Mozart: Der Schauspieldirektor

  • Salut,


    bei Interesse werde ich gelegentlich den Schauspieldirektor "musikhistorisch" ein wenig präsentieren und IHR dürft dann wieder alle möglichen Einspielungen vorschlagen...


    Interessant finde ich z.B., dass in vielen Einspielungen der gesprochene Text gar nicht wiedergegeben wird, was sehr schade ist und nicht unbedingt zum Verständnis dieser "Kurzoper" beiträgt. Woran liegt dies? An der [unzumutbaren] Länge des Textes oder an einer mutmasslichen Primitivität?


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli!


    Ich denke es liegt vor allem daran, dass der gesprochene Text so lange ist. Wenn man sich eine Oper anhört, möchte man einfach nicht eine dreiviertel Stunde nur gesprochenen Text hören.


    Is halt so!


    Mfg Joschi

  • Salut,


    der Schauspieldirektor ist aber eine Komödie mit Musik, wo die Musik eindeutig im Hintergrund steht, wenn sie natürlich auch nicht unwichtig ist. Der Sohn Mozarts, Franz Xaver Wolfgang hat übrigens eine [weitere] Arie für den Schauspieldirektor komponiert.


    bien cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Damit der Thread nicht so unvollkommen bleibt…



    In Mozarts Verzeichnüß aller meiner Werke steht am 3. Februar 1786:


    Der Schauspiel Direktor. Eine Komödie mit Musick für Schönbrunn, bestehend aus Ouverture, 2 Arien, ein Terzett und Vaudeville. – für Mad:me Lange, Mad:selle Cavaglieri, und M:r Adamberger.


    Das Libretto stammt von Gottlieb Stephanie dem Jüngeren [1741-1800], der auch das Libretto zu der Entführung aus dem Serail [Mozart] und Doktor und Apotheker [Carl Ditters von Dittersdorf[] schrieb. In dem Stück geht es grob gesagt, um die „Production“ einer Oper, d.h. Komposition, Libretto, Besetzung usf. – ein Stück aus dem wahren Leben des 18. Jahrhunderts. Schön daran ist, wie Mozart die einzelnen „Probleme“ musikalisch darstellt. Das Stück beginnt musikalisch mit der Arietta der Madame Herz Da schlägt die Abschiedsstunde…, welche als Kostprobe der Gesangskunst der darstellenden Sängerin zur Handlung gehört. Nachfolgend gibt Madame Silberklang eine Kostprobe ihres Könnens mit dem Rondo Bester Jüngling! Mit Entzücken nehm’ ich Deine Liebe…. Danach folgt im Dialog die Auseinandersetzung, welche der beiden Sängerinnen nun die prima donna sein wird. Dementsprechend komponiert Mozart das Terzett Ich bin die erste Sängerin…, beginnend mit Madame Silberklang. Madame Herz antwortet kess darauf Das glaub ich, ja, ich will es Ihnen nicht bestreiten…. Beschwichtigend tritt nun Monsieur Vogelsang hinzu, doch Silberklang ist unbeirrt: Ich bin von keiner zu erreichen…. Spöttisch hält Herz dagegen Gewiß, ich habe Ihresgleichen noch nie gehört und nie gesehn… Den Höhepunkt des Sängerinnenstreites gestaltet Mozart in Form abwechselnder Einwürfe von Ich bin die erste… in steigenden F-Dur Akkorden. Madame Herz singt nun zum Beweis Ihrer „herzlichen“ Stimme ein Adagio mit den Worten Adagio, worauf Silberklang mit einem im Allegro assai stehenden Allegro, allegrissimo antwortet. Vogelsang gebietet Einhalt mit Piano, pianissimo… und den schlauen Worten Kein Künstler muß den andern tadeln, es setzt die Kunst zu sehr herab.. Übereinstimmend singt das Duo Wohlan, nichts kann die Kunst mehr adeln, ich steh’ von meiner Fordr’ung ab…. Doch plötzlich wirft Silberklang wieder ein Mich lobt ein jeder, gekontert von Herz mit Ich bin von keiner zu erreichen… und der ganze Schmu geht von vorne los… Mit Es lebe die Einigkeit eröffnet Buffo ironisch den neuen Dialogteil, in dem tatsächlich Einigkeit erzielt wird und dem Vaudeville Mozart nichts mehr im Wege steht. Vereint singen die Künstler


    Jeder Künstler strebt nach Ehre,
    wünscht der einzige zu sein.
    Und wenn dieser Trieb nicht wäre,
    bliebe jede Kunst nur klein.


    Ich liebe dieses Werklein als Abbild Mozarts Leben. Das Werk wurde am 7. Februar 1786 [während der fortgeschrittenen Arbeiten am Figaro] während eines Lustfestes von Kaiser Joseph II. zu Ehren der Generalgouverneure der k.k. Niederlande [Herzog Albert von Sachsen-Teschen und seiner Gemahlin Erzherzogin Christine] gegeben. Die Idee zu dem Libretto hatte nach Angaben des Librettisten Stephanie der Kaiser selbst. Die Aufführung fand in der Orangerie von Schloß Schönbrunn statt. Das Paradoxon: Nach dem Schauspieldirektor von Mozart wurde die Opera buffa Prima la musica e poi le parole von Mozarts „Gegenspieler“ Antonio Salieri gegeben. Dazu berichtet die Wiener Zeitung tags drauf:


    Dienstags gaben Se. Maj. Der Kaiser den durchlauchtigsten Generalgouverneuren der k.k. Niederlande und einer Gesellschaft des hiesigen Adels ein Lustfest zu Schönbrunn. Es waren dazu 40 Kavaliers, wie auch der oberwehnter Fürst Poniatowksy, geladen, die sich ihre Dames selbst wählten, und paarweise in Pierutschen und geschlossenen Wägen um 3 Uhr, von der hiesigen Hofburg aus, mit Sr. Kais. Maj., Höchstwelche die durchl. Erzherzogin Christine führten, nach Schönbrunn aufbrachen, und allda in der Orangerie abstiegen. Diese war zum Empfang der Gäste auf das herrlichste und zierlichste zum Mittagsmahle eingerichtet. Die Tafel unter den Orangeriebäumen, war mit einheimischen und fremden Blumen, Blüthen und Früchten auf die angenehmste Weise besetzt. Während dem Se. Maj. mit den hohen Fremden und den Gästen das Mahl einnahmen, ließ sich die Musik der Kaiserl. Königl. Kammer auf blasenden Instrumenten hören. Nach aufgehobener Tafel wurde an einem Ende der Orangerie errichteten Theater ein neues für dieses Fest eigens komponiertes Schauspiel mit Arien, betitelt: der Schauspiel Direktor, durch die Schauspieler von der k. k. Nazionalbühne aufgeführt. Nach dessen Ende wurde auf der wälschen Bühne, die am anderen Ende der Orangerie errichtet war, die ebenfalls ganz neu für diese Gelegenheit verfasste Opera buffa, unter dem Titel: Prima la musica e poi le parole, von der Gesellschaft der Hofoperisten vorgestellt. Während dieser Zeit war die Orangerie mit vielen Lichtern an Lustern und Plaken auf das herrlichste Beleuchtet. Nach 9 Uhr kehrte die ganze Gesellschaft in voriger Ordnung, jeder Wagen von zwey Reitknechten mit Windlichtern begleitet, nach der Stadt zurück.


    Nun heißt es in der Musikliteratur, dass es sich hierbei um einen Wettstreit zwischen Mozart und Salieri handelte, den Salieri gewann. Es gibt eine [ehem.] DECCA-Einspielung beider Werke, der geneigte Hörer mag selbst vergleichen, welche Musik besser gefällt. Es handelt sich dabei um die weiter oben genannte Harnoncourt-Einspielung, die nicht unbedingt zu meinen Favoriten gehört, obwohl ich H. ansonsten recht gerne höre. Dabei sei von mir angemerkt, dass Salieris Werk durchaus einiger Beachtung würdig ist. Der eigentliche Tenor des Ausgangs dieses „Wettstreites“ besagt jedoch, dass das Textbuch Castis [Librettist der Prima la musica] deutlich Vorsprung hatte, der zur selben Thematik des „Schauspieldirektors“ in vollkommener Weise den Theaterdichter Lorenzo da Ponte karikierte. Ein extremer Vorteil, den auch da Ponte selbst zugestehen musste. Beide Werke wurden nachfolgend im Kärtnertor-Theater noch dreimal gegeben.


    Am 14. Oktober 1797 fand in Weimar eine interessante Aufführung unter dem Titel Theatralische Abentheuer statt: Auf Anregung Goethes verfasste Vulpius [Goethes Schwager] einen Text, der musikalisch mit dem gesamten musikalischen Material des Schauspieldirektors sowie Cimarosas Impresario in angustie als Zweiakter in Szene ging.


    Anzumerken ist, dass die Ritornelle [genauer gesagt, die Einleitungen] der Arie und des Rondo nicht im Mozartischen Autograph vorhanden sind. Man geht allerdings von deren Authentizität aus, in dem man vermutet, dass sie während der Proben auf separaten Blättern notiert wurden. Einen Beweis dafür gibt es nicht, in Anbetracht der kurzen Kompositionszeit [18.01.1786 bis 3. Februar 1786] kann man allerdings von einer Arbeitsvereinfachung Mozarts ausgehen.


    bien cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut,


    schön, wenn einem keiner dazwischen redet ;)


    Ich besitze folgende Aufnahmen des Schauspieldirektor [leider beide ohne den gesprochenen Text]:


    In die CME [Complete Mozart Edition] aufgenommen:


    DER SCHAUSPIELDIREKTOR
    Komödie mit Musik, KV 486


    Clifford Grant • Buffo
    Anthony Rolfe Johnson • Monsieur Vogelsang
    Ruth Welting • Madame Herz
    Ileana Cotrubas • Mademoiselle Silberklang


    London Symphoniy Orchestra
    SIR COLIN DAVIS


    Aufnahme zusammen mit ZAÏDE [DAS SERAIL]


    …und als Werbegag nebenbei erworben:



    THE IMPRESARIO (Der Schauspieldirektor) K. 486
    Ersteinspielung mit authentischen Instrumenten [!]


    Kevin Deas • Buffo
    John Aller • Monsieur Vogelsang
    Cyndia Sieden • Madame Herz
    Sharon Baker • Mademoiselle Silberklang


    Boston Baroque
    MARTIN PEARLMAN


    Zudem hatte ich die Einspielung N. Harnoncourt, welche Prima la musica e poi le parole von Salieri mit beinhaltet [anscheinend nicht mehr erhältlich], befindet sich nunmehr im Eigentum von Forenmitglied Bettina & Wilfried.


    bien cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Mein "Schauspieldirektor"war quasi als Dreingabe bei der legendären Böhm-Wunderlich-Zauberflöte dabei,um die Silberscheiben vollzukriegen.
    Auch von Böhm dirigiert,von der Staatskapelle DD zu DDR-Zeiten 1974 produziert und daher zwangsläufig mit P.Schreier(nomen est omen)als M.Vogelsang besetzt.Wann kommt dieser Mann in den Stimmbruch?Wohl nicht mehr in diesem Leben.Musikalität ohne schönklingende Stimme ist mir einfach zu wenig.
    Die Damen sehr gut besetzt mit Reri Christ als Mme.Herz und Arleen Auger als Mlle.Silberklang.Wer hier die erste Sängerin ist?Das weiß ich nicht.Erstklassig sind beide.Kurt Moll als Buff ohne o ergänzt das glänzend aufgelegte Gesangsquartett,das auf die Dialoge zum Glück verzichten durfte.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Es gab noch eine uralte Gesamtaufnahme auf Schallplatte (in Steigers Buch nicht enthalten), bei der u. a. Burgschauspieler Herman Thimig eine der diversen Sprechrollen übernommen hat. Die Original-Musik ist ergänzt durch Nummern aus den unvollendeten Mozart-Opern "L'Oca del Cairo" und "Lo sposo deluso". Leider bleibt es eine dröge Angelegenheit.


    Besser ist da schon Peter Ustinovs Textfassung mit sich selbst als Italiens berühmtesten Souffleur. Gab es bei EMI mit den Damen Moser und Mesplé als Primadonnen. Später hat noch der alte Di Stefano diese Version in Italien gespielt.


    Gruß Amneris

    Amneris

  • Zitat

    ...das auf die Dialoge zum Glück verzichten durfte.



    die Volksoper hat am Montag den Schauspieldirektor präsentiert:
    Ekaterina Lekhina*: Madame Herz
    Edith Lienbacher: Madame Silberklang
    Daniel Behle: Herr Vogelsang
    Lars Woldt: Buff
    Klaus Ofzcarek: Bankier Eiler
    Susanne Litschauer: Madame Krone



    Christoph Wagner-Trenkwitz hat einen Text dazugedichtet und wegen Erkrankung von Helmut Lohner auch selbst dargestellt.
    Dirigent: Leopold Hager



    kleine Anekdote am Rand: schwer zu beschreiben war das verdutzte Gesicht von Klaus Ofzcarek, der den falschen (=Originalen) Text gelernt hatte und beim Konzeptionsgespräch von seinem Irrtum (falsche Information der Regiekanzlei...) erfuhr...


    IMO ist der Originaltext mit diesen improvisierten Schauspielszenen, mit denen sich die Gäste mbeim Direktor präsentieren heute unaufführbar.


    * bald auch als Königin der Nacht zu hören, unglaublich kontrollierte, schöne Stimme.

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)


  • Wolfgang Amadeus Mozart [1756-1791]


    DER SCHAUSPIELDIREKTOR [MV 31]


    Es singen:


    Catriona Smith, Sopran [Madame Herz]
    Antonia Bourvé, Sopran [Mademoiselle Silberklang]
    Daniel Sans, Tenor [Monsieur Vogelsang]
    Florian Prey, Bariton [Buff/o]


    Es sprechen:


    Mathieu Carriere: Frank, Schauspieldirektor
    Dieter Laser: Eiler, ein Bankier
    Günther Kaufmann: Buff
    Gerd Andresen: Monsieur Herz
    Christine Kaufmann: Madame Pfeil
    Dorette Hugo: Madame Vogelsang
    Simone Lehde: Madame Herz
    Ruth Köppler: Mademoiselle Silberklang


    Es spielen:


    European Chamber Soloist
    NICOL MATT


    Zum Preise von nur schlappen 2,99 € erstanden. Schlapp im Tempo ist auch die Ouverture - Matt lehnt sich hier gemütlich zurück und benötigt 5'05" wohingegen die von mir präferierte Aufnahme mit dem Boston Baroque / Pearlman lediglich 3'53" andauert. Dennoch spielen die European Chamber Soloists sehr transpartent [nicht HIP] und mit angenehmer Schärfe gewürzt. Auch die Gesangssolisten sind sehr gut, besonders hervorheben möchte ich Daniel Sans als Tenor in der Rolle des M. Vogelsang. Die beiden Sopranistinnen unterscheiden sind im Klang eigentlich kaum, was sehr schade ist und dem Werk einiges an Farbgebung wegnimmt. Dafür aber sind beide Sopranistinnen im Zusammenwirken "Ich bin die erste..." sehr kontrolliert und abgestimmt! Die übrigen Tempi sind gut gewählt, das Vaudeville dürfte für meinen Geschmack auch wieder einen Tick schneller sein - aber es ist eigentlich gut so [Pearlman ist hier um kaum wahrzunehmende 7 Sekunden "flotter"].


    Das Besondere an dieser Ausgabe ist, daß sie als einzig mir bekannte Edition den gesamten Sprechtext von Gottlieb Stephanie d. J. enthält; somit ist der Platz der CD auch weitestgehend ausgefüllt und nicht mit irgendwelchen nervenden Serenaden zugeklebt. Allerdings werden hier andere Sprecher benützt, als Sänger agieren. Die Idee, das Werk einmal in seiner Gesamtheit zu präsentieren, ist sehr rühmlich, aber die Machart hier ist es weniger: Die SprecherInnen sind alle vom Fach, aber hier wird eher rezitiert, als gespielt! Wenn Bankier Eiler angehechelt kommt, wirkt die Präsentation eher nach einem Softsexfilm... Der Regisseur macht aus dem buffonesken und überaus ironischen Text eine Weisheitslehre á la "Nathan", was bei dem gesamten Werk den Reiz vollständig absorbiert. Zudem unerfreulich ist die Tatsache, dass die "Text-in-Text"-Stellen [hier wird im Schauspiel ein anderes zitiert] sehr undeutlich abgehoben werden - für Nichtkenner des Textes mag das sehr verwirrend und unlogisch wirken... Wenn ich den Text des Schauspiels lese, muß ich andauernd lachen - hier überhaupt nicht: Dafür ist mir alles zu trocken und leblos dargeboten. Auch fehlen die obligatorischen Bewegungs- bzw. Bühnengeräusche und und die sterilen Pausen zwischen den Tracks lassen kein Gesamtheitsgefühl zu. Man bemerkt also den Zusammenschnitt zweier gegensätzlicher Teile, nämlich des Sprechtextes und der Musiknummern allzu sehr, was sehr schade ist. Und das, obschon zusammengefügt wird, was eigentlich zusammen gehört.


    Dennoch ist diese Edition - wegen des Preises als einziges Kriterium - lohnenswert für all jene, die ein Interesse haben, einmal den Schauspieltext zu erfahren. Ein Gesamtbild der Werkes ist dadurch zumindest in Ansätzen ermöglicht.


    Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, einmal in meinem Leben eine Wirklich gute Einheitseinspielung erhaschen zu können.


    Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, gibt es sogar eine Einspielung des Schauspieldirektors, welche eine von Franz Xaver Mozart komponierte Zusatz-Arie enthält. Kennt jemand diese Einspielung? Möglicher Weise ist diese Arie aber auch lediglich in einem Junior-Sampler enthalten!?


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,


    ich habe eine Gesamt-Aufnahme vom Schauspieldirektor, die bei Berlin Classics erschienen ist und aus dem Jahre 1968 stammt - also doch deutlich älter, als die von Dir oben vorgestellte Aufnahme. 1995 erschien die Aufnahme auf CD - ich bin nicht sicher, ob sie bei Berlin Classics noch im aktuellen Katalog ist.


    Gerade was den ungekürzten Sprechtext dieser Aufnahme angeht, war ich bisher immer recht zufrieden (ok - sooo oft tue ich mir die langen Dialoge nicht an, aber wenn ich sie mal anhöre, empfinde ich die Vortragsweise zumindest nicht als besonders "steril" oder so...)


    Es wirken mit:


    Frank, Schauspieldirektor (Heinz Suhr)
    Eiler, ein Bankier (Werner Ehrlicher)
    Buff, Schauspieler (Helmut Müller-Lankow & Hermann Chr. Polster, Bass)
    Herz, Schauspieler (Otto Mellies)
    Madame Pfeil, Schauspielerin (Annekathrin Bürger)
    Madame Krone, Schauspielerin (Annemone Haase)
    Madame Vogelsang, Schauspielerin (Jutta Hoffmann)
    Monsieur Vogelsang, Sänger (Peter Schreier, Tenor)
    Madame Herz, Sängerin (Renate Rennhack & Sylvia Geszty, Sopran)
    Mlle Silberklang, Sängerin (Monika Lennartz & Rosemarie Rönisch, Sopran)


    Kammerorchester Berlin, Dir.: Helmut Koch


    Was die Musik angeht - ist ganz ok, aber mich hat beim Kauf (die CD war nicht übermäßig hochpreisig ;) ) vor allem der ungekürzte Text interessiert.
    Auch hier wird z. B. für die Ouvertüre 5 Minuten 18 Sekunden Spieldauer benötigt - ist schon komisch: Entweder ich kenne Versionen der Ouvertüre, wo es ganz fix geht (Tempobezeichnung ist meines Wissens eh Presto, aber das heißt ja nix... :wacky: ), oder man nimmt das Ganze eher breit und ein bissel pathetisch, dann dauert es meist mindestens 5 Minuten, bis man durch ist.


    Die anderen Musiknummern geben sich auch etwas behäbig aber wie gesagt: Man kann es anhören und der deutlich umfangreichere Sprechtext wird in dieser Aufnahme ganz manierlich vorgetragen, weder zu steril, noch zu übertrieben. Leider auch hier die "Unart", Schauspieler die Texte sprechen zu lassen und dieselbe Figur von einem Sänger singen zu lassen (sofern sie in dem Stück sowohl spricht als auch singt)! Können Sänger eigentlich nicht ordentlich sprechen, oder wie? :wacky:


    Noch eine Frage:


    Zitat

    Original von Ulli:
    DER SCHAUSPIELDIREKTOR [MV 31]


    Was bedeutet das "MV 31"??


    "Mozartverzeichnis"?
    Oder hast Du Dich bei "KV" nur vertippt??
    Der Schauspieldirektor hat doch KV 486 ?(


    :hello:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

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  • Zitat

    Original von Ulli
    Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, einmal in meinem Leben eine Wirklich gute Einheitseinspielung erhaschen zu können.


    Lieber Ulli,


    Ich habe mehrere Versionen des Schauspieldirektors gehört. "Komplette" und "inkomplette". Selbst habe ich u.a. die Version mit Schreier c.s. Da gibt es auch Dialoge. Und vermutlich hast Du die in der GA Mozarts.



    Aber keine Version ist so zu einem richtigen, logischen Geschichte "ausgebaut" als die Version die je bei Amadeo auf einem LP erschien (ich schätze um 1970).
    Irgendwo hab ich diese Aufnahme noch auf Tonband. Schrecklich aufgenommen, denn mein Apparat war damals kaputt und konnte kaum das L-Kanal aufnehmen. Deshalb mußte ich da übersteuern um noch etwas zu hören. Ich hatte die LP geliehen beim Bibliothek, und als ich sie später wieder leihen wollte um eine neue, bessere Aufnahme zu machen, war die Platte kaputt.


    LG, Paul

  • Hoi Paul,


    die Version mit Peter Schreier, die Du da erwähnst, ist die, die ich oben vorgestellt habe - nur das von Dir abgebildete Cover sieht bei meiner CD anders aus.


    Was Du zur "unlogischen" Geschichte des Schauspieldirektors auch schon an anderer Stelle geschrieben hast, ist sicherlich Ansichtssache: Hier ist die "Story" in der Form anzuhören, wie sie 1786 in Schönbrunn erstmals dargeboten wurde.


    Dass diese Geschichte recht bald schon etwas "dürftig" erschien und durch die recht langen "Einschübe" von Schaupielszenen verschiedener Genres (Drama, Komödie, etc.) auch recht episodenhaft wirkt, hat ja zu verschiedenen Bearbeitungen geführt (von denen ich auch mal ein paar hier vorstellen wollte, ich bin nur noch nicht dazu gekommen :wacky: ), weil man das Stück - vor allem natürlich die geniale Musik Mozarts - für die Bühne "retten" wollte.


    Ich habe mal einen Abdruck des Titelblatts des damaligen Librettos gesehen, da hatte der Schauspieldirektor den Untertitel "Ein Gelegenheitswerk" - und das trifft es im Kern! Dessen war man sich auch bei der Premiere offenbar schon sehr bewusst!


    Man darf nicht vergessen, dass das Werk nun einmal der Schauspieldirektor heißt und nicht der Operndirektor, oder der Impresario.


    So gesehen liegt der Schwerpunkt des Stückes schon vom Titel her eher auf dem Sprechtheater, das sollte man bei allen noch so löblichen "Rettungsversuchen" nicht vergessen.


    Es entstand ja als eine Art "Leistungsschau" dessen, was das damals noch recht junge deutschsprachige Theater (also das gesungene und das gesprochene) im Jahre 1786 zu leisten imstande war.
    Gedacht war es als direkte Gegenüberstellung (und das war bei der Uraufführung mit den beiden Bühnen an den jeweils entgegengesetzten Enden des Saales in der Orangerie von Schönbrunn ja direkt wörtlich zu verstehen!) zum italienischen "wälschen" Theater, zumindest dem musikalischen.


    Was gab es damals schon an deutschsprachigen Opern/ Singspielen? Die Gattung war jung und hatte mit Mozarts "Entführung aus dem Serail" 3 Jahre zuvor ja erst ihren ersten Höhepunkt erlebt - nicht zuletzt gefördert von Kaiser Joseph II., der sich ja sehr für deutschsprachiges Theater einsetzte und interessierte!
    Kein Wunder also, dass er ausgerechnet das "Entführungs-Erfolgs-Team" Mozart/ Stephanie d. J. mit der Aufgabe betraute, bei dieser "Leistungsschau" den deutschsprachigen Beitrag zu liefern!


    Und weil in diesen Jahren nicht nur das deutsche Singspiel sondern eben auch das deutschsprachige Theater einen bis dato unbekannten Aufschwung erlebte (den Länder wie Frankreich oder England dank Molière, Racine oder Shakespeare ja schon mehr als 100 Jahre zuvor erlebt hatten!), gehörte eben das Sprechtheater zu dieser Veranstaltung als feste, unverzichtbare Größe mit dazu.


    Diesen Hintergrund sollte man bei aller Kritik am Schauspieldirektor in seiner "Ur-Form" nicht vergessen, finde ich. :hello:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hoi Marc,


    Ich gebe Dir völlig Recht.
    Nur hast Du ein Punkt übersehen, und das soll man doch nicht vergessen m.E.
    Das frühere Gelegenheitswerk "Bastien und Bastienne" hat einen kompletten, logischen ?(:D Leitfaden. Und die vermisse ich bei dem Schauspieldirektor.
    In der "Ergänzung" von Amadeo (nur Musik von Mozart also) ist das sehr gut gelungen. Darum finde ich das erlaubt.
    Das Requiem wird ja auch nicht ohne Süßmayrs Teil gespielt. Und hier betrifft es sogar nicht die Musik, sondern "nur" den Text.


    LG, Paul

  • Salut,


    Danke für Eure Beiträge!


    Aber auch in dieser Ausgabe:



    scheinen - zuminest in drei Fällen - die Rollen doppelt besetzt, d.h. der Sänger/die Sängerin hat nicht unbedingt auch die Sprechrolle inne. Soetwas verstehe ich absolut nicht...


    Zitat


    Was bedeutet das "MV 31"??


    "Mozartverzeichnis"?


    Nachdem sich mal jemand beschwerte, mit KV-Nrn. vollgebetet zu werden, habe ich mich entschlossen, auf Mozarts eigenes Verzeichnis umzusteigen.


    Zitat

    Original von Paul
    Das frühere Gelegenheitswerk "Bastien und Bastienne" hat einen kompletten, logischen Leitfaden. Und die vermisse ich bei dem Schauspieldirektor.


    Was ist denn für Dich beim Schauspieldirektor unlogisch? Wenn Du meine Inhaltsangabe im Opernführerthread liest, hoffe ich doch, dass sich da keine Unlogik breit macht...


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,


    Zitat

    Nachdem sich mal jemand beschwerte, mit KV-Nrn. vollgebetet zu werden, habe ich mich entschlossen, auf Mozarts eigenes Verzeichnis umzusteigen.


    das ist ja mal eine originelle Idee :D


    Wer beschwert sich denn wegen der KV-Nummern-Vollbetung? Würde ich ja nie drauf verzichten wollen - und bei Dir schon gar nicht! :wacky:


    Was machst Du denn künftig bei Werken, die vor 1784 entstanden sind? Ich weiß, ich weiß, die gehören für Dich eigentlich sowieso nicht zum "richtigen" Mozart :]
    Aber es könnte ja mal vorkommen, dass Du über eine Vesper oder eine der Pariser Klaviersonaten sprechen möchtest - was dann, mon cher? ;)


    Zitat

    Aber auch in dieser Ausgabe ... scheinen - zumindest in drei Fällen - die Rollen doppelt besetzt, d.h. der Sänger/die Sängerin hat nicht unbedingt auch die Sprechrolle inne. Soetwas verstehe ich absolut nicht...


    Korrekt bemerkt - wie schon weiter oben von mir angemerkt


    Zitat

    Leider auch hier die "Unart", Schauspieler die Texte sprechen zu lassen und dieselbe Figur von einem Sänger singen zu lassen (sofern sie in dem Stück sowohl spricht als auch singt)! Können Sänger eigentlich nicht ordentlich sprechen, oder wie?


    Ich versteh' es auch nicht, was das immer soll... die beteiligten Sänger können wohl wirklich allesamt nicht richtig sprechen :D


    Zitat

    Was ist denn für Dich beim Schauspieldirektor unlogisch? Wenn Du meine Inhaltsangabe im Opernführerthread liest, hoffe ich doch, dass sich da keine Unlogik breit macht...


    Paul stört bestimmt die etwas zerpflückt wirkende Handlung, die ja immer wieder durch recht ausufernde "Schauspielszenen" unterbrochen wird und die wiederum nichts mit der unmittelbar vorhergehenden Handlung zu tun haben (logisch eigentlich!)
    Vielleicht hat er die jeweiligen "Grenzen" dieser "Spiel-im-Spiel-Szenen" im Stück noch nicht gefunden und ist deshalb irritiert.


    By the way:
    Weiß jemand, ob Autor Stephanie diese Schauspielszenen selber erfunden hat, oder verwendet er tatsächlich Einlagen aus beliebten Stücken der 1780er Jahre, die am Ende viele Zuschauer des Schauspieldirektors (wiederer)kannten??
    Ich vermute ja mal, dass er diese Szenen selbst erfunden hat und sich geschickt den jeweiligen Stilen von Tragödie, Lustspiel, politischem Drama, etc. angepasst hat - so, wie es damals halt in Tragödien, Lustspielen und Co. zuging.
    Denn sonst hätte Mozart ja auch nicht neue Stücke komponieren müssen. Wenn das Ganze nur eine "Best of"-Show geworden wäre, hätten die im Stück auftretenden Sängerinnen ja bekannte Arien aus der Entführung oder dergleichen vortragen können.
    Und was für Mozart gilt, wird dann wohl auch für Stephanies Textbeiträge gelten, I suppose...

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

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  • Es gibt ja auch vorchristliche Datierungen, warum also nicht MV -227? :D Da hat man gleichzeitig auch eine kleine Denksportaufgabe.. ;)



    Zitat


    Korrekt bemerkt - wie schon weiter oben von mir angemerkt


    :O


    Zitat

    By the way:
    Weiß jemand, ob Autor Stephanie diese Schauspielszenen selber erfunden hat, oder verwendet er tatsächlich Einlagen aus beliebten Stücken der 1780er Jahre, die am Ende viele Zuschauer des Schauspieldirektors (wiederer)kannten??


    Im Moment kann ich's nicht mit Sicherheit sagen, da ich den Text nicht in der Westentasche habe... ich schau heut Abend mal nach... aber die Frage hatte mich auch schonmal beschäftigt.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von MarcCologne
    By the way:
    Weiß jemand, ob Autor Stephanie diese Schauspielszenen selber erfunden hat, oder verwendet er tatsächlich Einlagen aus beliebten Stücken der 1780er Jahre, die am Ende viele Zuschauer des Schauspieldirektors (wiederer)kannten??
    Ich vermute ja mal, dass er diese Szenen selbst erfunden hat und sich geschickt den jeweiligen Stilen von Tragödie, Lustspiel, politischem Drama, etc. angepasst hat - so, wie es damals halt in Tragödien, Lustspielen und Co. zuging.


    Salut,


    die dürftigen Erläuterungen zum 'Schauspieldirektor' im der NMA schweigen sich bezüglich Deiner Frage tot. Also habe ich das Textbuch überflogen; darin befindet sich folgende Stelle:


    Zitat

    Original von Stephanie d. J.
    VIERTER AUFTRITT


    Madame Krone
    [...] Wir wollen ihnen eine Szene aus Bianca Capello spielen [...].


    Bianca Capello war die Gattin von Francesco de’Medici und lebte von 1518-1587 [sie starb angeblich zusammen mit ihrem Mann an Malaria]. Man findet zum Thema "Bianca Capello" jede Menge Literatur in der Zeit vom 16. bis 20. Jahrhundert, darunter beispielsweise den 1927 erschienenen historischen Roman "Die Zauberin von Venedig" von Paul Gerhard. Diese Informationen und die Tatsache, daß Madame Capello die zweite Ehefrau Francesco de’Medicis war, lässt auf ausreichend "Stoff" für August Gottlieb Meissners [1753-1807] Bianca Capello schließen, der ein Faible für das Verfassen von Kriminalgeschichten hatte. So erschien 1785 [sic!] mit gestochenem Titel von Geyser und 3 Kupfern, davon 2 von Chodowiecki dessen 529 Seiten umfassender Roman Bianca Capello beim Verlag Dyck in Leipzig. Der Roman basiert auf Giulio Roberto Sanseverinos Storia della vita e tragica morte di Bianca Capello, die 1776 in Berlin in italienischer und französischer Sprache erschienen war. Das alles spricht jedenfalls für die Vermutung, dass das in Stephanies erwähnte "Stück" zumindest ein zu dieser Zeit sehr beliebtes Thema war. Es ist wohl davon auszugehen, dass auch die Theaterbühnen davon nicht verschont wurden. Wer jedoch der Autor des von mir gemutmaßten Bühnenstückes war, konnte ich bislang nicht eruieren: vielleicht war es gar Stephani d. J. selbst? Oder aber - was näher läge - ein mindestens ebenso bekannter Textdichter [der Gegenseite!] wie es damals Lorenzo da Ponte war, der ja in Salieris Pendant "Prima la musica e poi le parole" aufs Korn genommen wurde.


    Die Nennung des Titels "Der aufgehetzte Ehemann" im dritten Auftritt führte bei meiner Recherche leider zu keinem brauchbaren Ergebnis. Hier kann es sich gleichermaßen um eine Erfindung Stephanies, wie auch um ein real existiert habendes Bühnenstück handeln. Titel dieser bescheuerten Art waren jedenfalls in dieser Zeit sehr stark vertreten.


    Wenn es sich tatsächlich um Zitate aus anderen damals bekannten und gespielten Bühnenstückern handelt, dann gehe ich davon aus, dass diese von Stephanie "bearbeitet" wurden, damit sie possenhaft und ironisch wirken. Zu einem diesbezüglichen Vergleich müßte man jedoch die Originale kennen...


    Ich halte es für sinnlos anzunehmen, Stephanie habe in dieser mordsmässigen Zutextung des Publikums der Einfachheit halber Passagen dieser enormen Ausmasse im Original verwendet - zwar hätte er sich selbst dadurch jede Menge Arbeit erspart, aber was wäre der Sinn einer solchen Angelegenheit?


    Es gibt also für mich nur zwei brauchbare Rückschlüsse:


    1. Stephanie hat real existierende und bekannte [!] Libretti durch den Kakao gezogen [vielleicht war es ob derer schlechten Sujets gar nicht einmal notwendig?]


    2. Stephanie hat diese Text selbst "im Stile" solcher schlechter Sujets nachempfunden.


    Letzteres ist fast auszuschließen, da gleich im ersten Auftritt Buff dem noch arbeitslosen Schauspieldirektor, Herrn Frank, erklärt:


    Zitat

    Original von Stephanie d. J.
    BUFF


    [...] - haben wir nicht gerade mit den Stücken, worüber am meisten geschimpft wurde, das meiste Geld eingenommen und bei jenen, die alle Welt für Meisterstücke hält, leere Bänke gehabt? Mit "Nathan dem Weisen" werden Sie das zweite Mal nicht soviel einnehmen, als die Lichter betragen; den "Graf Waltron" aber können Sie zwanzigmal geben, und werden immer das Haus voll haben. Ergo? [...]


    [Lessings] "Nathan der Weise" erschien erstmals 1779, dürfte also hier gemeint sein. "Der Graf von Walltron" ist ein Schauspiel von Heinrich Ferdinand Möller [1745-1798], das auch unter dem Titel "die Subordination" im Jahre 1776 als "Originaltrauerspiel in fuenf Aufzuegen. | Aufgefuehrt | auf dem k. k. Nationaltheater" gegeben wurde. Die Bezüge zur Realität sind hier schon überaus deutlich, nicht?


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,


    dank Dir für Deine Informationen :hello:


    Die Bianca Capello habe ich im Netz auch schon mal recherchiert - das dürfte tatsächlich ein beliebtes Sujet für Autoren aller Art gewesen sein! Spannende, mysteriöse und undurchschaubare Frauengestalten reizen ja bis heute die Phantasie vieler Dichter :]


    Sie nennt ihren männlichen Partner (und Stichwortgeber) in dieser Szene ja auch mindestens einmal bei seinem (italienischen) Nachnamen. Der fällt mir jetzt gerade zwar nicht ein, aber ich erinnere mich, dass ich auch diese Figur im historischen Umfeld von Signora Capello finden konnte.
    Alles in allem also ein von Stephanie sicherlich bewusst gewählter "Ausschnitt" einer Tragödie (?), die es so tatsächlich gegeben haben könnte.
    Es gibt einige deutschsprachige Schauspiele, die im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts entstanden sind und die wiederum im Italien des 15., 16. oder 17. Jahrhundert spielen - siehe z. B. Schillers "Fiesco zu Genua" oder Lessings "Emilia Galotti".


    Auf ein solches Werk spielt Autor Stephanie bestimmt an und selbst wenn es kein tatsächlich existierendes Vorbild gegeben haben dürfte, konnten die Zuschauer sicherlich schnell assoziieren, in welche Richtung diese vorgestellte Spielszene zielte.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)