God save the Queen - Die englische Hymne und ihre Paraphrasen

  • Liebe Taminoiner


    Heute bin ich auf einer CD auf Bearbeitungen der englischen Hymne gestoßen. Auf dem Cover stand aber was völlig anderes.
    Ein Irrtum ? - Recherchen ergaben, daß auch ein anderes Land die Melodie einst benutzt hatte . Weitere Recherchen förderten zutage, daß eigentlich etliche Länder mit jeweis verschiedenen Texten diese Melodie als Hymne verwendeten, so beispielsweise Liechtenstein, Deutschland, Kanada und Amerika.


    Der Komponist ist unbekannt, es kursieren viele Namen, unter anderem sogar Lully :baeh01:


    Kein Wunder daß die Melodie so oft für Variationen herhalten musste.


    Und nur zum Thema: Welche Variationen kennte ihr, in welchen Aufnahmen, welche haben Euer Interesse erregt ?


    Ich kenne einige. Heute jedoch stieß ich auf eine, verfasst von einem Komponisten von dem ich derartiges NIE erwartet hätte, instruimentiert von einem anderen Komponisten über den ich gleiches sagen kann.


    Und schon sind wir mitten im Thema...


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich kenne zwar nur die originalversion, hätte aber zu dem Thema generell was zu sagen.


    Es gibt recht viele englische "Hymnen" die auf Lully zurück gehen, das ist zwar etwas schwer zu glauben, aber irgendwie scheint man das damals nicht so eng gesehen zu haben, das Lully der Hofkomponist des größten Feindes war.


    Der bekannte Marsch "Lillburlero" ist auch auf seinem Mist gewachsen und der gehört noch Heute zum Repertoire der englischen Armee!


    Oftmals verwendeten auch spätere Komponisten seine Werke, hier sei nochmal das Thema der Ouverture und der Farandole aus Bizet "L'Arlesiènne" genannt, auch ein Thema von Lully, der Marsch für das Regiment Turennes....


    Die Folia in Ihrer barocken Form geht auch auf Lully zurück, nach seinem Thema sind die bekannteren Werke von Corelli, Vivaldi, Marais, Händel etc. entstanden


    Es wäre also kaum verwunderlich wenn diese Hymne wirklich von Lully stammte, eventuell in etwas barockisierte Fassung...
    vielleicht einer Fanfare aus einem Ballett oder einer bisher wenig gespielten Oper entnommen.
    Nimmt man nur die Trompetenstimme könnte es wirklich sein.

  • Salut,


    ich kenne da z.B. die Variationen von


    - Niccolo Paganini
    - Johann Christian Bach [war in London tätig]
    - Ludwig van Beethoven
    - Georg Friedrich Händel [?]


    Hummel oder Hasse - ich erinnere mich nicht genau - hat eine Sinfonie komponiert, wo in einem Satz nach einer Fermate eine beliebige Hymne eingefügt werden soll. In einer Einspielung, die ich neulich im Radio hörte, wurde "God save the Queen" eingefügt [offenbar auf authentischer Grundlage!?].


    LG
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Franz Liszt hat auch etwas darüber geschrieben
    Horowitz spielte es am 22. Mai 82 auch einmal öffentlich. Allerdings nicht als Variation sondern als Orginales, aber absolut Klangvoll

  • Auf Glenn Goulds "A State of Wonder" kann man lauschen, wie er auf einmal, quasi zur Entspannung, seine Version der Hymne zum Besten gibt.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

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  • Hi,


    wenn ich mich recht erinnere, dann zitiert Gioacchino Rossini in Il viaggio a Reims ebenfalls die englische Hymne.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Sagitt meint:


    nicht nur diese, sondern auch die deutsche und französische. Die Gäste aus verschiedenen Ländern dürfen ein wenig patriotisch sein.


    Zu den Beethoven-Variationen habe ich mich vor über 40 Jahren sehr in Fettnäpfchen gesetzt, diese in London gekauft, gespielt von Cziffra und gleich in einem englischen country club abgehört. Mein Weiterleben verdanke ich dem guten Sitten der englischen Gesellschaft, aber Befremden war sicher zu milde- innerlich werden sie the krauts verdammt haben.


    Ein deutsche Komponist vergreift sich an der englischen Hymne !!

  • Außer in den Klaviervariationen wird die Melodie auch in Wellingtons Sieg verarbeitet: In der Schlacht werden die Briten zwar durch "Rule, Britannia" (darüber gibt es ebenfalls Klaviervariationen) charakterisiert, die "Siegessymphonie" wird aber von der anderen Hymne dominiert


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Der Komponist ist unbekannt, es kursieren viele Namen, unter anderem sogar Lully


    Lieber Alfred,


    Zu jener Frage kannst Du hier lesen, daß heute eigentlich nur drei Komponisten im Frage kommen.


    LG, Paul

  • Hallo,
    in Verdis "Inno delle nationi"ist natürlich auch die englische
    Hymne verarbeitet.


    (Eine Paraphrase ist eigentlich die virtuose Ausschmückung
    einer bekannten Melodie.Sie entstand im 20.Jahrh.(z.B.Liszt)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Die Melodie der Hymne taucht auch als Variationsthema bei Charles Edward Ives auf. Dieser schrieb als Siebzehnjähriger im Jahre 1891 für Orgel die Variations on "America".


    Ives Variationenwerk ist keineswegs besonders extravagant oder gewagt, wie es der Name des Komponisten nahe legen würde. Vielmehr erscheint das Stück als eine sehr verspielt-karikierende Art und Weise des Umgangs mit der ehrwürdigen Melodie. So erscheint diese zum Beispiel als Kanon in zwei verschiedenen Tonarten oder auch als Flamenco.


    1963 arrangierte William Schumann das Stück für Orchester, wodurch es wesentlich bekannter wurde.

  • Auch Reger kam nicht an der Melodie vorbei und widmete ihr eines seiner Orgelwerke:


    Variationen und Fuge über 'Heil, unserm König Heil' ('Heil dir im Siegerkranz') (1901)


    Eigentlich wollte ich das Stück ja gerne einmal üben, aber auf die Kirchenbesucher macht's dann doch eher einen befremdlichen Eindruck...


    Viele Grüße,
    Benjamin

  • Red Priest verwursten die Hymne bei den Säufern im Allegro des Herbstes aus Vivaldis Jahreszeiten. :P

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • Von Carl Maria von Weber darf ich beisteuern:


    Kampf und Sieg. Kantate op. 44 (J.190) in der Nr. 9


    und die bekannte


    Jubelouvertüre op. 59 (J.245)


    LG Peter

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  • Da hab ich auch noch ein gutes Beispiel.



    In dem "Fackeltanz No.4" ( 1858 ) den Meyerbeer für die Hochzeit der Queen Victoria mit dem Kronprinzen Friedrich von Preussen komponierte wird das Thema mit ziemlichen Pomp aufgegriffen.


    Übrigens ein wunderschönes Musikstück vom Herrn Meyerbeer. :yes:



    Allerdings hat er auch das "Rule Britannia" von Thomas Arne verwurstet, und zwar in der Festouvertüre die er für die Eröffnungsfeierlichkeiten zur ersten Weltausstellung in London (1862) komponierte.



    :hello:

  • Zitat

    Original von der Lullist


    Der bekannte Marsch "Lillburlero" ist auch auf seinem Mist gewachsen und der gehört noch Heute zum Repertoire der englischen Armee!


    Lillibullero (schreibt sich wirklich so) ist eine traditionelle irische Jig und zuerst 1661 in einer handschriftlichen Sammlung in London aufgetaucht, 1668 dann von Purcell als "a new irish tune" gedruckt veröffentlicht worden.


    Du musst nicht alles Deinem Liebling unterjubeln... :baeh01:

  • nun ich habe eine Quelle die etwa der gleichen Zeit entstammt - als "Marche des Grenadiers à Chéval"


    Vieles aus dem Dancing Master geht auf frz. Quellen zurück - deshalb halte ich das für nicht ganz so unwahrscheinlich.
    Aber ich will nichts behaupten was ich nicht stichhaltig beweisen kann - die Melodie taucht noch in so vielen anderen Quellen auf, besonders noch aus spätere Zeit z.B. Airs de Danses - Recueillis par Antoine Pointel (1700) dass ich mich da dezent raus halte :D


    da schreibt es sich übrigens "Lirboulaire" :D

  • Zitat

    Original von der Lullist
    In dem "Fackeltanz No.4" ( 1858 ) den Meyerbeer für die Hochzeit der Queen Victoria mit dem Kronprinzen Friedrich von Preussen komponierte wird das Thema mit ziemlichen Pomp aufgegriffen.


    Lieber Matthias,


    Meinst Du Queen Victoria von England? Die heiratete doch ihr Kusin Prinz Albert von Sachsen-Coburgh (vide Royal Albert Hall).


    LG, Paul

  • Du hast Recht, irgendwie ist das im beiheft der CD auch komisch / mißverständlich geschrieben:



    "Zur Ankunft des neuvermählten Kronprinzen Friedrich Willhelm von Preussen mit Prinzession Viktoria von England"



    :rolleyes:

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  • Zitat

    Original von der Lullist
    nun ich habe eine Quelle die etwa der gleichen Zeit entstammt - als "Marche des Grenadiers à Chéval"


    Vieles aus dem Dancing Master geht auf frz. Quellen zurück - deshalb halte ich das für nicht ganz so unwahrscheinlich.
    Aber ich will nichts behaupten was ich nicht stichhaltig beweisen kann - die Melodie taucht noch in so vielen anderen Quellen auf, besonders noch aus spätere Zeit z.B. Airs de Danses - Recueillis par Antoine Pointel (1700) dass ich mich da dezent raus halte :D


    da schreibt es sich übrigens "Lirboulaire" :D


    Nicht Dancing Master, sondern "An Antidote Against Melancholy". Als Militärmarsch taucht die Melodie zum ersten Mal bei den Truppen Williams III noch in den Niederlanden zwischen 1672 und 1678 auf. Aber vielleicht gab es einen frz. Sieg, zu dessen Andenken die Melodie quasi als Trophäe übernommen wurde? Wer weiß...


    Aber is ja nich so wichtich...

  • Hallo Ihr zwei :hello:


    Zitat

    Der Lullist schrieb:
    In dem "Fackeltanz No.4" ( 1858 ) den Meyerbeer für die Hochzeit der Queen Victoria mit dem Kronprinzen Friedrich von Preussen komponierte wird das Thema mit ziemlichen Pomp aufgegriffen.
    musicophil schrieb:
    Meinst Du Queen Victoria von England? Die heiratete doch ihr Kusin Prinz Albert von Sachsen-Coburgh (vide Royal Albert Hall).


    Ich darf mal Licht ins dynastische Dunkel der Royals bringen:


    Queen Victoria - also die, die mit dem von Paul erwähnten Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha (oder so ähnlich) verheiratet war - wurde 1819 geboren und 1837 (also mit nur 18 Jahren) bereits Königin von England. Ihren Prinz Albert heiratete sie dann 3 Jahre später, also 1840.
    Es muss eine echte Liebesheirat gewesen sein - die beiden hatten neun Kinder (wenn ich nicht irre) und als Albert 1861 an Typhus (?) starb, trauerte sie den Rest ihres Lebens um ihn, kleidete sich nur noch in Witwentracht (also in schwarz, nehme ich an?) und wurde fortan die "Witwe von Windsor" genannt. Sie überlebte ihren Albert um geschlagene 40 Jahre!
    Ihre älteste Tochter hieß sinnigerweise auch Victoria (1840-1901) und die wiederum heiratete (wie ihre anderen Geschwister auch) später natürlich königliche Herrschaften, was wiederum ihre Frau Mama Queen Victoria in der Folge zur "Großmutter Europas" machte, weil sie mit den meisten (allen?) Herrscherhäusern Europas verwandt war.
    Prinzessin Victoria nun heiratete den preußischen Kronprinzen Friedrich im Jahr 1858 (zu diesem Event komponierte der dem preußischen Königshaus eng verbundene Giacomo Meyerbeer den erwähnten Fackeltanz) - auch diese Heirat soll eine Liebesheirat gewesen sein, die zudem noch den Vorteil hatte, Hoffnungen auf ein künftiges friedliches Miteinander zwischen Preußen und Großbritannien zu setzen.
    Leider kam es dann wieder einmal ganz anders:
    Friedrichs Vater Wilhelm I. von Preußen wurde 1871 Kaiser des neugegründeten Deutschen Reiches, Victoria damit von der preußischen Kronprinzessin zur künftigen deutschen Kaiserin.
    Als Wilhelm 1888 hochbetagt starb, folgte ihm sein Sohn Friedrich als Friedrich III. auf den preußischen Königs- und deutschen Kaiserthron - für ganze 99 Tage, da er bereits unheilbar an Kehlkopfkrebs erkrankt war!
    Beider Sohn Wilhelm bestieg daraufhin den Kaiserthron als Wilhelm II. - er war also ein Enkel der alten Queen Victoria von England und anders als sein Papa, der u. a. Pläne hatte, die deutsche Monarchie in eine parlamentarische Monarchie nach britischem Vorbild umzuwandeln (wozu er leider keine Zeit mehr hatte) war sein Sohn an solchen Dingen eher weniger interessiert....
    Der Ausgang der Geschichte um "Kaiser Wilhelm II." ist ja hinlänglich bekannt - dass seine Oma Königin von England war und ihr später sein Onkel Edward auf den britischen Thron folgte, hielt ihn nicht davon ab, sich wie ein Elefant im europäischen Porzellanladen zu verhalten.... eine traurige, oder besser: tragische Geschichte :(

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Muzio Clementi verwurstete das God save the... in seiner 3. Sinfonie G-dur im 2. Satz [Andante un poco mosso]. Doch wie...!!! Ich komme mir vor wie in einem Fußballstadion.


    :no:


    Nee, also so ein Kitsch! Bäh!


    Vielleicht liegt es aber auch an dieser eher gruseligen Interpretation:



    Muzio Clementi [1752-1832]
    Complete orchestrals works


    The Philharmonia
    Francesco D'Avalos


    Im Finale wird das Thema auch nochmals unauffällig angerissen, da etwas harmloser. Wegen der Thematik wird die Sinfonie auch "The Great National" genannt - das mag zutreffen, schön aber ist sie nicht.


    Wer das also unbedingt hören möchte, sollte lieber zu einer anderen Edition greifen. :rolleyes:


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ein weiteres Zitat von God save the Queen findet sich in der Ouvertüre zur 1837 uraufgeführten Oper


    Roberto Devereux von Gaetano Donizetti.



    Weiß jemand von Euch zufällig, ob God save the Queen damals schon englische Nationalhymne war?


    LG, Elisabeth


  • lt. der englischen Wikipedia seit Mitte des 18. Jhds. verbreitet und seit den 1780ern allgemein üblich.


    "http://en.wikipedia.org/wiki/God_Save_The_King#Use_in_the_United_Kingdom"


    (Der Artikel behandelt auch einige hier schon erwähnte Herkunftsvermutungen)


    Glaube auch kaum, dass Beethoven die Melodie bei Wellingtons Sieg verwendet hätte, wenn sie nicht in dieser Funktion bekannt gewesen wäre.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • guten morgen, bzw. mittag!


    mir fällt da spontan der variationszyklus für orgel von Carl Friedrich Zöllner ein. ein sehr gefälliges stück, ein regelrechter ohrenschmaus!! :beatnik:



    vlg, widor

  • ZU Beginn des Threads erwähnt ex-Mitglied "Ulli" die Variationen von Paganini - einfach umwerfend

    Allerdings war das Forum damals technisch nicht in der Lage Youtube -Clips zu verlinken.


    Also hollen wir das heute nach.


    Die Brillianz und Virtuosität ist sagenhaft. Das zeitgenössische Publikum wird hingerissen gewesen sein.Paganini war ein begnadeter Geiger und Showman,


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !