Fidelio in Mailand

  • Sagitt meint:


    Vorab, Frau Gerlach, peinlich, wie immer, heute wieder besonders.
    Ansonsten?
    Barenboim machte mehr Tempo als Dramatik, der Schluss so hurtig, dass es klapperte, eine Gefahr, auf die der Sänger Vogt im Interview bereits hingewiesen hatte. Nebenbei waren diese Interviews fast nicht nur belanglos, sondern peinlich (was Barenboim zur Auswahl der Ouvertuere einfiel??!)
    Voigt war ein passender Florestan, eben einer, der nach 2 Jahren Haft geschwächt war (also nicht fett war und mit mächtiger Stimme sang).
    Die Leonore sagte mir nicht so zu, beim dramatischen Quartett und anschließenden Duo rhythmisch nicht ganz sattelfest.
    Die Inszenierung ihrer Rolle fand ich unangemessen, so distanziert, nachdem sie vorher ihr Leben riskiert hatte?
    Die Eröffnung der Skala Saison wurde mit Jubel gefeiert. Die Wiedergabe war nicht maßstäblich. :untertauch:

  • Eine vergebene Chance - man hätte durchaus etwas daraus machen können (die Stimmen - mit einer Ausnahme - hätten es erlaubt).
    Aber so wurde wieder einmal scheußlich inszeniert und nur flott dirigiert. Und nicht zuletzt auch brav gejubelt!


    :no:

  • Rein sängerisch waren die wesentlichen Rollen nach meiner Ansicht gut besetzt. Zwar war die Handlung in dieser Inszenierung nicht direkt entstellt, so dass ich nicht von Verunstaltungstheater reden möchte, aber die Verlegung in die Moderne (Kostüme, Requisiten) um der lieben Mode willen wirkte auf mich teilweise sehr gekünstelt, nicht gekonnt. Das hat den Gesamteindruck erheblich abgeschwächt. Auch hier wieder das in modischen Inszenierungen übliche Phänomen: In dem Duett "O namenlose Freude" ist die Rede "Mein Mann/mein Weib an meiner Brust". Aber wo stehen die Liebenden? Der eine am rechten, der andere am linken Bühnenrand. Ist Liebe heute anders, speziell wenn man sich nach langer Trennung wiedergefunden hat?
    Was hätte man mit diesen Stimmen machen können, wenn man die Handlung in der Zeit belassen hätte, in der sie wirklich spielt! Leider wieder einmal verpasst.
    Auf den Applaus des Premierenpublikums (der aber auch wohl in erster Linie den sängerischen Leistungen, wohl kaum der Inszenierung geschuldet war) darf man ohnehin nicht viel geben, da die geladenen Gäste, die sich hier zeigen müssen, oft nicht unbedingt auch Kenner sind.
    Das Geschwätz Annettes höre ich mir ohnehin nicht mehr an. Ich habe den Ton erst eingeschaltet, als diese offensichtlich ausgeredet hatte. In der Pause habe ich mich außerhalb des Wohnzimmers mit anderen Arbeiten beschäftigt und nur ab und zu darauf geachtet, den Beginn des zweiten Aktes nicht zu verpassen. Beim Applaus konnte ich dann abschalten, bevor Anette wieder zu reden begann.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zu dem was Gerhard gesagt hat, gibt es wenig hinzuzufügen. Die Inszenierung bekam von mir als Bieito-Geschädigtem Münchner eine Schulnote von vier Minus und ist deshalb gerade noch akzeptabel. Klaus Florian Vogt war einmal mehr unter aller Kanone, der Rest war zumindest akzeptabel, was aber für die Scala nicht ausreichend ist. Dass man heutzutage immer wieder mit der Ouvertüre rum experimentiert, ist für mich völlig inakzeptabel und hat es von "musikalischen Regietheater ".

  • Frau Gerlach wäre das Beste am gestrigen Abend gewesen hätte sie doch nur den Mund gehalten :) . Bei Frau Kampe geht es mir wie mit Frau Opolais . Die Sängerinnen singen alles richtig berühren mich aber nicht. Der Rest war nicht mehr als Stadttheaterniveau. Sehr gut fand ich den Minister von Peter Mattei und erschreckend schlecht die Leistung von Falk Strukmann. Von der Inszenierung hat mir das Schlusssbild noch am Besten gefallen. Bevor das Regieteam auf die Bühne beim Schlussapplaus auf die Bühne getreten ist hat Arte natürlich abgeschaltet.

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  • Was wurde denn mit der Ouvertüre (welcher?) experimentiert?

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Lieber Johannes,
    es wurde die 2. Fassung von 1806 gespielt. Aber laut Barenboim wird sowieso zu viel Wind um die verschiedenen Fassungen gemacht.

  • Also Leonore II? Die übliche ist doch die Fidelio-Ouverture, ein völlig anderes Stück.
    Meinem Eindruck (obwohl ich auch schon mal eine bizarre und m.E. misslungene Mischfassung mit einer meiner Erinnerung nach verstümmelten Version einer der Leonorenouverturen auf der Bühne erlebt habe) doch normalerweise gar kein Wind um die Fassungen gemacht, sondern schlicht die Letztfassung (von 1814 oder wann genau gespielt. Allenfalls ist strittig, ob man vor dem Finale beinahe eine Viertelstunde unterbrechen und die "Leonore III" einfügen will. Oder man spielt Leonore II oder III als Ouverture vor der Oper, was allerdings nicht zum ersten Duett passt.
    M.E. spricht aber nichts dagegen, sich an die Endfassung zu halten und die ersten drei "Leonorenouverturen" als Einzelstücke im Konzert zu spielen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Sagitt meint:


    Barenboim wollte mit dem Druck des Stückes argumentieren, wusste dann aber nicht, ob die zweite oder dritte Leonore im Druck erschienen war. Also ein tolles Argument....

  • In dem Duett "O namenlose Freude" ist die Rede "Mein Mann/mein Weib an meiner Brust". Aber wo stehen die Liebenden? Der eine am rechten, der andere am linken Bühnenrand. Ist Liebe heute anders, speziell wenn man sich nach langer Trennung wiedergefunden hat?


    Genau das hat mich auch überaus irritiert. Ich hätte erwartet, dass sich die beiden wirklich in den Armen liegen.


    Den Schluss fand ich auch nicht so gelungen. Kann allerdings gar nicht genau sagen warum.


    Bartolifan

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  • Florestan hat sich zwei Jahre nicht richtig gewaschen... vielleicht daher etwas Abstand :untertauch:

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Zitat von Rodolfo: Bevor das Regieteam auf die Bühne beim Schlussapplaus auf die Bühne getreten ist hat Arte natürlich abgeschaltet.

    Lieber Rodolfo,


    das ist doch immer so oder Annette klopft am Schluss die ihr schon vorgegebenen beschönigenden Sprüche, die die Buhs übertönen.
    Im Übrigen habe auch ich während der Vorstellung an vielen Stellen die gleichen Gedanken billiges "Stadttheaterniveau" gehabt. Von einer Scala (dazu noch der Saisoneröffnungsvorstellung) hätte ich mehr erwartet. Aber das niedrige Niveau der deutsche Opernhäuser hält leider auch dort Einzug, selbst die MET ist ja inzwischen infiziert.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • billiges "Stadttheaterniveau"

    Woher weißt du, dass das Stadttheater-Niveau "billig" ist? Wann warst du zum letzten Mal in einem?



    Aber das niedrige Niveau der deutsche Opernhäuser hält leider auch dort Einzug

    Gleiche Frage! Woher weißt du, dass das Niveau deutscher Opernhäuser "niedrig" ist? Wann warst du zum letzten Mal in einem?


    Und bezieht sich diese Feststellung auf das musikalische und szenische Niveau gleichermaßen?

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es gibt nur eine Fidelio-Ouvertüre und Leonore I, II und III die in den Konzertsaal gehören wie Egmont, Coriolan u.a. so wie auch die Ouvertüren von Berlioz.
    Zu den Sängern kann ich wenig positives sagen. Die Leonore war ohne besonderes Timbre, sehr angestrengt in der Höhe. Der Pizarro war auch nicht mein Fall.
    Der "Helden-Tenor" war sehr kurzatmig und zittrig, er war vom Timbre eher ein Jaquino. Der Minister hatte meiner Meinung nach die schönste Stimme, hatte aber leider nur die kleine Rolle zu singen. Chor und Orchester waren sehr gut. Das Bühnenbild war auch nicht übel.
    Im großen und ganzen darf man nicht an frühere Zeiten der Scala denken, sonst kommen einem die Tränen.
    ( Meine Meinung ist wie immer subjektiv)


    :hello: Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Im großen und ganzen darf man nicht an frühere Zeiten der Scala denken, sonst kommen einem die Tränen.
    ( Meine Meinung ist wie immer subjektiv)


    Im großen und ganzen darf man nicht an frühere Zeiten denken, sonst kommen einem die Tränen.
    ( Meine Meinung ist wie immer objektiv)

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  • Aber das Publikum war ja mehr als zufrieden, wie man es an dem Beifall hörte.
    Ich glaube, die Italiener sind auch schon musikalisch degeneriert.


    :hello: Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Sagitt meint:


    Ein nachvollziehbarer Geadanke wäre: da habe ich sviiel für die Karten bezahlt, dann muß die Aufführung ja Spitze sein oder, ich war dabei, deswegen kann die Aufführung nur eine Kostbarkeit sein oder: den Fidelio kennt man einfach nicht und kann daher die Qualität nicht beurteilen.


    Also, es gäbe viele Gründe für den Jubel...

  • Lieber Stimmenliebhaber,


    ich habe in meinem Leben viel Stadttheater erlebt, gutes und weniger gutes. Wenn ich "billig" sage, meine ich damit nicht die Kosten, sondern die Qualität - noch nicht einmal die sängerische, wo ich manche besseren Sänger erlebt habe, als man sie heute an großen Häusern zu sehen bekommt, sondern die der Inszenierungen. Ich habe auch einige Aufführungen an großen Häusern gesehen, die ich mir aber im Leben nur selten leisten konnte. Dort erwarte ich dann doch ein entsprechend höheres Niveau.
    Zu deiner Frage, wann ich das letzte Mal in der Oper war, kann ich dir sagen, dass das noch gar nicht so lange her ist - zu einer Vorstellung, bei der ich durch Recherchieren absolut sicher sein konnte, keine Verunstaltung zu erleben.
    Ich habe aber im Laufe der Jahre den Opernbesuch immer mehr reduziert, weil die Verunstaltungen der Werke immer grässlicher wurden. Natürlich verfolge ich weiterhin recht intensiv, was in meiner Umgebung, in Deutschland und anderen Ländern geschieht und sehe mir auch möglichst jede Fernsehübertragung, die ja in der Regel aus größeren Häusern kommt, an bzw. nehme sie auf, um sie mir zu einem anderen Zeitpunkt - wenigstens im Querschnitt - anzusehen. Und dann gibt es ja heute auch noch youtube, mit dem ich mir ein Bild verschaffen kann. Ich kann nur sagen, dass das Niveau in meinen Augen fast überall schlechter (billiger!) geworden ist. Für einen Opernfreund wie mich (und da befinde ich mich, wie ich aus vielerlei Stimmen hier und im einem großen Bekanntenkreis weiß, in bester Gesellschaft) gibt es heute kaum noch eine Oper, die man sich ansehen kann.
    Ich habe mir die gestrige Aufführung aus Mailand sogar vollständig angesehen und fand sie gerade noch passabel. Aber worin lag der Mehrwert der Inszenierung gegenüber einer konventionellen Aufführung? Im Gegenteil, für mich wurde Fidelio hier eher verwässert. Und auch da bin ich wohl, wie du aus den Zuschriften siehst, nicht allein.
    Zu Sagitts und Herbert Henns Ausführungen kann ich nur sagen:
    1. An solchem Tag marschiert - ähnlich wie in Bayreuth und bei anderen Festen, die einen Namen haben - sehr viel Prominenz auf, von denen ich glaube, dass viele sich zeigen müssen, aber keine besondere Beziehung zur Oper haben. Ob sie dem Regieteam auch zugeklatscht haben, wissen wir ja nicht, weil - wie gesagt - arte das meist ausblendet.
    2. Sicherlich sind auch die Italiener nicht alle so mit Fidelio vertraut, wie es deutsche Opernbesucher sind. Daher mögen manche die Oper so hingenommen haben, wie sie ist. Und auch Italien ist ja inzwischen schon teilweise von dieser Regisseurs-Krankheit, die sich immer noch ausbreitet, angesteckt, die mancher über sich ergehen lässt.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Stimmenliebhaber,


    mit dem Begriff Stadttheater Niveau hat sich Gerhard auf meinen Beitrag bezogen. Wenn ich da nur an die Fiidelio Aufführungen denke ich die ich an der Rheinoper in der Everding Inszenierung erlebt habe. Kurt Moll hat den Rocco gesungen, Wolfgang Schmidt den Florestan und Bodo Brinkmann war auf den Pizarro aboniniert, Und das Dirigat von Hans Wallat hatte auch ein ganz anderes Kalieber als das von Herrn Barenboim.

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  • ich habe in meinem Leben viel Stadttheater erlebt, gutes und weniger gutes.

    Klingt so, als wenn das schon einige Jahre her ist.



    Wenn ich "billig" sage, meine ich damit nicht die Kosten, sondern die Qualität - noch nicht einmal die sängerische, wo ich manche besseren Sänger erlebt habe, als man sie heute an großen Häusern zu sehen bekommt, sondern die der Inszenierungen. Ich habe auch einige Aufführungen an großen Häusern gesehen, die ich mir aber im Leben nur selten leisten konnte. Dort erwarte ich dann doch ein entsprechend höheres Niveau.

    Das dachte ich mir schon - und wollte mit meinem Beitrag darauf hinweisen, dass das eben nicht zwangsläufig so sein muss.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat

    Zitat von Stimmenliebhaber: Klingt so, als wenn das schon einige Jahre her ist.

    Das letzte Mal war es vor zwei Jahren zu einer Aufführung, bei der ich informiert war, dass sie noch vernünftig inszeniert wurde. Ich ginge auch heute sofort wieder in die Oper, wenn ich - wie schon gesagt - absolut sicher sein kann, dass ich keinerlei Verunstaltung zu sehen bekommen. Wie aber schon öfter hier erwähnt, beschränke ich mich heute in der Regel auf mein Heimkino, wo ich inzwischen eine große Sammlung von DVDs - Aufnahmen aus besseren Zeiten des Fernsehens Teilweise noch von VHS-Band überspielt) und Kauf-DVD mit noch anschaubaren Aufführungen ohne Entstellungen besitze. Noch vor wenigen Jahren gab es ja bessere Sachen in 3sat, arte und ORF 2 und es existierte ja noch der Theaterkanal.
    Ich muss auch nicht laufend eine "Neuinszenierung" haben. Wenn ich meine DVDs alle angesehen habe, ist schon eine Zeit lang vergangen, so dass ich dieselben Inszenierungen gerne noch einmal sehe. Bei einer Reihe Opern habe ich mehrere gute Inszenierungen. So wird das nie langweilig.
    Wenn ich das Wort "Neuinszenierung" höre, regt sich bei mir schon der Verdacht - und in der Regel habe ich recht - dass es sich um eine modische Entstellung der Oper handelt. Im Fernsehen tut mir das nicht weh, ich kann ja abschalten oder schadlos aufnehmen und mir die Inszenierung nachträglich ansehen bzw. - um mir ein Urteil zu erlauben - einen Querschnitt davon ansehen.
    In der letzten Zeit gibt es jedoch selten eine Aufzeichnung, die ich für auf Dauer speicherungswürdig halte, um sie mir später noch einmal anzusehen. Die vielen Aufzeichnungen, die ich besitze, habe ich nicht allein gemacht, sondern über Jahre mit gleichgesinnten Freunden getauscht. Diese habe ich dann dort, wo noch Lücken waren, durch gekaufte DVDs ergänzt. Glücklicherweise kann man heute (noch) vernünftige Inszenierungen auf DVD erwerben.
    Ich bedauere es schon, dass ich vor etwa 5 Jahren mein Abonnement aufgegeben habe, weil die größere Zahl der angebotenen Inszenierungen einfach nur modischer Schrott zu nennen waren.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Voigt war ein passender Florestan,eben einer,der nach 2 Jahren Haft geschwächt war(also nicht fett war und mit mächtiger Stimme sang)


    Eine Methode, die jedenfalls mir nicht zusagt.
    Da kämen ja einige von Verdis Schlussszenen und auch Anderes arg in die Klemme. Die sterbende Gilda dürfte dann nur noch hauchen und der ermordete Siegfried könnte das "Brünnhilde, heilige Braut" wohl gar nicht mehr singen.


    Hier sieht man wieder, wie die Überbetonung der Dramaturgie das eigentliche Element der Oper in den Hintergrund drängt, nämlich den Gesang.

  • Vieles wurde hier schon geschrieben, doch für mich stellt sich noch immer die Frage, ob FIDELIO überhaupt "schön" inszeniert werden kann. Ich vermute mal nein. Das Thema wird spannend bleiben.


    Und zwei Kritikpunkte zu den Darstellern möchte ich auch loswerden:


    Falk Struckmanns Stimme klang verbraucht und abgesungen. Brüchig, hohl, müde, was zur Rolle des Don Pizarro überhaupt nicht passt. Am Premierenabend war er nicht mal mehr ein Abglanz früherer Tage. Dazu sang er schlampig und das Dämonische seiner Rolle ging ihm völlig ab.
    Ach, wie habe ich mir einen der legendären Ottos dieser Partie zurückgewünscht: Otto Edelmann oder Otto Wiener.


    Klaus Florian Vogt sollte als ehemaliger Blechbläser etwas mehr Puste haben und nicht immer an den falschen Stellen atmen. Im Grunde hab ich nichts gegen einen eher lyrisch angelegten Florestan. Wie das geht, hat uns Peter Anders einst vollendet vorgemacht. Vogts Stimme dagegen wirkte hier überhaupt nicht. Die "sanft säuselnde Luft" hat er wohl allzu wörtlich genommen.
    Da hätte ebenso ein Evangelist des Dresdener Kreuzchores den Florestan singen können.
    Und die "namenlose Freude" kann auch so gedeutet werden, als gäbe es stimmlich nichts mehr auszudrücken. Fortan sang ihn Leonore an die Wand, womit sich Beide ersparten, ihrem Text "Mein Weib/Mann an meiner Brust" auch die Tat folgen zu lassen. War das eine Begrüßung nach 2 Jahren hartem Kerker!! Vielleicht lag es doch am Odeur. Insgesamt unbefriedigend, das Ganze.


    Nebenbei: Für diese Darbietung waren bis zu 2000 Euro zu berappen. Die spinnen, die Milanesen!


    Gratis gab es in der Pause den Blick auf den Mailänder Dom. Erfreulicher Anblick, allerdings getrübt von Anettchens mehr als flüssigem Plausch mit dem "Helden".

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Von Opern habe ich ja keine Ahnung.
    Rein zufällig habe ich gestern die letzten 10Min von Fidelio aus Mailand gesehen und das hat selbst mich angenehm berührt/gepackt. Von daher bin ich überrascht über Eure schlechten Kritiken.
    Auch der abschliessende Bühnenauftritt war von Harmonie und Freude über eine gelungene Aufführung gekennzeichnet. Alles symphatische Figuren, die dann mit Barenboim (der seine Mailand-Auftritte mit dieser Aufführung beendete) auf der Bühne richtig Spass über den Erfolg hatten und im fetzigen Applaus badeten.
    War nett anzusehen !


    Nun gut, wenn die Sänger halt "nicht so wie früher waren" ... ich kann und will es nicht beurteilen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Siegfried,
    ich weiß was du meinst.
    Ein Heldentenor wird kein Heldentenor, wenn man ihn immer wieder Heldentenor nennt.
    Ein Heldentenor hat ein besonderes Timbre und eine besondere Stimmstruktur
    und eine besondere Stimmbehandlung.
    Hier ein paar Beispiele: Max Lorenz, Lauritz Melchior, Ramon Vinay, Hans Hopf u.a.
    Dann gibt es noch den jugendlichen Helden: Peter Anders, Rudolf Schock,
    Josef Traxel, Sandor Konya, Robert Schunk u.v.a.
    Klaus Florian Vogt ist weder das Eine noch das Andere.
    Im günstigsten Fall ist er ein lyrisches Tenörchen.


    :hello: Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Im günstigsten Fall ist er ein lyrisches Tenörchen.

    Erstaunlich, dass ein "lyrisches Tenörchen" seit Jahren offenbar unbeschadet Wagner-Rollen (Lohengrin, Stolzing, Parsifal, Siegmund, Erik) singen kann. (Herrn Schunk war diese "Unbeschadetheit" zum Beispiel nicht vergönnt...)


    Beim Florestan sollte man zudem immer im Hinterkopf haben, dass es zur Uraufführungszeit noch gar keine schweren Wagner-Tenöre gab.


    Um nicht missverstanden zu werden: Ich bin wirklich kein großer Vogt-Fan, aber dieses ewige Vogt-Bashing geht mir ehrlich gesagt auf den Senkel. Solange er dieses Fach singen kann, soll er es halt singen. Es gibt viele Menschen, die sich sehr daran erfreuen - und wem das nicht vergönnt ist, der soll halt nicht reingehen oder nicht reinschalten. Aber das ewige Absprechen des Umstandes, dass Herr Vogt diese Partien singen kann, ändert rein gar nichts an dieser Tatsache, dass er diese Partien singen kann, weil er sie singt.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber,
    ich habe nichts gegen lyrische Tenöre,im Gegenteil, ich liebe lyrische Tenöre.
    Indessen gibt es diese Unterteilungen in verschiedene Stimmarten. (siehe Kloeber)
    Wenn es die nicht gäbe, könnte ja ein Tenor alles singen.
    Die wunderbaren Tenöre: Nicolai Gedda, Fritz Wunderlich, Anton Dermota, Charles Kullmann, Richard Tucker,
    Franco Corelli, Calo Bergonzi u.v.a. wurden nie als Heldentenöre bezeichnet, weil sie keine waren.
    Wie oben schon erwähnt gibt es für den Heldentenor gewisse Kriterien.
    Der Florestan wurde allerdings schon von vielen lyrischen Tenören interpretiert:
    Juliius Patzak, Ernst Häfliger, Anton Dermota, Peter Anders u.v,a.
    Die wurden aber auch nicht bei jeder Gelegenheit als große Heldentenöre gefeiert.


    :hello: Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

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