Schumann: Klaviersonaten op.11,14 und 22

  • Hallo Taminos,


    etwas verwunderlich ist es schon, daß Robert Schumann hier im Forum ein hochangesehenr Komponist für Klaviermusik ist, aber die drei Klaviersonaten op.11, op.14 und op.22 bisher noch keinen eigenen Thread haben.


    Mich begeistert die Aufnahme, insb. op.11, von Demidenko derzeit.



    Daher wüßte ich zu gerne welche Aufnahmen eure "Liebsten" sind!


    Wie seht ihr die Sonaten Schumann's im Vergleich zu den anderen Werken für Klaviersolo?

  • Hallo Richard,


    das sind drei sehr schöne Sonaten. Demidenko schätze ich auch sehr. Diese Sonaten habe ich jedoch mit Volker Banfield, eine Aufnahme, die ich ebenfalls empfehlen kann.



    Viele Grüße,


    Walter

  • Hallo!


    Ich habe bisher nur die Sonate op.11 auf CD und höre sie gerne, die Aufnahme ist auch toll:


    Da ich irgendwann die anderen Sonaten auch kennenlernen möchte, bin ich gespannt auf die hier vorgestellten CDs.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Da fallen mir spontan zwei Aufnahmen ein: Martha Argerich und Bernd Glemser










    Herzliche Grüße,:hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • hallo,


    die 1. klaviersonate ziehe ich in der aufnahme mit pollini allen anderen eindeutig vor. es ist die synthese von analyse, klang und jugendlichem drang. pianistisch ebenbürtig und ebenfalls mit risiko dargeboten: emil gilels (50er jahre und live-mitschnitt aus den 60er jahren. die glemser-aufnahme ist pianistisch stark, jedoch klanglich etwas farblos und es fehlt etwas emotion !


    2. sonate: m. argerich und s. richter ! demidenko ist korrekt und pianistisch großartig, aber doch unterkühlt.


    3. sonate: boris bloch mit abstand (wobei der variationssatz durch horowitz auch ein meilenstein ist). dann der etwas zu kompakte pollini. glemser wieder mal zu neutral bis akademisch.


    gruß, siamak

    Siamak

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  • Wer auf jeden Fall noch fehlt: Jewgeni Kissin mit seiner Einspielung der Sonate No.1. Wenn Glemser (vielleicht weil der die Struktur der Sonate stark betont?) eine Spur kühl und akademisch wirkt, setzt Kissin mehr auf einen feurigen, virtuosen Zugriff und bringt die Kontraste des Stückes mehr zur Geltung:






    Herzliche Grüße,:hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Ich schätze Schumanns Klavierwerke sehr- mit den Sonaten tue ich mich allerdings etwas schwer. Woran das liegt? Nachgedacht habe ich darüber schon länger. Geht es Euch auch so?


    Schumann doch nur als Meister der "kleinen Form"? In älteren Musikführern kann man dieses Vorurteil ja durchaus häufiger lesen. Auch bei Tamino scheinen die Sonaten nicht sonderlich wohlgelitten zu sein. In den einschlägigen Lieblings-Sonaten-Threads tauchen sie jedenfalls nicht oder nur selten auf auf.


    Angela Hewitt hat jetzt eine neue Aufnahme der fis-moll-Sonate vorgelegt- zusammen mit der Humoreske:



    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo,


    Ich hatte ja früher so meine Problemchen mit Schumann, aber immer und immer mehr Werke gefallen mir außerordentlich gut!
    Die Klaviersonaten (Besonders Nr.2, Op.22) lernte ich so ziemlich am schnellsten schätzen. Schon der Beginn der Sonate ist einfach köstlich! :jubel:
    Die Sonaten führen in der Tat leider ein ziemliches Schattendasein unter Schumanns Werken...merkwürdig...! Ich favorisiere übrigens Banfield...


    LG
    Raphael

  • Zitat

    Original von Caesar73
    Ich schätze Schumanns Klavierwerke sehr- mit den Sonaten tue ich mich allerdings etwas schwer. Woran das liegt? Nachgedacht habe ich darüber schon länger. Geht es Euch auch so?


    Schumann doch nur als Meister der "kleinen Form"? In älteren Musikführern kann man dieses Vorurteil ja durchaus häufiger lesen. Auch bei Tamino scheinen die Sonaten nicht sonderlich wohlgelitten zu sein. In den einschlägigen Lieblings-Sonaten-Threads tauchen sie jedenfalls nicht oder nur selten auf auf.



    Am beliebtesten und bekanntesten dürfte wohl die fis-moll-Sonate (Nr. 1) sein - die wird im Lieblings-Klaviersonaten- Thread (wenn ich richtig zähle) immerhin viermal genannt (u.a. auch von mir - ich schätze besonders die Arrau-Einspielung). Wobei die relative Beliebtheit wohl sehr viel mit dem ersten Satz zu tun hat, sowohl mit dem Fandango-Hauptsatz wie mit der wirklich überwältigenden Einleitung. Auch das Scherzo mit Intermezzo sowie das Finale (vielleicht etwas lang geraten) sind toll, nur die "Aria" finde ich etwas salonmäßig flach.


    Auch die g-moll-Sonate mag ich durchaus, insbesondere den paradox überdrehten ersten Satz. Mit der f-moll-Sonate wollte ich mich immer mal näher beschäftigen (ja, die guten Vorsätze :rolleyes: ), die kenne ich nur sehr flüchtig - sie erschien mir bei den wenigen, lange zurückliegenden Hördurchgängen als etwas sperrig, aber interessant.


    Inwieweit die Sonaten im Sinne der Gattungstradition "gelungen" sind, darüber könnte man wieder lange diskutieren. Sie sind natürlich freier geformt, teilweise mit Charakteristika, die der Sonatenform eher widersprechen (gerade in den ersten Sätzen der fis- und g-moll-Sonate, wohl auch im ursprünglichen "Konzert ohne Orchester"). Allerdings gab es "quasi-una-fantasia"-Sonaten auch schon bei Beethoven - und Chopin geht ja auch in diese Richtung.


    Ich gebe aber zu, dass meine liebsten Klavierwerke von Schumann vorerst andere sind...




    Zitat

    Angela Hewitt hat jetzt eine neue Aufnahme der f-moll-Sonate vorgelegt- zusammen mit der Humoreske:



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian


    Hier handelt's sich aber um die fis-moll-Sonate Nr. 1 und nicht um die f-moll-Sonate Nr. 3, wenn ich nicht irre? ;)



    Viele Grüße


    Bernd


  • Lieber Bernd,


    Du irrst selbstverständlich nicht. Danke für den Hinweis- ich bessere den Fehler gleich aus :D


    Übrigens: Auch die übrigen Threads zu Schumanns Klavierwerken könnten einmal eine Auffrischung vertragen: Die Etüden, der Carneval et. etc. ....;)


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Aus dem Stand kann ich zu den Sonaten gar nichts sagen, obwohl ich die o.g. cpo-CD besitze und dazu noch einige vereinzelte Einspielungen, habe ich nur eine sehr vage Vorstellung der Stücke im Kopf und es hat sich noch kein Urteil gebildet...
    "Meister der kleinen Form" würde ich aus der relativen Unbeliebtheit der drei Sonaten aber nicht ableiten. Im Gegenteil dürfte ein fraglos hervorragend gelungenes großformatiges Werk wie die C-Dur-Fantasie für das Schattendasein der Sonaten mitverantwortlich sein.


    Das Problem ist also vermutlich weniger, dass die Sonaten nicht ausreichend "sonatenmäßig" sind (wenngleich Schumann selbst das ja interessanterweise gegen Chopins b-moll-Sonate anführt), sondern dass Schumanns Eigentümlichkeiten und Stärken in freieren Formen wie der Fantasie und hauptsächlich natürlich in Zyklen wie Carnaval, Davidsbündlertänze uä., von denen die meisten ja nur als Ganzes aufgeführt werden können, besser zur Geltung kommen.
    Seine späteren Kammermusikwerke sind m.E. wieder eine andere Sache, weil er sich hier, bei allen Eigenheiten, doch deutlicher an traditionellen Formvorgaben orientiert (Aber auch hier ist m.E. so viel gelungen, dass man den Vorwurf des Kleinformatigen zurückweisen kann)


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Eine Frage die mir gerade noch in den Sinn kam: Gibt es eigentlich Aufnahmen von Schumanns Sonaten auf historischen Instrumenten?



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Volker Banfields Aufnahme hatte ich mir bei Erscheinen gleich anghört in einem jpc-Laden, aber irgendwie konnte sie mich nicht fesseln.
    Ich bevorzuge ja Aufnahmen mit historischen Klavieren und hoffe deshalb, dass z.B. Tobias Koch sich ihrer annimmt, dessen bisherige CDs ich ausgzeichnet finde.


    Auf modernen Instrumenten habe ich nur op. 11 von Charles Rosen (Globe GLO 5009, 1983), die mir bei ihm ausnehmend gut gefällt - Rosen nennt op. 11 die experimentellste, am unangenehmsten zu spielende und inspirierteste der Sonaten. Das für eine Sonateneröffnung ungewöhnliche "un poco adagio" nennt er ein Lied ohne Worte, um die Bühne zu bereiten, das fast schon ein eiegnständiges Werk sei. Es führt nicht auf das Nachfolgende hin sondern erstirbt, mit einem ungewöhnlichen Pedaleffekt (der auf einem historischen Klavier wahrscheinlich anders wirken würde).
    Das Allegro vivace basiert auf einem Fandango, den Schumann bereits 1832 komponierte. Rosens Anmerkungen sind sehr erhellend - leider ist diese CD auch gebraucht fast nicht mehr zu bekommen ...
    In der Erstausgabe waren Florestan und Eusebius als Autoren angeben, nicht Schumann, wohl aber die Widmung an Clara Wieck. Vielleicht ist diese Auseinandersetzung mit der Sonatenform durch Schumanns polare Charaktere nicht so leicht zu erfassen? Keine typische Sonate, aber als Mischung beider Vorgehensweisen ... das war doch Schumanns Verdienst, die Klaviermusik von der übertriebenen Last formeller Gestaltung befreit zu haben, sozusagen den improvisatorischen Geist in die große Form einfliessen zu lassen.

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Das Problem ist also vermutlich weniger, dass die Sonaten nicht ausreichend "sonatenmäßig" sind (wenngleich er das ja seltsamerweise gegen Chopins b-moll-Sonate anführt), sondern dass Schumanns Eigentümlichkeiten und Stärken in freieren Formen wie der Fantasie und hauptsächlich natürlich in Zyklen wie Carnaval, Davidsbündlertänze uä., von denen die meisten ja nur als Ganzes aufgeführt werden können, besser zur Geltung kommen.
    Seine späteren Kammermusikwerke sind m.E. wieder eine andere Sache, weil er sich hier, bei allen Eigenheiten, doch deutlicher an traditionellen Formvorgaben orientiert (Aber auch hier ist m.E. so viel gelungen, dass man den Vorwurf des Kleinformatigen zurückweisen kann)



    Wobei die Kammermusikwerke in Sonatensatzform (und die Symphonien) ja aus einer Zeit stammen, in der Schumann die Wende zur Anerkennung und Verteidigung der traditionellen Formen zumindest tendenziell vollzogen hatte. Irgendwo in den früheren Schriften hat sich Schumann nach meiner Erinnerung aber sehr skeptisch über die Sonatensatzform ausgelassen (etwa in dem Sinne: die Zeit dieser Form ist vorbei o.ä.). Und wenn ich das richtig sehe, sind die Klaviersonaten in den 1830ern die einzigen Werke, die Schumann (zumindest nominell) in dieser Form komponiert hat.


    Interessant ist ja, dass alle drei Sonaten nicht in einem Zug komponiert wurden, sondern z.T. mehrfach erweitert bzw. überarbeitet worden sind einschl. des Austauschens ganzer Sätze.



    Zitat

    Original von miguel54
    In der Erstausgabe waren Florestan und Eusebius als Autoren angeben, nicht Schumann, wohl aber die Widmung an Clara Wieck. Vielleicht ist diese Auseinandersetzung mit der Sonatenform durch Schumanns polare Charaktere nicht so leicht zu erfassen? Keine typische Sonate, aber als Mischung beider Vorgehensweisen ... das war doch Schumanns Verdienst, die Klaviermusik von der übertriebenen Last formeller Gestaltung befreit zu haben, sozusagen den improvisatorischen Geist in die große Form einfliessen zu lassen.


    Letzteres ist sicher richtig, gilt aber natürlich für viele Komponisten der Romantik. Das haben wir ja noch kürzlich am Beispiel von Berlioz diskutiert (wobei da natürlich nicht die Klaviermusik, aber eben die Sonatensatzform im Mittelpunkt stand). Ich würde behaupten, dass es bei Schumann nicht nur um den "improvisatorischen Geist" ging (obwohl der sicher auch eine Rolle spielt), sondern auch um den Konflikt seiner Idee einer "musikalischen Poetik" mit den überkommenen Formen.


    Die Ausführungen von Charles Rosen zur fis-moll-Sonate finden sich doch vielleicht auch in seinem Buch über die musikalische Romantik?



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    Die Ausführungen von Charles Rosen zur fis-moll-Sonate finden sich doch vielleicht auch in seinem Buch über die musikalische Romantik?


    Das kann ich leider nicht sagen, weil ich sein Buch über die Romantik noch nicht gelesen habe.

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  • Ich habe mir jetzt nochmal die fis-moll-Sonate op. 11 angehört, und zwar in der oben von Christian verlinkten Einspielung mit Evgeny Kissin. Die finde ich ausgezeichnet, sehr temperamentvoll und kontrastreich, außerdem pianistisch brillant. (Trotzdem ist mir die alte Aufnahme mit Claudio Arrau, die ich nur auf LP habe, lieber: in ihrer für diesen Pianisten typischen Mischung aus gewichtiger Schwerblütigkeit - die Tempi sind durchgehend etwas langsamer als bei Kissin - und überbordender Emotionalität wirkt sie radikaler.)


    Das ist wirklich ein grandioses Stück und fast (?) den größten Klavierwerken Schumanns an die Seite zu stellen. Zum ersten Satz hat Miguel ja oben schon einiges gesagt: Die Einleitung ist eines der aufwühlendsten Stücke romantischer Klaviermusik überhaupt, die Sonate fängt gewissermaßen auf dem Siedepunkt an (hier assoziiert man sofort den von Schumann erwähnten "Herzensschrei"). Formal ist das nach dem Muster ABA aufgebaut, dem leidenschaftlichem Hauptthema in fis-moll antwortet ein lyrisches A-dur-Thema (nach dem Muster Florestan/Eusebius), dann kehrt das erste Thema wieder, steigert sich zu einem atemberaubenden Triolen-Accelerando und verklingt dann in dem oben von Miguel erwähnten Pedaleffekt. Der Hauptsatz (Allegro vivace) wird fast völlig von dem mitreißenden zweiteiligen Fandango-Thema beherrscht, in der Durchführung kehrt auf dem Höhepunkt der Erregung der "Herzensschrei" der Einleitung wieder, die anschließende Steigerung mündet direkt in die Reprise, an deren Anfang das Klopfmotiv des Fandango triumphal in Dur und dreifachem Forte herausgeschleudert wird. Dieses Motiv entstammt übrigens einem frühen Klavierwerk Claras - anscheinend kann man nicht nur hier die Sonate als Bestandteil eines musikalischen Dialogs zwischen Robert und Clara auffassen.


    Der zweite Satz ist ungewöhnlicherweise "Aria" überschrieben, was wieder charakteristisch für den romantischen Drang zur Grenzüberschreitung ist. Die Melodie, die hier "gesungen" wird, ist nichts anderes als das A-dur-Thema aus der Einleitung des ersten Satzes (fast eine "idée fixe"). Der Satz ist sehr kurz (bei Kissin 3:36). Oben habe ich ihn ungerechterweise als "salonmäßig flach" bezeichnet - dazu ist er melodisch zu komplex, auch wenn (schon in der Überschrift, aber auch formal) der "Lied-ohne-Worte"-Charakter sehr deutlich ist. (Die Melodie basiert übrigens auf dem von Schumann 1828 komponierten Lied "An Anna" nach einem Text von Justinus Kerner.)


    Nach dem leidenschaftlich-dramatischen ersten und dem lyrischen zweiten Satz zeigt der dritte Satz (Scherzo ed Intermezzo: Allegrissimo) die komisch-groteske Seite Schumanns. Eines seiner besten Stücke in diesem Stil, ständig mit Überraschungen aufwartend. Das Intermezzo ist eine komisch-gravitätische Polonaise. Besonders faszinierend die Überleitung zur Scherzo-Reprise: sie ist als Rezitativ gestaltet, was man ja in der Klaviermusik spätestens seit Beethoven kennt - aber im Gegensatz zu Beethoven komponiert Schumann hier ein groteskes Rezitativ (Vortragsanweisung: ad libitum scherzando), das dann von der Sopranstimme "quasi Oboe" beantwortet wird.


    Der letzte Satz (Allegro un poco maestoso) ist relativ lang (bei Kissin 12 Minuten), aber die oben von mir gemachte Einschränkung "vielleicht zu lang" möchte ich doch zurücknehmen. In der Tat lässt sich der Satz nicht so relativ eindeutig charakterisieren wie die drei anderen, er ist "schweifender" angelegt, enthält eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Themen und Motiven - formal scheint mir das eine freie Rondoform zu sein, obwohl ich da nicht sicher bin. Gerade die Vielfalt an Stimmungswerten macht aber auch den Reiz des Satzes aus, der mir bei konzentriertem Zuhören an keiner Stelle "zu lang" erschien.


    Franz Liszt schätzte diese Sonate übrigens besonders hoch und spielte sie dem Komponisten zu dessen Begeisterung vor.


    Für die Freunde und Gegner von Heimito von Doderer, von denen es hier ja einige gibt :D: In einer Passage der "Strudlhofstiege" spielt der Kopfsatz der fis-moll-Sonate eine wichtige Rolle.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Die fis-Moll-Sonate ist für mich eines der zentralen Klavierwerke Robert Schumanns: sie orientiert sich von der Satzfolge her an einem klassichen Aufbau, doch hindert dies Schumann natürlich nicht, seine eigenen 'romatischen' Wege zwischen Zerissenheit, Verzweiflung und Überschwang zu gehen. Gerade dies macht die Sonate so spannend. Spielentscheidend erscheint mir hier der letzte lange Satz, in dem immer wieder versucht wird, zum sich auftürmenden Hauptthema zurückzukehren und dies mit einer enormen Kraftanstrengung zu Ende zu führen, was aber nicht gelingen will - der stringente Verlauf droht sich zusehends in fremden Regionen zu verlieren ...


    Gerade weil hier der Zusammenhalt der Musik bedroht ist, finde ich Interpretationen, die den große Überblick wahren, am gelungendsten. Kissins ansonsten famose Einspielung ist mir hier von den Temporelationen her zu unstet, gleiches gilt auch für die von Zweilicht erwähnte Einspielung von Claudio Arrau. Auch die Aufnahmen von Perahia und und Andsnes vermögen diesen schwierigen Satz nicht wirklich zusammen zu halten. Am ehesten gelingt dies noch Pollini (DG, STudio) und Emil Giles in dieser historischen BBC-Aufnahme:



    Am besten gemeistert hat die Sonate für mich persönlich bisher aber Radu Lupu: mit großem Überblick, kraftvoll und leidenschaftlich hielt er dieses Monstrum wie kaum ein anderer vor einiger Zeit im Herkulessaal hier in München zusammen. Leider gibt es keine Aufnahme von ihm!


    Herzliche Grüße,
    Christian

  • Zitat

    Original von Christian B.
    Spielentscheidend erscheint mir hier der letzte lange Satz, in dem immer wieder versucht wird, zum sich auftürmenden Hauptthema zurückzukehren und dies mit einer enormen Kraftanstrengung zu Ende zu führen, was aber nicht gelingen will - der stringente Verlauf droht sich zusehends in fremden Regionen zu verlieren ...


    Das finde ich sehr schön beschrieben - entspricht genau meinem Eindruck.



    Zitat

    Kissins ansonsten famose Einspielung ist mir hier von den Temporelationen her zu unstet, gleiches gilt auch für die von Zweilicht erwähnte Einspielung von Claudio Arrau. Auch die Aufnahmen von Perahia und und Andsnes vermögen diesen schwierigen Satz nicht wirklich zusammen zu halten. Am ehesten gelingt dies noch Pollini (DG, STudio) und Emil Giles in dieser historischen BBC-Aufnahme...



    Die Gilels-Aufnahme kenne ich nicht, aber Pollini habe ich kürzlich mal wieder gehört: ganz hervorragend, das "Zusammenhalten" und "Bändigen" gelingt ihm in der Tat besser als Arrau, der aber die uferlosen, entfesselten Seiten der Sonate so toll entbindet. Bei der Einleitung zum ersten Satz schwöre ich allerdings auf Arrau! (Wobei ich das Werk in dieser Einspielung kennengelernt habe - und das prägt ja bekanntlich die Vorlieben sehr stark...)


    Die Pollini-CD gibt's ja relativ günstig in der "Originals"-Serie, 1973 aufgenommen, Pollinis Antlitz wirkt noch jugendlich-markant:




    Viele Grüße


    Bernd

  • Kürzlich erschienen ist übrigens eine neue Aufnahme der f-moll Sonate von Eric Le Sage bei alpha:




    Interessieren würde mich, auf welchem Instrument der Pianist hier spielt?
    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Auch wenn dieser Mann hier bereits kritisch bewertet wurde: Ich bin sehr angetan von der Einspielung der 1. Sonate durch Leif Ove Andsnes, der mit feiner Agogik die Kontraste des Werks so beleuchtet, daß der Eindruck einer großen Fantasie entsteht - wie improvisiert, "antiklassisch". An Andsnes schätze ich generell, daß er sich ganz auf die Werke einzulassen scheint, ohne jedes virtuoses Imponiergehabe, sehr sympathisch!


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  • Beim Stöbern im FonoForum finde ich in Heft 12/07 einen Hinweis auf die aus Wien stammende Gerda Struhal (FF: "ein Versprechen für die Zukunft"), die u. a. die 3. Sonate - mir noch unbekannt - eingespielt hat:


    "Die gewaltige Schumann-Sonate f-Moll [...] lebt da von einer Transparenz, die selbst komplexe Stimmverläufe erhellt, ohne ins allzu Kopflastige zu fallen. Da fehlt es dann etwas an virtuoser Vehemenz, während Gerda Struhal das berühmte Prestissimo possibile mit Clarté und spitzen Fingern pointiert meistert." (Michael Stenger)


    Kennt jemand die Aufnahme (gekoppelt mit Ravels Gaspard de la nuit), lohnt sich eine Anschaffung? Alternativen?



  • Auf einem modernen Steinway - alpha produziert nicht ausschließlich HIP-Aufnahmen.

  • Zitat

    Original von Gurnemanz
    Kennt jemand die Aufnahme (gekoppelt mit Ravels Gaspard de la nuit), lohnt sich eine Anschaffung? Alternativen?



    Ich hab mal im Laden kurz hineingehört: eine wirklich passable Interpretation; aber doch auch nicht wieder so, dass ich sie mir hätte kaufen wollen, wo es doch um eine meiner Lieblingssonaten handelt.


    Ich mag sehr die (höchst umstrittenen) Aufnahme von Gieseking und empfehle besonders - sozusagen als Geheimtipp - Charles Rosen (Globe).

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Ich schätze mich glücklich, damals alle drei CDs von Charles Rosen bei Globe gekauft zu haben - denn sie sind kaum mehr irgendwo aufzutreiben. Er spielt irgendwie im geist des 19. Jahrhunderts, hat offensichtlich seine immensen Kenntnisse einfließen lassen und geht angemessen kritisch mit dem Notentext um, bevorzugt die Erstausgaben. Eigentlich sollte jeder Interpret bei Schumann dazuschreiben müssen, welche Notenausgabe er benutzt!


    Rosen spielt auf seinem Vol. II die Sonate op. 11 - werde die CD in den nächsten Tage mal wieder hören und dann berichten.


    Bei der Suche ist mir eine CD bei Thorofon in die Hände gefallen mit Markus Becker - op. 11 mit Brahms' Sonate op. 2 gekoppelt. Wird auch nochmal gehört in den nächsten Tagen.


  • Diese CD war Beckers Debut (nebenbei habe ich mich immer gefragt, ob er mit dem Jazzpianisten Markus Becker identisch ist - er hat ja auch Jazz in seinem Repertoire, s. http://www.markusbecker-pianist.de/.


    Bei Becker sind die thematischen Zusammenhänge innerhalb der Sonate sehr schön zu hören, er verliert sich nicht in Details, obwohl er sie schön nuanciert herausarbeitet. Ein tolles Debüt war diese CD.
    Ich habe den Eindruck, dass Schumanns Sonate den formalen Anforderungen durchaus gerecht wird, ohne an der Form zu kleben.

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  • [zitat]Original von a.b.:
    [...] eine wirklich passable Interpretation; aber doch auch nicht wieder so, dass ich sie mir hätte kaufen wollen, wo es doch um eine meiner Lieblingssonaten handelt.[/zitat]
    Danke für den Hinweis; da halte ich mich zunächst wohl besser noch zurück.


    Die auch von Miguel empfohlenen Aufnahmen mit Charles Rosen scheinen momentan tatsächlich kaum zu bekommen sein.