Die vergessenen Italiener des Barock

  • Dieser Thread soll den italienischen Komponisten des Hoch, und Spätbarock gewidmet sein, die im Schatten der Größen Corelli, Vivaldi, Albinoni und den Scarlattis stehen.


    Dabei wird oft vergessen welch großen Einfluß sie damals hatten, ihr Verschwinden aus dem Gedächtnis ist mit nichts zu rechtfertigen.
    Solche Meister wie Caldara oder Bononcini zu der zweiten Riege zuzurechnen ist lächerlich.


    Hier mal eine kleine Auswahl, die im Laufe der Zeit aber noch erweitern werde soll (ich hoffe das muß ich nicht alleine machen :hello: )



    Alessandro Marcello
    1684 - 1750
    War gewissermaßen ein Kollege Albinonis, ebenfalls Amateur, Reich und als Komponist von Concerti und Kantaten überaus erfolgreich.




    Francesco Durante
    1684 - 1755
    Einflußreicher Musiklehrer und Komponist in Neapel, Oratorien und Instrumentalmusik




    Antonio Caldara
    1670 - 1736
    Hofkomponist in Wien und Rom. Erfolgreicher Komponist von Opern und ganz besonders Oratorien...




    Leonardo Vinci
    1696 - 1730
    außerordentlich erfolgreicher Opernkomponist, war wie Bononcini in u.a. London ...




    Giovanni Maria Bononcini
    1670 - 1747
    War ein äußerst erfolgreicher Komponist von Kirchenmusik und Opern, er wurde in London neben Porpora zu Händels ärgsten Konkurrenten...




    Und hier nun ein paar Aufnahmen:



    Cristofaro Caresena - Per la Nascita del Verbo


    Capella della Pietà de Turchini / Florio
    OPUS 111


    Eine der schönsten Barock Aufnahmen meiner Sammlung!






    Alessandro Marcello - Concerti "La Cetra"
    Collegium Musicum 90 / Standage


    wunderbare italienische Concerti, in der Manier eines Albinoni - gleiche Qualität!


    Noch nicht mein, aber ich konnte reinhören, demnächst ganz sicher bei mir zu Hause...






    Antonio Caldara : Maddalena ai pieti Cristo


    Schola Cantorum Baselensis / Jacobs


    ein wunderbares Oratorium, Jacobs dirigiert was will man mehr!

  • Der Lullist:


    Zitat

    Solche Meister wie Caldara oder Bononcini zu der zweiten Riege zuzurechnen ist lächerlich.


    Im Falle Caldaras, der immerhin unter J.J. Fux Vizekapellmeister in Wien war, tut das wohl ernstlich niemand mehr, wie auch die wachsende Zahl an Einspielungen dankenswerterweise belegt. Die verbindliche Rezeption der Werke Caldaras wird heute vor allem dadurch erschwert, daß der wirklich gewaltige überlieferte Werkbestand bis dato weder komplett gesichtet, geschweige katalogisiert ist. Bei mehr als einem Drittel des Vorhandenen handelt es sich um Zuschreibungen, die erst anhand umfänglicher Verfahren auf ihre Authentizität untersucht werden müssen:
    will sagen, in Zeiten chronisch knapper Kassen wird es noch Jahre dauern, bis man überhaupt nur einen Überblick haben wird. Besonders hart davon betroffen sind die ganz sicher hoch interessanten Bühnenwerke des Meisters, die in beachtlicher Fülle, wenn auch häufig unvollständig, über ganz Europa verstreut in den Archiven von Stockholm bis Palermo lagern.


    Zum Kennenlernen empfehle ich eines der genialsten Werke des Meisters, die seiner Spätphase angehörende "Missa Dolorosa", die zusammen mit dem Händelschen frühen "Dixit Dominus" vorzüglich von Thomas Hengelbrock eingespielt wurde:



    Wundervolle Musik sind auch seine Kammer- und Triosonaten, die für wenig Geld bei CPO zu haben sind:



    Vom Erwerb seiner Solokantaten mit dem schrillen Countertenor oder Pseudokastraten oder was immer der ist, Max Maria Cencic, rate ich ab, nicht aufgrund der Werke sondern wegen der unerträglichen Attitüde des Interpreten. Aber wems gefällt: bitte sehr !


    Im Falle Bononcinis liegt der Sachverhalt ein wenig Komplizierter:


    im Zeitalter wo das gegenseiige "Abschreiben" wirklich gang und gäbe war (s. Händel), hatte dieder Maestro wohl sosehr überzogen, daß es sogar zu Prozessen kam, deren für Bononcini ungüstiger Ausgang dazu beitrug,
    daß er von der Bildfläche verschwand.
    Ausser dem für Berlin geschriebenen "Polifemo" den ich vor Jahren im Schloss Charlottennburg einmal konzertant hörte, kenne ich zu wenige
    Werke des Komponisten, um mir ein aussagekräftiges Urteil über ihn zu erlauben.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Da anscheinend an Caldara größeres Interesse besteht, habe ich ihm einen eigenen Thread gewidmet...


    ebenfalls vor einigen Jahren endeckt und begeistert gewesen:



    Evaristo Felice dall' Abaco - Concerti
    Concerto Köln


    neben den gewöhnlichen Concerti Grossi mit reiner Streicherbesetzung gibt es auch noch die farbigeren "Concerti a pui Instrumenti"


    Abaco war einer der Hofmusiker des Kunstsinnigen Max Emanuel von Bayern...




    Dann noch diese:




    Henrico Albicastro - Cantate, Sonate & Concertos
    Guy de Mey / Ensembel 415 / Banchieri


    eine wunderbare Ausgrabung, nicht nur die beindruckende Kantate, auch die Sonaten und Concertos gefallen.
    Interessant ist auch die Sonate op. 9 No. 12 "La Folia" zwar auch in italienischer Manier (obwohl der Komponist wohl ein schweizer Adliger gewesen war...) aber dennoch etwas ganz eigenes.

  • Hallo!


    Ich möchte einen weiteren Namen erwähnen: Giuseppe Torelli (1658 - 1709).
    Auf LP habe ich von ihm ein Konzert für 2 Trompeten (due trombe) und Orchester.
    Stimmt es, daß er das Violinkonzert "erfunden" hat?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Torelli ist ja ziemlich häufig mit seinen Trompetenkonzerten vertreten (welche natürlich nur auf der Naturtrompete richtig zur Geltung kommen :D )


    Allerdings verhält es sich so wie mit Corelli der ja als Erfinder des Concerto Grosso gilt.


    Ob diese beiden Herren wirklich die beiden Formen des italienischen Konzerts begründet haben vermag ich nicht zu beweisen, sicherlich haben sie sich aber auf ihrem Gebiet einen unsterblichen Namen gemacht:
    Corelli für das Concerto Grosso
    und Torelli für das Solokonzert.


    Das Violinkonzert ist eigentlich aus der Sonate des 17. Jahrhunderts entstanden, wenn man sich Sonaten von Biber, Bertali, Schmelzer, Uccelini, u.a. anhört dann erkennt man da schon sehr deutliche Ansätze zum Violinkonzert.


    Das Wort "erfunden" ist mir zu stark, ich würde es eher mit "kultiviert" beschreiben...


    Hier eine Aufnahme mit der Naturtrompete



    Ecklund (Trompete / Drottningholm Baroque Ensemble)


    Auch noch eine Anmerkung:


    Die sogenannten Barockkonzerte wie sie in der Vergangenheit von Maurice André und Ludwig Güttler (ich nenne jetzt nur mal diese beiden) oft aufgeführt wurden haben eigentlich fast nichts echtes:
    Denn ersteinmal benutzen beide Trompeten die es zu dieser Zeit nicht gab (Stichwort die quitschige "Bachtrompete" )
    Dann sind es meist Transkriptionen von Flöten oder Oboenkonzerten.


    Die Naturtrompeten konnten nur in C und D gestimmt werden, deshalb sind Trompetenkonzert in moll schon mal ganz fragwürdig...


    So etwas mag ja ganz nett sein:




    aber man sollte bedenken, dass solche Sachen eine sehr freie Interpretation sind und mit wirklicher Barockmusik, meiner Meinung nach nichts zu tun haben.
    Die Ventiltrompete ist erst um 1800 erfunden worden...die Bachtrompete erst um 1900...um die Werke Bachs spielen zu können, da niemand eine Naturtrompete beherrschte.
    Für mich ein unsägliches Instrument :stumm: dann lieber richtige Ventiltrompeten!

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  • Salut Lully,


    ich muss Dich ein wenig enttäuschen. Die "Naturtrompete" ist ein Relikt aus der Antike. Sie wurde als Instrument im Barock "wiederentdeckt" und sogleich zweckentfremdet. Nicht mehr nur Signaltöne [Naturtöne] sollten gespielt werden, sondern hochvirtuose Passagen sollten und konnten gespielt werden. Zum einen durch reine Mundformung, teilweise bereits durch primitive Ventile ergänzte Instrumente. Es gab auch Aufsteckbögen für diese Instrumente, um z.B. eine D-Trompete nach C zu transponieren. Praetorius beschrieb bereits, dass man für das "in dulci jubilo" diesen Aufsatz für C-Trompeten verwenden möge, um das Stück nach B herunterzutransponieren. Er dachte dabei gnädiger Weise an die zarten krächzenden Knabenstimmen, um diese von ihrer "Qual" zu befreien...! Auch wurden um diese Zeit "Züge" entwickelt und verwendet, daraus entwickelte sich dann [im weitesten Sinne] die Posaune. Es sind weiters auch frz. F-Trompeten aus dieser Zeit bekannt. Bach's Concerto N° 2 ist z.B. für eine solche "Tromba" in F komponiert [in C notert]. Die antike Naturtrompete war extrem lang, daraus machte man dann die "trombe petite", also die "Trompette", kleine Trombe.


    Ich denke, man sollte all diese Instrumente, die sehr individuell sind, nicht über einen Kamm scheren, man muss schon sehr genau unterscheiden, welches Instrument von welchem Komponisten in welchem Stück einzusetzen ist.


    Hier eine "Barocktrompete", zu der Familie der Naturtrompeten gehörend, in D gestimmt, fand Verwendung bei J. S. Bach:



    Es lassen sich darauf, entsprechendes Geschick und Können vorausgesetzt, auch alle nicht zu den Naturtönen gehörenden "Neben"-Töne spielen. Die heutigen Rekonstruktionen bzw. Nachbauten wurden auch bereits wieder modifiziert: Es wurden [am Bügel erkennbar] kleine Löcher eingebaut, welche die Intonation deutlich erleichtern, nur sieht das keiner. :D


    8o


    Dennoch ist es nach wie vor eine große Kunst, diese Instrumente zu beherrschen.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Oh da hab ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt, die Naturtrompete ist natürlich keine Erfindung des Barock, man hat sie zu dieser Zeit aber zum ersten Mal in der "Konzert-Musik" verwendet.
    Vorher war sie in der Tat nur für militärische Zwecke benutzt worden, wie Du ja auch selbst schreibst.


    Auch hier war man übrigens der Ansicht dieses Instrument ist der menschlichen Stimme am nächsten *seufz* jedenfalls gibt es etliche Barockarien in der der Sänger (Kastrat) mit der Trompete konkurieren muß (Melani, Scarlatti etc.)


    Soweit ich weiß müssen bei echten Naturtrompeten die Töne schon im Mund "geformt" werden, hast Du ja auch schon angesprochen und nach wie vor gibt es nur wenige die dieses Instrument virtuos beherrschen - aber es klingt einfach besser...

  • Zitat

    Original von der Lullist


    Soweit ich weiß müssen bei echten Naturtrompeten die Töne schon im Mund "geformt" werden, hast Du ja auch schon angesprochen und nach wie vor gibt es nur wenige die dieses Instrument virtuos beherrschen - aber es klingt einfach besser...


    Das unterschreibe ich blind, wie man hier zu sagen pflegt.


    :jubel:


    tt
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ganz vergessen:


    erstmal danke für die Ausführungen Ulli,



    leider bin ich noch nicht in den Genuss gekommen das in bester Ausführung live zu hören.
    Meistens wurden die Trompeter von den Tücken des Instruments überholt :wacky:


    aber irgendwie macht es das auch wieder lebendig :D

  • vielleicht weiß hier jemand bescheid:
    stradella schrieb in seinem san giovanni battista arien mit concerto-grosso-begleitung und zwar in den 1670er jahren, als lt. begleitheft "das concerto grosso in mode kam". diese sofortige übernahme dieser concerto-grosso-technik in die arienbegleitung ist ja an sich schon ein so interessanter punkt, dass er stradellas oratorium zum pflichtrepertoire für jeden barockmusikinteressierten macht. ich wüßte nur gern, von welchen komponisten er da diese schreibweise abgeschaut hat (ich meine das "concerto grosso")? die berühmten instrumentalmusikkomponierenden italiener der vorigen generationen uccellini und legrenzi werden es wohl kaum gewesen sein. und von corelli ist da noch keine rede ...


    jedenfalls zur concerto-grosso-begleitung: der anfang der herodes-arie (track 14 oder so) ist wirklich umwerfend!

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  • Als Übersicht möchte ich mal meine liebsten Italiener des Spätbarock (ohne die Vorklassiker) auflisten, da ich nunmal ein Freund von Lebensdatenansammlungen bin ...


    1626 – 1690 Giovanni Legrenzi
    1642 – 1682 Alessandro Stradella
    1653 – 1713 Arcangelo Corelli
    1654 – 1728 Agostino Steffani
    1658 – 1709 Giuseppe Torelli
    1660 – 1725 Alessandro Scarlatti
    1666 – 1740 Antonio Lotti
    1671 – 1736 Antonio Caldara
    1671 – 1751 Tomaso Albinoni
    1675 – 1742 Evaristo Felice dall’Abaco
    1678 – 1741 Antonio Vivaldi
    1684 – 1755 Francesco Durante
    1685 – 1757 Domenico Scarlatti
    1686 – 1768 Nicola Porpora
    1690 – 1730 Leonardo Vinci
    1692 – 1770 Giuseppe Tartini
    1695 – 1764 Pietro Antonio Locatelli

  • Mich wundert, dass der hier im Forum so gar nicht besprochen wird. Seine Musik ist stets abwechslungsreich, witzig, verblüffend, effektvoll und kontrapunktisch ausreichend dicht, dass all die Ohrwurmsatten, die sich nicht mehr langweilen wollen, ihre helle Freude mit Durante haben sollten, zumal seine Spielart des Concertos sich deutlich von seinen Zeitgenossen abhebt und seine Originalität so offenkundig ist, dass er zum Geheimtipp für Barockliebhaber (die es hier doch gibt) prädestiniert ist!

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  • Hallo KSM, ich finde deine Auflistung der von dir favoriserten italienischen Barockkomponisten nicht uninteressant, wobei Vinci lediglich ein "Stern zweiter Grösse" ist und dall Abacos Formverständnis indifferent ist, was deshalb den Wert seiner Werke (zumindest für mich) mindert. Sowohl der streng kontrapunktische Durante wie auch Domenico Scarlatti stehen mit einigen Werken schon an der Schwelle zur Frühklassik. Porpora als ausgesprochnener
    "hochdramatischer Opernfritze" interessiert mich persönlich kaum, seine Kirchenmusik fegte mich nicht vom Stuhl.
    Warum wohl Durante keinen eigenen Thread bekam ? Ich denke, bei ihm liegt es in erster Linie an der traurigen Übersichtlichkeit der auf Tonträgern veröffentlichten Werke. Jeder, der sich ernsthaft mit Barockmusik beschäftigt, dürfte ihn aber kennen.
    Warum der geniale, grandiose und wirklich bedeutende Legrenzi jedoch ein derartiges "Schattendasein" fristen muss, ist mir unbegreiflich, denn seine Werke sind erschlossen, ediert und verfügbar, aber nicht einmal die "Spzialisten" scheinen davon Gebrauch machen zu wollen ! Albinoni halte ich auch lediglich für ein Talent und in deiner Auflistung vermisse ich Pasquini und Zipoli.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    und in deiner Auflistung vermisse ich Pasquini und Zipoli.


    Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Von Pasquini und Zipoli kenne ich jeweils ein wenig Orgelmusik, wobei mir Pasquini sehr zugesagt hat, Zipoli aber noch keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Freilich kenne ich von den meisten genannten Komponisten recht wenig.


    Momentan erwärme ich mich sehr für die "kontrapunktisch unterernährte" Musik von Vivaldi, Vinci und Tartini, die mich deutlich mehr an die Vorklassik erinnert als die Durante-Concerti, die mich früher recht begeistert haben und die ich momentan eher als (dennoch empfehlenswerte) Kuriositäten ansehe - was solls, Bach war ja gewissermaßen auch eine Kuriosität ...

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Warum der geniale, grandiose und wirklich bedeutende Legrenzi jedoch ein derartiges "Schattendasein" fristen muss, ist mir unbegreiflich, denn seine Werke sind erschlossen, ediert und verfügbar, aber nicht einmal die "Spzialisten" scheinen davon Gebrauch machen zu wollen!


    Bei jpc finde ich immerhin 7 CDs, das empfinde ich als ziemlich viel.
    Welche ist empfehlenswert resp. wie ist diese:

    Motetten
    Prosa pro mortuis (Dies Irae);Angelorum ad
    convivia;Suspiro Domine
    +Sonaten Nr. 5 & 6 für 4 Violen da Gamba
    +Poglietti:Ricercar de secondo tono
    Ricercar Consort, Pierlot
    ?
    :hello:

  • Die CD mit dem Dies Irae ist unbedingt empfehlenswert und die CD mit den Sonaten (CPO) ebenfalls.


    Von den Oratorien ist leider nur das eher kammermusikalisch besetzte
    Le Morte del cor penitente verfügbar, das sich aber auch lohnt:



    Absolut nichts gibt es von seinen Opern, (z.T. mit reichster Instrumental-Besetzung und schönem Percussions-Apparat), seinen a-cappella -Chorwerken
    und den Vespern und Psalm-Kompositionen ! :motz:


    Vor Jahren erstand ich vom inzwischen verblichenen Label "Koch" eine CD, die den völlig sinnlosen Titel "MUSIC IN VENICE BEFORE VIVALDI" trug !


    Erst dem Kleinstgedruckten war zu entnehmen, daß es sich um eine ausschliessliche Legrenzi-CD handelte--- :boese2:

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    die CD mit den Sonaten (CPO) ebenfalls.


    Ist die HIP und auf alten Instrumenten?


    Ich habe noch mal dall'Abaco angehört und muss Dir zustimmen, bei Albinoni ist aber die melodische Erfindung das Argument für seine musikhistorische Nobilitierung. Jetzt muss ich auch Bonporti im Hinblick auf Melodieerfindung und Form wiederhören. Außerdem möchte ich noch auf den zwar etwas konservativen aber schön ausgewogenen Manfredini hinweisen, den ich mal recht suchthaft konsumiert hab, was auf die musizierenden "Amis de Philippe" zurückzuführen ist (CPO).


    Und noch so eine Frage in die Runde (räusper):
    Wie ist das so mit Geminiani und den beiden spätbarocken Vitali? Die tauchen im Forum zwar ab und zu bei Aufzählungen und im "was hört ihr" auf, aber es gibt keine Meinungen zu ihnen - von denen habe ich noch keinen Ton gehört. Auch die Somis sind gleich mehrfach als Violinkomponisten in Erscheinung getreten - allerdings im Forum noch nicht.
    :hello:


    PS: Das war das erste Mal, dass Bonporti in diesem Forum genannt wurde!
    8o

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  • Guten Tag,


    noch ein vergessenen Italiener:



    Giovanni Lorenzo Gregori, geb. 1663. war von 1688 bis 1742 zuerst Geiger, dann Kapellmeister in der Capella di palazzo seiner Heimatstadt Lucca, wo er auch 1745 verstarb. Neben Instrumentalmusik komponierte er auch Kantaten, Tanzlieder und Oratorien. Er war ebenfalls als Musiklehrer tätig und ein Traktat über den "Gregorianischen Choral".
    Kennengelernt habe ich den Komponist mit dieser



    hervorragenden Einspielung von zehn Concerti Grossi. :jubel:



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Die CD mit dem Dies Irae ist unbedingt empfehlenswert und die CD mit den Sonaten (CPO) ebenfalls.


    Von den Oratorien ist leider nur das eher kammermusikalisch besetzte
    Le Morte del cor penitente verfügbar, das sich aber auch lohnt:


    Mitlerweile gibt es immerhin noch ein Oratorium:



    als Doppel-CD mit zwei Carissimi-Oratorien bei MMI hinterhergeworfen und bei jpc in dieser (der brilliant-)Version sehr viel günstiger als Legrenzi allein in der Originalveröffentlichung.


    Wen der Dauertremulant der Sänger nicht stört, der mag sie sich zulegen.


  • Okay, das sind deine Lieblinge - aber die Liste könnte auch von mir stammen, mit drei Ergänzungen:


    1637 - 1710 Bernardo Pasquini
    1645 - 1710 Carlo Ambrogio Lonati
    1671 - 1755 Azzolino della Ciaja

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Dieser Thread soll den italienischen Komponisten des Hoch, und Spätbarock gewidmet sein


    Was ist eigentlich mit den Generationen davor?
    Castello, Farina, Pandolfi, Uccellini und und und?
    Die finde ich oft viel hörenswerter als die etablierten Concerto-Manufakturen des 18. Jh. :D

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  • doch es gab einen allgemeinen Thread über die Musik italienische Musik von 1580 - 1660:


    Festa Teatrale - die Anfänge der Barockmusik


    wegen überhaupt keiner Resonanz hab ich es mir gesparrt in dieser Richtung noch etwas mehr zu machen :rolleyes:



    es gibt aber noch über die früheren Italiener Threads:



    Antonio Cesti - Meister des italienischen Frühbarock


    Barbara Strozzi


    Die Geburt des Oratoriums - Giacomo Carissimi


    Primo Apollo di Musica - Alessandro Stradella (1644-1682)


    Monteverdis großer Nachfolger: Cavalli


    Dei immortales, quantus vir! - Giovanni Gabrieli


    :hello:

  • Weil ich faul bin und Pasquini nicht im "Was hört Ihr gerade"-Thread untergehen soll, hier noch einmal der Text von dort:


    Pasquini: Sonate a due Cembali



    Wer neben dem allgegenwärtigen französischen Geklimper der Zeit auch einmal hören möchte, was die Italiener um 1700 so zustande brachten, sollte sich mal mit Pasquinis Tastenwerken (neben seinen anderen Kompositionen) beschäftigen.
    Die Sonaten auf dieser CD sind z. T. fast schon klassische Sonaten, denn häufig arbeitet P. mit zwei Themen und feilt schon an der Form.
    Andererseits entwickelt er oft aus einem kleinen Motiv einen ganzen, manchmal hoch diffizilen Kontrapunkt. Dann wieder macht er aus der alten Toccata eine zweiteilige Form mit Toccata und Fuge.
    Kurz und gut: Der Mann war seiner Zeit voraus, konnte wunderbare Melodien erfinden, war kontrapunktische Spitzenklasse und obendrein ein Virtuose von Gottes Gnaden.


    Eigentlich wären diese Stücke ein typischer Fall für Sempé, aber Cremonesi & de Marchi machen das hier mehr als vorbildlich.
    Man kann die ganze CD hören, ohne dass ein Moment der Langeweile aufkommt. Der Effekt zweier gleichzeitig erklingender Cembali wird natürlich auch weidlich ausgenutzt.
    Obendrein spielen sie auf zwei Nachbauten der eher selten zu hörenden großen Klasse der späten ital. Cembali: wahre Schlachtschiffe mit zwei Manualen, trotzdem sonor und durchsichtig auch im dichtesten Stimmengewirr.


    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

  • Hildebrandts Empfehlung für die Pasquini-CD des Duos Cremonesi/de Marchi kann ich mir nur vorbehaltlos anschließen - klangtechnisch wie spielerisch ausgezeichnet!


    Was mich bei diesen Stücken vor allem verblüfft hat, ist der von Hildebrandt treffend fast schon "klassisch" benannte Tonfall, wo doch seine Stücke für Cembalo solo klar seine Herkunft aus der Frescobaldi-Schule belegen, mit Toccaten und Tanzsätzen. Rinaldo Alessandrini hat diese Stücke 1990 für den WDR eingespielt, auf CD sind sie 1991 bei Astrée erschienen, benutzt hat er ein "Franciscus Debbonis, Roma 1678" signiertes Cembalo aus dem Besitz des WDR, das allein den Kauf rechtfertigt.


    Beide CDs nebeneinander hörend muß man immer wieder nachschauen, ob es sich hier wirklich um den gleichen Komponisten handelt.


    Und um bei Pasquini zu bleiben: Sein kleines Oratorium Cain e Abele in der Aufnahme von Il Teatro Armonico unter Alessandro de Marchi zählt zum schösten, was ich an italienischer vokaler Barockmusik besitze! Auch bei Symphonia erschienen, noch lieferbar, aber leider kein Bild zu finden - die Website des Labels wird gerade neu gestaltet und ist bis dahin offline.

  • Bleiben wir noch ein bisschen bei Pasquini:


    Diese CD hier



    ist ebenfalls ein wahres Schätzchen.
    Die hier eingespielten Stücke lassen zwar auch natürlich immer den Übervater Frescobaldi durchhören, sind aber deutlich einem eigenen Stil verpflichtet, der Prägnanz mit Melodienreichtum und kontrapunktischer Finesse vereint. Obendrein klingt manchmal der Norden durch, als ob Sweelinck zu Besuch gewesen wäre (was er natürlich nicht war).
    Wie in den Cembalostücken zeigt sich Pasquini hier als wahrer Kurzstückmeister. :D


    Dazu kommt das wunderbare Spiel von Ennio Cominetti, dem man eigentlich noch viel länger zuhören möchte – souverän in allen Belangen. Nirgends etwas Aufgesetztes oder Gezwungenes.


    Und das dritte riesige Plus dieser Aufnahme ist das Instrument, die Orgel von Santa Maria delle Grazie in Montepulciano. Es handelt sich um eine der ganz wenigen original erhaltenen organi di legno, vollständig aus Holz gebauten Orgeln. Sämtliche Pfeifen der aus den ersten Jahren des 18. Jhs. und damit aus der Entstehungszeit der Kompositionen stammenden Orgel sind aus Zypressenholz gefertigt. Der Klang ist weich, tragend, singend und recht füllig.


    Eine CD für die Insel. :yes:

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