Andrea Bocelli und La Bohème

  • Hallo an diesem frühlingshaften Samstagabend,


    Ich hatte gerade das Vergnügen La Bohème von Puccini zu hören und möchte euch nun davon erzählen:



    Wie ihr schon sehen könnt gibt Andrea Bocelli den Rodolfo. Er hat mich hellauf begeistert. Seine Stimme hat einen unverwechelbaren Klang den ich sehr gerne habe. Bisher habe ich ja nur Einzelauftritte von ihm gesehen, dies hier war meine erste Oper mit ihm. Seine Stimme gefällt mir nicht nur deswegen gut weil sie diesen unverwechselbaren "Bocelliklang" hat sondern auch auf Grund der Leichtigkeit seiner Stimme. Er singt wunderschön ohne gewaltige Inbrunst, es klingt einfach so als würde es ihn überhaupt nicht anstrengen, als wäre es eine ganz natürliche Sache für ihn. Mich beeindruckt wie sanftmütig aber gleichzeitig kraftvoll seine Stimme klingt :)
    Leider finde ich irgendwie nicht die Richtigen Worte dafür, vielleicht gelingt mir das später noch oder einem von euch?
    Auch die Anderen, Frittoli (sie geht sehr gut auf Bocelli ein und sie ergänzen sich perfekt), Gavanelli und Gatti sind sehr gute Sänger wobei ich leider gestehen muss, dass ich sie gar nicht richtig wargenommen habe, neben dem für mich alles überagenden Andrea Bocelli! (Das mag man jetzt vielleicht übertrieben finden aber für mich war das eben so :D )
    Zubin Mehta führt das israelische Orchester sehr gut durch vier Akte und hat mir auch viel Freude bereitet. Vor allem hatte ich den Eindruck, dass das Orchester mit den Darstellern richtiggehend zu einer Einheit, zu einem Wesen verschmolzen ist. (wie ihr schon erahnen könnt war das für mich vor allem bei Bocelli der Fall ;) )
    Es war sehr schön für mich nach zwei sehr intensiven Wagnerwochen wieder etwas von Puccini zu hören den ich alleine schon für Tosca vergöttere. :hail: Diese Oper ist ein leichter Genuss, dem man sich einfach so nach einem anstrengenden Tag hingeben kann ohne groß die Musik verstehen zu müssen, ich finde man muss hier einfach nur fühlen!
    Habt ihr diese Aufnahme auch schon gehört? Wenn nicht kann ich sie euch nur wärmstens empfehlen!

    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

    .

  • Lieber Traubi, lass Dich nicht entmutigen. ;)


    Andrea Bocelli genießt in diesem Forum einen nicht sonderlich guten Ruf (nicht "seriös" genug, zu leichtes Stimmchen usw.). Da wird dann natürlich gerne von vornherein abgewertet. Ob sich diese Aufnahme mit den gemeinhin als Klassikern geltenden Aufnahmen messen kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Vermutlich wird Dir aber diese Einspielung von 1972 bald als die meist als Referenz gehandelte empfohlen werden:



    Die steht im Rufe, einer der perfektesten Opernaufnahmen aller Zeiten zu sein, wo wirklich alles stimmt.


    "Gr. Prix du Disque","Premio della Critica" K. Breh in steroplay 9 / 87:"Referenzaufnahme. Musikalisch und klanglich super. Eines der ganz großen Dirigate Karajans."

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Traubi,


    ich schließe mich den Worten Joseph II an. Ich habe gerade von der Bohème mehrere Aufnahmen, auch schon genannte mit Freni und Pavarotti. Sie gefallen mir alle in ihrer speziellen Art. Zwar weiß ich nicht, ob ich mir die Aufnahme mit Bocelli zulegen würde, aber dass sie dir gefällt ist doch das Wesentliche. Du wirst hier immer wieder feststellen, dass die Meinungen der Einzelnen in Bezug auf die Sänger weit auseinander gehen. "Wat dem eenen sin Uhl is dem annern sin Nachtigall". Daran darf man sich nicht stören. Wir sind nicht alle Analysten. Ich finde es viel besser, wenn man seinem Gefühl nach urteilt. Und wenn ein Zubin Metha sich einen Mann wie Bocelli wählt, dann muss für ihn und manche anderen doch etwas dran sein. Da lass' doch noch so viele die "Nase rümpfen".


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Und wenn ein Zubin Metha sich einen Mann wie Bocelli wählt, dann muss für ihn und manche anderen doch etwas dran sein.


    Nur hat nicht Mehta Herrn Bocelli ausgewählt, sondern die Plattenfirma. Denn mit Bocelli erreicht man nun mal auch die Fans dieses Crossover-Tenors, die sich nicht unbedingt für die große Oper interessieren. Das ist auch der Grund warum es Gesamtaufnahmen von Il Trovatore, Cavalleria Rusticana, I Pagliacci, Tosca, Werther, Romeo & Juliette, Carmen, Manon Lescaut und sogar Turandot mit Bocelli gibt. Diese Gesamtaufnahmen verkaufen sich halt nun mal am besten. Traurig, aber wahr. Daher bleiben viele andere großartige, "richtige Operntenöre" auf der Strecke und dürfen so gut wie gar nichts aufnehmen. Dass Bocelli gar nicht über die Stimme und das Volumen für die oben genannten Partien verfügt ist dann nebensächlich.


    Gregor

  • Bocelli kam eigentlich über Pop, Schlager, Musical und Crossover zur klassischen Musik. Die Kritiker waren ihm gegenüber von Anbeginn an sehr reserviert - um es freundlich auszudrücken. Das lag vor allem daran, daß aus Sicht vieler Stimmenkenner und Klassikpuristen, der Medienrummel es war, der ihn nach oben pushte, wobei nach ihrer Meinung sein Image nicht im Einklang mit seiner Bedeutung stand. Aus unerfindlichen Gründen kam er indes beim Publikum gut an, wobei zu sagen ist, daß es nicht das übliche Klassikpublikum war, das ihn bewunderte, sondern eher die breite Masse, aus Fernsehsendungen wie Talkshows und "Events" Das führte dazu, daß sich seinen Aufnahmen millionenfach verkauften. In der Klassikszene - oder besser gesagt an deren Rand - gibt es einige derartige Interpreten. Diese begeistern zwar ein Massenpublikum, sind aber bei Kennern - vorsichtig ausgedrückt - eher nicht besonders gefragt, weil man sie gegenüber wirklichen "Größen" des Fachs für ungerechterweise bevorzugt hält.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Andrea Bocelli genießt in diesem Forum einen nicht sonderlich guten Ruf (nicht "seriös" genug, zu leichtes Stimmchen usw.). Da wird dann natürlich gerne von vornherein abgewertet.


    Einen nicht besonders guten Ruf haben bei mir eigentlich alle Sänger, die sich weit mehr im Tonstudio als auf der Opernbühne tummeln...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Wenn im Wesentlichen Mitleid sowie die Begeisterung der kenntnisarmen Masse die Basen einer Karriere und Vermarktungsstrategie sind, dann interessiert mich ein Künstler nicht die Bohne... :stumm:

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  • Hallo,


    Jetzt habe ich euch ja wieder ein paar Tage warten lassen. Nächste Woche habe ich eine sehr schwere Prüfung (die im Studium übe alles oder nichts entscheidet) und das Partyleben (sowie heute die Singleweinverkostung) muss ja auch weitergehen ;-)


    Ich hatte ja schon erwartet, dass meine Meinung über Bocelli vielleicht auf etwas geteilte Reaktionen stößt. Ich persönlich mag ihn einfach für den besonderen Klang den seine Stimme für mich hat, vielleicht liegt das aber auch daran, dass er einer der Sänger war weswegen ich in die Opernwelt eingestiegen bin (Da gibt es noch einige andere Herren aber er ist auch darunter)
    Er besitzt vielleicht kein übermäßig großes Stimmvolumen und hat vielleicht auch einige andere Schwächen aber ich mag ihn mehr auf Grund einer emotionalen Komponente, ich verbinde einfach ein paar Dinge mit ihm :)
    Um aber wieder auf La Boheme zurück zu kommen meine Vergleichsaufnahme ist unter anderem diese hier:


    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

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  • Lieber Traubi!
    Lass dich nicht beirren in deiner Begeisterung für Andrea Bocelli. Ich erinnere mich gut, in einer vergleichbaren Situation gewesen zu sein, als ich mit 16 (!) Jahren meinen ersten Don Carlos von Verdi in einem kleinen Stadttheater erlebt hatte. Die Oper, aber auch die Sänger haben mich damals so aufgewühlt, dass ich mir, weil ich nicht schlecht singen konnte, den Klavierauszug kaufte und die Arien des Philipp und des Posa studierte. Seitdem bin ich ein begeisterter Opernfreund, inzwischen sogar ein ausgebuffter Kenner. Aber diese ersten starken Eindrücke werde ich nie vergessen, weil sie mein Leben verändert haben. Das war vor mehr als einem halben Jahrhundert!!!


    Was die Musikindustrie macht, ist dagegen unerheblich und hat mit der Musik selbst wenig zu tun. Wichtig ist doch, dass du jetzt durch solche Erlebnisse die entscheidenden Prägungen auf diesem Gebiet erhältst. Das solltest du dir nicht zerreden lassen, auch wenn die Ratschläge noch so gut gemeint - und sogar wenn sie berechtigt sind.


    Ich bitte meine "Vorredner", deren Beiträgen ich sachlich nicht widersprechen will, um Verständnis, dass ich diesen Aspekt ins Spiel bringe.


    Herzliche Grüße von Sixtus


    (Lass dich vion dem boshaften Namen nicht abschrecken, der ist nur Tarnung!)

  • Danke für deinen Zuspruch Sixtus, Ich sehe du verstehst mich genau! :-)
    Von der Musikindustrie lasse ich mir sowieso nichts vorschreiben, vielleicht mal etwas vorschlagen aber mehr auch nicht ;-) Ich höre ja Bocceli nicht weil ihn alle gut finden, sondern weil ich wie oben beschrieben sehr viel mit ihm verbinde und er mich (neben anderen Musikern) dazu gebracht hat mich mit klassischer Musik und Opern zu beschäftigen!


    Mein erster Opernbesuch hat mich auch sehr geprägt (nur das nachsingen habe ich unterlassen um den häuslichen Frieden zu gewährleisten)

    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

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  • Aus reiner Neugier, verursacht durch die im Grunde widersprüchlichen Kommentare zu diesem Thread-Thema und insbesondere durch das gute Zureden von Sixtus ("Lass dich nicht beirren in deiner Begeisterung für Andrea Bocelli."), habe ich mal auf der Grundlage der in YouTube angebotenen Aufnahmen in die Bohème-Interpretation von Andrea Bocelli reingehört.


    Man möge Nachsicht üben mit meiner Reaktion darauf. Sie ist die eines absoluten Laien, was die Kunst des Opern-Gesangs anbelangt. Meine ganz spontane Reaktion war, - halblaut vor mich hin gesprochen: "Aber der kann doch gar nicht singen!"


    Womit ich meinte: Er wirkt auf mich wie ein operngesanglicher Laie: Nicht voll ausgebildete Stimme, mangelnde Fähigkeit, gestalterisch damit umzugehen. unzulängliche deklamatorische, der melodischen Linie gerecht werdende Binnendifferenzierung des Vortrags.
    Aber bitte: Der Initiator dieses Threads möge mir nicht böse sein. Das ist ein ganz subjektiver und gewiss nicht sachkundig fundierter Hör-Eindruck, auch weil er sich nur auf punktuelle Erfahrungen stützen kann.

  • Lieber Helmut,


    vielleicht hast du etwas flüchtig gelesen. Anders ist es nicht zu erklären, dass du meine Aufmunterung so missverstanden hast.
    Ich bin der Letzte, der amateurhafte künstlerische Darbietungen goutiert. Aber bei jungen Leuten, die, aus welchen Gründen auch immer, zur klassischen Musik einen Zugang gefunden haben, kann man getrost darauf vertrauen, dass ihr Urteilsvermögen im Laufe der Zeit durch viele Vergleiche sicherer wird. So war es jedenfalls auch bei mir.


    Ich möchte die Walküre, die ich mit 17 im Zittauer Stadttheater erlebt habe, heute auch nicht wieder hören. Aber ich erinnere mich immer noch gern an den Eindruck, den die Aufführung damals auf mich gemacht hat. Wer weiß, ob ich später noch die Kurve gekriegt hätte, mich mit Wagner zu befassen. Ähnlich war es mir ein Jahr zuvor mit Verdis Don Carlos gegangen. Heute mache ich es nicht unter Petrenko und Armiliato.


    Aber das sind zwei Paar Stiefel. Ich finde, man sollte als abgebrühter Kenner denen, die grade dabei sind, große Kunst zu entdecken - und sich dabei auch mal vergreifen, nicht durch zu große Strenge und zu hohe Ansprüche die Begeisterung des staunenden Anfängers verderben. Haben wir nicht auch unsere Begeisterung für manchen hochgepuschten Pseudo-Star hinter uns?


    Nichts für ungut - und beste Grüße vom gestrengen Sixtus

  • Also ich finde auch überhaupt nichts dabei, wenn jemand Andrea Bocelli gut findet und sich von ihm begeistern lässt. Vielleicht ist ja tatsächlich auch das von Helmut bemängelte Laienhafte, was seine Wirkung auf Menschen noch verstärkt, die nicht oder noch nicht jede Note von Puccini kennen. Der Umgang mit Vollendung in der Kunst ist nicht immer leicht. ;) Wenn ich noch an meine erste Bohéme-Querschnittsplatte in deutscher Sprache denke... Die würde ich heute auch nicht mehr hören wollen. Der Sympathieträger Bocelli, dem angesichts seiner schweren Behinderung die Herzen zusätzlich zufliegen, kann doch so etwas wie eine Initialzündung sein, der Anfang einer lebenslangen Beschäftigung mit einem Stück. Deshalb kann auch ich Traubi nur ermutigen, sich hier nicht einschüchtern zu lassen. Er wird sich noch früh genug sein Urteil schärfen. Das dauert auch, das braucht Zeit.


    Im Gegensatz zu Sixtus würde ich "seine" Zittauer "Walküre" schon mal hören wollen. Damals wurde nämlich gar nicht so übel gesungen. Ich habe einige Aufnahmen aus dieser Zeit, die aus der Wagner-Provinz stammen. Die können es mit mancher Aufführung von heute an ersten Häusern aufnehmen.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Sixtus, lieber Rheingold,


    bitte, und mit Verlaub:
    Ich habe gar nicht Anstoß daran genommen, dass jemand den Gesang von Andrea Bocelli gut findet und sich dafür begeistern kann. Selbstverständlich kann er das!
    Ich habe meinen subjektiven - und als solchen deklarierten - Eindruck davon wiedergegeben. Und der ist nun mal so, wie ich ihn beschrieben habe. Ich dachte, man darf das hier im Forum, - eben mal so.
    Es war ja doch, wie ich ausdrücklich betont habe, nicht kritisch gemeint in bezug auf den, der sich hier als Liebhaber von Bocellis Gesangskunst äußert.
    Und im übrigen, lieber Sixtus: Ich habe die Intention Deines Beitrags, auf den ich Bezug nahm, sehr wohl verstanden und finde sie in der Sache vollkommen richtig und gut.

  • Womit ich meinte: Er wirkt auf mich wie ein operngesanglicher Laie: Nicht voll ausgebildete Stimme, mangelnde Fähigkeit, gestalterisch damit umzugehen. unzulängliche deklamatorische, der melodischen Linie gerecht werdende Binnendifferenzierung des Vortrags.
    Aber bitte: Der Initiator dieses Threads möge mir nicht böse sein. Das ist ein ganz subjektiver und gewiss nicht sachkundig fundierter Hör-Eindruck, auch weil er sich nur auf punktuelle Erfahrungen stützen kann.

    Hm das mag alles stimmen. Wenn ich jetzt generell seine gesangliche Leistung hernehme und sie z.B. mit Atlantov oder anderen vergleiche, dann ist er vielleicht in einigen Kriterien unterlegen, dass möchte ich gar nicht abstreiten, aber dennoch gefällt er mir aus den oben genannten Gründen.
    Und natürlich bin ich dir nicht böse! Wieso auch? Wenn alle hier Bocelli toll fänden würden wir ja jetzt nicht so nett diskutieren :-)



    Ich möchte die Walküre, die ich mit 17 im Zittauer Stadttheater erlebt habe, heute auch nicht wieder hören. Aber ich erinnere mich immer noch gern an den Eindruck, den die Aufführung damals auf mich gemacht hat. Wer weiß, ob ich später noch die Kurve gekriegt hätte, mich mit Wagner zu befassen. Ähnlich war es mir ein Jahr zuvor mit Verdis Don Carlos gegangen. Heute mache ich es nicht unter Petrenko und Armiliato.

    Das trifft den Nagel direkt auf den Kopf, so verhält es sich nämlich bei mir mit Bocelli, er hat damals bei einem seiner Konzerte (die ich auf DVD gesehen habe) eben Eindruck auf mich gemacht, weil es mal was anderes war als das übliche Gegröle das aus dem Radio kommt. Ich dachte "Wow, das ist also ein Tenor" (Ich hatte ja keine Ahnung von den Herren Windgassen, Atlantov, Domingo und Co)
    An diesen Moment erinnere ich mich eben gern zurück, einfach weil ich durch ihn zur Klassik und zu Opern abgebogen bin. Danach ging ich über zu einer Aufnahme von Mozarts Zauberflöte und von da an war mein Schicksal besiegelt und ich stürmte die Bücherei auf der Suche nach mehr!
    Er macht mir einfach Freude und so wird es schätze ich auch bleiben, auch wenn bessere Tenöre mein Ohr erfreuen werden und ich "mein Urteil noch schärfen werde" (was ich mit Hilfe der Taminos und der städtischen Bücherei zu tun gedenke) wird Bocelli einer der Grundsteine des Beginns meiner Klassikbegeisterung bleiben!

    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

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  • Nach der vorübergehenden Konfusion steht ja nun einem (vorläufigen) Happy-End nichts mehr im Wege.


    Ich wünsche dir, lieber Traubi, dass du den Weg zu den Fixsternen der Gattung Oper - und zur Beurteilung ihrer Interpreten - auf deine individuelle Weise weiter gehst. Die Stationen auf diesem Wege werden dir noch viel Freude bereiten. Solche Opernfreunde sind jedenfalls für den Fortbestand der Gattung wichtiger als Dutzende von Abonnenten, die ihren Pflichtabend absitzen, weil Oper (noch) zum guten Ton gehört.


    Und dir, lieber Rheingold, müssen die Ohren geklingelt haben, als ich deinen Beitrag las, besonders an der Stelle mit der Walküre in einem kleinen Stadttheater. Das sind nämlich manchmal die Sprungbretter für gute Sänger an größere Bühnen. Beispiel Botha, der in Kaiserslautern angefangen hat. (Apropos: Ich verweise auch auf meine Rezension im Merker über einen Tristan (!) in Kaiserslautern, die in der Mai-Ausgabe zu lesen ist.)


    Mit herzlichen (und zuversichtlichen) Grüßen von Sixtus

  • Wenn ich noch an meine erste Bohéme-Querschnittsplatte in deutscher Sprache denke... Die würde ich heute auch nicht mehr hören wollen.


    Lieber Rüdiger,


    ich erinnere mich noch mit sehr großer Freude an die Sängergarde, die Bohéme deutsch gesungen hat. So ganz kurz aus dem Gedächtnis: Das waren die Damen Güden, Köth, Hallstein, Rothenberger, Pütz und die Herren Rosvaenge, Anders, Schock, Wunderlich, Metternich, Cordes, Prey, Frick, Böhme und viele andere. Die haben wenn auch nicht italienisch so doch verführerisch schön gesungen und geklungen. Selbst wenn man einen sehr kritischen Beurteilungsmaßstab anlegt hat diese Sängergeneration auch in italienischen Opern ausgezeichnete, hörenswerte Aufnahmen gemacht, die ich immer wieder gerne höre.


    Dir lieber Traubi wünsche ich für Deine Prüfungen von ganzem Herzen alles Gute. Zum einen schätze ich, dass Du alles gut meistern wirst, zum anderen von einer Prüfung und dem darin erreichten Ergebnis hängt niemals alles ab, denn das Leben bietet vielfältige Chancen und auch aus Steinen, die im Weg liegen kann man etwas Großes bauen. Ich wage es, mich in diesem Forum der seriösen Klassikfreunde zu outen. Ich bin von der Stimme des Volkssängers Willy Schneider begeistert und höre seine Rheinlieder immer wieder gern. Peter Alexander ist für mich ein großartiger, ungemein vielseitiger Künstler. Also bleib bei Deiner Meinung, sie ist der beste Gradmesser. :hello:
    Herzlichst
    Dein "Opa"
    Operus.

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Auch ich gestehe:
    Mit der von Wilhelm Schüchter dirigierten Aufnahme des deutsch gesungenen La Bohème-Querschnitts bin ich groß geworden. Ich habe sie mindestens hundert mal gehört.


    Hier die Besetzung:


    Rudolf Schock (Rudolf)
    Erna Berger (Mimi)
    Dietrich Fischer-Dieskau (Marcel)
    Erika Köth (Musette)
    Hermann Prey (Schaunard)
    Gottlob Frick (Collin)


    Einen Ausschnitt kann ich mir auch nicht verkneifen:


    https://www.youtube.com/watch?v=jOr-nobCsjA

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ja, lieber Siegfried, und wie Dein Beispiel beweist, sogar der große, sehr pingelige Dietrich Fischer-Dieskau war sich nicht zu schade "La Bohéme" in deutscher Sprache zu singen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich kann mir nicht helfen, aber Bocelli erinnert mich doch sehr an Paul Potts.
    Trotzdem ist das ein legitimer Weg, der zu immer besserer Kenntnis führt. In meiner Jugend habe ich Tenorlieder geliebt, wie z.B. "Funiculi, Funicula" oder "Granada". Die wurden allerdings von Rudolf Schock oder Peter Anders gesungen. Auch habe ich neben dem Soldat am Wolgastrand gestanden und der Christel von der Post zugewinkt, nicht ahnend, dass die in diesem Lied beschriebene Post noch immer so arbeitet. Besonders grotesk, wenn ich schmächtiger Junge damals "Als Büblein klein an der Mutterbrust" von mir gab, was ja einen gestandenen und trinkfesten Bass erfordert. Dann kamen schon Pedrillo (Belmonte war natürlich langweilig) und Papageno (Tamino war besonders langweilig). Auch für die Königin der Nacht hatte ich mehr Sympathie als für Sarastro. Trotzdem war es noch sehr weit bis zu Monteverdi und Janacek.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • sogar der große, sehr pingelige Dietrich Fischer-Dieskau war sich nicht zu schade "La Bohéme" in deutscher Sprache zu singen.

    Und das mehrfach, denn es gibt neben dem besagten Querschnitt ja auch seinen vollständigen deutschsprachigen Marcel neben Lorengar, Streich und Konya unter Alberto Erede.



    Eine Aufnahme, durch die ich Lorengarund FiDi lieben gelern habe - und Konya nicht lieben gelernt habe....

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber,


    leider neigen wir dazu, im Strom der allgemeinen, immer wiederholten Meinungen mitzuschwimmen. Ein solch stereotypes Urteil ist die pauschale, unbegründete und meist sogar ungeprüfte Behauptung Opern sollten nur in der Originalsprache aufgeführt und gehört werden. Zum Teil stimmt dies. Es gibt jedoch sehr gelungene deutsche Übersetzungen auch von bekannten Opern. In Hamburg in der Liebermann-Ära wurde die Übertragung von Opern aus der Originalsprache in die deutsche Sprache direkt gepflegt und es gibt äußerst gelungene Beispiele, dass sorgfältig bearbeitete und gestaltete Opernübertragungen ins Deutsche durchaus neben Aufführungen in der Originalsparache bestehen können. Für mich war es direkt eine Großtat, dass die legendären Opernquerschnitte der EMI-Electrola aus den 50er - 70 des vorigen Jahrhunderts wieder aufgelegt wurden. In diesen Aufnahmen wird überzeugend und nachdrücklich bewiesen, dass die deutsche Sängeregarde der damaligen Zeit z. B. italienische Opern hervorragend in Deutsch interpretieren und singen konnten.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Darf ich mal daran erinnern, dass es bei diesem Thema nicht um fremdsprachige Opern auf deutsch geht, sondern um einen blinden Sänger, der die Bohème in seiner Muttersprache singt, aber offensichtlich nicht so singen kann (Helmut hat ja darauf hingewiesen), wie man das gewöhnt ist.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Soweit ich gelesen habe, hat Bocelli nicht die Technik ohne Mikrofon in einem Opernhaus zu singen, d.h. die Lautstärke reicht nicht dafür aus.
    Als ich ihn vor vielen Jahren zum ersten Mal hörte, es war ein Konzert mit Pavarotti and friends, gefiel mir sein Timbre sehr. Er sang da ja auch keine Arien.


    Die Boheme mit ihm besitze ich auch und ich habe sie genau einmal gehört und dann nie wieder. Erlebt habe ich ihn in einem Konzert in Oberhausen. In der großen Halle benutzte er natürlich das Mikrofon und sang auch einige Opernarien. Die Interpretation dieser Arien erfüllte mich schlichtweg mit Entsetzen. Die italienischen Liedchen, die er anschließend gesungen hat, konnte man sich gut anhören.


    Er vefügt über ein schönes warmes Timbre, gehört für mich aber doch eher zu den Pop-Sängern.


    :hello:


    Jolanthe

  • In diesen Aufnahmen wird überzeugend und nachdrücklich bewiesen, dass die deutsche Sängeregarde der damaligen Zeit z. B. italienische Opern hervorragend in Deutsch interpretieren und singen konnten.

    Lieber "Operus",


    dieser Aussage stimme ich absolut zu, und es geht über die deutsche Sängergarde ja sogar noch hinaus, dass große Sänger italienische Oper sehr gut auf Deutsch singen konnten (Lorengar! Auf anderen Aufnahme auch etwa Talvela).

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Andrea Bocelli hat tatsächlich eine schöne Klangfarbe, die gerade Laien natürlich beeindruckt. Selbstredend spielte er niemals auch nur annähernd in derselben Liga wie Luciano Pavarotti, mit dem er wohl öfter auftrat. Bocelli war nie ein seriöser Opernsänger. Auf der anderen Seite finde ich es überhaupt nicht schlimm, wenn er ab und zu eben auch einige klassische Sachen singt. Im schlimmsten Falle klingt es eben bescheiden, im besten Falle bringt es Leute aus der Zuhörerschaft dazu, sich mit der "richtigen" Klassik zu beschäftigen. Dass er unter Studiobedingungen eine Opernpartie in einer Gesamtaufnahme halbwegs akzeptabel singen kann, traue ich ihm schon zu. Im Studio ist ja vieles möglich. Was wurde da nicht auch von großen Dirigenten wie Karajan getrickst! Denkt doch nur mal an Katia Ricciarelli als Turandot.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo,


    ich bin ein Crossover-Fan. Ich mag die Vermischung der Sparten. Durch den Kauf der Rock-LPs von Peter Hofmann wurde ich Wagnerianer und Operfan und erschloß mir diese Kunstform. Schon von Beginn an wurde ich, selbst auch schwerstbehindert, auf Bocelli aufmerksam und kaufte mir seine erste, reine Arien-CD. Was Helmut Hofmann ausführte, kann ich bestätigen: Die Stimme ist nicht voll durchgebildet, ihr fehlt die technische Fähigkeit, musikalisch-stilistische Unterschiede zwischen Arien verschiedener Komponisten abzubilden. Ich habe mir bis jetzt keine der Gesamtaufnahmen Bocellis gekauft. Allerdings muß man sagen: Wer bis jetzt an so vielen Gesamtaufnahmen mitgewirkt hat, ist Opernsänger, ob es Puristen oder sog. "Kennern" wie Papst Kesting nun paßt, oder nicht ! Die Stimme Bocellis hat ein besonderes Timbre: Vielleicht durch die Erfahrung der Blindheit des Sängers, verströmt sie eine Leid- oder Todberührtheit, vergleichbar mit den Stimmen von Tito Schipa oder Joseph Schmidt, die die Menschen innerlich berührt !


    Gruß,


    Antalwin

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