Die Sinfonie Nr 1 von Alexander Glasunow ist ein Jugendwerk. Er begann mit der Komposition bereits 1880 während des Kompositionsunterrichts bei Nikolai Rimski Korsakow, wo er auf Rat von Mili Balakirew war. Einer wohlhabenden Familie entstammend, konnte er sich solch einen Unterricht ohne weiteres leisten. Die Idee zu dieser Sinfonie entstand unter dem Eindruck eines Reiseaufenthalts in Druskininkai, wo ihn die slawischen Menschen, ihre Sprache und ihre Kultur so beeindruckten, dass er beschloss eine „slawische“ Sinfonie zu schreiben. Balakirew und Rimski Korsakow – letzterem wurde das Werk anschliessend gewidmet – standen dem jungen Komponisten mit Rat und Tat zur Seite und ermöglichten auch die Uraufführung, welche am 29. März 1882 im Großen Saal der Philharmonie Sankt Petersburg stattfand. Krititk und Musikerkollegen waren sofort von dieser Sinfonie begeistert und Glasunow fand weitere Bewunderer und Förderer.
Wenn auch der Einfluss von Rimski-Korsakov unüberhörbar ist, so ist dennoch der Stil Glasunows bereits festgelegt, der sich im Laufe der Jahre nur unwesentlich ändern sollte. Es ergibt sich die Frage, ob man die Musik eines Komponisten, der bis 1936 lebt unter "Klassik und Romantik" hier im Forum, einreihen soll - im speziellen Fall ist dies aber IMO zu bejahen.
Glasunows Musik ist in gewisser Weise dem klassischen Schönheitsideal verpflichtet (er wurde gelegentlich auch „der letzte Klassiker“ genannt) und vermeidet dramatische Ausbrüche und Dissonanzen. Er ist bekennender Mozartianer -also genau ein Komponist nach meinem Geschmack, und ich wundere mich, dass ich ihn so lange übersehen konnte. Zu Lebzeiten war Glasunow übrigens überaus erfolgreich, auch die hier vorgestellte erste Sinfonie wurde schon nach kurzer Zeit bekannt, so wurde sie unter anderem von Hans von Bülow dirigiert und Franz Liszt wohnte in Weimar einer Aufführung bei. Erst in späteren Zeiten wurde das Werk „vergessen“ und wird heute kaum mehr aufgeführt – wie übrigen die anderen Sinfonien Glasunows auch. Über die Ursachen werden wir uns in einer der Späteren Folgen dieser Threadserie über Glasunows Sinfonien unterhalten. Der Grundcharakter der Sinfonie ist farbig leuchtend, positiv, voll Lebensfreude, klangschön mit leicht volkstümlichem Unterton, und sehr effektvoll – einfach publikumswirksam. Dazu perfekt instrumentiert – angeblich haben seine Mentoren hier nachgeholfen. Wie denn auch sei – in meinen Ohren eine der klangschönsten Sinfonien des späten 19. Jahrhunderts.
Mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred
TAMRUSINFO