Die Zauberflöte - gediegenes Repertoire an der Wiener Staatsoper - 4.1.2015

  • Ein bis zum letzten Platz ausverkaufter Stehplatz, der auch nach der Pause noch überdurchschnittlich gut besucht war zeigt, dass die Programmierung der Direktion ein voller finanzieller Erfolg war. Das internationale Publikum war auch sehr jung, auch sonst wahrscheinlich nicht sehr opernaffine Damen aus der Wiener Vorstadt mischten sich darunter (Zitat der Dame, die hinter mir auf der Galerie saß zu ihrer Sitznachbarin – „I bin begeistaaat!“).


    Die von Moshe Leiser und Patrice Caurier zu verantwortende Produktion tut niemanden wirklich weh (und ist meiner Meinung nach auf jeden Fell eine Verbesserung im Vergleich zur Marinelli-Inszenierung) und ist auch für Sänger, die nicht die Premiere erarbeitet haben, leicht zu spielen. Auf einige „Gags“, wie den Stelzen für Sarastro, wird in dieser Serie bereits verzichtet.


    Adam Fischer leitete das Staatsopernorchester mit viel Übersicht und animierte die Musiker zu einer sehr guten Leistung. Er war auch – wie gewohnt – sehr sängerfreundlich und konnte sich beim Schlussvorhang viel Applaus abholen. Die Lautstärke des Zuspruchs wurde nur von dem des Markus Werba übertroffen.


    Die größte Überraschung erbrachte aber Benjamin Bruns in seiner Darstellung des Tamino. Ich kann mich in den letzten 10 Jahren an keinen überzeugenderen Interpreten des Prinzen erinnern. Die Stimme von Herrn Bruns ist größer und metallischer geworden – es fehlt zwar noch der gewisse Schmelz, der einen Fritz Wunderlich so auszeichnete, aber die positive Entwicklung ist nicht von der Hand zu weisen.


    Einen sehr wienerischen Papageno verkörpert Markus Werba. Was sehr angenehm ist, dass er auf all zu platte Gags verzichtet und niemals outriert. Somit ist seine Darstellung des „einfachen Naturburschen“ sehr glaubhaft. In Anspielung auf einen bekannten Agenten stellte er sich mit „Mein Name ist Geno, Papa Geno“ vor. In Bezug auf Wortdeutlichkeit war er Benjamin Bruns unterlegen.


    Franz-Josef Selig war als Sarastro überzeugend, obwohl er nicht die Schwärze in der Stimme hat, die man sich für diese Rolle wünscht. Er beherrschte die Legatobögen wunderbar, doch musste er manchmal mit den ganz tiefen Tönen kämpfen. Warum er bei seinem Auftritt ein totes Tier zu schultern hatte, ja das hat sich mir nicht erschlossen.


    Jochen Schmeckenbacher (Sprecher/2.Priester) und Benedikt Kobel (1.Priester) machten ihre Sache gut, wobei besonders die sehr angenehme Sprechstimme von Herrn Kobel anzumerken ist! Etwas weniger überzeugend als Monostatos war Thomas Ebenstein. Vielleicht gefiel er mir auch deshalb nicht so sehr, als dass ich da immer wieder den Charaktertenor des Herwig Pecoraro im Ohr habe und ich diese Figur so überhaupt nicht will. Ich bin ja gespannt, wann die „Political Correctness“ hier zuschlagen wird und den Text ändern will! Marian Talaba und Janusz Monarcha ergänzten die Herrenriege als Geharnischte.


    Zur Zeit hat die Direktion nicht viel Glück mit Live-Übertragungen. Dieses Mal musste kurzfristig Genia Kühmeier absagen, daher wurde die Darstellung von Olga Bezsmertna gestreamt. Sie spricht und singt ein fast akzentfreies Deutsch und lieferte eine durchaus befriedigende Leistung ab, ohne aber an das Potential der ursprünglich angesetzten Sängerin heranzureichen. Es fehlte da vor allem die Innigkeit und Weichheit.


    Schade, dass die Leistungen der „drei Damen“ in keiner Weise and die Qualität der Besetzungen aus der jüngeren Vergangenheit heranreichten. Dieses Mal blieben sie nicht im Aufzug stecken (eine technische Panne gab es nur beim Vorhang…), aber ehrlich gesagt, wäre das keine so schlechte Option gewesen. Mit Absicht nenne ich da keine Namen.


    Iride Martinez gehört auch nicht wirklich zu den Top-Interpretinnen der „Königin der Nacht“. Sie flackerte schon bedenklich in der Mittellage, setzte aber (fast) alle Spitzentöne korrekt. Auch da muss man sich als langjähriger Besucher des Hauses nicht allzu weit in die Vergangenheit entführen lassen, um bessere Königinnen sich ins Gedächtnis zu rufen.


    Annika Gerhards war eine etwas spröde Papagena, gehörte aber bei den weiblichen Sängerinnen zu den erfreulicheren Erscheinungen.


    Der von Martin Schebesta gut vorbereitete Staatsopernchor glänzte wie immer, die 3 Knaben wurden von anonym gebliebenen Wiener Sängerknaben rollendeckend interpretiert


    Trotz einiger Vorbehalte war der Abend sehr erfolgreich – das Publikum hat sich gut unterhalten, die Inszenierung ist durchaus tauglich. Dass die Mozart-Pflege an der Staatsoper leider nicht der eines Wagner oder Strauss entspricht, das ist bekannt und sollte wirklich geändert werden.

    Hear Me Roar!

  • Danke, lieber Dreamhunter, für deine kompetent- informative Zauberflöten-Einschätzung! :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried