Arena die Verona: Carmen auf Arte

  • Der gestrige Abend hat mich wieder mal darin bestätigt , das es Oper als Gesamtkunkstwerk nicht mehr oder relativ selten gibt. Allein wegen der hervorragenden Inszeneirung habe ich bis zum Schluss durchgehalten, obwohl manche Kostüme der männlichen Statisten aussahen wie aus dem Piratenfilm: Fluch der Karibik. Das Dirigat unter Henrik Nanasi plätscherte so vor sich hin und ich habe selten einen sol langweiligen zwas eiten Akt gehört. Bei den Sängern war ich vor allem von Carlos Alvarez ( von dem hab ich diese Spielzeit fast gar nichts gehört, singt er denn noch an der Wiener Staatsoper ? ) positiv überrascht. Er hat einen sehr schön geführten Bariton. Wie bei vielen Carmen Aufführungen konnte die Michaela von Irina Lungu mit einem sehr schönen lyrischen Sopran punkten. Aber die beiden Sänger der Hauptpartien ? Carlos Ventre kraftmeierte sich durch den Abend und wäre ich Carmen hätte ich mich auch für Escamillo entschieden. Wenn ich da an den jungen Carreras denke. Das war ein Don Jose stimmlich und vom Aussehen her. Und Frau Semenchuk war genau das Gegenteil von einer rassigen südliändischen Carmen und erinnerte mich mehr an die Köchin aus meiner Lieblingsserie Upstairs Downwtairs (Das Haus am Eaton Place) Mrs. Bridges. Da war Frau Gerlach ja noch erotischer. Und das das Publikum im vierten Akt beim Auszug von Escamillo mitklatscht hab ich auch so noch nicht gehört. Am Sonntag überträgt Classica den Maskenball von Verdi aus Verona. Da sollen die Sänger besser sein, aber die Regie modern.

  • Sehe ich genau so. Ventre griff mit seinen Schluchzereien in die unterste Mottenkiste dessen, wofür der Verismo oft verschrien ist. Das war teilweise schon fast gebrüllt, völlig frei von subtiler Charakterzeichnung.. Ab der Desertion zur Räuberbande sah er aus wie dieser komische Schweizer Hellseher Mike Shiva ;)
    Eine so matronenhafte Carmen habe ich auch lange nicht gehört und gesehen (und ich meine damit nicht die Figur von Frau Semenchuk).
    Und die Musik: Für meinen Geschmack reichlich uninspiriert und "lahm".
    Das Publikum: Na ja, da muss man nachsichtig sein. Da gehen viele hin, weil es ein "Highlight" im Marco Polo Reiseführer ist. ;)

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Verona im Fernsehen? Wie soll das funktionieren? Dort wird im Freien ohne Verstärkung gesungen, einjigermaßen gut zu hören sind wirklich nur Sänger mit großen tragfähigen Stimmen. Außerdem geht es dort weniger um das Gesamtkunstwerk Oper, sondern um ein Massenspektakel zur Touristenunterhaltung. Carreras' Stimme war, wenn ich micht recht erinnere, nicht so besonders tragfähig. Die Tenöre haben es in der Arena sowieso schwerer als die tieferen Männerstimmen (tiefe Stimmen werrden weiter übertragen als hohe). Der Arenaleitung bleibt eigentlich gar nichts anderes übrig, als Sänger zu engagieren, die mit den physikalisch bedingten Gegebenheiten einer Freiluftaufführung eingermaßen zu recht kommen. Nach Optik und Stimmschönheit kann man da wohl nicht unbedingt aussuchen. Das sind jedenfalls meine Erfahrungen aus dem letzten Jahre von Verona (Rigoletto und Aida). Einmal das Spektakel anschauen lohnt sich, man geht ja auch manchmal in ein Musical, mehr aber nicht (es sei denn, man liebt Spektakel).

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Die zehn Minuten, die ich hinein schaute, haben mir gereicht. Da waren aber alle Klischees unterwegs, die sich denken lassen. Und die musikalischen Leistungen - da stimme ich mit meinen Vorgängern in diesem Thread völlig überein - blieben im unteren Durschnitt. Wenn sich nur die Zuschauer gut amüsieren. Dafür ist Verona auch gedacht. Ich freue mich für sie. :) Zefirelli, den ich sehr verehre, ist nur noch der Name.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Carreras' Stimme war, wenn ich micht recht erinnere, nicht so besonders tragfähig. Die Tenöre haben es in der Arena sowieso schwerer als die tieferen Männerstimmen (tiefe Stimmen werrden weiter übertragen als hohe).


    Da muß ich leider widersprechen. Ich habe Carreras häufig live in der Staatsoper gehört, aber mangelnde Tragfähigkeit seiner Stimme konnte man ihm wirklich nicht nachsagen.


    Auch dass tiefere Stimmen tragfähiger wären als hohe, stimmt so nicht, denn intensiv schwingende Stimmen im höheren Frequenzbereich kommen leichter durch die Orchesterwogen. Man darf allerdings die Mächtigkeit der meisten Tieftöner nicht mit deren Tragfähigkeit verwechseln.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Milletre
    In der Oper schon, hat oder hätte das aber für die Arena gereicht? Domingo war kräftiger bei Stimme als Carreras. Carreras gehörte für mich nicht zu den großen Drei, da war Bonisolli davor. In einem Fernsehexperiment wurde einmal überprüft, wie weit die Instrumente im Freien tragen, die tiefen Instrumente waren viel weiter weg zu hören. In Verona war mir aufgefallen, dass Ambrogio Maestri ganz gut im Rund zu hören war (Amonasro), auch Leo Nucci (Rigoletto), im Gegensatz zu dem sich sehr anstrengenden Marco Berti (Radames) oder Saimir Pirgu (Herzog), der nur schwer zu hören war.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv