noch anzumerken, dass es nicht selten die Musik ist, die eben nicht auf Anhieb gefallen hat, die ich dann später ganz besonders schätzen gelernt habe.


    Viele Grüße
    Frank