Edvard Grieg: Symphonie in c-Moll — Ein verleugnetes frühes Meisterwerk

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    Edvard Grieg (um 1858)


    Einleitung:


    Edvard Grieg (1843—1907) gehört sicherlich zu den bekanntesten und am meisten geschätzten Komponisten Skandinaviens. Besonders "Peer Gynt" und das Klavierkonzert wurden weltberühmt und erfreuen sich nach wie vor größer Beliebtheit. Dass Grieg auch eine komplette Symphonie schrieb, ist dagegen ziemlich in Vergessenheit geraten. Der Komponist trug dazu selbst bei, indem er das 1863/64 entstandene Werk später verleugnete. Es gibt noch Skizzen zu einer Symphonie Nr. 2 "I foraar" ("Im Frühling"), so dass die Symphonie in c-Moll gelegentlich auch als Symphonie Nr. 1 bezeichnet wird.


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    Edvard Grieg (um 1859)


    Zum Werk:


    Das Werk, das während eines Kopenhagen-Aufenthaltes Griegs (1863—1866) vollendet wurde, besteht ganz klassisch aus vier Sätzen, die sich wie folgt gliedern:


    I. Allegro molto
    II. Adagio espressivo
    III. Intermezzo. Allegro energico
    IV. Finale. Allegro molto vivace


    Das Werk besitzt keine von Grieg gegebene eigene Opus-Nummer, so dass es später als EG 119 bezeichnet wurde.


    Der erste Satz ist sehr aufwühlend und entbehrt nicht einer unüberhörbaren Dramatik. Im idyllischen Adagio verbreitet sich eine zeittypische hochromantische Stimmung. Das als "Intermezzo" bezeichnete Scherzo lässt es an Schwung nicht fehlen. Den triumphalen Höhepunkt der Symphonie stellt das Finale dar, deren Coda die Symphonie sehr effektvoll beschließt. Da ist Applaus garantiert.


    Anklänge an Schumann konnte ich spontan nicht unbedingt heraushören, allenfalls insofern, dass sich auch diese Symphonie in gar keiner Weise verstecken muss. Ein unverkennbarer eigener Tonfall ist bereits in diesem Jugendwerk feststellbar.


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    Edvard Grieg (1862)


    Aufnahmen:


    Ich habe via Spotify in etliche Aufnahmen hineingehört. Die Diskographie hat sich seit etwa 1980 doch erfreulich ausgeweitet. Davor wurde dieses Werk womöglich überhaupt nicht eingespielt. Als besonders interessant haben sich m. E. folgende zwei Aufnahmen von BIS herausgestellt:


    Göteborger Symphoniker/Okko Kamu (1981)


    Philharmonisches Orchester Bergen/Ole Kristian Ruud (2002)


    In der (Live-)Aufnahme von Okko Kamu weht ein Hauch von Pioniergeist. Es handelt sich augenscheinlich um eine der frühesten Aufnahmen des Werkes. Bei Ruud ist die Qualität das Orchesters ganz außerordentlich.


    Daneben gibt es noch Aufnahmen von Neeme Järvi (DG), Karsten Andersen (Decca), Bjarte Engeset (Naxos), Ari Rasilainen (Finlandia/Apex), Terje Mikkelsen (Simax) und Eivind Aadland (Audite), die nach erstem Hineinhören allesamt ebenfalls ihre Meriten zu haben scheinen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe das Werk vor Jahren zum ersten Mal in der Gesamtaufnahme der Grieg'schen Orchestermusik von Neeme Järvi gehört. Sicherlich keine schlechte Einspielung, aber das gewisse Etwas vermittelte sie bei diesem Werk nicht.


    Lieber Joseph,
    es ist ja auf der einen Seite schön, dass Du mit Deinem neuen Thread an diese wenig beachtete und für viele unbekannte und einzige Grieg-Sinfonie erinnerst.
    Auch ich habe mir vor vielen Jahren mehere Einzel-CD´s sinfonischer Werke von Grieg aus der GA von N-Järvi (DG) zugelegt. Die komplette Järvi-Grieg-GA hätte mich nicht interessiert, weil ich gar nicht alles darin enthaltene haben wollte (auch um Doppel zu vermeiden).


    Von der Sinfonie in c-Moll hatte ich ehrlich gesagt mehr erwartet; und so sehe ich es auch heute noch: Habe Deinen Thread zum Anlass genommen, meine Järvi-Aufnahme nach vielen Jahren wieder aufzulegen. Sie hatte schon damals keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich kann wenig greifbares darin finden, was mich wirklich "vom Hocker haut" - eben ganz nett. Solche Ohrwürmer wie in Peer Gynt oder solche Gänsehautklasse wie sein Klavierkonzert findet man dort nicht.
    :!: Es ist nun interessant von Dir zu lesen, dass andere Aufnahmen, wie Kamu und Ruud (BIS) dem Werk noch mehr geben ! Wenn ich eine der Beiden mal günstig sehe - gerne. Nur bin ich jetzt nicht so wild auf die Sinfonie, dass ich jetzt gleich drauf fliegen würde. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, dass Järvi hier irgendwo zu schnell interpretiert hat (so wie es aus Deinem Beitrag hervorgeht) ... im Gegenteil, wenn es langsamer wäre, ich weis nicht ob ich daran dann mehr gefallen finden würde !?
    *** Der letzte Satz ist ein Allegro molto vivace ... :no::?: ... also davon spüre ich bei Järvi gar nichts; das kommt mir für "molto vivace" viel zu lahm vor. Nein, dass ist dermaßen langatmig. Selbst die letzten 30Sekunden, wo es mal etwas stürmischer zum Schluss-Finale werden sollte, bleibt Järvi recht brav, ohne dass es noch aufwühlen könnte.
    ... es muss wohl doch auch stark an Järvi´s lascher Int liegen. 8-) Bei Neeme Järvi sind die Qualitätsunterschiede oft immens - wenn ich an Tubin denke, welche Klasse er dort an den Tag legte !


    Die Jävi-CD ist aber wegen der weiteren Grieg-Werke eher noch interessanter. Bereits die Ouverüre Im Herbst hat mehr sinfonische Klasse und einen zupackenderen Neeme zu bieten !



    DG, 1989, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Die Diskographie hat sich seit etwa 1980 doch erfreulich ausgeweitet. Davor wurde dieses Werk womöglich überhaupt nicht eingespielt.


    Die Symphonie in c-moll, war bis 1980 verschollen, darum wurde das Werk vorher nicht eingespielt.


    Eine weitere Einspielung der Symphonie in c-moll,
    die Grieg im Alter von 21 Jahren komponierte,
    kam 2014 beim Label Audite heraus.
    Auf dieser CD befindet sich zusätzlich Griegs Klavierkonzert,
    das er mit 25 Jahren komponierte.

    mfG
    Michael

  • Danke für diese Seite .......


    ich habe mal wieder etwas "Neues" für mich gefunden und die Järvi Aufnahme bestellt.


    Schönes Wochenende !


    Kalli