MOZART, Wolfgang Amadeus: Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur KV 467

  • Ein Blick ins Themenverzeichnis offenbart, dass nur folgende Klavierkonzerte von Mozart eigene Threads besitzen: Nr. 5, 9, 10, 19, 20, 24, 25, 26 und 27. Ungläubig nimmt man zur Kenntnis, dass das berühmte 21. fehlt. Zumindest dem sei hiermit Abhilfe geschaffen.


    Das 21. Klavierkonzert (im Folgenden KV 467) entstand innerhalb von vier Wochen nach Fertigstellung des 20. Klavierkonzerts KV 466 im Frühjahr 1785 in Wien. Gemeinhin wird es zu den großen "symphonischen Klavierkonzerten" gerechnet. Eine gewisse Anregung durch Haydn soll in KV 467 feststellbar sein.


    Das Werk gliedert sich in drei Sätze: Allegro maestoso, Andante und Allegro vivace (assai). Ganz ohne Frage ist der langsame Satz nicht nur der berühmteste, sondern auch das Herzstück des Werkes. Ein schwebender, entrückter Charakter kennzeichnet ihn. Vermutlich einer der ergreifendsten langsamen Sätze überhaupt.


    In der Gruppe der Mozart'schen Klavierkonzerte bildet KV 467 gleichsam den großen inhaltlichen Gegenentwurf zu KV 466. Nicht mehr düsteres d-Moll, sondern freudiges C-Dur prägt das Werk. Die große Orchesterbesetzung deutet bereits auf die späteren Klavierkonzerte der Romantik hin. Trompeten und Pauken verleihen KV 467 einen majestätischen Glanz.


    Am Rande sei erwähnt, dass das Andante von KV 467 (in einer Interpretation von Géza Anda) durch den schwedischen Spielfilm "Elivra Madigan" von 1967 große Popularität erlangte. Dieser anachronistische Beiname für das Klavierkonzert hat sich seither teilweise eingebürgert.


    Hinsichtlich empfehlenswerter Aufnahmen halte ich mich bewusst zurück und überlasse erst einmal anderen das Feld.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe natürtlich auch Geza Andfa, lieber Joseph, aber ich möchte als Erstes, und zwar im Rahmen der Gesamtaufnahme, die von Alfred Brendel in Zusammenarbeit mit Sir Neville Marriner nennen, wohl wissend, dass diese GA hier im Forum nicht auf einhellige Zustimmung stößt, aber nicht, wie ich meine, wegen Alfred Brendel, sondern wegen Sir Neville. Ich bin hingegen der Meinung, dass Sir Neville Marriner sich in der Erstellung der Mozart-Gesxamtaufnahme (aller Werke) 1991 außerordentlich große Verdienste erworben aht, auch in dieser KK-Ausgabe:



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Brendel/Marriner (Philips) habe ich bereits auf LP als GA schon gehabt - auf CD dann später nur noch eine Doppel-CD-Version mit den KK Nr.19-24 ...


    Aber was solls, heute höre ich andere Aufnahmen, die mir einfach mehr geben. Ich bin kein Mozart - Fachmann und will auch keiner werden.
    Deshalb werde ich auch keine Bewertungen zu Aufnahmen geben, aber die abgebildeten mit
    :thumbup: Gulda/Abbado (DG) und Casadesus/Szell (SONY) sind die, die mir richtig gut gefallen:


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    DG, 1975, ADD


    Ich besitze die entsprechende 5CD-Box mit 11 Mozart - KK.



    SONY, 1961, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wie ich schon anklingen ließ, ist für mich bei diesem Werk der langsame Satz der Gradmesser. Daher höre ich bei mir unbekannten Aufnahmen zuerst in diesen hinein. Dank vielfältiger Möglichkeiten im Netz kann man ja mittlerweile so manche Aufnahme antesten. So probierte ich folgende:


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    Uchida liegt mit 6:46 deutlich unter dem Durchschnitt und kam mir viel zu schnell vor. Casadesus/Szell (7:46) und Serkin/Abbado (7:56) kamen mir deutlich gelungener vor. Zuviel Tempo scheint mir bei dem Satz tödlich. Curzon/Jordan (8:20) und Curzon/Kubelík (8:32) ist noch langsamer. Barenboim (8:37), nominell nur 5 Sekunden dahinter, wirkte fast zu statisch. Müsste ich mich bei diesen Stereoeinspielungen entscheiden, würde ich wohl Sir Clifford Curzon unter Kubelík nehmen, knapp vor Serkin unter Abbado.


    Allerdings stieß ich durch Zufall noch auf eine ganz andere Aufnahme:


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    Dame Myra Hess/Stokowski mit dem New York Philharmonic 1949 live. Das hohe Alter mag erstmal abschrecken, aber hörte ich in keiner Aufnahme einen solch wienerischen Tonfall wie hier. Stokowski trifft diesen perfekt. Das mag erstaunen, doch ist dies meine Empfindung. Und Hess spielt geradezu abgöttisch. Das wäre wohl mein Favorit. Mit 8:12 wird auch ein Tempo angeschlagen, das mir sehr entgegenkommt.




    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Den berühmten langsamen Satz dieses vielleicht berühmtesten Mozart-Konzerts habe ich noch nie besonders gemocht... :untertauch: ("Kenner" bevorzugen eh KV 503 ;)) Als "instrumentale Arie" ist er mir vgl. mit den Ecksätzen nicht "sinfonisch" genug und für mich eine relative Enttäuschung gegenüber zB den großartigen Mittelsätzen von KV 271, 453, 456 oder den drei folgenden Konzerten. Die glanzvollen Ecksätze sind allerdings großartig und würdige Gegenstücke zum d-moll-Konzert, besonders das Finale ist eines der gewichtigsten in den Mozart-Konzerten.


    Obendrein wird beim Mittelsatz meistens das Alla breve ignoriert und das Stück viel zu langsam gespielt (Die Triolen sind Begleitung. Versucht mal die Melodie zu singen, dann stellt sich ein erheblich flüssigeres Tempo ein.)


    Hier nicht (5:08), die Aufnahme ist insgesamt recht kammermusikalisch, was für manchen vielleicht beim c-moll-Konzert etwas "zu dünn" ist:


    Wenn man mit lahmem Mittelsatz leben kann, ist Szell/Casadesus auch ziemlich gut. Gulda/Abbado nicht nur im 2., sondern schon im ersten Satz relativ langsam, aber mit großartigen Gulda-Kadenzen und einem lebendigen Finale.
    Vermutlich habe ich noch ein paar Aufnahmen, da das Stück immer mal irgendwo mit dabei ist (und natürlich auch noch die GA Barenboim und Bilson/Gardiner, aber die habe ich nicht so präsent)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Vladar habe ich gerade bei Spotify entdeckt und höre soeben hinein. Es funktioniert zwar auch in 5 Minuten, aber an dieses Tempo werde ich mich wohl nicht gewöhnen können. Dennoch danke ich für den Tipp, der zeigt, wie unterschiedlich man das spielen kann.

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    – Luís de Camões

  • Also ich bin in diesem Fall auf der Seite von Johannes Roehl, würde sogar noch weitergehen und sagen, dass KV 467 nicht das berühmteste Konzert unter den Mozartschen Klavierkonzerten ist. Mag ja sein, dass der langsame Satz durch den erwähnten Film einen breiten Bekanntheitsgrad erreicht hat und von daher von vielen als berühmtestes aus Mozarts Feder angesehen wird. Es gibt viele Musikfreunde, zu denen ich mich auch zähle, die ohne zu überlegen die beiden Moll-Konzerte an die Spitze stellen - aber das ist zugegebenermaßen ein anderes Thema...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Bevor es ins offtopic abgleitet, leiber musikwanderer, möchte ich auch als gewichtiger das Konzert in der Schwestertonart KV 491 hervorheben, das ich bei seinem letzten Auftreten in Berlin an Allerheiligen 2008 von Alfred Brendel in eindrucksvollster Weise gehört habe, von den BPh und Sir Simon Rattle kongenial begleitet.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Klar, die beiden Moll-Konzerte und auch A-Dur KV 488 sind etwa genauso berühmt. Aber durch den Einsatz in dem Film hat dieses Konzert (ähnlich wie das Klarinettenkonzert durch Jenseits von Afrika) noch einen besonderen Popularitätskick bekommen. Und der Ruhm der ersten deutlich "symphonischen" Konzerte KV 466/67 ist ja durchaus berechtigt. Nur den langsamen Satz mag ich nicht besonders und der ist der populärste...

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  • Um auch noch zwei HIP-Aufnahmen zu nennen, die ich beide gelungen finde:



    Wie bei fast allen Konzerten gefallen mir auch bei der Nr. 21 die Ecksätze bei Immerseel besser, während Bilson/Gardiner beim langsamen Mittelsatz punkten. Beim Andante der Nr. 21 sind die Tempi bei beiden Aufnahmen fast gleich (6:13 / 6:17) - ein Tempo, das ich angemessen finde, schließlich ist es ein Andante und kein Largo.


    Im übrigen mag ich das d-moll-Konzert KV 466 Nr. 20 auch viel lieber :D

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Die hier links abgebildete Aufnahme war bei ihrem Erscheinen - zumindest in Wien - absolute Referenz. der Solist dieser Aufnahme war der in Ungarn geborene, schweizer Pianist Geza Anda, der auch als Dirigent der angesehenene Camerata Academica fungierte. Die Aufnahme wurde mit dem Klavierpreis "Wiener Flötenuhr" ausgezeichnet.
    Wie Serie "The Originals" verwendet das einstige Originalcover (leider schräg-gestellt).Wien man unschwer sehen kann wurde bereits damals die Bezeichnung "Elvira Madigan" für das Konzert verwendet, weil der 2. Satz in diesem Film als Filmmusik eingesetzt wurde. Dies hatte einen praktischen Grund, denn zahlreiche von Klassik unbeleckte Kinobesucher stürmten die Schallplattengeschäfte und verlangten "Mozarts Klavierkonzert" Auf die Gegenfrage: "Welches ?" wusste viele keine Antwort, sie waren erstaunt, daß Mozart mehrere geschrieben haben sollte - und die Verkäufer in den Klassiklädern waren teilweise überfordert (da sie den Film nicht kannten) oder sie nutzen die Situation, die Ahnungslosen in Sachen Klassik zu demütigen...( :D ) Die deutsche Grammophon Gesellschaft war indes interessiert daren, darauf hinzuweisen, daß diese Aufnahme (1961) exakt jene war die für den Soundtrack des Filmes (1967) verwendet worden war....


    Vielleicht aber wird in unseren Tagen der Film "Elvira Madigan" vergessen sein und man wird eher nach "Mozart on the Beach" fragen. Da ja immer wieder angeregt wird man möge hier Neuaufnahmen von Mainstream posten und die Vergangenheit ruhen lassen, entspreche ich gerne diesem Wunsch durch Nominierung einer Alternativaufnahme. Den Solopart gestaltet der Mozartpapst* des Klaviers Paul Badura Skoda (*ex equo mit Alfred Brendel, welcher inzwischen allerdings emeritiert ist), der übrigens auch für die Kadenzen verantwortlich zeichnet. Den Orchesterpart bestreitet das Orchestre Symphonique de Cannes unter Wolfgang Doerner.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Schoonderwoerd hat es mit seinem Ensemble Cristofori auch eingespielt.
    Obwohl solistisch besetzt, klingt die Aufnahme in meinen Ohren nicht dünn, wobei man berücksichtigen möge, dass ich die Mozart KKs fast ausschließlich in HIP höre und gerade für das 21. KK in dem Bereich nicht viel Alternativen existieren.


    John Doe

  • Das C-Dur-Klavierkonzert KV 467 ist zweifellos eines der beliebtesten Mozartkonzerte. Aber bei Mozart kann man sicher nicht von "dem berühmtesten" sprechen, da jeder hier seinen Favoriten haben mag. Da sind große Konkurrenten die beiden moll-Konzerte. Wer kennt denn heute noch den genannten Film, der das Andante verwendet hat, ich kenne ihn jedenfalls nicht. Beim KV 467 mag ich u.a. folgende Einspielung aus dem Jahre 1993:

    Maria João Pires spielt die Kadenzen von Rudolf Serkin und interpretiert Mozart wunderbar klassisch mit federleichtem Anschlag.
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Kennt überhaupt jemand diesen Film? ;)
    Lt. wikipedia gab es über diesen Stoff schon einen anderen 1943 und 1967 außer dem berühmten (mehrfach, u.a. in Cannes ausgezeichneten) noch eine zweite (dänische) Verfilmung...

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    (Bob Dylan)

  • 7463165

    Die Serie "The Originals" verwendet das einstige Originalcover (leider schräg-gestellt).Wien man unschwer sehen kann wurde bereits damals die Bezeichnung "Elvira Madigan" für das Konzert verwendet, weil der 2. Satz in diesem Film als Filmmusik eingesetzt wurde.

    Lieber Alfred,


    die erfreuliche Beschäftigung mit Mozarts Klavierkonzerten im Tamino-Forum ließ mich auch auf den Thread von Nr. 21 C-dur, KV 467 stoßen.


    Bevor ich mich näher mit dem Werk und den bei mir vorhandenen Aufnahmen beschäftige, möchte ich hier einen Irrtum korrigieren, der nur durch eine Falschinformation der Plattenfirma DGG zustande kam. Diese hat nämlich in ihrer "Originals"-Serie aus den frühen 1990er Jahren, vermutlich auf bessere Verkaufschancen hoffend, nicht das Original-Cover der Erstausgabe verwendet, sondern ein viel späteres!


    So sah die erste LP-Ausgabe im Jahr 1962 aus, die die Bestell-Nr. SLPM 138783 trug:

    popsike.com - Geza Anda Mozart Piano Concertos 17 & 21 DGG SLPM 138 783 Red  Stereo LP - auction details

    Später wurden weitere Auflagen mit diesen Titelbildern herausgegeben:

    Klavierkonzerte Nr. 17 KV 453 und Nr. 21 KV 467 - Concerto for Piano and Orchestra. Geza Anda Stereo Mozart, Camerata Academia Of The Salzburg Mozarteum, Geza Anda – Piano  Concertos No. 17, G Major, K. 453 No. 21, C Major, K. 467 (Vinyl) - Discogs


    Erst 1967, nachdem der erfolgreiche dänische Film "Elvira Madigan" in die Kinos kam und den 2. Satz des Konzerts KV 467 verwendet und weltweit populär gemacht hatte, wurde flugs eine neue, werbewirksame Ausgabe veröffentlicht. Es war das vierte und letzte Cover der Vollpreis-Ausgabe, das bis zur Streichung der LP (die später in diverse Billig-Serien Eingang fand) verwendet wurde:

    Concerto per piano n.17 K 453 in SOL (1784) Concerto per piano n.21 K 467 (1785) Elvira Madiga

    Die DGG warb damals in diversen Prospekten und Katalogen für die Platte und vergaß nicht zu vermelden, daß in dem erfolgreichen Film die DGG-Produktion mit Géza Anda Verwendung gefunden hatte. So verdiente die Plattenfirma gleich zweimal: 1) vom Filmproduzenten, indem sie diesem ihre Aufnahme freigab, und 2) indem sie mit der plakativen Nutzung der Hauptdarstellerin des Films ihre Umsätze steigern konnte.


    Wenn man die Entwicklung des Cover von der 1. bis zur 4. Auflage verfolgt, so sieht man, daß der berühmte Komponist schließlich einer zeitlich berühmteren Schauspielerin Platz machen mußte. Die PR-Abteilungen waren schon immer erfinderisch, wenn es um den Absatz ihrer Produkte ging:D!


    Inzwischen kennt kaum noch jemand den damals hoch gepriesenen Film und auch nicht die Darstellerin Anne Mette Michaelsen, aber Mozart und sein Konzert haben auch diesen vergänglichen Ruhm überlebt.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Es gibt von Geza Anda soweit ich sehe drei weitere Aufnahmen des C-Dur Konzerts, die hier genannte von der DG finde ich am wenigsten interessant und von den Ausschlägen sehr verhalten und zurückgenommen.


    Ich habe Geza Anda über seine Gesamtaufnahme der Mozart-Konzerte kennengelernt und mich dann lange Zeit nicht weiter für ihn interessiert. Was für ein Fehler! Ist er doch ein faszinierender, risikobereiter und ausdrucksstarker Pianist (die Chopin-Etüden kennt man bspw. nicht, wenn man sie nicht von ihm gehört hat). Er selber scheint mit der DG-Aufnahme auch nicht zufrieden gewesen zu sein, hat er das Konzert doch später noch einmal für RCA neu eingespielt. Meines Wissens sollten weitere Aufnahmen folgen, aber dazu kam es dann nicht mehr.


    Jedenfalls kommen in der RCA-Aufnahme die Qualitäten Andas - zumindest in meiner Erinnerung - besser zum Ausdruck: Fantasievolles, variantenreiches und ausdrucksreiches Spiel, er schält den Kern der Musik heraus und entdeckt ihn immer wieder neu und anders.


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  • Wie von (fast) allen Mozart-Konzerten, so liegen mir auch von Nr. 21 C-Dur, KV 467, zahlreiche Aufnahmen vor, allerdings keine einzige in HIP. Ich kann mich mit dieser Praxis nicht anfreunden, wie schon anderwärts näher erläutert.


    Bevor ich meine Lieblingsaufnahme nenne, möchte ich auf ein historisches Dokument aufmerksam machen, das trotz kläglicher Klangtechnik zu den Kostbarkeiten gehört, die in keiner guten Klassik-Sammlung fehlen dürfte:

    Klavierkonzert 21 / Klavierkonzert A-Moll

    Dinu Lipatti (Klavier) und das Orchester der Festspiele Luzern, Dirigent: Herbert von Karajan

    (Live-Mitschnitt vom 23.8.1950, Kunsthaus Luzern).

    Es ist das letzte öffentliche Konzert des damals bereits todkranken Pianisten. Bis zum letzten Moment war nicht klar, ob Lipatti überhaupt auftreten könne. Im Hintergrund hielt sich sein Freund und Mentor Arthur Schnabel bereit, notfalls für ihn einzuspringen, obwohl Schnabel es sonst unter allen Umständen vermieden hätte, mit Karajan zu musizieren. Doch der 33jährige, unheilbar an Krebs erkrankte Lipatti trat dank Cortison auf und hielt durch. André Tubeuf, der renommierte französische Kritiker, meinte dazu: "Lipatti und Karajan erfassen den Geist dieser Musik, die nur Atem und Seele, Gleichklang der Stimmungen ist, auf geradezu wunderbare Weise. Vergänglichkeit wird Ewigkeit." Es stimmt traurig, daß zu der Zeit keine bessere Aufnahmetechnik für diese einmalige Begegnung zur Verfügung stand.

    Ganz ohne Frage ist der langsame Satz nicht nur der berühmteste, sondern auch das Herzstück des Werkes. Ein schwebender, entrückter Charakter kennzeichnet ihn. Vermutlich einer der ergreifendsten langsamen Sätze überhaupt.

    Hier stimme ich, im Gegensatz zu einigen anderen Taminos, Joseph II. uneingeschränkt zu.

    Schon der majestätische Kopfsatz mit seinem federnden Marschthema, von Orchester feierlich vorgetragen, nimmt den Hörer gefangen. Hier herrscht virtuoser, spiritueller Glanz, der Pianist tritt zwar erst nach langer Einleitung in Szene, doch betört er mit immer rauschenderen Passagen, die in eine mehr nachdenkliche, aber groß angelegte Durchführung münden.

    Es folgt der langsame Satz, "Andante" überschrieben, den Joseph II. oben so eindrucksvoll beschrieben hat. Eine verträumte Serenade, in der die Streicher eine zarte Melodie intonieren, die vom Klavier weitergesponnen wird bis zu einer fast schmerzlichen Vollendung.

    Der Finalsatz bietet Witz und Eleganz gleichermaßen, umrankt vom luftigen Passagenwerk des Klaviers. In der Mitte gibt es einen kurzen Molldialog zwischen dem Soloinstrument und dem Orchester, klingend wie eine leise Tragödie. Doch rasch huscht sie vorbei, und mit heiteren Klängen geht das großartige Werk zu Ende.


    Auf dem ersten Platz steht für mich unangefochten diese Aufnahme:

    Piano Concertos Nos. 21 & 26 (Brendel, Asmif, Marriner) By Wolfgang Amadeus Mozart (1998-01-12)

    Alfred Brendel (Klavier) mit der Academy of St. Martin-in-the-Fields, Dir.: Sir Neville Marriner

    (Aufnahme: 5/1981, London).


    Begeisterung und Musizierfreude beherrschen diese Aufnahme, die von einer großen Übereinstimmung zwischen allen Beteiligten zeugt. Brendel spielt brillant und mit Gedankentiefe, im zweiten Satz überrascht er mit freien, stilsicheren Verzierungen. Mozart hat zu diesem Konzert keine Kadenzen verfaßt, Brendel fügt, wie auch weiter oben Lipatti, im 1. und 3. Satz eigene hinzu, die sich bruchlos einfügen.


    Hart auf den Fersen folgen diese beiden Aufnahmen:


    Mozart - Piano Concertos Nos. 21 & 22 (Klavierkonzerte) / A. Fischer · PO · Sawallisch Piano Concertos 23 & 21 - Variations - Artur Rubinstein by W.A. Mozart / Cesar Franck / Artur Rubinstein

    1) Annie Fischer (Klavier) und das Philharmonia Orchestra, Dir.: Wolfgang Sawallisch (1958, London)

    2) Artur Rubinstein (Klavier) und das RCA Victor SO, Dir.: Alfred Wallenstein (1961, New York City).

    Annie Fischer spielt die Kadenzen von Busoni, während Rubinstein eigene beisteuert.


    Was Géza Anda betrifft, so finde ich seine spätere Aufnahme bei Eurodisc/RCA sowohl klanglich als auch künstlerisch besser als die aus der Salzburger DGG-GA:

    Piano Concertos Nos. 20 & 21

    Géza Anda (Klavier & Leitung) und die Wiener Symphoniker (1973, Wien). Auch er wählt eigene Kadenzen.


    Nicht unerwähnt möchte ich Uchida/Tate (Philips) lassen, sie ist ebenfalls hochwertig, doch in diesem Fall ziehe ich Brendel eindeutig vor.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Er selber scheint mit der DG-Aufnahme auch nicht zufrieden gewesen zu sein, hat er das Konzert doch später noch einmal für RCA neu eingespielt. Meines Wissens sollten weitere Aufnahmen folgen, aber dazu kam es dann nicht mehr.


    Was Géza Anda betrifft, so finde ich seine spätere Aufnahme von 1973

    bei Eurodisc/RCA sowohl klanglich als auch künstlerisch besser als die aus der Salzburger DGG-GA:

    Ich erinnere mich, daß er -so ich mich richtig erinnere war es in einem Interview in der "HIFI-STEREOPHONIE" oder im "FONO FORUM"sich in die Richtung hin geäussert hat. Er könne bei der neuen Aufnahme (wie gesagt es war eine Serie geplant) seine eigenen Vorstellungen besser verwirklichen. Was ich nicht ganz verstehen konnte, denn er hatte mit der Camerata Academica ein erstklassiges Orchester zur Verfügung gehabt, daß er selbst vom Flügel aus dirigierte. Aber angeblich entsprch auch die (etwas dunklere ?) Tontechnik eher seinen Vorstellungen.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hier stimme ich, im Gegensatz zu einigen anderen Taminos, Joseph II. uneingeschränkt zu.

    Schon der majestätische Kopfsatz mit seinem federnden Marschthema, von Orchester feierlich vorgetragen, nimmt den Hörer gefangen. Hier herrscht virtuoser, spiritueller Glanz, der Pianist tritt zwar erst nach langer Einleitung in Szene, doch betört er mit immer rauschenderen Passagen, die in eine mehr nachdenkliche, aber groß angelegte Durchführung münden.

    Es folgt der langsame Satz, "Andante" überschrieben, den Joseph II. oben so eindrucksvoll beschrieben hat. Eine verträumte Serenade, in der die Streicher eine zarte Melodie intonieren, die vom Klavier weitergesponnen wird bis zu einer fast schmerzlichen Vollendung.

    Der Finalsatz bietet Witz und Eleganz gleichermaßen, umrankt vom luftigen Passagenwerk des Klaviers. In der Mitte gibt es einen kurzen Molldialog zwischen dem Soloinstrument und dem Orchester, klingend wie eine leise Tragödie. Doch rasch huscht sie vorbei, und mit heiteren Klängen geht das großartige Werk zu Ende.

    Lieber nemorino,


    danke für die lesenswerten Ergänzungen hierzu. Nicht wenige dürften durch diesen langsamen Satz des Konzerts C-Dur KV 467 überhaupt auf die Mozart'schen Klavierkonzerte aufmerksam geworden sein. Bei mir war es definitiv so. Von "Elvira Madigan" wusste ich übrigens bis zur näheren Beschäftigung mit dem Werk gar nichts. Mir scheint, die Verwendung als stimmungsvolle Filmmusik beschränkt sich auch nicht allein auf diesen Streifen. Bisweilen kommt es mir ein wenig so vor, als würden manche "seriösen" Klassikhörer dann bewusst betonen, nicht KV 467 und schon gar nicht der langsame Satz wären ihre Favoriten, wohl aus der Sorge heraus, sonst denselben "profanen" Geschmack wie Tante Käthe und Onkel Fritz zu haben, die nur diesen Satz von ihrer "Best of Classical Music"-CD kennen. ^^ Aber für meine Begriffe ist nichts dabei, dies auch offen zu bekennen, gleich wie populär die Melodie sein mag. Wenn ich ein Mozart-Klavierkonzert auflege, ist es meistens Nr. 21 oder Nr. 25, mein persönlicher Favorit.

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    – Luís de Camões

  • aus der Sorge heraus, sonst denselben "profanen" Geschmack wie Tante Käthe und Onkel Fritz zu haben, die nur diesen Satz von ihrer "Best of Classical Music"-CD kennen.

    In diesem Fall teile ich gerne den Geschmack von Tante Käthe und Onkel Fritz, lieber Joseph!


    Mein erstes Klavierkonzert von Mozart auf Platte war sein letztes, Nr. 27 KV 595, mit Wilhelm Backhaus am Klavier und dem "Mozart-Papst" Karl Böhm am Pult. Die LP hat gleich Appetit auf mehr gemacht! Es gibt die Aufnahme heute noch (auf CD), gekoppelt mit dem KK Nr. 2 von Brahms in derselben Besetzung (Decca).


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Noch ein kurzer Nachtrag zu #15:


    Die zweite Abbildung zeigt die Ausgabe aus der Reihe "Große Werke großer Meister", die Stücke diverser Komponisten enthielt, und die dritte zählt zu Andas GA in Einzelausgaben, die Gemälde aus dem alten Wien (und Umgebung) zeigte. Für meinen Geschmack war das die optisch reizvollste.


    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zu zwei Aufnahmen von KV 467 möchte ich noch etwas sagen, weil es sich in beiden Fällen um große, von mir hochgeschätzte Pianisten handelt.


    Obwohl ich Murray Perahia als Mozart-Spieler (in seiner CBS-GA aus den 1970/80er Jahren) sehr hoch schätze, bin ich von seiner Interpretation des großen C-dur-Konzerts ein wenig enttäuscht:

    Klavierkonzerte 21 und 23 u.a.  Mozart:Piano Concertos 21 & 23


    Das hat im wesentlichen zwei Gründe: Perahia spielt in diesem groß besetzten Werk deutlich wenig zupackend, was anderen Mozart-Konzerten hervorragend bekommt, aber im vorliegenden Fall zu wenig ist. Außerdem vermisse ich hier in besonderer Weise einen Dirigenten am Pult, der den ganzen Apparat richtig im Griff hat. Perahia bemüht sich zwar um exaktes Zusammenspiel, aber es hapert damit an mehreren Stellen. Fazit: eine gute, aber nicht die beste Aufnahme dieses insgesamt wertvollen Zyklus.

    Perahia spielt übrigens im Kopfsatz eine eigene Kadenz, im dritten die seines verstorbenen Kollegen Rudolf Serkin.


    Und da wir nun gerade bei Rudolf Serkin sind, möchte ich auch seine späte Aufnahme mit dem Dirigenten Claudio Abbado (1982, DGG) nicht links liegen lassen (es gibt eine ältere von 1956 mit Alexander Schneider, die ich aber nicht kenne). Selbstverständlich bringt Serkin seine jahrzehntelange Erfahrung als Mozart-Spieler mit, und selbstverständlich beherrscht er die Partitur geistig und auch mechanisch, aber mir fehlt hier eine Spur Leichtigkeit, die der damals fast 80jährige Künstler nicht mehr in dem Maße aufbringen kann, die man ansonsten von ihm erwarten kann. So ist eine schöne, altersweise Auslegung des Konzerts zustande gekommen, von Abbado behutsam und stilgerecht begleitet, doch am Schluß stellt sich doch eine gewisse Ernüchterung ein. Eine Aufnahme auf hohem Niveau, aber mit kleinen Unebenheiten. Es gibt sie in diversen Koppelungen:

    MOZART Klavierkonzerte PIANO CONCERTOS Nos. 21&23 - London Symphony Orchestra - Claudio Abbado Rudolf Serkin Klavierkonzerte 20 KV 466,21 KV 467


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Und da wir nun gerade bei Rudolf Serkin sind, möchte ich auch seine späte Aufnahme mit dem Dirigenten Claudio Abbado (1982, DGG) nicht links liegen lassen (es gibt eine ältere von 1956 mit Alexander Schneider, die ich aber nicht kenne).

    Lieber Nemorino,


    auch da müsste ich nachhören, da ich die kompletten Mozart-Konzerte mit Serkin und Abbado habe. Das Konzert KV 467 hat eine virtuos-konzertante Note. Maurizio Pollini hat es nicht nur auch selbst dirigiert und aufgenommen mit den Wiener Philharmonikern. Es gibt auch schöne Video-Konzertmitschnitte mit Ricardo Muti und Christian Thielemann. Muti gefällt mir sehr gut, Thielemanns Dresdner klingen für mich dagegen mehr wie ein Wagner-Orchester ^^ :




    Thielemann/Pollini mit den Berliner Philharmonikern gefallen mir da besser (im Ausschnitt zu sehen) - man merkt allerdings, dass Pollini gealtert ist im Vergleich mit den früheren Aufnahmen:



    Den schönsten Mozart insbesondere im 1. Satz finde ich spielen die Wiener Philharmoniker in Pollinis Aufnahme bei der DGG:





    Schöne Grüße

    Holger