Vergänglicher Modetrend oder evolutionistische Verhaltensänderung?

  • Durch meine Tätigkeit in der Programmgestaltung des Heilbronner Sinfonie Orchesters lese und analysiere ich die Programme vieler Sinfonie Orchester, dabei fällt mir immer mehr der Trend auf: Orchester gehen raus aus den Konzertsälen, öffnen sich, gehen ans Publikum ran, spielen an neuen, ungewöhnlichen Orten. Open-Air-Konzerte sind ein Renner. Es ist fast so etwas wie eine Orchester-Event-Kultur entstanden. Die vielen Bemühungen, auch durch neue Formen der Darbietung die Jugend möglichst frühzeitig an klassische Musik heranzuführen, sind bereits gute Tradition. Dazu kommt, dass Abonnementreihen, bisher das Rückgrat besonders der Provinzorchester, bröckeln oder gar völlig zusammenbrechen. Der moderne Konzertgänger will sich offensichtlich nicht mehr verpflichtend binden. Er sucht sich aus dem breiten Musikangebot das heraus, was ihm im Moment gefällt und entscheidet spontan, ob er an diesem Abend ins Konzert gehen will oder nicht. Die ständige Verfügbarkeit von Musik aus dem Heimarchiv spielt dabei sicherlich auch eine Rolle. Ist die aufgezeigte Entwicklung überall festzustellen, ist sie einer der vielen vergänglichen Modetrends, oder zeichnet sich hier nach und nach eine grundlegende Verhaltensänderung ab? Der traditionelle Konzertgänger stirbt aus, siehe die enorme Überalterung in den Konzertsälen. Neue Musikkonsumenten kommen, die andere Bedürfnisse und Erwartungen haben und die Musikveranstalter zwingen liebgewordene, ausgetretene Pfade zu verlassen und Neues, Ungewohntes, Anderes, Moderneres zu schaffen. Entsteht auch im klassischen Bereich eine neue Musikwelt?


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo!


    So werden wir morgen beim Klassik Open Air der Ludwigsburger Schlossfestspiele Arien von Donizzetti, Puccini, Verdi u.a. unter (hoffentlich regenlosem) freiem Himmel genießen!


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Lieber WOKA,


    dann wünsche ich Dir einen hohen musikalischen Genuss. Wir sind morgen Abend in Baden-Baden in "Figaros Hochzeit."


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    deine Beobachtung trifft auf Opern- und Konzertabonnements gleichermaßen zu. Alte Leute, wohin man schaut. Wenn ich meine Frau darauf aufmerksam mache, sagt sie nur: Schau mal in den Spiegel...Dann weiß ich Bescheid.


    Ballettaufführungen dürften im klassischen Bereich die Ausnahme sein. Da sind Kinder und Jugendliche stark vertreten.


    Und was die Abos noch betrifft: Da werden oft neue, d.h. ungewohnte Stücke von der älteren Generation einfach abgelehnt nach dem Motto: "Kenn' ich nicht, ess' ich nicht." Einführungsworte können die Berührungsängste etwas mildern.


    Schwerpunktkonzerte mit einem jeweiligen Zentralthema erfreuen sich immer noch besonderer Beliebtheit. Aufführungsserien der Bach-Akademie, Mozartwochen, Beethoven-Tage etc. haben ungebrochenen Zulauf. Das lässt hoffen...


    Viel Spaß bei den anstehenden musikalischen Genüssen am Wochenende.
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Orchester gehen raus aus den Konzertsälen, öffnen sich, gehen ans Publikum ran, spielen an neuen, ungewöhnlichen Orten.

    Das liegt an der Verproletarisierung - an der Prägung zu Anspruchslosigkeit. Konzertsäle waren einerseits "Klassiktempel" und dem entsprechend ist ihre Ausstattung, eine Art Musikpalast - für ein gehobenes Publikum. - Dazu kommt eine ausgefeilte Akustik. Ich erinnere mich mit Schrecken an die Wiener "Arkadenhofkonzerte", die in meiner Jugend in den Sommermonaten im Arkadenhof des (im neugotischen Stil erbauten) Wiener Rathauses jeden Mittwoch am Abend stattfanden. Der Eintrittspreis war einheitlich moderat, man konnte sich den Sitz aussuchen - wer zuerst kam mahlte zuerst.
    Der Arkadenhof war hallig - die Akustik überall gleich schlecht.



    Zitat

    Die vielen Bemühungen, auch durch neue Formen der Darbietung die Jugend möglichst frühzeitig an klassische Musik heranzuführen, sind bereits gute Tradition.

    Mit kommt das in etwa so vor, als wolle man die Jugend von Frisskonter weglocken und ihn an gute Restaurants gewöhnen.



    Zitat

    Dazu kommt, dass Abonnementreihen, bisher das Rückgrat besonders der Provinzorchester, bröckeln oder gar völlig zusammenbrechen.

    Vielleicht, weil man immer wieder "ungeliebte" Werke aufs Programm bringt? Der Abonnement ist ein Gewohnheitstier und liebt keine Veränderungen.....



    Zitat

    Der moderne Konzertgänger will sich offensichtlich nicht mehr verpflichtend binden. Er sucht sich aus dem breiten Musikangebot das heraus, was ihm im Moment gefällt und entscheidet spontan, ob er an diesem Abend ins Konzert gehen will oder nicht.

    Mag sein. Ich kann das allerdings schwer nachvollziehen. Denn oft bekam ich eine Freikarte angeboten - konsumierbar noch am gleichen Tag. Ich habe so gut wie immer abgesagt, weil ich mich auf ein Konzert - oder was immer - erst einstellen muß - und ich damals sehr viel Wert darauf legte in optimaler Aufmachung zu erscheinen - das bedurfte der Vorbereitung.


    Aber abgesehen davon brauchen auch Orchester eine gewisse Kontinuität. Wenn ich als Veranstalter immer zittern muß ob es denLeuten genehm ist zu kommen - dann muß man ausrechnen ob das Ganze überhaupt noch profitabel ist - und falls nein wechselt man die Branche und setzt sein Kapital gewinnbringender ein.



    Zitat

    Ist die aufgezeigte Entwicklung überall festzustellen, ist sie einer der vielen vergänglichen Modetrends, oder zeichnet sich hier nach und nach eine grundlegende Verhaltensänderung ab?

    Ich gehe davon aus, daß dies eine Zwischenstufe ist. Wir sehen hier ja vorzugsweise die deutsche Szene. In Österreich sind - soweit mir bekannt, die Säle ausverkauft. Und in Russland ober Japan ebenso. Irgendwann wird jemand auf die Idee kommen, das Angebot zu verkleinern und den Zugang zu Konzerten - siehe einst Bayreuth - zu erschweren. Bayreuth hat ja seinen Nimbus nicht durch ein verändertes Publikum verloren - sondern durch..........



    Zitat

    Entsteht auch im klassischen Bereich eine neue Musikwelt?

    Das wäre dann allerdings nicht mehr "klassisch".


    Die klassische Musikszene ist eigentlich nicht bedroht - allerdings lässt sich die Kuh nicht so willenlos melken wie die der Popszene - und das wird von einer gewissen Industrie als Krise empfunden....



    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • In der Felsenreitschule werden seit beinahe 70 Jahren (1948) Opern aufgeführt (Karajan hat damit angefangen), es gibt seit Jahrzehnten zahllose andere Freilichtbühnen.
    Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, was an ungewöhnlichen oder Freilicht-Spielorten neu oder irgendwie anti-klassiktradition-revolutionär sein soll. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass diese wenigen Sommer- oder Festspiel-Events den normalen Abonnnement- oder Repertoirebetrieb von Herbst bis Frühjahr einschränken oder beschädigen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Wenn ich Operus richtig verstanden hab, dann handelt es sich nicht um diverse Festivals, die ja schon seit vielen Jahrzehnten ihren festen Platz in der Klassikszene haben, sondern eher um "alternative" Konzerte - in Fabrikshallen, auf Flughäfen, Bahnhöfen oder U-Bahnstationen, jeglicher gesellschaftlicher Etikette beraubt, und das Flair des Besonderen zerstört.
    Klassische Musik war stets für eine Minderheit gedacht - und daran wird sich - auf lange Sicht gesehen - vermutlich auch in Zukunft nichts ändern."Klassik für alle" war eine Idee die de facto schon seit Jahren gescheitert ist, denn die "Zielgruppe" welche man erreichen wollte hat man mangels Interesse eigentlich nicht erreicht - allerdings hat man die alteingesessene Klientel vergrämt und teilweise auch verjagt.
    Aber - um die Titelfrage zu beantworten - es ist nur ein Modetrend.
    Wir bewegen uns langsam aber beständig auf eine neokonservative Gesellschaft zu - da reguliert sich dann manches wieder zurück in die alten Bahnen.......


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • sondern eher um "alternative" Konzerte - in Fabrikshallen,


    Wie wir wissen und anhand von Filmdokumenten sehen und hören könne, ist auch schon Furtwängler in Fabrikhallen vor Arbeitern aufgetreten. Das alles ist nicht neu.


    Und auch die Freiluftkonzerte haben - das ist schon mehr als deutlich geworden - eine sehr lange durchaus bürgerliche Tradition. Ich möchte in diesem Zusammenhang an die legendäre Hollywood Bowl erinnern, die sich ausdrücklich an den antiken Freilichttheatern orientierte. Dort ist sein Anfang der 1920er Jahre alles aufgetreten, was Rang und Namen hatte. Es wären noch sehr viele andere Spielstätten dieser Art zu nennen, auch in Italien und in Griechenland. Aus Norwegen kenne ich Fotos von großen Konzerten der Sängerin Kirsten Flagstad an der frischen Luft. Die Opernfreilichtbühne in Zoppot, die es so nicht mehr gibt, hat von 1909 an Musikgeschichte geschrieben. Schon aus der Antike sind Berichte überliefert von gigantischen Spektakeln unter freiem Himmel, wobei Musik bzw. Klänge immer eine herausragende Bedeutung hatten. Mir ist nicht klar, wie man also aus der langlebigen Tradition, Musik, Opern und Schauspiel im Freien zu geben, was auch immer schon diesen Event-Charakter hatte, auf "Verproletarisierung" und Anspruchslosogkeit schließen kann. ?(


    Und was die weißen Haare und die Alten im Publikum betrifft - auch das gibt es schon immer. Die müssen also nachwachsen. In meiner frühen Jugend, als ich anfing, in Opern- und Konzerthäuser zu gehen, dominierte auch schon das weiße Haar. Und das ist eine ganze Weile her. Damals fiel es mir noch mehr auf als heute. ;)


    So viel Neues sehe auch ich nicht, um auf den Eingangsbeitrag zurückzukommen. Das meisten scheint mir nur neu aufgelegt bzw. aufgebrüht zu sein. Mehr nicht.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Und was die weißen Haare und die Alten im Publikum betrifft - auch das gibt es schon immer. Die müssen also nachwachsen. In meiner frühen Jugend, als ich anfing, in Opern- und Konzerthäuser zu gehen, dominierte auch schon das weiße Haar. Und das ist eine ganze Weile her. Damals fiel es mir noch mehr auf als heute.


    Ja, lieber Rüdiger, wir alle werden weißer und dabei hoffentlich auch weiser!


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Hi,


    der Abonnement-Betrieb ist ein Anachronismus, der mit seiner Zuhörerschaft aussterben wird (gleichwohl der Flatrate-Gedanke natürlich brandaktuell ist :D). Für die Orchester ist das in wirtschaftlicher Hinsicht natürlich blöd, da dieser Einnahmebereich so schön planbar ist.
    Viele Zuhörer, die voll im Leben stehen und den berühmten Sachzwängen unterworfen sind, dürften kaum mehr in der Lage und Willens sein, einem festen terminlichen Schema zu folgen. Hinzu kommt, dass viele Menschen sich vor dem Hintergrund des medialen Angebots sowie der Vielfalt an Freizeitgestaltungsmöglichkeiten verstärkt Wert darauf legen dürften, genau die Dinge im Konzert zu hören, die sie eben hören wollen. Was nützt mir eine deutliche Ersparnis beim Ticketkauf mit Blick auf den Abonnementpreis, wenn ich bereits jetzt weiß, dass von den x Terminen eine Anzahl von y aufgrund von möglichen Kollisionen nicht wahrnehmbar bzw. unwägbar sein wird? Und beim "Restprogramm" ist dann evtl. noch ein spezifischer Anteil von aus dem persönlichen Geschmacksblickwinkel "uninteressanter" Musik dabei. Ne, das ist eine Gestaltung, die Menschen mit einem hohen und planbaren Freizeitanteil gerecht wird, vielen Anderen aber kaum noch ins Konzept passen dürfte.



    Zitat

    Verproletarisierung

    Es ist echt eine Unsitte von Dir, Alfred, Dinge, die Dir nicht ins persönliche Raster passen, mit derart abwertenden Verbalinjurien zu attackieren. Muss das sein? :untertauch:
    Nicht alles, was neu oder anders (gedacht) ist, setzt sich durch. Aber auch nicht alles Neue ist gleich Mist, Schund, prollig, Unterschicht und der Untergang des Abendlandes...


    Ich persönlich denke, dass es bspw. für die Aufführung von Kammermusik viele interessante Orte gibt, die einen besonderen Reiz ausstrahlen, z. B. Aus einem möglichen Kontrast von Raum und Musik kann(!) ein ganz neuer Erfahrungsrahmen für Musik entstehen (muss es natürlich nicht). Ich jedenfalls halte die Möglichkeiten jedenfalls für spannend. Und auch in akustischer Hinsicht gibt es gut geeignete Räume, die keine dezidierten Konzertsäle sind (und auch nicht jeder Konzertsaal wäre bekanntlich akustisch als "gut" zu bezeichnen... ;))


    Grüße
    Frank

  • Zitat

    Viele Zuhörer, die voll im Leben stehen und den berühmten Sachzwängen unterworfen sind, dürften kaum mehr in der Lage und Willens sein, einem festen terminlichen Schema zu folgen.

    Ich gehe davon aus, daß die meisten Abonnements von Senioren und Schülern gebucht wurden.



    Zitat

    Es ist echt eine Unsitte von Dir, Alfred, Dinge, die Dir nicht ins persönliche Raster passen, mit derart abwertenden Verbalinjurien zu attackieren. Muss das sein?

    Zum ersten kann ich es partout nicht ertragen kritisiert zu werden.......


    Zum zweiten handelt es sich hier nicht um Verbalinjurien, sondern um die exakte realistische Beschreibung eines Zustands - zugegebenermaßen um einen, der mir nicht gefällt. Heute wird man schon schief angeschaut wenn man das Wort "Gesindel" und "Abschaum" auch nur in den Mund nimmt - ungeachtet davon ob dies der Realitiät enspricht oder nicht. Dabei sind wir damit mehr konfrontiert, als je zuvor. Diese Leute sind uns sehr nahe an die Pelle gerückt (wie man in D sagt) - auch wenn wir es nicht wollen. Daher ist es legitim, die Distanz und die Abneigung in angemessener aber deutlicher Form zum Ausdruck zu bringen. Hätte man diese Regel beherzigt, gäbe es heute kein Regietheater, denn jene Leute die daran Schuld tragen, wären nie in die Lage gekommen derlei auf eine Bühne zu bringen.


    Zum dritten: Ja es muß sein.
    Ich beleidige nach Möglichkeit niemanden persönlich (es sei denn er käme mir zu nahe) - "Noli me tangere" - aber ich erlaube mir die Dinge ungeschminkt beim Namen zu nennen. In einer Zeit, wo "Elite" als Negativbegriff gilt, ist einiges schiefgelaufen und bedarf einer Korrektur.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,

    Zitat

    Zum ersten kann ich es partout nicht ertragen kritisiert zu werden


    das ist primär Dein Problem - nicht meins. :stumm:


    Wer mit solchen Begrifflichkeiten umgeht, sollte sich über entsprechende Antworten nicht wundern. Sie sind nämlich zumindest eines: undifferenziert.
    Da hilft auch der "das wird man ja wohl noch sagen dürfen"-Hammer nichts.


    Jemand, der sich dem Begriff "Elite" aus einer (gefühlten?) Zugehörigkeitsperspektive bedient, dem Kultur und ein gepflegter Austausch wichtig sind, sollte seine kritischen Wahrnehmungen für mein Dafürhalten distinguierter und vor allem differenzierter vortragen. Gerade als primus inter pares seines Forums...


    Nur meine Meinung.


    Grüße
    Frank

  • Zum zweiten handelt es sich hier nicht um Verbalinjurien, sondern um die exakte realistische Beschreibung eines Zustands - zugegebenermaßen um einen, der mir nicht gefällt. Heute wird man schon schief angeschaut wenn man das Wort "Gesindel" und "Abschaum" auch nur in den Mund nimmt - ungeachtet davon ob dies der Realitiät enspricht oder nicht. Dabei sind wir damit mehr konfrontiert, als je zuvor. Diese Leute sind uns sehr nahe an die Pelle gerückt (wie man in D sagt) - auch wenn wir es nicht wollen. Daher ist es legitim die Distanz und die Abneigung in angemessener aber deutlicher Form zum Ausdruck zu bringen. Hätte man diese Regel beherzigt, gäbe es heute kein Regietheater, denn jene Leute die daran Schuld tragen, wären nie in die Lage gekommen derlei auf eine Bühne zu bringen.


    Hallo!


    Das entspricht Deiner Wahrnehmung. Daher kann es keine "realistische Beschreibung" sein. Denn die wäre objektivierbar.
    Aber wie lautet das Zitat, das (wohl fälschlicherweise) Voltaire zugeschrieben wurde?


    Zitat

    „Ich lehne ab, was Sie sagen, aber ich werde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Zitat

    Hi,


    der Abonnement-Betrieb ist ein Anachronismus, der mit seiner Zuhörerschaft aussterben wird (gleichwohl der Flatrate-Gedanke natürlich brandaktuell ist ). Für die Orchester ist das in wirtschaftlicher Hinsicht natürlich blöd, da dieser Einnahmebereich so schön planbar ist.
    Viele Zuhörer, die voll im Leben stehen und den berühmten Sachzwängen unterworfen sind, dürften kaum mehr in der Lage und Willens sein, einem festen terminlichen Schema zu folgen. Hinzu kommt, dass viele Menschen sich vor dem Hintergrund des medialen Angebots sowie der Vielfalt an Freizeitgestaltungsmöglichkeiten verstärkt Wert darauf legen dürften, genau die Dinge im Konzert zu hören, die sie eben hören wollen. Was nützt mir eine deutliche Ersparnis beim Ticketkauf mit Blick auf den Abonnementpreis, wenn ich bereits jetzt weiß, dass von den x Terminen eine Anzahl von y aufgrund von möglichen Kollisionen nicht wahrnehmbar bzw. unwägbar sein wird? Und beim "Restprogramm" ist dann evtl. noch ein spezifischer Anteil von aus dem persönlichen Geschmacksblickwinkel "uninteressanter" Musik dabei. Ne, das ist eine Gestaltung, die Menschen mit einem hohen und planbaren Freizeitanteil gerecht wird, vielen Anderen aber kaum noch ins Konzept passen dürfte.


    Lieber Hüb',


    Deine Beschreibung und Prognose deckt sich weitgehend mit meinen Erkenntnissen. Wenn die Aboreihen wegfallen würden wäre dies für kleine und mittlere Orchester ein Existenzgefahr. In einigen vorigen Beiträge wurde darauf hingewiesen, dass es Eventveranstaltungen auch außerhalb des Konzertsaals schon lange gibt. Sicherlich - was jedoch für einen neuen Trend, ja die angesprochene Verhaltensänderung des Konzertpublikums sprechen könnte, ist die starke Zunahme und rasante Ausweitung solcher Konzerte.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Verproletarisierung: rein formell (Herkunft und beruflicher Erfolg) gehöre ich auch dazu. Ich weiß mich aber zu benehmen und zu kleiden, insofern falle ich der hohen Gesellschaft auf Konzerten nicht negativ auf. Aber ich habe Abitur! :) Und Hochschulbildung!
    Ach Alfred, das sind aber auch Zeiten, nicht mal mehr "Pöbel" oder "Pack" darf man sagen :D. "Unterschicht" darf man aber meines Wissens sagen. Das sind alles Moden. Ich kann mich erinnern, unsere marxistischen Freunde hatten das arbeitsscheue "Lumpenproletariat" als Begrifflichkeit.
    Ich habe auch eine bestimmte Vorstellung vom sog. Pöbel. Der moderne Pöbel treibt sich im Internet herum, sucht sich rangniedrigere Personen oder Gruppen (Beispiel: Tierquäler) und hetzt dann meist in Horden aufgrund von realen oder nicht realen Begebenheiten (das ist irrelevant und wird nicht hinterfragt) auf eben diese Personen oder Gruppen los. Angefeuert wird dies vom (erlaubter Begriff) "Unterschichten-Fernsehen".


