Hannover: Freischütz oder "Kommt nicht! Wir wollen Euch die Lust am Theater nicht verderben"

  • In Hannover ist der Freischütz erst ab 16 Jahren freigegeben. "Jüngere Schüler könnten die Bezüge zur deutschen Geschichte nicht verstehen, man wolle ihnen die Lust am Theater nicht verleiden." Zitat Hannoversche Allgemeine 14.12. 2015


    Jö, herzig! Mit anderen Worten: Tür zu! Wir wollen auf Staatskosten in Ruhe masturbieren! Wir machen nur für uns Theater! Wen interessiert schon noch Carl Maria von Weber? Hier geht es um Regie!


    Wie lange wird der Kappes im Repertpoire bleiben? Fünf ... Vorstellungen?! Aber Hauptsache man ist "über die Reaktionen sehr erfreut!" Da gehen sie mal wieder hin, die Steuergelder.


    http://www.haz.de/Hannover/Aus…huetz-zu-hart-fuer-Kinder
    http://www.welt.de/kultur/bueh…n-giessen-mit-Pegida.html
    https://www.ndr.de/kultur/Staa…tz,derfreischuetz102.html
    https://www.ndr.de/kultur/Reak…nover,freischuetz156.html

  • Schon der Dortmunder Tannhäuser von ihm war furchtbar. Die Premiere hab ich mir leider angetan. Es gibt nicht schlimmeres als wenn Leiter eines Schauspielhauses meinen Opern inszenieren zu müssen. So war das ja auch mit dem Düsseldorfer Tannhäuser. Ich hab zwar schon im anderen Thread geschrieben das ich dem Freischütz nichts romantisches abgewinnen kann und nur weil dort ein Jägerchor im letzten Akt singt und Max ein Jägerwettbewerb gewinnen muss ist es noch lange keine Nationaloper. Gejagt wird z b auch in England. Das einzig Gute bei der Radioübertragung war das ich mir den Schwachsinn nicht ansehen musste und das Dirigat von Frau Karamensek. Aber zum Glück ist Hannover ja nicht in meiner Nähe und ich muss nicht dort hinfahren. Zum Glück konnte ich hier in NRW in den letzten Monaten einige schöne Inszenierungen sehen. In Düsseldorf und Duisburg hatten wir jahrelang es war glaub ich die Otto Schenk Inszenierung vom Freischütz.

  • Ja, in Düsseldorf gibt es hoffentlich immer noch den damals von der Kritik bejubeleten Freischütz in den Bühnenbildern von Schneider-Siemssen. Und da Ddorf einen gemäßigteren Kurs eingeschlagen hat nach dem Tannhäuser-Debakel ist die Hoffnung groß, dass er wieder gezeigt wird.


    Diese Hannoveraner Kiste entlarvt sich immer mehr als widerliche Nabelschau. Wenn die Intendanz wenigstens - wie weiland Erfurt mit Hänsel und Gretel - zwei parallel laufende Produktionen bieten würden: Eine traditionelle und diese ideologisierte Variante. Aber das wollen sie nicht. Es gilt ja die Gesellschaft zu formen und zu verändern.


    Ich fände es da nur konsequent, wenn das Regieteam bei der Veränderung mutig voranschreitet und auf seine Gage verzichtet.

  • Zitat

    Zitat von Knusperhexe: Ich fände es da nur konsequent, wenn das Regieteam bei der Veränderung mutig voranschreitet und auf seine Gage verzichtet.

    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Dämlicher und dümmer als diese örtliche CDU kann man sich wirklich nicht verhalten - halb- oder ungebildete Politiker, die sich im populistischen Eifer als Kunstrichter aufspielen - die sind energisch in ihre Schranken zu weisen! Was ist u.a. Stein des Anstoßes? Dass die Inszenierung Verbindungen zu Pegida herstellt und zu den terroristischen Anschlägen in Paris aus aktuellem Anlaß, dabei einfach zeigt, wohin das individuelle Freiheitsrecht führt, wenn man es mißbraucht? Da sollen "Werte" und der staatliche Bildungsauftrag verletzt werden? So eine Verbindung ist doch nun gerade "bildend" - oder wollen die Herren von der CDU den staatlichen Bildungsauftrag gar an Pegida vergeben? Und wo steht geschrieben, dass Operninszenierungen "kindertauglich" sein müßten? Mit welchem Recht verbietet man, eine Oper für Erwachsene zu inszenieren? Da macht sich die Politik einfach selber zum Gespött. In Wahrheit ist das die Aufregung von Spießbürgern, die ihren "röhrenden Hirsch" im Wohnzimmer hängen haben und dazu passend ihren Freischütz als liebgewordenen romantischen Kitsch behalten wollen und diesen ihren vermeintlichen Privatbesitz mit Zähnen und Klauen - mit der Knarre der Androhung von Staatsgewalt in der Hand - um jeden Preis verteidigen wollen. Mit dieser nun wahrlich bühnentauglichen öffentlichen Inszenierung könnten sie sehr gut als Teil dieser Operninszenierung vorkommen - um diese Ironie zu kapieren, dazu sind sie freilich einfach zu doof! Ob das eine gelungene oder mißlungene Inszenierung ist, darüber haben nicht Politiker zu richten, sondern allein die Zuschauer zu urteilen. Jedenfalls polarisiert diese Inszenierung - d.h. es gibt einen nicht unerheblichen Teil der Zuschauer, der das ansprechend findet. Diesen Teil der Zuschauer maßen sich die Herren CDU-Politiker an zu entmündigen und wie dumme kleine Kinder behandeln zu wollen nach dem Motto: "So etwas Schmutziges dürft ihr nicht sehen!" Anstößigkeit der Kunst gehört nun mal zur freien demokratischen Gesellschaft - und keine obrigkeitsstaatlich verordnete Bequemlichkeit und Ruhe.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Knusperthexerich,


    danke für den Artikel. Kommt die Politik in Hannover jetzt endlich zur Vernunft?


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Mir würde die Inszenierung auch nicht gefallfen, aber ich respektiere jeden Zuschauer dem sie gefällt . CDU : Christliche demokratische Union. Zumindesten demokratisch passt hier nicht.

  • Man erfährt aus dem Artikel, dass der Freischütz für viele Schüler auf dem Lehrplan steht. Der CDU-Sprecher meint nun, dass diese Schüler wegen der Veränderungen am Stück und der Altersbeschränkungen gar keine Chance hätten, das Werk im Original kennenzulernen. Vielleicht erbarmt sich ja jemand und teilt dem Politiker mit, dass es heutzutage auch DVDs und entsprechende Abspielgeräte gibt und dass man auf diese Weise den Freischütz sogar im Klassenzimmer zeigen und besprechen kann, und das sogar in unterschiedlichen Inszenierungen. Nein, solche Politik(er) kann man nicht ernst nehmen, das ist für mich entweder unfassbar dumm oder, wenn da nur eine Stimmung ausgenutzt und auf Wählerstimmen geschielt werden soll, unfassbar abstoßend. Ob solche Politiker wieder zur Vernunft gebracht werden können?

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  • Ich finde das sehr gut: Es darf nicht angehen, dass ein mit Steuergeldern subventioniertes Theater nur noch für eine ausgewählte Gefolgsschaft spielt! Die Rechtfertigung des Theaters für die Altersfreigabe erst ab 16 Jahren entlarvt die Freischütz-Inszenierung als das, was sie ist: Eine Verballhornung! "Jüngere Schüler könnten die Bezüge zur deutschen Geschichte nicht verstehen, man wolle ihnen die Lust am Theater nicht verleiden". Geht`s noch? Leute, kommt nicht in unser Restaurant, Ihr könntet Euch vergiften!


    Ich habe keinerlei Interesse diesen Elfenbeinturm weiter zu subventionieren. Streichung der Gelder! In Erfurt gab es parallel mal zwei Hänsel-Produktionen, wovon die eine auch nicht jugendfrei war. Diese ist längst aus dem repertoire verschwunden. Die andere, die nach klassischen Bühnenbildern rekonstruiert wurde, gibt es noch immer.


    Dieser "Freischütz" hat den Steuerzahler wieder immens was gekostet und wird garantiert auch kein Repertoiredauerbrenner. Das Geld lässt sich besser verwenden!

  • Es darf nicht angehen, dass ein mit Steuergeldern subventioniertes Theater nur noch für eine ausgewählte Gefolgsschaft spielt!


    Tut es ja auch gar nicht, in Hannover gibt es auch uralte konventionelle Inszenierungen. Und was bitte ist an einer Operninszenierung "jugendgefährdend" in einer Zeit, wo jeder 12-jährige sich auf seinem smartphone websites wie youporn anschauen kann. Das ist genauso lächerlich wie in USA der Hinweis auf Pop-CDs "parental guidance suggested" weil der Sänger das F...-Wort in den Mund nimmt.

  • Laut dem Sprecher ist es nicht jugendgefährdend, sondern theatergefährdend. Der genaue Wortlaut: "man wolle ihnen die Lust am Theater nicht verleiden".


    Außer Hänsel und Gretel gibt es in Hannover keine einzige "uralte konventionelle Inszenierung".

  • Zitat

    Eine Intervention lokaler Politiker im Sinne des "gesunden Volksempfindens" geht gar nicht.

    • Es ginge schon, wenn man für mutwillige Produktionen von Müll - wie Knusperhexe es ja auch schon gesagt hat - die Subventionen streichen würde.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Es ginge schon, wenn man für mutwillige Produktionen von Müll - wie Knusperhexe es ja auch schon gesagt hat - die Subventionen streichen würde.


    Lieber Gerhard


    dann wird die andere Hälfte der Operngänger fordern, Subventionen genau für die Opern zu streichen, die nur ein Remake einer Inszenierung von vor 50, 100 oder 150 Jahren sind. Die dürften ja eh fast nichts kosten. Wer entscheidet denn, was "mutwillig produzierter Müll" ist? Politiker? Doch lieber eher nicht, die sollten sich um dringlichere Aufgaben kümmern, davon gibt es derzeit bekanntermaßen genug.

  • Außer Hänsel und Gretel gibt es in Hannover keine einzige "uralte konventionelle Inszenierung".


    Ich habe mir mal die Mühe gemacht und die Trailer und Bilder der derzeit laufenden Produktionen angeschaut. Da würde ich gerne mal öfters hingehen, ins Hannover'sche Opernhaus. Da sind doch - soweit man das von den Ausschnitten her beurteilen kann - viele tolle Produktionen dabei, die auch nicht so extrem RT-mäßig wirken.

  • Das ist lieb von Dir, lutgra. Die freuen sich in Hannover über jeden, der die Ränge füllt. Und mich freut es doch sehr, dass Du Dir die "Mühe" gemacht hast, mal zu checken, ob was für Dich dabei ist. Sehr zu empfehlen, sich anhand der Bilder und Trailer zu orientieren - auch, wenn das hier einige vehement ablehnen. Lass Dich nicht beirren! Wirklich klasse, Du wirst voll auf Deine Kosten kommen und damit hat sich die Mühe doch gelohnt. Wo kämen wir auch hin, wenn man einfach wieder auf gut Glück ins Theater gehen kann, sich vorbehaltlos im Plüschsessel freuen darf, völlig in der Gewissheit, dass man mit dem Aufgehen des Vorhangs ein Werk so erleben darf, wie es vom Komponisten und Librettisten gedacht war.

    • Es ginge schon, wenn man für mutwillige Produktionen von Müll - wie Knusperhexe es ja auch schon gesagt hat - die Subventionen streichen würde.


    Nachdem Du uns in einer anderen Diskussion ja erst heute Nacht gezeigt hast, dass Dir an der wörtlichen und damit eigentlichen Bedeutung von Begriffen liegt, muss ich doch nachfragen, ob Du wirklich das Wort wenn gemeint hast und Du nicht eigentlich schreiben wolltest: indem man die Subventionen streichen würde. Dann ergäbe es für mich Sinn. Ich wüsste dann zwar immer noch nicht, ob Du das Wort mutwillig in der Bedeutung von absichtlicher, bewusster, vorsätzlicher Boshaftigkeit oder von Leichtfertigkeit verwendet hast. Aber als Grund für die Streichung von Subventionen würde Dir vermutlich das eine so gut taugen wie das andere.

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  • Sehr zu empfehlen, sich anhand der Bilder und Trailer zu orientieren - auch, wenn das hier einige vehement ablehnen.


    Auch wenn du jetzt vielleicht glaubst, eine wunderbare Retourkutsche gefahren zu haben: Du unterstellst lutgra damit doch mehr als er gesagt hat.

  • Das Problem regelt sich von selbst, wenn es überhaupt keine Subventionen mehr gibt [...]. Damit heißt es dann: Tschüss Regietheater!


    Hast Du mal darüber nachgedacht, wozu Du dann noch tschüss sagen müsstest, wenn es überhaupt keine Subventionen mehr gäbe?

  • Beantwortest Du mir mal bitte, was ich hier angeblich lutgra unterstelle?


    Und um Deine Frage zu beantworten: Klar, habe ich. Das funktioniert in den Staaten bestens. Und ich freue mich drauf, wenn es bald hier so ist. Übrigens war es so in vielen deutschen Städten noch so bis zur Jahrhundertwende. Ein Blick in die Spielpläne damals lässt mir das Wasser im Munde zusammenlaufen: Abwechslungsreiches Repertoire, feste Sängerensembles, Kostüme und Bühnenbilder aus den Ateliers. Lebendiges Theater eben, wo für jeden was dabei ist. Schade, dass die Herren Konwitschny, Knabe und wie sie alle heißen dann stempeln gehen müssen, aber vielleicht finden sie ja ein paar royalistische Gönner.

  • Was unterstelle ich bitte lutgra???????????????


    Naja, eigentlich unterstelle ich Dir, dass Du mit Deinen an lutgra gerichteten Worten darauf anspielst, dass hier Inszenierungen nur anhand einzelner Bilder verunglimpft worden sind, was dann von anderer Seite als fragwürdiges Vorgehen gesehen worden ist. In diesem Zusammenhang würde lutgra nun unterstellt, indem er nur anhand einiger Bilder und Trailer von tollen Produktionen spricht, betreibe er das Gleiche, nur eben nicht abwertend, sondern anders herum.


    Was die Subventionen angeht: Mir wird gerade klar, dass Du anscheinend nur Subventionen im Kulturbereich gemeint hast.

  • Rückfrage an Dieter Stocker:
    Was habe ich von der mit 90 Millionen subventionierten Zürcher Oper, die mit hohen Eintrittspreisen seit Homokis Amtsantritt nur noch RT-Produktionen anbietet? Alle anderen Aufführungen sind noch unter Pereira enstanden und die Auslastungszahlen sind seither massiv gesunken und werden nur noch durch massiv ermässigte Billette an Mitwirkende beschönigt.

  • Was habe ich von der mit 90 Millionen subventionierten Zürcher Oper, die mit hohen Eintrittspreisen seit Homokis Amtsantritt nur noch RT-Produktionen anbietet?


    Wenn ich Dich richtig verstehe, bist Du der Auffassung, von diesen Subventionen nichts zu haben. Das ist nachvollziehbar und wir könnten wohl Hunderte von Subventionen aufzählen, von denen der Eine oder die Andere nichts hat (oder nichts zu haben glaubt, denn ganz so einfach ist es auch nicht).

  • Rückfrage an Dieter Stocker:
    Was habe ich von der mit 90 Millionen subventionierten Zürcher Oper, die mit hohen Eintrittspreisen seit Homokis Amtsantritt nur noch RT-Produktionen anbietet? Alle anderen Aufführungen sind noch unter Pereira enstanden und die Auslastungszahlen sind seither massiv gesunken und werden nur noch durch massiv ermässigte Billette an Mitwirkende beschönigt.


    In vielen deutschen Häusern ist es dasselbe. Ich saß mal mit hunderten (!) von Freikarten für eine Freitagabendvorstellung (!) von Hoffmanns Erzählungen da, weil der befreundete Dramaturg händeringend nach Abnehmern suchte. Für Carmen (!) und Bohème (!) war es dasselbe. Leider darf ich nicht sagen, um welches Haus es sich handelte. So verlogen ist die ganze Theatermaschinerie mittlerweile schon.


    Dieter Stockert: Ich habe kein Problem damit, wenn jemand anhand der Fotos entscheidet, ob er ins Theater gehen möchte oder nicht. Im Gegenteil, ich beglückwünsche lutgra zu seiner wirtschaftlichen Denke. Das von Dir gewählte Wort "Unterstellung" finde ich völlig fehl am Platze. Ich würde übrigens jede Aufführung dieser Häuser - bis auf den MET-Rigoletto - besuchen wollen:


    http://www.sarasotaopera.org/
    http://www.seattleopera.org/
    http://www.metopera.org/

  • Zitat

    Zitat von Dieter Stockert: muss ich doch nachfragen, ob Du wirklich das Wort wenn gemeint hast und Du nicht eigentlich schreiben wolltest: indem man die Subventionen streichen würde.


    Jawohl, Herr Oberlehrer. Aber jeder andere hätte das wahrscheinlich verstanden.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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