Die Mannheimer Schule

  • Die Chronisten der Epoche überschlugen sich förmlich mit Lobeshymnen über diese Hofkapelle des pfalzischen Kurfürsten Carl Theodor ( 1724 - 1799 )


    Der Begriff "Mannheimer Schule" ist zwar vielen geläufig, doch was verbirgt sich wirklich dahinter ?


    Es war eine international zusammengesetzter Klangkörper, Musiker aus ganz Europa bildeten eine Einheit. Die Einführung des einheitlichen Bogenstrichs ist eine der neuen Errungenschaften die bewundert wurde.
    Die Mannheimer Hofkapelle wurde binnen kurzer Zeit zum berühmtesten Orchester, mit einer Größe von 47 Musikern erreichte es Dimensionen wie das Pariser "Concert Spirituell".
    Doch waren sich die Zeitgenossen einig darüber, dass diese Hofkapelle dem Pariser Orchester weit überlegen war.


    Das Orchester selbst spielte zu eher profanen Gelegenheiten des Hofes, zusätzlich zu den Akademien hatte die Hofkapelle auch beim Spiel, beim Tee und bei der Promenade zu spielen.




    Karl Theodor von der Pfalz




    Residenzschloss zu Mannheim


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    Festsaal des Schlosses


    Hier entstanden also die ersten Symphonien.
    Wärend man an anderen Höfen frz. Orchestersuiten oder Concerti Grossi spielte erklangen hier Sinfonias zuerst hatten sie ihren Plaz als Ouvertüre innerhalb der Opera Seria, doch jetzt behandelte man sie als eigenständige Gattung. Aus der Sonate geboren sollte diese neue Form nun zum wichtigsten instrumentalen Medium werden.



    Die herausragendsten Vertreter dieser hochkarätigen Musiker, die Carl Theodor gewinnen konnte, sind an erster Stelle die Mitglieder der Familie Stamitz. (aus Böhmen kommend)



    Johann Stamitz ( 1717 - 1757 ) Hofkapellmeister des Kurfürsten, gilt als Begründer der Mannheimer Orchesterkultur.
    Er etablierte wohl als erster die vier Sätzige Symphonie, also mit Menuett.




    Carl Stamitz ( 1745 - 1801 )
    der älteste Sohn von Johann Stamitz, ist Heute der berühmteste Vertreter der Familie, er verließ 1770 die Hofkapelle und wurde als reisender Virtuose berühmt.
    Sein Bruder Anton ließ sich in Paris nieder und trat dort der königlichen Hofmusik bei.


    Ein weiterer berühmter Vertreter der Hofkapelle:



    Christian Cannabich ( 1731 - 1798 )


    Er ist vor allem durch seine Freundschaft zu Mozart im Gedächtnis geblieben. Der junge Mozart bewunderte das Orchester und seinen Konzertmeister.
    So ging es auch den anderen Zeitzeugen, wie z.B. Daniel Schubart ( Komponist, Dichter und Schrifsteller):


    "Sein Forte ist ein Donner,
    sein Crescendo ein Catarakt,
    sein Diminuendo ein in die Ferne plätschernder Kristallfluß,
    sein Piano ein Frühlingshauch.
    Die blasenden Instrumente sind alle so angebracht wie sie angebracht sein sollen:
    sie heben und tragen, oder füllen und beseelen den Sturm der Geigen."


    Dies zeigt auch nochmal die Besonderheit, die Bläser, allen vorran die Klarinette wurden völlig neu in den Kompositionen behandelt.
    Cannabich ist jedoch mehr als eine Fußnote der Musikgeschichte, seine Symphonien sind von einem ungeheuren Einfallsreichtum und man fragt sich warum man ihn so selten spielt...


    Das Crescendo müssen die Musiker besonders geliebt und ausgekostet haben, denn sie verstärkte es indem sie wärend sie spielten aufstanden um den Effekt noch zu verstärken...


    Eine weitere wichtige Figuren der Hofkapelle:



    Franz Xaver Richter ( 1709 - 1789 )


    Er gehörte zwar nur kurz der Kapelle an, war jedoch für die Entwicklung der Symphonie von großer Bedeutung, er hinterließ allein 70 Sinfonias.


    Und hier ein paar Aufnahmen zum kennenlernen:


    Die wichtigste von allen:



    Mannheim the golden Age
    Cannabich - Stamitz - Fils - Fränzl

    Concerto Köln


    eine etwas günstigere Variante:


    Konzerte der Mannheimer Schule
    Richter - Fils - Stamitz - Cannabich

    Camerata Bern


    Ebenfalls recht günstig, aber selbst kennen tue ich die Box noch nicht:



    Die Mannheimer Schule 5 CD's
    Kurpfälzisches Kammerorchester


    (hier fragt man sich nur wieder wer der hervorragende Designer war der dies überaus passende Motiv aussuchte :kotz: ... )

  • Carl Stamitz hat herrliche Klarinettenkonzerte geschrieben. Sabine Meyer hat sie mit Iona Brown und der Academy of St. Martin-in-the-fields eingespielt, höre ich immer wieder gern:


     


    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Salut,


    ich habe da spontan zwei vermutlich äußerst seltene Exemplare in meiner Plattensammlung entdeckt [meine Ex-Tante war Pharmareferentin und hatte solches oft als Werbegeschenke für Ärzte, davon habe ich stets etwas abbekommen]:




    Mannheimer Sinfonie


    Johann Wenzel Anton Stamitz
    "Mannheimer Sinfonie" Nr. 1 D-Dur


    Carlo Giuseppe Toeschi
    Zwei Entreactes: Nr. II und III


    Joseph Martin Kraus
    Ouvertüre zu "Olympia"


    Carl Stamitz
    Sinfonie Es-Dur "Echosinfonie"


    KURPFÄLZISCHES KAMMERORCHESTER
    WOLFGANG HOFMANN


    Carlo Giuseppe Toeschi [c1732-1788] war seit 1752 Violinist der Mannheimer Hofkapelle, 1759 Konzertmeister und späterer Direktor der Kabinettmusik.


    Kraus besuchte das Jesuiten-Gymnasium in Mannheim. Hier wurde Abbé Joseph Vogler auf ihn aufmerksam. Kraus kann sicherlich nicht als unantastbarer Vertreter der Mannheimer Schule angesehen werden.


    Johann Christian Bach
    Quintett Es-Dur op. 11 Nr. 4 [1776]
    für Flöte, Oboe, Violine, Viola und Violoncello


    Quintett C-Dur op. 11 Nr. 1 [1776]
    für Flöte, Oboe, Violine, Viola und Violoncello


    Carl Stamitz
    Quartett A-Dur op. 14 Nr. 3
    für Flöte, Violine, Viola und Violoncello


    Quartett Es-Dur op. 8 Nr. 4
    für Oboe, Violine, Viola und Violoncello


    DAS MANNHEIMER SOLISTENENSEMBLE
    Joachim Starke, Flöte
    Helmut Schützeichel, Oboe
    Diego Pagin, Violine
    Helmut Schneider, Viola
    Hans Adomeit, Violoncello


    Johann Christian Bachs Oper "Temistocle" wurde 1772 unter Leitung von Christinan Cannabich auf der Hofbühne uraufgeführt.


    Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo,


    Eigentlich plane ich ja gelegentlich binnen 2er Jahre ein Threadkompendium über allle Mozart-Zeitgenossen anzulegen, und da wäre Cannabich auch dabei. Desungeachtet möchte ich bereits hier einige Anmerkungen anbringen:


    Eigentlich hat ja der Lullist schon das Wichtigste zu Cannabich gesagt, er war mit Mozart befreundet (sie soffen oft ganze Nächte miteinander)


    Ich Johannes Chrisostomos Amadeus Sigmundus Mozart giebe mich schuldig, daß ich vorgestern und gestern (auch schon öfters) erst bei der nacht um 12 uhr nach haus gekommen bin und daß ich von 10 Uhr an bis zur benennten stund beym Cannabich, ........ganz leichtweg gereimmet habe und zwar lauter Sauereyen....


    Aber auch dem Komponisten Cannabich (selten bei Mozart ) stellt er ein hervorragendes Zeugnis aus. Ich n´bin mit Mozarts Urteilen vas seine Kollegen betrifft, nicht immer einverstanden -aber in diesem Fall schließe ich mich an.
    Cannabachs Sinfonien sind, spritzig und leicht gearbeitet - nie jedoch belanglos. Ich hätte eigentlich Musik erwartet, die ein wenig farblos ist - mitnichten.
    Nun die Gute Nachricht:
    Naxos hat sich für diesen Komponisten interessiert und hat 2 CDs mit Sinfonien herausgebracht.



    So kann jeder Interessierte für nur wenig Geld Zugandg zu den Werken dieses Meisters haben. Allerdings- Musik des 18, Jahrhunderts sollte man natürlich schon mögen...


    Liebe Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Gerade diese CD mit dem Lukas Consort habe ich Vorgestern gekauft und das - obwohl die Interpretation mich nicht gerade vom Stuhl gehauen hatte - war der Anlaß zu dem Thread.


    Ich war schon damals begeistert von der Symphonie in Es-Dur ( Concerto Köln - Mannheim - the golden Age ).
    Habe stets gehofft das wäre der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Aufnahmen mit Cannabich (...wovon träumst Du Nacht's , könnte ich mich selbst fragen)


    Die Symphonien selbst sind absolut hörenswert, spritzig und einfallsreich.
    Da würde ich mir wirklich eine Interpretation des Concerto Köln wünschen....

  • Jetzt habe ich auch die zweite CD:



    Esterhàzy Sinfonia / Grodd



    wesentlich besser Einspielung!


    Wärend ich beim "Lukas Consort" immer den Eindruck habe hier handelt es sich um ein bemühtes Amateur Orchester ist das hier schon was anderes.


    Die Aufnahme beinhaltet folgende Symphonien:


    No. 49 in F-Dur
    No. 50 in d-moll
    No. 48 in B-Dur
    No. 47 in G-Dur
    No. 51 in D-Dur
    No. 52 in Es Dur


    anhand dieser Aufnahme kann man schon eher die Begeisterung der Zeitgenossen nachvollziehen.


    Der Verdienst des Lukas Consort ist immerhin, dass sie fast nur Ersteinspielungen aufgenommen haben. Dadurch entzieht man sich aber auch elegant direkten Vergleichen ... :stumm:

  • Nicht nur das Concerto Köln macht großartige Einspielungen von Sinfonien und Konzerten der Mannheimer Schule. Sehr hörenswert sind die Aufnahmen der Sinfonien von Franz Ignaz Beck mit dem Ensemble La stagione Frankfurt unter Michael Schneider:




    oder auch Sinfonien von Georg Christoph Wagenseil mit dem Orfeo Barockorchester unter Michi Gaigg.




    Beck gehört zwar nicht zum harten Kern der Mannheimer Schule, Wagenseil gar nicht (er war Wiener). Jedoch orientieren sich die Sinfonien beider stark an denen der Mannheimer. Alle diese Aufnahmen bieten ein wahres Feuerwerk. Diese Sinfonien sind voll von großartigen Effekten, liebenswürdigen Einfällen. Beide genannten Orchester kosten das mit Genuß voll aus und lassen keine Gelegenheit aus, die für die vielfältige Orchestereffekte berühmte Kompositionsweise wieder aufleben zu lassen.


    cpo bietet auf dem Gebiet der frühen Sinfonie noch viel mehr Interessantes, derzeit auch noch zum kleinen Preis.


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo Caesar 73,


    die beiden Einspielungen der Stamitzschen Klarinettenkonzerte mit Sabine Meyer habe ich auch und ich genieße diese herrliche Musik geradezu als Balsam für die Seele.Musik kann tatsächlich therapeutische Wirkungen hervorrufen.
    Ich freue mich über unseren gemeinsamen guten Geschmack(!)

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Sehr informativer Thread! Danke für die Tips. Habe mir heute bei jpc CDs von Wagenseil, Cannabich, Ignaz Beck und Stamitz bestellt. Das hört sich alles sehr spannend an und ich bin furchtbar neugierig, was sich alles in den Jahren vor Beethoven entwickelt hat.

  • Ich habe mich vor einigen Jahren selbst einmal mit den Komponisten der Mannheimer Schule - Stamitz, Cannabich, Wagenseil u.a. -beschäftigt, habe es aber sehr bald wieder aufgegeben, weil ich meinte festgestellt zu haben, daß die Vertreter dieses Stils sich kaum voneinander unterscheiden, als ob es eine Art Grundkonsens, d.h. keine individuellen Stilrichtungen, zwischen ihnen gegeben hätte. Diese Beobachtung war für mich deshalb erstaunlich, weil Mozart ja ein Zeitgenosse der o.g. Komponisten war, was für mich die Frage aufgeworfen hat, ob Mozart, den ich sehr schätze, eine eigene Musiksprache gegenüber den Vertretern der Mannheimer Schule entwickelt und gepflegt hat oder ob Mozart nicht genau dasselbe gemacht hat wie Stamitz und all die anderen, nur eben eine eigene Individualität, die freilich unverwechselbar war, entwickelt hat.

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  • tom schrieb:

    Zitat

    was für mich die Frage aufgeworfen hat, ob Mozart, den ich sehr schätze, eine eigene Musiksprache gegenüber den Vertretern der Mannheimer Schule entwickelt und gepflegt hat oder ob Mozart nicht genau dasselbe gemacht hat wie Stamitz und all die anderen, nur eben eine eigene Individualität, die freilich unverwechselbar war, entwickelt hat.


    Bist du auch zu einer Antwort gekommen? ?(



    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Salut,


    Mozart ist in die Zeit der Mannheimer Schule hineingeboren und war somit nie ein "vollwertiger" Vertreter dieser "Stilrichtung". Mozart schätzte Wagenseil, vielmehr noch Cannabich, sehr. Zur Familie Cannabich bestand ein sehr freundschaftlicher Kontakt, wie es aus zahlreichen Briefen hervorgeht:


    [...] ja wenn die Musique so bestellt wäre wie in Mannheim! - die subordination die in diesem orchestre herrscht! - die auctorität die der Cannabich hat - da wird alles Ernsthaft verichtet; Cannabich, welcher der beste Director ist den ich je gesehen, hat die liebe und forcht von seinen untergebenen [...]


    So zum Beispiel berichtet Mozart dem Vater Anfang Juli 1778 rückblickend auf seinen Mannheimaufenthalt nach Salzburg. Mozart ist begeistert von der Ernsthaftigkeit der Musiker, die angenehmen Umstände, der Menschlichkeit - kurz von allem, was er in Salzburg vermißt.


    [...] das Cannabichsche hauß, und alle die, die es frequentiren, sind doch wahre freünde von mir [...]


    Diese Textauszüge zeigen deutlich genug, was Mozart von der "Mannheimer Musique", hier nicht nur auf den Stil sondern auch auf das außerordentlich gute Orchester bezogen, hielt. Und Cannabich - ein Mensch!


    In der Oper Lucio Silla kommt meines Erhörens die "Mannheimer Schule" schon deutlich durch, sie endet aber aller spätestens mit der Sinfonie g-moll KV 173dB, der "kleinen" g-moll-Sinfonie. Mozart war ja immer nur [seiner Meinung nach viel zu] kurz in Mannheim - doch nahm auch er von dort etwas mit. Nach Mannheim folgte Paris, eine völlig andere Welt und von dort aus, nach einem weiteren verstohlenen Zwischenstopp in Mannheim ging es geradewegs wieder ins verhasste Salzburg - nicht mehr für lange, es folgte Wien!


    Alle Komponisten, auch jene der Mannheimer Schule haben ihre eigene Sprache oder Färbung - wie man es nennen will. Bei Joseph Martin Kraus beispielsweise kommt dieser "Stil" noch weitaus deutlicher zum Tragen, als bei Mozart - auch noch nach Kraus Übersiedelung nach Schweden klingt Mannheim deutlich durch und trotzdem ist Kraus sehr eigen in seiner Musik und entwickelt sich immer mehr zu einem Individualisten. Wie Mozart, Cannabich und Stamitz.


    Die Mannheimer Schule hat sich zerstreut und letztlich mit dem Umzug Carl Theodors, wenn ich es nun richtig weiß, völlig aufgelöst. Dennoch und gerade deswegen war sie die Geburtsstätte vieler unterschiedlicher neuer Klangeffekte, insbesondere was z. B. den Einsatz der Bläser betrifft.


    Auch Cannabichs Spätwerk - er starb 67jähring im Jahre 1798 - unterscheidet sich von jenen Werken der 1770er Jahre. Die Mannheimer Schule selbst [als "Stilrichtung"] existierte eigentlich nur wenige Jahre und war neben Paris die Weiterentwicklungswerkstatt europäischer Musik: Hier waren einige der besten Musiker in Theorie und Praxis für eine gewisse Zeit vereint. Ihre Wege haben sich hier im Prinzip einfach nur gekreuzt... das war's schon.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Hier entstanden also die ersten Symphonien.


    Da ich mich schon lange dafür interessiere, wo und wie neue Gattungen/Formen/Stile etc. entstehen, möchte ich hier etwas anmerken in der Hoffnung, dass man mich nicht für pedantisch hält ...


    Stücke, die als Sinfonien veröffentlicht wurden gab es ja schon viel früher, so Rosenmüllers Sammlung von Suiten von 1667, in der die Stücke nach dem eröffnenden Sinfonia-Satz benannt sind. Das selbe ist ja auch bei J.S. Bachs Ouverturen de Fall (nur dass dort der französische Begriff anstelle des italienischen verwendet wurde).


    Die vorklassische Sinfonie stammt jedoch nicht aus Deutschland, sondern aus Italien, bereits ab den 1720er Jahren. Der führende Meister ist Giovanni Battista Sammartini (1700 - 1775), ein Kirchenmusiker, der keine Opern geschrieben hat, dessen Sinfonien somit die im obigen Beitrag erwähnte Loslösung vom Musiktheater bereits vollzogen haben. Veröffentlicht wurde eine Sammlung davon 1742, ein Jahr nachdem Johann Stamitz in Mannheim Anstellung gefunden hat (der hat vorher Kirchenmusik geschrieben), somit sind diese Sinfonien auf jeden Fall früher entstanden als die von Stamitz.


    Sammartinis neu erfundene Gattung (wirklich?) ist mehrsätzig, beginnend mit einem raschen Satz in einer Art Vorstufe zur Sonatenhauptsatzform, wie man sie etwa auch bei C.P.E. Bach findet: erster Teil moduliert von der Haupttonart zur Dominanttonart, meistens ohne große Abschweifungen, wird wiederholt, zweiter Teil kann harmonisch abwechslungsreicher sein (daraus wird dann später die Durchführung), und endet natürlich in der Haupttonart, wobei aber die Themen des ersten Teils an beliebiger Stelle wiederauftauchen. Es fehlt also eine klare Abgrenzung des Seitensatzes im ersten Teil und der Reprise im zweiten. So geht es dann in ganz Europa in den Sinfoniekopfsätzen zu, ein einflussreicherer Komponist als Sammartini ist wohl kaum zu finden. Nach langsamem Satz und raschem Satz (diese Folge erinnert ja an italienische Solo-Konzerte siehe Vivaldi und andererseits an Sonate da chiesa ab Corelli) folgt als Abschluss mitunter das sich später recht fix einbürgernde Menuett (vielleicht ist Sammartini in Analogie zur Sonata da chiesa nach schnell-langsam-schnell ein langsamer Satz angemessen erschienen und wollte noch was von der Suite in seine neue Gattung aufnehmen, aber nicht einen der Standartsätze Allemand, Courante, Sarabande, Gigue sondern einen weniger "kanonisierten"?)


    Die ersten Sinfonien entstanden also nicht in Mannheim. Den Mannheimern rechnet man aber die Etablierung des Streichquartetts als Gattung zu: Richters op. 5 ist die erste Sammlung von Werken in dieser Besetzung!


    Eine wunderbare Aufnahme (mit allerdings leider nur zwei G.B. Sammartini-Sinfonien) gibt es bei Harmonia Mundi mit dem Ensemble 415:


  • so ganz kann ich das aber auch nicht stehen lassen.


    Man muß in erster Linie die unterschiedlichen Schreibweisen der "Symphonie" beachten, Sinfonia, Sinfonie, Simphonie beschrieb weder im 17. Jahrhundert noch im beginnenden 18. Jahrhundert eine festgesetzte musikalische Form.
    So konnte das für eine Orchestersuite, ein Concerto, eine Sonate stehen oder das Orchester selbst bezeichnen.
    Wenn Musik erklang welcher Art auch immer sprach man von "Simphonie" ( das ist sogar in manchen Opern des 17. Jh. so formuliert. )
    Eine Simphonie ( frz. Schreibweise ) bezeichnete häufig ein Stück das nicht ganz klar zu bezeichnen war - solche Werke gibt es schon im ab dem 16. Jahrhundert ( Peri, dann Monteverdi, Cavalli, Lully, Scarlatti etc. )


    Die Ouvertüren von Bach haben jedoch mit einer Symphonie, oder mit italienischer Musik nichts zutun.


    Dazu dieser Thread:


    Die barocke Orchestersuite


    Die Orchestersuite ist eine rein frz. Erfindung. Entstanden indem die frz. Ballettmeister zur Unterhaltung die beliebtesten Tänze eines Balletts zu einer Suite zusammenstellten - so wie es die Lautenisten und Cembalisten vorgemacht hatten.


    Die Orchesterstücke aus den Opern Lullys und Campras wurden zu Suiten zusammen gestellt und so gedruckt - was den Boom in Europa auslößte.
    Das fand hunderte Nachahmer: Kusser, Steffani, Fischer, Graupner, Fasch und eben auch Bach mit seinen Orchestersuiten und Händel mit der Wassermusik und der Feuerwerksmusik.


    In England wurde die frz. Suite dann weiterverarbeitet ( Boyce und Arne ) was erst dann zu einer Forform der Symphonie mutierte.


    Das was man in Mannheim machte war zwar Formal nichts anderes als was schon allerorts gemacht wurde - in Dresden z.B. die Opernsinfonias ohne Oper aufzuführen - und diese Opern waren natürlich italienisch ( Opera seria )
    Gemeint war allein der vorklassische Stil und der ist weitaus anders als der der Sammartinis.
    Und dieser Stil hat seinen Ursprung durch das besondere Orchester in Mannheim. Die neuartige Verwendung bestimmter Instrumente ( Klarinetten und Hörner ) und Techniken.
    Eine Sinfonia von Albinoni oder eben Sammartini hat mit dem Mannheimer Stil eigentlich nicht viel gemeinsam.
    Die stehen dem Concerto Grosso wesentlich näher als einer Opernsinfonia.


    Nach meiner Meinung ist das was den entscheideneden Anstoß gegeben hat in Richtung "moderner Symphonie" zu gehen allein in Mannheim passiert - nicht in Italien.

  • allem Geschaffel zum Trotz gibt es dennoch jemanden der die Mannheimer Sinfonie in Teilen vorweg genommen hat und das um 1730:


    Johann Adolph Scheibe:



    Sinfonias / Concerto Copenhagen - Manze


    faszinierend ist hieran, dass Scheibe noch ziemlich "Barock" ist, doch ab und zu wirklich deftig in die Zukunft blickt.
    Das hat nichts mehr zu tun mit Concerto Grosso etc. - was immer auch diesen Mann geritten hatte - er hatte damals Erfolg.
    Jedenfalls habe ich solch frühen Ansätze noch nie wo anders gehört ( vielleicht noch etwas bei Graupner....)

  • Vielen Dank für die ausführliche Antwort.


    Dass im 17. Jh. der Begriff Sinfonia keine strenge Gattungsbezeichnung ist, wollte ich ja eigendlich im ersten Absatz am Rosenmüller-Beispiel demonstrieren. Rosenmüllers Suiten sind freilich keine französischen Orchestersuiten sondern deutsche Suiten in Nachfolge der Peuerlschen und Scheinschen Modelle mit nicht fixer Besetzung. Der einzige Bezug zu Bach war, dass der auch Suiten schreibt, die er nach dem Kopfsatz benennt. Mit Sinfonik hat das natürlich nichts zu tun (habe mal wieder zu knapp formuliert ...)


    Die Sinfonien von Boyce erinnern mich aber gar nicht an Suiten! Das sollen doch z.T. tatsächlich Eröffnungssätze für Opern gewesen sein.


    Aber jetzt wirds interessant:


    Zitat

    Gemeint war allein der vorklassische Stil und der ist weitaus anders als der der Sammartinis.


    Diese Sichtweise kannte ich nämlich noch nicht, obwohl es eigendlich klar ist, dass in musikgeschichtlichen "Übergangsphasen" Zuordnungen vom einen so und vom anderen anders getroffen werden. Dass Sammartinis Stil nicht vorklassisch ist, ist jedenfalls Auffassungssache, sagen wir, er hat noch viel vom Barock, ist in der Form aber nicht nur zukunftsweisend, sondern auch einflussreich. Wo er dazugehört ist eigendlich nicht so wichtig.


    Zitat

    Und dieser Stil hat seinen Ursprung durch das besondere Orchester in Mannheim. Die neuartige Verwendung bestimmter Instrumente ( Klarinetten und Hörner ) und Techniken.


    Nun, das ist der Aspekt vorklassischen Stils, für den Mannheim eine große Rolle spielt, aber sicher nicht der einzige! Mindestens genausowichtig ist die Entwicklung von Formschemata wie vor allem das des Sonatenhauptsatzes. Ferner das langsamere harmonische Fortschreiten innerhalb dieser Form, wodurch diese Form ja erst so richtig klar wird. Das sehe ich alles schon beim frühen Sammartini. Die Ausbildung von 4- und 2-Taktgruppen und der oberstimmenbetonte gesangliche Instrumentalstil kommt dann erst etwas später (wenn mir jemand konstruktiv widersprechen kann, würde ich mich über Beispiele sehr freuen!) gemeinsam mit einer neuen Instrumentationskunst. Bei letzterer ist aber, denke ich, weniger das Hinzuziehen neuer Instrumente wesentlich (Klarinette statt Chalumeau), als die Bedeutung, die die Instrumentation für die musikalische Struktur (zugegebenermaßen ein sehr unklarer Begriff, kann ich aber nicht deutlicher fassen) hat. Und da wäre es für mich interessant, genauer zu sehen, welche Rolle die Mannheimer, welche jedoch zeitgleich Wagenseil und der Opernkomponist Jommelli hat (schließlich sind diese Neuerungen in der Instrumentierung nicht auf Sinfonien und Konzerte beschränkt, und Komponisten beeinflussen einander querfeldein).


    Sammartini als den Schöpfer der Sinfonie zu bezeichnen, ist wohl verkürzend, den Mannheimern kommt der alleinige Prioritätsanspruch aber sicher auch nicht zu. Um das alles genauer betrachten zu können bedürfte es aber einer größeren Fülle von Beispielen, als mir zur Verfügung stehen (bin jemand, der von was anderem lebt, als Musik, drum sind meine zeitlichen Ressourcen dafür beschränkt). Die für diese Überlegungen interessantesten Komponisten dürften jedenfalls sein: G.B. Sammartini (nicht sein Bruder!), J. Stamitz (nicht seine Söhne!), A. Filz, C. Wagenseil, G.M. Monn und (fern der Sinfonie) Jommelli.


    Was meinst Du, Lullist?


    mit besten Grüßen,
    wieder so ein Schreiber kurzer Stücke aus Wien

  • Hallo,


    am 15. 11. 2005 erschien bei naxos die folgende CD, welche sechs Sinfonien von Sammartini enthält.



    Zunächst mal eine Bereicherung des Repertoires, ferner kann sich jeder eine eigene Meinung über die stilistische Ausrichtung machen - und das zum Sonderpreis. Ich würde die Sinfonien schon zur Vor- oder-Frühklassik zuordnen. Es gab ja in dieser Zeit schließlich nicht nur die "Mannheimer Klassik"


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bei den Suiten von Rosenmüller und den anderen bin ich mir nicht sicher ob das rein deutsche Suiten sind.
    Rein Formal sind sie frz. - interpretiert man sie dann auch noch so z.B. Praetorius dann wird der Ursprung ganz klar.


    Wie auch immer, wer zum ersten Mal auf die Idee kam die Opernsinfonia als alleiniges Werk aufzuführen wird man wohl niemals wissen.
    Lustigerweise habe ich zwei weitere Behauptungen gelesen, so wird das "Grand Pièce Royal" von Michel Richard Delalande als eines der frühesten symphonischen Stücke angesehen ( so um 1690 ).
    Für mich ist das zwar eher eine Miniatursuite, aber der Gedanke ist witzig und gar nicht so abwegig.
    Andere behaupten sogar die große Passacaille aus Lullys Armide sei das früheste Zeugnis ( man kanns auch übertreiben )


    Was Boyce betrifft hast Du natürlich recht - da ist der Einfluß der frz. Suite kaum noch zu sehen - nur in einigen wenigen Tänzen.
    Die Länge ist ja auch Reduziert ( ich glaube 3-sätzig ) Das ist eher ein Mischung aus ital. Sinfonia und dem Ballettstil Händels.
    Diese Symphonien oder wie sie in London genannt wurden "Ouvertures" waren irgendwie eine Mischung aus beidem.
    Da ist noch Pugnani ganz interessant - das ist zwar ganz italienisch, folgt aber dem gleichen Modell - seine "Ouvertures" sind allerdings mehrsätzig.



    Mannheim dürfte wohl deshalb alles in den Schatten gestellt haben, da Karl Theodor dem Orchester finanziell alles geboten hatte.
    Dann die entsprechende Inszenierung ...


    Den Einfluß Dresdens auf die Symphonie sollte man auch nicht ganz unbeachtetd lassen, gerade die Leute Veracini, Hasse und Heinichen.

  • Gaetano Pugnanis Ouvertüren dürften ein weiterer Beleg dafür sein, dass die Mannheimer nicht allein für die Entwicklung der Sinfonie verantwortlich sind. Diese Ouvertüren entstanden wahrscheinlich Ende der 1760er Jahren, als Pugnani in London wirkte. Dort wurden sie unter dem Titel Six Overtures in Eight Parts veröffentlicht. Kurze Zeit später erschienen sie auch in Paris, diesmal als Six Simphonies A Plusieurs Instruments Dediées A Monsieur le Marquis De Barol par M.r Pugnani.


    Diese Stücke sind alle viersätzig und folgen meist der klassischen Satzfolge Allegro-Andante-Menuett-Presto. Auch finden sich schon sinfonietypische Zusätze wie maestoso oder amoroso etc. Und die Allegro-Sätze am Beginn folgen meist der Sonatenhauptsatzform. Es finden sich also schon viele Dinge, die das Wesen der klassischen Sinfonie ausmachen.



    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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  • Salut,


    der Mozart kannte die Stamitzens wohl auch:


    [...] von die 2 Stamitz ist nur der jüngere hier - der ältere | der wahre HafenederComponist | ist in London - das sind 2 Elende Notenschmierer - und spieller - Säuffer - und hurrer - das sind keine leüte für mich - der hier ist hat kaum ein gutes kleid auf den leib [...]


    [Mein Beitrag zum Scheißhäusl-Tag]


    :rolleyes:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Guten Tag


    nicht vergessen sollte man hier


    diese Einspielung



    von fünf Symphonien von Ignaz Holzbauer


    und



    von sechs Symphonien von Antonin Fils.


    Beide Einspielungen dieser bekannten "Mannheimer" mustergültig vom L'Orfeo Barockorcherster aufgenommen.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Inzwischen wurde in einer Zusammenarbeit des Flamen Florian Heyrick mit der Künstleragentur Allegra die Mannheimer Hofkapelle wiederbelebt. Ich konnte das Ensemble im April in Frankfurt hören - ein gemischtes Programm mit Stücken vom Darmstädter und Mannheimer Hofrepertoire, das sehr schön die Übergänge von Barock zu Frühklassik hörbar machte. Ich kann einen Konzertbesuch nur empfehlen - fast alle Stücke waren seit damals nicht mehr gespielt worden!

  • Zitat

    Original von Ulli
    Salut,


    der Mozart kannte die Stamitzens wohl auch:


    [...] von die 2 Stamitz ist nur der jüngere hier - der ältere | der wahre HafenederComponist | ist in London - das sind 2 Elende Notenschmierer - und spieller - Säuffer - und hurrer - das sind keine leüte für mich - der hier ist hat kaum ein gutes kleid auf den leib [...]


    Lieber Ulli,


    Sind hier Papa Johann und Sohn Carl bzw. Anton gemeint. Oder sind Carl + Anton die Notenschmierer?
    Antons Musik (ich habe Violinkonzert + Flötekonzert von ihm, sowie was Kammermusik) finde ich einfach gute Unterhaltung. Musik von Carl mag ich aber gerne. :P


    LG, Paul

  • Lieber Paul,


    gemeint sind Anton Stamitz *1750 und der ältere Bruder Carl *1745, der in den Jahren 1777-1780, also zur Zeit als Mozart in Mannheim weilte, sich in London aufhielt.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von miguel54
    Inzwischen wurde in einer Zusammenarbeit des Flamen Florian Heyrick mit der Künstleragentur Allegra die Mannheimer Hofkapelle wiederbelebt.


    Das muss man sich schon anstrengen, die "Mannheimer Hofkapelle" wiederzubeleben :pfeif:


    Will mal paar Zitate von Zeitgenossen zur Mannheimer Hofkapelle wiedergeben:


    "Nach Mannheim muß ich, denn ich will und muß einmal in meinem Leben mich recht an Musik erstättigen, und wann und wo werde ich jemals dazu bessere Gelegenheit finden ?"
    (Chr. Martin Wieland)


    "Ich fand wirklich alles daran, was mich der allgemeine Ruf hatte erwarten lassen. Natürlicher Weise hat ein stark besetztes Orchester große Kraft. Die bey jeder Gelegenheit richtige Anwendung dieser Kraft aber muß die Folge einer guten Disciplin seyn. Es sind wirklich mehr Solospieler und gute Komponisten in diesem, als vielleicht in irgend einem Orchester in Europa.
    [...]
    Es ist eine Armee von Generälen, gleich geschickt einen Plan zu einer Schlacht zu entwerfen, als darin zu fechten"
    „ Kein Orchester der Welt hat es je in der Aufführung dem Mannheimer zuvorgethan. Sein Forte ist ein Donner, sein Cresendo ein Catarakt, sein Dimiuendo – ein in die Ferne hin plätschernder Krystallfluß, sein Piano ein Frühlingshauch.
    Hier ist der Geburtsort des Crescentdo und Dimiuendo, und hier war es, wo man bemerkte, daß Piano [….] sowohl als das Forte musikalische Farben sind, die so gut ihre Schattirungen haben, als Roth oder Blau in der Mahlerey.“

    (Charles Burney)


    "Preußische Tactik und Mannheimer Musik setzen die Deutschen über alle Völker hinweg"
    (Lord Fordice)


    "Wenn sich Neapel durch Neapel durch Pracht, Berlin durch kritische Genauigkeit, Dresden durch Grazie, Wien durch das Komischtragische auszeichnen, so erregte Mannheim die Bewunderung der Welt durch Manigfaltigkeit,[…]
    So daß es keinen Ort in der welt gab, wo man seine musikalischen Geschmack in einer Schnelle so sicher bilden konnte, als Mannheim.“
    (Chr. David Schubert)


    Schön auch was Leopold Mozart über die Mannheimer Hofkapelle 1763 schrieb:


    „Ich hatte das Vergnügen, nebst guten Sänger und Sängerinnen einen bewunderungswürdigen Flutotraversisten Mr. Wendling zu hören, und das Orchester ist ohne Widerspruch das beste in Teuschland, und lauter junge Leute, und durch aus Leute von guter Lebensart, weder Säufer, weder Spieler, weder liederliche Lumpen; so daß so wohl ihre Conduite als ihre Production hochzuschätzen ist.“



    Sein Sohn Wolfgang Amadeus schrieb:


    Ja, wenn die Musique so bestellt wäre wie zu Mannheim ! Die Subordination, die in diesem Orchester herrscht! – Die Auctorität, die der Cannabich hat – da wird alles ernsthaft verrichtet; Cannabich , welcher der beste Director ist, den ich je gesehen, hat die Liebe und Forscht von seinen Untergebenen. – Er ist auch in der ganzen Stadt angesehen, und seine Soldaten auch – sie führen sich aber auch anderst auf – haben Lebens-Art, sind gekleidet, gehen nicht in die Wirthshäuser und sauffen !“



    Zitat

    Ich konnte das Ensemble im April in Frankfurt hören - ein gemischtes Programm mit Stücken vom Darmstädter und Mannheimer Hofrepertoire, das sehr schön die Übergänge von Barock zu Frühklassik hörbar machte. Ich kann einen Konzertbesuch nur empfehlen - fast alle Stücke waren seit damals nicht mehr gespielt worden!


    R. Goebel will sich, so in einem Interview, sich auch jetzt mehr mit der Musik der "Mannheimer Schule" befassen. Wird bestimmt auch eine interessante und spannende Sache :yes:


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag,



    Bemerkenswert, dass Vater und Sohn Mozart darauf hinwiesen, dass die "Mannheimer-Hof- Musiker" weder Säufer waren, noch in Wirthshäusern verkehrten. Sie kannten ja die sonstige europäische Musikerszene, läßt sich daraus schließen, dass die Anderen gerne ..... ? :hahahaha: :untertauch: :D


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard


  • Cher Piüs,


    isch 'abe diese CD gestern beim deux-mille-et-un in Carlsruhe in der Hand gehabt - wir sind also gegenseitig bekannt. Leider war darauf von den Interpreten nichts vermerkt, so daß sie trotz des angenehmen Preises von 9,99 € wieder ins Regal wanderte. Wie ich jetzt eruieren kann, sind die Künstler eher ein Mix aus HIP und unHIP - also eher nix für mich. Auch die enthaltenen Flöten- und Oboenkonzerte können mich mal... also ist schonmal mindestens eine CD plusquamliquide.


    Das Repertoire ist für Dich sowieso nicht von Interesse [es sind - nach eingehender Repertoireprüfung durch mich - keine madrigalen Klavierquintette enthalten].


    :beatnik:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Servus,


    weiter oben haben ich kurz die beiden CDs mit den Sinfonien op. 3 von Franz Ignaz Beck mit dem Ensemble La stagione Frankfurt unter Michael Schneider vorgestellt. Seit kurzem kenne ich auch die dritte Sinfonien-CD von Beck mit diesem Orchesters, nämlich die Sinfonien op. 4, 1-3.


    Prinzipiell haben die Sinfonien op. 4 den gleichen überbordenden Reichtum an Einfällen und überraschenden Wendungen wie die aus op. 3. Und ebenso fehlt ihnen jeglicher seichter Galanterismus. Was op. 4 aber meines Erachtens von op. 3 unterscheidet, das ist etwas weniger ungezügelte Wildheit, dafür etwas mehr Struktur. Die Sinfonien op. 4 wirken auf mich viel größer und reifer ohne jedoch an Kraft zu verlieren oder gar in Strukturen zu erstarren. Das hat mich schwer beeindruckt.



    Franz Ignaz Beck: Symphonien op. 4 Nr. 1-3; Ouvertüre "L'Islee Deserte"


    La Stagione Frankfurt,
    Michael Schneider



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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