    Eine bessere Zeit hat es für besitzende und herrschende Klassen meiner Meinung nach nie gegeben. Volk tippt in Tastaturen und belästigt niemanden vor der Haustür. Mit immer neuen Angst-Themen (Klima-Wandel überall! Kinderschänder allerorten! Ozon! Feinstaub! Fahrradhelme und der mögliche Tod ganzer Generationen, wenn sie nicht mit Helm fahren! Vogelgrippe! Cyberterror 12.0! Der Ivan!) und dem Internet lässt sich Volk ganz prima beschäftigen. Angela Merkel hat Recht: Sollen sie sich empören, sie hat zu arbeiten.


    Also. Besseres Brot und bessere Spiele gab es noch nie.


    Was die Abonnementen angeht, sehe ich es so: Ich denke, dies ist zur Zeit kein Geschäftsmodell. Die Interessen sind immer punktueller und spezialisierter, dem Konsumenten steht die ganze Welt zu Verfügung; er hat alle Möglichkeiten, eben genau seinen Interessen nachzugehen. Ob das gut oder schlecht ist, darüber will ich gar keine Aussage treffen.


    Und Alfred hat mit seiner Bestandsaufnahme recht, "Elite" ist leider ein negativ besetzter Begriff. "Unternehmer", Leute, die etwas anpacken, werden sofort mit Ausbeutern gleichgesetzt. Das ist bedauernswert, ein Armutszeugnis und dem Fortschritt nicht dienlich. Aber bei unseren Linken wächst ja Erfolg und Auskommen auf Bäumen und kann vom Staat verteilt werden.

  • Was die Abonnementen angeht, sehe ich es so: Ich denke, dies ist zur Zeit kein Geschäftsmodell. Die Interessen sind immer punktueller und spezialisierter, dem Konsumenten steht die ganze Welt zu Verfügung; er hat alle Möglichkeiten, eben genau seinen Interessen nachzugehen.


    Operus wird ja wohl Recht haben, wenn er meint, die Abonnenten-Zahlen seien generell ruckläufig - auch wenn die Warteliste für frei werdende Musikvereins-Abos noch immer recht lang sein wird. Es dürfte aber ein Zeichen der Zeit sein, man entscheidet viel spontaner und ergreift viel lieber die Gelegenheiten, an "Events" teilzunehmen. Sich für ein Jahr terminlich zu binden ist größtenteils einfach zu viel verlangt...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • An Tapios Analyse ist schon eine Menge `dran.
    Ebenso ist mir die konservative Haltung unseres Häuptlings meistens sehr sympathisch. Je älter ich werde, desto konservativer denke und fühle auch ich....na so ein Wunder aber auch. :pfeif:;) Wahrscheinlich bin ich der erste, dem das so geht.


    Bin übrigens die nächste Zeit urlaubsbedingt ersma wech.... :D


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Mir fehlt bei dieser ganzen Diskussion die Basis! Um welche Event-Konzerte geht es überhaupt? Die haben ja sehr unterschiedlichen Charakter - vom Waldbühnenkonzert bis hin zu wirklich sehr anspruchsvollen Musikfestivals (Klavier, Alte Musik, Neue Musik). Und welches Publikum geht da eigentlich hin? Und wieso eigentlich ist das Abbonnementspublikum grundsätzlich das "bessere" (seriösere, sachverständigere) Publikum?


    Und was heißt Proletariat? Gemeint war damit mal die "Arbeiterklasse" - die es sozial gesehen schon gar nicht mehr gibt. Ketzerisch sage ich mal: Das musikalische Proletariat findet sich heute nicht beim Open Air-Konzert, wo aufgeschlossene, musikinteressierte junge Studenten mit Kinderwagen beim Picknick sitzen, sondern beim Wiener Opern-Ball, wo sich die hirnlosen Neureichen das Stelldichein geben, wo es letztlich nur ums Gesehenwerden geht, irgendwelche Sterne und Sternchen aus dem Show-Business sich mit anderen Prominenten ablichten und ihre hyperteure Garderobe ausführen, ihren teuren Sekt schlürfen, zeigen, was sie sich "leisten" können - was der eigentliche Sinn dieser Veranstaltung ist. Der kulturelle Proletarier von heute ist gerade der, welcher damit protzt, dass er kein gewöhnlicher Proletarier ist, sondern etwas viel Besseres zu sein vorgibt und unter Seinesgleichen bleiben will. In dieser Gesellschaft tummelt sich dann ein Thomas Gottschalk (und viele, die genau das Format haben wie er), der von klassischer Musik nun wirklich so viel Verständnis hat wie die Kuh vom Balletttanzen.


    Der Kritikansatz, die Verproletarisierung durch die Massenkultur des "Theaters" zu beklagen, ist ja nicht neu und inzwischen also alles andere als originell. Für Friedrich Nietzsche zeigte sich all das ausgerechnet :D in Wagners Tempel Bayreuth:


    "Im Theater wird man Volk, Heerde, Weib, Pharisäer, Stimmvieh, Patronatsherr, Idiot - Wagnerianer: da unterliegt auch noch das persönlichste Gewissen dem nivellierenden Zauber der grossen Zahl, da regiert der Nachbar, da wird man Nachbar."


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    danke, für Deinen sehr lesenswerter Beitrag. Als einer der Programmverantwortlichen des Heilbronner Sinfonie Orchesters studiere und analysiere ich zahlreiche Jahresprogramme von Orchestern in der BRD. Dabei ist mir aufgefallen, dass ein Trend, der bei uns schon seit Jahren zunimmt, immer mehr Konzerte außerhalb des gewohnten Konzertsaals zu veranstalten, offensichtlich allgemein gegeben ist. Weiter habe und konnte ich nicht differenzieren. Ich stellte darauf hin die Frage zur Diskussion: Handelt es sich bei dieser Entwicklung um eine kurzfristige, vorübergehende Modeerscheinung, oder ist das Ganze eine Verhaltensänderung des Musikkonsumenten? Als weiteres flankierendes Argument führte ich die an allen Orten zurückgehende Bereitschaft zu abonnieren an. Wobei wir hier in Heilbronn offensichtlich auf einer Insel der Glückseligen leben: Es gibt zwei große Konzertreihen, Württembergisches Kammerorchester und Heilbronner Sinfonie Orchester. Wir - das HSO können immer noch auf eine Abonnentenzahl von knapp 1.400 ganz treuen Besuchern bauen. Zahl von 2014/15 und ich hoffe, dass diese in der neuen Spielzeit 15/16 auch gehalten werden kann. Danke, lieber Holger, dass ich durch Deinen Hinweis zur Präzisierung meiner Fragestellung veranlasst wurde.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Ketzerisch sage ich mal: Das musikalische Proletariat findet sich heute nicht beim Open Air-Konzert, wo aufgeschlossene, musikinteressierte junge Studenten mit Kinderwagen beim Picknick sitzen, sondern beim Wiener Opern-Ball, wo sich die hirnlosen Neureichen das Stelldichein geben, wo es letztlich nur ums Gesehenwerden geht, irgendwelche Sterne und Sternchen aus dem Show-Business sich mit anderen Prominenten ablichten und ihre hyperteure Garderobe ausführen, ihren teuren Sekt schlürfen, zeigen, was sie sich "leisten" können - was der eigentliche Sinn dieser Veranstaltung ist. Der kulturelle Proletarier von heute ist gerade der, welcher damit protzt, dass er kein gewöhnlicher Proletarier ist, sondern etwas viel Besseres zu sein vorgibt und unter Seinesgleichen bleiben will. In dieser Gesellschaft tummelt sich dann ein Thomas Gottschalk (und viele, die genau das Format haben wie er), der von klassischer Musik nun wirklich so viel Verständnis hat wie die Kuh vom Balletttanzen.


    Köstlich, lieber Holger. :D Du beleuchtest die andere Seite derselben Medaille.
    Dachte gerade an so manchen Einblendung, die man im TV bei solchen Veranstaltungen wie dem "Echo Klassik" oder dergleichen sehen konnte. Da frug ich mich manchmal "....O, was man denn der/die da??" Naja, man will ja niemanden das Recht absprechen mitzuerleben, wie ein Harnoncourt unter Wert für sein Lebenswerk von Leuten geehrt wird, bei denen ich mir nicht so sicher bin, dass sie über ihn etwas mehr als nur den bekannten Namen kennen. Das Gute war ja, dass ich wusste, dass mit Masaaki Suzuki im Publikum wenigstens einer ganz sicher ermessen konnte, wer da von Senta Berger auf die Bühne geführt wurde. Suzuki war übrigens nur dort, weil er auch einen Echo abholte, was allerdings nicht in die Veranstaltung für die Fernsehsendung kam, den wer interessiert sich schon für Bachkantaten. Eigentlich hätte er die Laudatio halten sollen, aber den hätten die meisten der Promis im Publikum sicherlich zum ersten Mal gesehen....


    Wenn dann so eine schicke Sängerin ins Publikum geht und eine verführerische Operettennummer macht, dann ist das sicherlich telegener....


    Ich denke und hoffe allerdings auch, dass es im Großen Saal des Wiener Musikvereins dennoch auch "richtige" Musikfanatiker gibt, die als gar nicht einmal so wohlhabende Bürger eine teure und lange Anreise in Kauf nahmen, um einmal dort die Wiener Philharmoniker mit einem Spitzendirigenten zu hören. Auch hier in Norwegen sind mir solche Leute bekannt, die tatsächlich viel investieren, um nur einmal dort oder auch in der Berliner Philharmonie etwas wirklich Großartiges hören zu können. Meistens sind es selbst Musiker oder wenigstens sehr interessierte Amateure, die dann in schon gar nicht schlechten Chören mitsingen.


    Ich selbst habe bisher nur im Vorbeischlendern auf Sylt (Westerland) ein klassisches Orchester open air gehört. Die quasi nicht vorhandene Akustik hat mit klassischer Musik nichts zu tun, aber der Sound mischt sich gut mit dem Rauschen der Brandung und das Hotel im Hintergrund macht ein gewisses Echo...
    Die Kurverwaltung hat das schon längst eingespart. Jetzt spielen da nur noch tralala-Bands...


    Um wirklich Musik zu hören ginge ich aber nie in so eine "angesagte" Open Air-Veranstaltung, da für mich solche Dinge wie das Erlebnis der Akustik und die konzentrierte Ruhe beim Zuhören sehr wichtig sind.
    Einer Papstmesse würde ich vielleicht gerade noch wegen des Papstes beiwohnen, aber ansonsten finde ich immer, dass eine sakrale Handlung sehr viel durch den entsprechenden Kirchenraum gewinnt, atmosphärisch und akustisch.
    So viel anders ist das mit der Eroica im Wiener Musikverein (mit Thielemann :pfeif::P:thumbup: ) auch nicht.
    Der Konzertsaal ist dann sozusagen der Tempel für den Klassikkult. Den möchte ich aus qualitativen Gründen nicht abgeschafft wissen. Die Vorführung von Garderobe und das Grüßen des Herrn Kommerzienrates mit dem Herrn Ministerialdirigenten mit dem Sektglas in der Hand ist in der Tat auch nicht gerade mein Ding, selbst wenn ich gegen den optischen Reiz wirklich eleganter Damen (gereift, schön und hoffentlich auch noch weise und intelligent...) nicht wirklich ganz immun bin ^^
    Selbst ein Brahms hat ja einen Walzer geschrieben, der "O die Frauen" heißt......
    Die Selbstdarstellung von Neureichen finde ich natürlich auch abstoßend.


    Irgendwann will ich in diesem goldenen Saal auch einmal sitzen, vielleicht 5. Reihe, mittig. Es ist dort einfach zu viel Hervorragendes vorgegangen. Wenn man nur denkt, wer da schon dirigierte und wie viele Mitschnitte und Einspielungen, die man hat und liebt, dort geschehen sind - dann kann man das nicht ignorieren. Ein Freilichtevent kann mich dagegen nicht reizen.


    Gruß :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • wo sich die hirnlosen Neureichen das Stelldichein geben, wo es letztlich nur ums Gesehenwerden geht, irgendwelche Sterne und Sternchen aus dem Show-Business sich mit anderen Prominenten ablichten und ihre hyperteure Garderobe ausführen, ihren teuren Sekt schlürfen, zeigen, was sie sich "leisten" können


    Dabei dürfen wir bei aller kritischen Einstellung den Allgemeinnutzen nicht übersehen.
    Wenn zum Beispiel ein Beckenbauer sich im Frack auf dem Grünen Hügel zeigt, trägt er maßgebend dazu bei, einer vernachlässigten Sportart wie dem Fußball aus dem gesellschaftlichen Abseits zu verhelfen.

  • Ein Freilichtevent kann mich dagegen nicht reizen.


    Gott sei Dank, dass es noch solche Musikfreunde wie Dich gibt, lieber Glockenton. Ich dagegen darf (muss) am Sonntag ein Open-Air- Konzert mit überwiegend Musical Nummern durchstehen. An dessen Entstehung wirkte ich sogar mit, denn ich engagierte die beiden Solisten. Entschädigung wird die wundervolle Atmosphäre und das Ambiente im Heilbronner Deutschhof und hoffentlich eine laue Sommernacht geben. Ein Erlebnis dürften auch die beiden Solisten Aiste Miknyte, Sopran und Thorsten Büttner, Tenor werden. Ich hörte sie live und engagierte sie vom Fleck weg. Hoffen wir also, dass meine Vorurteile widerlegt werden.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Dabei dürfen wir bei aller kritischen Einstellung den Allgemeinnutzen nicht übersehen.
    Wenn zum Beispiel ein Beckenbauer sich im Frack auf dem Grünen Hügel zeigt, trägt er maßgebend dazu bei,
    einer vernachlässigten Sportart wie dem Fußball aus dem gesellschaftlichen Abseits zu verhelfen.


    ...wobei er vielleicht auch sein Double geschickt hat, also Schorsch Aigner. Das weiss man bei ihm ja nie:



    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Zitat

    Und wieso eigentlich ist das Abbonnementspublikum grundsätzlich das "bessere" (seriösere, sachverständigere) Publikum?


    Zum einen ist es das "verlässlichere" Publikum, zum anderen ein Publikum, das bereit ist auf längere Sicht Geld für Klassische Konzerte auszugeben. Es kennt die Spielregeln des Konzertsaals, weiss sich in der Regel ädiquat zu kleiden und zu benehmen, vermeidet das Papiergeraschel von Zuckerln oder Sonstigem, weiß, daß man zwischen den Sätzen nicht applaudiert.
    DAs Publikum wusste im voraus, was es erwartet - noch bevor es abonnierte. In Wien - und ich nehme an woanders auch - Waren die Abonnementreihen thematisch gegliedert - so gab es Serien "Die große Symphonie" oder "Berühmte Interpreten" etc etc. Nur bei Jugendabbonemens bot man ein Sammelsurium - da war auch manchmal zeitgenössisches untergemischt, allerdings in Form von ganzen Konzerten - nicht etwea - was später geschah - daß man zu Mozart zeitgenössisches mischte.
    Über "Proleten" ("die neue Mitte" :hahahaha: ) habe ich gesagt was zu sagen war und darüber diskutiere ich an dieser Stelle auch nicht. -Vielleicht ein einziger erklärender Satz. Gemeint ist hier nicht das "klassische Proletariat" - das es ja angeblich nicht mehr gibt, sondern jene Leute, die - selbst in "gehobenen Positionen" oder als "Prominente" auffallen, angebliche Künstler, die keine sind, und jenes Netzwerk von P. die ihnen die Mauer machen, Architekten die das Stadtbild verschandeln etc.
    Hat das was mit unserem Thema zu tun ? Durchaus.
    Am Thema "Regietheather" kann man sehen wozu solche Leute fähig sind, wenn man sie nicht - dezent und elegant - von Schlüsselpositionen ausschliesst. Daher sollte der "konservative Flügel" überlegen, welchen Häusern und Institutionen er Sponsorengelder zukommen lässt.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • ....vermeidet das Papiergeraschel von Zuckerln oder Sonstigem, weiß, daß man zwischen den Sätzen nicht applaudiert.


    Auch hierzu ein sinnvoller Beitrag:



    :hahahaha::hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Sorry Alfred, das halte ich teilweise für Unsinn.
    Nur, weil jemand seit 30 Jahren auf dem selben Abo-Sitz hockt, ist er nicht auch der "bessere" Musikfreund oder gar -kenner. :no:
    Für mich schwingt das zumindest implizit in Deiner Haltung mit, auch wenn Du es so ausdrücklich nicht geschrieben hast.


    Mir ist jedenfalls ein Konzertbesucher, der aus Unkenntnis gegen die ein- oder andere Konvention des Konzertbetriebs verstößt, dafür aber vom musikalischen Geschehen wirklich gepackt ist, lieber, als jemand, der aus einer Kombination von Gewohnheit und welchen Motiven auch immer seinen Platz besetzt...


    "Eventartigere" Aufführungen von klassischer Musik sind meiner Ansicht nach auch nicht per se verfehlt, sofern das künstlerische Konzept passt und die Qualität dabei nicht auf der Strecke bleibt. Es ist auch nicht bloß legitim, in diese Richtungen aus einer Marketing-Sicht heraus zu denken, sonderlich wahrscheinlich sogar zwingend, um ein langfristiges Angebot aufrecht erhalten zu können. Vielleicht ist es bald nicht mehr der Abonnement, der das wirtschaftliche Überleben eines Klangkörpers primär sichert, sondern - im Gegenteil - die Einnahmen aus progressiveren Veranstaltungsformen subventionieren die schrumpfende Hörerschaft der Abonnementen? :stumm:


    Glockenton: Loriot geht immer :hail:
    Welch Ironie, dass YouTube bei diesem Video ausgerechnet eine Google-Werbeanzeige für Bürobedarf (!) laufen lässt... :thumbsup:


    Grüße
    Frank

  • Es ist natürlich kein "Unsinn" was ich schreibe - lediglich unsere Weltbilder sind grundlegend verschieden....


    Zitat

    Mir ist jedenfalls ein Konzertbesucher, der aus Unkenntnis gegen die ein- oder andere Konvention des Konzertbetriebs verstößt, dafür aber vom musikalischen Geschehen wirklich gepackt ist, lieber, als jemand ......


    Hier haben wir es schon: Mir sind alle Leute, die eigentlich von Unkenntnis gezeichnet sind, grundsätzlich zuwider. Da gibt es Leute, die sogar über einen niedrigen akademischen Grad verfügen, welche zu Sinfonien "Lied" sagen...igitt igitt - das spricht schon für sich selbst.


    Wie sich die Klassikszene in Hinkunft entwickeln wird, das wird von der politischen Entwicklung der Welt abhängen - und hier orte ich doch eine Hinwendung zum Neokonservativismus.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mir fehlt bei dieser ganzen Diskussion die Basis! Um welche Event-Konzerte geht es überhaupt? Die haben ja sehr unterschiedlichen Charakter - vom Waldbühnenkonzert bis hin zu wirklich sehr anspruchsvollen Musikfestivals (Klavier, Alte Musik, Neue Musik). Und welches Publikum geht da eigentlich hin? Und wieso eigentlich ist das Abbonnementspublikum grundsätzlich das "bessere" (seriösere, sachverständigere) Publikum?


    :jubel:


    Hallo,
    vorneweg: Event (incl. Wortverbindungen) ist bei mir schon einige Zeit lang negativ besetzt. Vor ca. 2 Jahren habe ich David Garrett im Thurn-und Taxisschloss Regensburg erduldet - der Massenauftrieb im Schlossgarten und dann das mind. 15 m hohe Stahlgerüst für die überhöhten Eintritt zahlenden Hörer - nein danke! Den bei solchen Events auftretenden Künstlern und den Veranstaltern mache ich ja keinen Vorwurf - es war meine Dummheit, mich dazu überreden zu lassen.


    Konzerte, bei welchen elektronische oder Mikrophon-Verstärkung eingesetzt werden muss, sei es wegen der Akustik des Veranstaltungsortes oder der zu erwartenden Menschenmassen, besuche ich nicht; Open-Air besuche ich nur dann, wenn ich wegen Kenntnis der Örtlichkeiten oder des Programms weder mit Lautsprechern noch mit Menschenmengen rechnen muss.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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