Kantate BWV 172 "Erschallet, ihr Lieder" zu Pfingsten, St. Lamberti Coesfeld am 14. 5. 2016

  • Kantate BWV 172 "Erschallet, ihr Lieder" von Johann Sebastian Bach, zum Pfingstfest, aufgeführt am 14. 5. 2016 um 15.00 Uhr in der Pfingstvesper zu St. Lamberti Coesfeld


    Es ist dies die dritte Kantate, die Bach zum Pfingstfest komponierte, hier zu dem von 1714 als er neuer Konzertmeister in Weimar war.
    In dieser Kantate stellte Bach den festlichen Charakter des Hochfestes heraus, auch ausgedrückt durch die drei Trompeten im Eingangschor "Erschallet, ihr Lieder" und in der Bassarie "Heiligste Dreieinigkeit". Insgesamt sind 9 Kantaten Bachs zum Pfingstfest erhalten. Von dieser sind viele Aufführungen durch Bach persönlich nachgewiesen, was zeigt, dass er diese Kantate besonders schätzte.


    Der Lambertichor sang den Eingangschor und den Schlusschoral "Von Gott kömmt mir ein Freudenschein", der von der Faktur her nicht so schwer war wie der Eingangschor, aber umso mehr Gelegenheit bot, sich in den Ausdruck zu vertiefen. In den 21 Jahre, die ich jetzt unter dem Dirigenten dieser Aufführung, Maximilian Kramer singe, stand am Beginn die Kantate BVW 147, "Herz und Mund und Tat und Leben" und das bis jetzt letzte Werk, die Kantate BWV 172:

    Er führte wie immer umsichtig und rhythmisch prägnant dur die Partitur, wobei es ja nicht so einfach war, innerhalb einer Pfingstvesper-Liturgie durch das Stück zu führen, da der Vortrag ja immer durch liturgische Elemente unterbrochen wurde und der Faden von allen musiklisch beteiligten immer wieder neu aufgenommen werden musste.
    Dennoch meisterte der Chor seine beiden Stücke sehr gut.
    Die Basspartie war dem Coesfelder Bass Heinz-Josef Holthaus anvertraut (leider kein Foto vorhanden). Holthaus, der auch den örtlichen Maria-Frieden-Chor leitet, gestaltete souverän seine beiden Stücke, das Rezitativ "Wer mich liebet, der wird mein Wort halten" mit dem ganz tiefen "c" auf der letzten Silbe der letzten vier Worte "Wohnung bei ihm machen", sowie die Arie "Heiligste Dreieinigkeit" (s. o.), in der er sich erfolgreich gegen die drei Trompeten behaupten konnte.


    Als viertes Stück folgte nach der Andacht die Tenorarie "O Seelenparadies", die der aus Lengerich/Westf. stammende Tenor Goetz Phillip Körner mit seiner frischen lyrischen Stimme ebenfalls gekonnt vortrug:

    Anschließend trugen zwei Sängerinnen ein Gesangsduett vor, das eigentlich ein Quartett ist, denn die Oboe, die den an Verzierungen reichen Pfingstchoral spielt, und das durchgehend spielende Cello waren auch als Melodieträger zu vernehmen. Das Duetto trug den Titel "Komm,. lass mich nicht länger warten". Die höhensichere Koloratur-Sopranistin Evelyn Ziegler:


    und die gebürtige Coesfelderin Sandra van Gemert:

    die schon häufiger mit dem Lambertichor aufgetreten ist, harmonierten sehr gut mit dem Instrumentalduo zusammen.
    Den Abschluss bildete dann wieder der Lambertichor, der den Schlusschoral "Von Gott kömmt mir ein Freudenschein" mit großem Ausdrucksvermögen gestaltete und letztlich von einer Eintragung Bachs in das Manuskript der ersten Aufführung profitierte: "chorus repetatur ab initio", was bedeutete, dass er den Eingangschor noch einmal singen durfte.


    Nach der Vesper durften sich alle Beteiligten über einen lang anhaltenden Beifall des vollbesetzten Auditoriums freuen, dazu gehörte auch das wie so häufig beteiligte ausgezeichnete Coesfelder Kammerorchester Lorson, das seit ca. einem Vierteljahrundert sehr erfolgreich mit uns, d. h. dem Lambertichor Coesfeld und meinem Stammchor, dem Kirchenchor St. Johannes Baptist Coesfeld-Lette zusammen arbeitet, und der Billerbecker Kantor Lukas Maschke:

    der nicht nur die ganze Kantate am Continuo begleitete, sondern etwa in der Mitte der Vesper an der großen Orgel das "Recit der Cromorne" aus dem Hymnus "Veni creator spiritus" von Nikolas de Grigny (1672 - 1703) sehr anrührend gestaltet hatte.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    Vgl. : https://de.wikipedia.org/wiki/…r,_erklinget,_ihr_Saiten!

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ein lesenswerter Bericht, lieber Willi, deshalb meinen herzlichen Dank. Die aufgeführten Kantaten gehören für mich ganz sicher zu den schönsten, die Bach komponiert hat.
    Ich kann mir auch lebhaft vorstellen, dass die Interpretation, wenn, wie Du schreibst, die einzelnen Sätze von liturgischen Einschüben unterbrochen wurde, dadurch nicht einfach war.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER