Carl Nielsen Violinkonzert op.33

  • Carl Nielsen gilt gemeinsam mit Jean Sibelius als der bedeutendste nordische Komponist an der Schwelle zwischen Spätromantik und Moderne. Beide haben je ein Violinkonzert geschrieben, das von Sibelius ist eines der populärsten überhaupt, das von Nielsen ist nach wie vor recht unbekannt. Es entstand 1911 zwischen der 3. und 4. Symphonie, also auf dem Höhepunkt der Schaffenskraft. Das opus 33 besteht aus vier Sätzen, die zusammen knapp 40 min dauern.
    Das Werk beginnt mit einem Praeludium largo, das nach einem kurzen orchestralen Tusch erst einmal die Violine vorstellt. Nach diesem Entree kommt ein sehr schöner melodischer Einfall - unverkennbar Carl Nielsen - der dann von der Violine umspielt wird. Dabei entwickelt sich ein schönes von der Geige dominiertes Largo, das ohne Pause in den Haupsatz, ein Allegro Cavalleresco übergeht, das von einem sehr charakteristischen symphonischen ersten Thema dominiert wird, das an die 4. Symphonie gemahnt. Das zweite Thema erscheint als Abwandlung des Largo. Dieser Satz ist ohne Zweifel Nielsen at its best. Der Satz endet mit einer ausgiebigen Kadenz und einer Rekapitulation der Themen. Theoretisch könnte das Konzert hier enden. Das anschliessende poco adagio bringt eine weitere wunderbare langsame melodische Eingebung, die der Geige schwelgerisches Umspielen erlaubt. Auch dieser Satz gehört zu Nielsens besten Schöpfungen. Der letzte Satz fällt dagegen etwas ab, das Hauptthema wirkt auf mich etwas gewöhnlich, uninspiriert. Vielleicht liegt hier ein Grund für die Vergleichsweise geringere Bekanntheit. Aber dreiviertel Top Nielsen ist immer noch weit mehr als 4/4 der Musik der meisten Zeitgenossen.
    Der Geige werden zahlreiche dankbare Aufgaben gestellt, das sollte jeden Solistem anspornen. Bei der abschliessenden Kadenz darf sogar ein bisschen gefiddelt werden.


    P.S. Ich sehe gerade, dass in den meisten Aufnahmen das Konzert als dreisätzig angegeben wird, also die ersten beiden Sätze hier als einer gesehen wird.


  • Zwei Geiger, die sich relativ früh mit Aufnahmen hervorgetan haben, sind Emil Telmanyi und Yehudi Menuhin. Beide kenne ich nicht.

  • Nur ganz nebenbei und gewiss nicht böse gemeint:
    Emil Telmanyi kenne ich auch nicht. Zu Menuhin: Wie alt bist Du, Lutgra? Menuhin war einer der sehr guten, aber (vor allem und aus verschiedenen Gründen) einer der allerbekanntesten Geiger des 20. Jahrhunderts.


    Zum moralischen Ausgleich zeige ich noch eine (meiner wenigen) Aufnahmen dieses reizvollen Konzerts, das allerdings meines Erachtens noch nicht die Originalität später Kompositionen Nielsens aufweist:



    :hello: Wolfgang


    8o
    Vielleicht hast Du auch nur die Aufnahmen gemeint, die Du nicht kennst. Für diesen Fall gehe ich in Deckung - und Du darfst Dich einmal rächen ...

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Lieber Wolfgang
    in meiner Sammlung stehen sicher 20-30 Aufnahmen mit Yehudi Menuhin, ich meinte also tatsächlich die Nielsen Aufnahme. ;)

    Emil Telmanyi war u.a. dafür berühmt, dass er Bach Sonaten mit einem Rundbogen gespielt hat, also mehrere Saiten gleichzeitig erklangen.


  • Kennengelernt habe ich das Nielsen Violinkonzert durch die sehr gelungene Aufnahme von Cho-Liang Lin unter Esa Pekka-Salonen.

    In letzter Zeit höre ich vor allem diese:


    Die gefällt mir ebenso, leider gekoppelt mit der 3091. Aufnahme des Bruchkonzertes. ;(


    Das braucht sicher niemand mehr, egal wie gut gespielt.

  • Auf dieser CD des Labels Naxos ist neben dem Klarinetten- und Flötenkonzert auch das Violinkonzert op. 33 Carl Nielsens (1861-1931) enthalten. Man erhält so eine prall gefüllte Scheibe mit Musik des dänischen Komponisten. Jonathan Carney ist der Solist im Violinkonzert. Da ich keine Vergleichseinspielung im Gestell habe, kann ich nicht beurteilen, wie sie im Vergleich zu den anderen hier erwähnten Solisten abschneidet. Die Bläserkonzerte spiele ich selber und ich sage, dass diese beiden Solisten eine reife Leistung ablegen.


    Kevin Banks, Klarinette; Jonathan Carney, Violine; Gareth Davies, Flöte; Bournemouth Symphony Orchestra, Kees Bakels
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Zitat

    Lieber Wolfgang
    in meiner Sammlung stehen sicher 20-30 Aufnahmen mit Yehudi Menuhin, ich meinte also tatsächlich die Nielsen Aufnahme. ;)


    Ich hab's befürchtet, hätte es mir wirklich denken können - aber sehr geschickt hast Du Dich schlichtweg nicht ausgedrückt (Beziehungswörtchen!). Du hast einmal Rache gut! (Lieber sich einmal zu viel interessant gemacht als einmal zu wenig den Mund gehalten.)


    Die nächste Aufnahme des Konzerts, die ich gefunden habe, kann man guten Gewissens empfehlen. Dies gilt auch für die anderen Werke auf der Doppel-CD - und Menuhin ist auch schon wieder dabei ... (Von der oben zuerst genannten fehlt mir die Erinnerung.)



    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zwei Geiger, die sich relativ früh mit Aufnahmen hervorgetan haben, sind Emil Telmanyi und Yehudi Menuhin. Beide kenne ich nicht.


    So leid es mir tut, ich muss jemandem Recht geben. Selbst als Ausländer - ich bin seit dem 12. August Schwede - ist für mich die Aussage des Satzes eindeutig.
    Lutgra kennt den Menuhin nicht.


    Und das, obwohl er 20-30 Aufnahmen von ihm im Schrank hat.


    Im übrigen freut es mich, dass hier die Dänen trotz ihrer schauderhaften Sprache nach ihrem wahren Wert bemessen werden.

  • Zitat

    Im übrigen freut es mich, dass hier die Dänen trotz ihrer schauderhaften Sprache nach ihrem wahren Wert bemessen werden.


    Dänisch ist gerülpstes Schwedisch.


    Über das Schwedische habe ich damit noch keine Aussage getroffen.


    Und was jetzt kommt, meine ich ernst: Nielsen ist für mich die wichtigste dänische Persönlichkeit.


    :D Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!



  • Diese Aufnahme des Nielsen-Konzerts mag ich sehr gerne. Dunkel getönt, sowohl orchestral wie auch solistisch drängend und intensiv gestaltet (das gilt übrigens auch für das Sibelius-Konzert, aber das ist ja nicht Gegenstand dieses Threads)


    Grüße
    Garaguly

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