"Nun kommt mal 'ne falsche Note. Schad't ja nichts" — Ist Perfektionismus in der Musik ein Irrweg?

  • Das oben genannte Zitat stammt von keinem Geringeren als Otto Klemperer. Bei den EMI-Aufnahmen zum "Don Giovanni" 1966 wurde er auf einen Verspieler hingewiesen und dass man die entsprechende Stelle nochmal aufnehmen müsste. Daraufhin brach es aus dem 81jährigen heraus:


    "Dafür sind S' ja 'n Mensch! Mein Gott! Nun kommt mal 'ne falsche Note. Schad't ja nichts. Ich find's kein Unglück, wenn mal 'ne falsche Note kommt."


    Damit lässt sich Klemperer wohl entgegen heutiger Annahmen auch in die Reihe der intuitiven Dirigenten einordnen, denen der Ausdruck über die Perfektion ging. Im Studio mussten sich diese Dirigentenpersönlichkeiten plötzlich umstellen. Da wurde für die Ewigkeit festgehalten, daher sollten Fehler eben vermieden werden. Klemperer hat sich damit arrangiert, auch wenn er sich über "diese [Tonträger-]Gesellschaften heutzutage" und ihren Perfektionismus herrlich aufregen konnte.


    Auch Furtwängler und Horenstein gehörten zu diesem Schlag. Man merkt geradezu, dass ihnen die Live-Momente viel mehr gaben und die Live-Mitschnitte bis auf wenige Ausnahmen vorzuziehen sind. Den Extremfall der Alten stellt Knappertsbusch dar, der geradezu eine Aversion gegen zuviel "sch... Geprobe" hatte und sich bekanntlich auch nicht scheute, seinen Unmut gegenüber der Decca offen zu äußern, was in der geplanten "Ring"-Aufnahme zum Eklat und zum Abbruch des Projektes mit diesem Dirigenten führte (Solti sprang ein). Celibidache ging gleich gar nicht erst in ein Studio. Er dürfte der letzte gewesen sein.


    Das "perfekte Studioprodukt" hat dann Karajan zur Vollendung gebracht. Fortan galten die anderen Dirigenten als ungenau oder gar "Schlamperer". Und doch, heute, wo wir auch die Live-Aufnahmen Karajans vorliegen haben, sind diese im direkten Vergleich trotzdem vorzuziehen.


    Ist dieser ganze Perfektionismus letztlich ein Irrweg? Ist das nur mehr ein steriles Kunstprodukt, das aus hunderten Einzelteilen zusammengeschnitten wurde und manchmal auch so klingt? Entsteht Musik nicht eigentlich im Moment der Aufführung?


    Mittlerweile geht man ja offenbar wieder dazu über, live mitzuschneiden, oft an mehreren Tagen, und daraus gewissermaßen die Vorzüge einer Live-Aufnahme mit den Vorteilen einer Studioaufnahme zu kombinieren. Ein guter Kompromiss?


    Liebe Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich würde nicht sagen Irrweg. Aber es verfälscht den Eindruck. Tonaufnahmen entstehen heute mit einer unglaublichen Anzahl von Schnitten. Selbst Karajan pflegte das bereits. Und ich frage mich mitunter, ob der mir eher unsympathische Karajan-Klang nicht genau daher rührt. Freilich: heutige Orchester spielen erheblich besser und auch die Solisten sind in ihrem Handwerk perfekter. Pianisten wie Edwin Fischer oder Samson Francois waren Könige des Verspielens. Dennoch überdauern ihre Aufnahmen bis auf den heutigen Tag (von Samson Francois gibt es sogar den Ausspruch: "Laisse-moi mes fausses notes", er hat damit regelrecht kokettiert). Zu denken mag der etwas boshafte Ausspruch Arthur Rubinsteins geben, der da festsellte: "Die jungen Musiker spielen besser als ich es jemals gekonnt hätte und ich kann mir nicht vorstellen, dass man noch besser spielen kann. ich frage mich nur: wann fangen die an Musik zu machen?"


    Die Authentizität der heute veröffentlichten Live-Aufnahmen der alten Garde rührt wohl daher, dass man am Gesamtklang ein wenig arbeitet (bei Rundfunkaufnahmen sollte das Ausgangsmaterial immerhin mindestens vernünftiges mono sein), nicht aber an dem Mitschnitt alös solchem. Schmisse und falsche Noten sind da nicht ungewöhnlich (im Fall Horenstein auch bei den frühen Studio-Aufnahmen, da die aus Kostengründen in einem Rutsch aufgezeichnet wurden). Heute werden auch die live-Aufnahmen nachbearbeitet und falsche Töne herausgeschnitten. Wer's authentisch mag, der sollte tatsächlich live-Übertragungen mitschneiden. Und sich vielleicht hernach das Vergnügen machen, den offiziellen Mitschnitt zum Vergleich zu hören.


    Man kann Deine Frage, lieber Joseph, durchaus in die Richtung verstehen, ob derjenige, der weitestgehend Musik aus der Konserve hört, nicht einem artifiziellen, technisch optimierten Phänomen aufsitzt. Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, dass Gerhard Oppitz seinerzeit mit dem kompletten Brahms-Zyklus auf Tour ging, nachdem er ihn zuvor auf CD eingespielt hatte. Nach dem ersten Abend war ich außerordentlich von Spiel und Interpretation angetan und hatte mir selbstverständlich die GA gekauft (und auch signieren lassen). Die Konserve allerdings klang nicht so vital, so daß ich immer wieder auf die alte Einspielung mit Julius Katchen zurückgreife.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Also, wenn man sich schon die Mühe macht und den finanziellen Aufwand treibt, Orchester, Solisten und Dirigenten ins Studio zu bringen, sollte das Produkt so perfekt wie möglich sein. Der alte Klemperer hatte halt keinen Bock, die Stelle noch mal zu spielen. Wobei eine Korrektur von einer Note ja vielleicht auch ohne den Stardirigenten möglich gewesen wäre. Aber bei einer Studioaufnahme erwartet man das einfach.


    Ob man überhaupt Studioaufnahmen braucht, ist eine ganz andere Frage. Und die beurteilt sicher jeder anders. Als häufiger Hörer technisch extrem anspruchsvoller Streichquartette würde ich für diesen Bereich die Frage auf jeden Fall mit JA beantworten. Bei Opernaufnahmen gefallen mir allerdings häufig Livemitschnitte von sog. "Sternstunden" besser. Und bei Orchesterwerken oft auch (z.B. Bernsteins DGG-Aufnahmen, die ja fast alle m.o.w. live sind.). Wenn man nicht merkt, dass aus mehreren Konzerten zusammengeschnitten wurde, habe ich damit auch kein Problem.

  • Hallo,


    ich denke, daß man zwischen Live-Aufnahmen und Studioaufnahmen insofern unterscheiden muß, als bei Live-Aufführungen Patzer durchaus erwartet werden können/müssen und sogar in gewisem Maße den Live-Charakter einschl. evtl. Publikums- oder Bühnengeräusche unterstreichen.
    Studio-Aufnahmen haben von vorneherein einen anderen Charakter; hier sind Spielfehler/falsche Noten etc. störend, so wie bsp. Fettflecken auf einer Promotionsurkunde o.ä.. Man kann natürlich Studioaufnahmen wegen ihrer besonderen Produktionsbedingungen als steril im Vergleich zu Live-Aufnahmen betrachten.
    Andererseits kann ein deutlich hörbarer Fehler bei jedem Wiederhören der Aufnahme auf Dauer lästig und störend wirken; insofern ist verständlich, daß sowohl viele Künstler als auch die Tonmeister höchstmögliche Perfektion anstreben.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Ich bezvorzuge im Opern und auch im Konertbereich Livemitschnitte, da sie wesentlich authentischer sind. Denn auch bei einer angeblich so perfekten Studioproduktion kann auch gemogelt werden. Ich meine hier mal gelesen zu haben, das die Stimme von einem Tenor für ein Album eingespielt worden ist, obwohl er gar nicht bei den Aufnahmen anwesend war Und beweisen müssen sich Orchester bzw Sänger letzendlich bei einem Liveabend vor dem Publikum. Da bringt es nicht sehr viel wenn im Studio alles perfekt ist, oder man eine Wahnsinns Stimme hat und live feststellt, das die Stimme in Wirklichkeit viel kleiner ist .

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  • Ich bezvorzuge im Opern und auch im Konertbereich Livemitschnitte, da sie wesentlich authentischer sind. Denn auch bei einer angeblich so perfekten Studioproduktion kann auch gemogelt werden.


    Grundsätzlich hast Du recht, lieber rodolfo, aber "live" ist nicht gleich "live" und auch dort kann gemogelt werden.
    Es gab z.B. Live-Aufnahmen, bei denen die letzten Takte im Studio neu entstanden, um den Schlussapplaus zu entfernen.
    Oder aber es handelt sich um Zusammenschnitte verschiedener Konzerte, bei denen man sich, wie im Studio, die "besten Stellen" ebenfalls zusammenschneiden kann.


    Wahrhaft authentischer sind Mitschnitte eines Konzertabends mit all den Risiken, aber auch all den Chancen, die man im Studio nicht hat.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Also, wenn man sich schon die Mühe macht und den finanziellen Aufwand treibt, Orchester, Solisten und Dirigenten ins Studio zu bringen, sollte das Produkt so perfekt wie möglich sein. Der alte Klemperer hatte halt keinen Bock, die Stelle noch mal zu spielen. Wobei eine Korrektur von einer Note ja vielleicht auch ohne den Stardirigenten möglich gewesen wäre. Aber bei einer Studioaufnahme erwartet man das einfach.


    Grundsätzlich richtig; es macht allerdings schon einen Unterschied, ob eine falsche Note ausgetauscht wird, oder aber ob in einem einzelnen Sinfonie-Satz zahllose Korrekturschnitte gemacht werden. Da ist für mich der Weg zu synthetisch herstellbaren Musik nicht mehr weit. Gepfuscht wurde allerdings auch schon in Zeiten, als man noch nicht so ohne weiteres schneiden konnte. Furtwänglers "Tristan"-Aufnahme etwa: die nicht mehr ganz junge Kirsten Flagstad traf eine Höhe im zweiten Aufzug nicht mehr. Elisabeth Schwarzkopf stand deshalb bei der Aufnahme neben der Flagstad und half exakt mit diesem Ton aus.


    Später war es bei Opernaufnahmen nicht ganz ungewöhnlich, dass Operngesamtaufnahmen in verschiedenen Studios entstanden: das Sänger-Ensemble war für eine Aufnahme nicht zwingend im selben Studio. Man schickte die Bänder von a nach b und schnitt hinterher alles zusammen. Zum Vorgehen bei live-Aufnahmen sind hier auch schon ein paar Anmerkungen gefallen.


    Man bekommt die Aufnahmen nicht anders. Aber mir scheint, dass der Reiz vieler der alten Aufnamen gerade darin liegt, dass sie zumeist völlig ungeschminkt sind.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • Studioaufnahmen entstanden ja zu Beginn vor allem deshalb, weil man die Akustik anders nicht in den Griff bekommen hätte. Man versuchte naturgegebene Verfälschungen des Klanges auszuschalten und zu vermindern, einen synthetischen Raum und Hall zu schaffen, der auf Tonträger natürlicher wirkte, als ein natürlicher, der unter Konzertsaalbedingungen zustande kam. Persönlich liebe ich diesen "sterilen" und "perfekten" Klang - leider beherrschten ihn nur wenige Tontechniker. Und es gab auch Pianisten etc, welche Studios als "Folterkammer" empfanden. Heute ist es durchaus möglich, wenn die Rahmenbedingungen einigermaßen stimmen auch live zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen.
    Ob man "menschliche Fehler" zulässt oder sie ausmerzt ist in letzter Konsequenz eine Frage des persönlichen Charakters. Perfektionisten, die gern alles vorbereiten und bis ins letzte Detail planen können an den Rand es Wahnsinns getrieben werden, wenn auch nur die geringste Abweichung vom Ideal auftritt. Spontane Menschen indes nehmen Fehler und Überraschungen nicht so wichtig, sie fühlen sich durch perfekte Dinge (und Interpretationen etc) eher eingeengt.
    Mich stören Fehler im Konzert nicht sonderlich - aber ich will sie nicht auf einer Tonaufzeichnung immer wieder hören müssen - ähnlich jener Zeit wo ich bei Vinylplatten immer wieder schmerzhaft verkrampft zusammenzuckte, wenn "ein Kratzer" eine gewisse Stelle immer wieder (zer)störte.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sagitt meint:


    Kürzlich schrieb ich zur Johannes-Passion mit Rattle aus er Berliner Philharmonie. Der Wohin-Chor bei der Eilt Arie ist gründlich daneben gegangen. Live. Zwar ist die Aufnahme bearbeitet worden, aber nicht dieser Mangel. Da ist vielleicht Rattle zu wenig Kantor, die Schwierigkeit dieser Stelle richtig einschätzen zu können. Das bleibt jetzt ewig stehen. Oder?

  • Hallo,


    es gibt ja viele Geschichten über Patzer in Live-Aufnahmen und den Umgang hiermit.
    Ein bekanntes Beispiel ist Horowitz´Come-Back in der Carnegie-Hall nach langer Konzertpause. Hier unterlief ihm gleich zu Beginn in einer Bach/Busoni- Bearbeitung ein massiver Verspieler. Diesen versuchte die RCA bei der Veröffentlichung der Schallplatte so gut wie möglich zu korrigieren, was aber nicht richtig gelang. Besser wäre es gewesen, den Patzer unbearbeitet zu lassen in diesem sonst großen und bewegenden Konzert.


    Auch Fehler und Nebengeräusche in Live-Aufnahmen können sehr störend wirken, wenn man die Aufnahme öfter hört, worauf Alfred hingewiesen hat.
    Meine erste Gesamtaufnahme einer Wagneroper, mit der meine Karriere als Schallplattensammler begann - ich war noch Gymnasiast - war der Fliegenden Holländer unter Sawallisch aus Bayreuth 1961. In der Ouvertüre gab es einen deutlich vernehmbaren Huster aus dem Publikum. Jedesmal, wenn man diese Aufnahme hörte, lauerte man auf den Huster an dieser Stelle. Als diese Aufnahme in den Achtzigern erstmals auf CD erschien, war das Geräusch fast vollständig eliminiert worden; jetzt bedauerte ich dies fast, wohl aus nostalgischen Gründen. Warum allerdings Philips das Masterband ncht bereits bei der Erstveröffentlichung der Schallplatte entsprechend bearbeitet hat, ist für mich unverständlich.
    Ein anderes Beispiel ist die DECCA- Aufnahme des Peter Grimes unter Britten selbst. Hier ist deutlich ein Düsenflugzeug zu hören! Hier wäre aber m.E. eine Korrektur technisch wohl kaum möglich gewesen ohne in die musikalische Struktur einzugreifen; hier hätte man die Stelle im Studio neu aufnehmen müssen.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

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  • Auch wenn es mit falschen Noten nichts zu tun hat und wo wir schon dabei sind:


    In etlichen Studioaufnahmen meine ich mich an deutlich vernehmbare Fahrzeuggeräusche zu erinneren. Konkret glaube ich Ormandys Aufnahme der Siebten von Beethoven im Kopf zu haben. Es ist dezent, aber zumindest über Kopfhörer hörbar. Und es soll doch auch Aufnahmen geben, wo man die (Londoner?) U-Bahn öfter mal vernimmt.


    Bei solchen Studioprodukten, die perfekt sein wollen (ohne es natürlich zu sein), stört es mich eher als in Live-Aufnahmen wie dem 5. Klavierkonzert mit Walter Gieseking, wo man deutlich die Flak im Hintergrund vernehmen kann. Irgendwie verleiht das der Aufnahme sogar eine noch viel gespenstischere Atmosphäre. Oder man denke an den Eklat in Klemperers Budapester "Lohengrin", wo er die Aufführung beinahe abgebrochen hätte, nachdem das Publikum ein Da capo der Gralserzählung erzwingen wollte.

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich glaube schon, daß die Erfahrung im Studio den Umgang mit Musik entscheidend beeinflußt haben. Ich selbst als "Amateur" habe mich mal aufgenommen. Am Klavier sitzend empfand ich eigentlich alles richtig gemacht zu haben. Die Aufnahme abgehört meinte ich dann: Das ist alles viel zu langsam - und habe es nochmals versucht! Sich selbst quasi über die Aufnahme "objektiv" zu hören ist eine neue Erfahrung. Die Situation im Studio ist eine andere - es werden Dinge, Kleinigkeiten hörbar, die unangenehm auffallen können. Was man bei einem Konzert dem Augenblick zuschreibt - gewisse zufällige Eigenwilligkeiten - in der Studio-Aufnahme sind sie unverzeihlich. Man erwartet eine "endgültige" Aufzeichnung. Natürlich verändert das den Umgang des Interpreten mit der Musik. Das muß nicht Sterilität bedeuten. Im Gegenteil. Ein intuitiv geschriebener Roman muß nicht in jeder Zeile perfekt abgewogen ein. Anders ist es bei Lyrik. Da fällt die kleinste Ungenauigkeit - in der Komposition und beim Rezitieren - auf. Die Arbeit im Studio kann da die Sensibilität erhöhen und hat es wohl auch. Ich sage gerne: In den Anfangszeiten der Schallplatte spielten die Interpreten im Studio noch wie im Konzert, später ist es genau umgekehrt! :) Heute sind die Live-Aufführungen auch schon derart (fast) perfekt, daß man die Studio-Produktionen gar nicht mehr braucht und sie deshalb wegen der Lebendigkeit oft bevorzugt.


    Falsche Töne bei Samson Francois oder bei seinem Lehrer Alfred Cortot (!) gibt es zuhauf. Ihnen verzeiht man sie aber gerne. Ich glaube, nicht die Studioaufnahmen sind der Grund für vermeintliche Sterilität, sondern die Wettbewerbe, wo man rausfliegt, wenn man falsche Töne spielt. Das führt zu einem "Sicherheitsdenken", während selbst die großen Techniker wie Horowitz, Gilels z.B. im Konzert gerne etwas riskiert haben und dafür auch falsche Noten in Kauf nahmen. Sterilität entsteht nicht durch Perfektion - Perfektion hat man oder man hat sie nicht. Wer Perfektion wirklich besitzt, für den ist sie einfach selbstverständlich wie das Sprechen einer Sprache, wo man die Grammatik intuitiv beachtet. Sterilität entsteht aus Zwang, ein Risiko vermeiden zu müssen, was die Inspiration tötet.



    Den Extremfall der Alten stellt Knappertsbusch dar, der geradezu eine Aversion gegen zuviel "sch... Geprobe" hatte und sich bekanntlich auch nicht scheute, seinen Unmut gegenüber der Decca offen zu äußern, was in der geplanten "Ring"-Aufnahme zum Eklat und zum Abbruch des Projektes mit diesem Dirigenten führte (Solti sprang ein). Celibidache ging gleich gar nicht erst in ein Studio. Er dürfte der letzte gewesen sein.

    Celibidache war ein Perfektionist und Probenfanatiker. Warum er nicht ins Studio ging, hatte philosophische Gründe. Er hielt eine Aufführung für unwiederholbar und an den Raum gebunden. Für ihn muß das Tempo von der Musikkonserve abgehört "falsch" werden, wenn es nicht mehr in dem Raum, für den es gewählt wurde, auch erlebt wird! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Derzeit beschäftige ich mich wieder einmal mit Elisabeth Schwarzkopf und finde mich dabei auch in diesem schönen Thema aufgehoben. Bei kaum einer anderen Sängerin ist nach meinem Eindruck der Unterschied zwischen Studio und live so aufgeprägt wie bei ihr. Es ist, als würde sie in ihren bedeutenden Jahren in zwei verschiedene Sängerinnen zerfallen. Auf der Bühne und auf dem Konzertpodium mehr Unmittelbarkeit, mehr Zufall, mehr Mühe, mehr Riskantes, vor den Mikrophonen eine regelrechte Sucht nach Vollendung und Perfektion. Die Neuanschaffung dieses Albums

    ist dafür ein beeindruckender Beleg. Es handelt sich um den Mitschnitt eines Konzertes von 1962 bei den Salzburger Festspielen, das auch wegen Istvan Kertész mit Beethoven und Bartok wärmstens zu empfehlen ist. Im ersten der "Vier letzten Lieder" verhaspelt sich die Schwarzkopf dahin gehend, dass sie "in dämmernden statt in dämmrigen Grüften" singt. Und das passiert ihr in Salzburg! Die Lieder gehörten zu ihren Kernrepertoire. Sie hat sie sehr oft gesungen. Die Veröffentlichung auf CD hat den Lapsus nun sogar verewigt. Schlimm? Nein! Vielmehr Ausdruck dessen, dass Musik eine sehr menschliche Kunst ist, von Menschen für Menschen gemacht. Daran muss ich immer denken, wenn ich Musik höre. Ich habe mich nie gestört an einer falschen Note, an einem falschen Wort. Schließlich gibt es genügend Dokumente, in denen alles richtig ist und die nicht allein deshalb die beeindruckender sein müssen. Das Zitat von Klemperer, mit dem Joseph II. den Thread eröffnete, kann für mich nur die Einsicht eines wahrhaft genialen Musikers sein. Ein mittelmäßiger sagt so etwas nicht. ;)


    P.S.



    Ein Wort noch zu den Liedern. Es ist ein Wunder, dass die Schwarzkopf nach dieser insgesamt grenzwertigen Leistung (damit meine ich nicht nur den verpatzten Einstieg) drei Jahre später im Studio mit George Szell eine vollendete Einspielung hinbekommt, die ich auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen würde.

    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Sagitt meint: Die Verspiel-Weltmeisterin Elly Ney, die Florence Foster Jenkins des Klaviers, hat des Schlechten allerdings zu viel getan.
    Von dem begleitenden Dirigenten erfuhren wir, dass keine Aufnahme des 2ten Brahms-Konzerts zustande kam, die fehlerfrei, also veröffentliche Heliodor in den fünfziger die Version mit dem deutlichen hörbaren Miß-Griff gleich in den ersten Aufgängen.


    Leider hat ihr niemand geraten, sich nicht SO zum Gespött zu machen.


    Als ich Elly Ney hörte, da war sie schon ganz schön alt, hätte auf den Plakaten stehen müssen, Sonate XYZ nach Komponist ABC.

  • Sagitt meint:


    Reichlich Material und Ausführungen dazu bei Jonathan Biss, Beethovens Schatten. Arthur Schnabel, auf mulmig pauschales Spiel angesprochen, meint lakonisch: besser würde es vielleicht werden...aber nicht so gut!


    Biss beschreibt die Entwicklung hin zum perfekten Spiel, bedauert zugleich den dadurch eintretenden Verlust musikalischer Dimensionen.

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  • Zitat

    "Dafür sind S' ja 'n Mensch! Mein Gott! Nun kommt mal 'ne falsche Note. Schad't ja nichts. Ich find's kein Unglück, wenn mal 'ne falsche Note kommt."

    Mit dieser Einstellung befindet sich Klemperer ja in allerbester Gesellschaft. Beethoven tadelte seine Schüler nicht für falsche Noten, aber den seines Erachtens falschen Ausdruck bzw. fehlenden Ausdruck.



    Zitat von Joseph II.

    Ist dieser ganze Perfektionismus letztlich ein Irrweg? Ist das nur mehr ein steriles Kunstprodukt, das aus hunderten Einzelteilen zusammengeschnitten wurde und manchmal auch so klingt? Entsteht Musik nicht eigentlich im Moment der Aufführung?

    Ich haben den Eindruck, die Pianisten, die sich dem Augenblick hingeben (man könnte auch sagen: ausliefern), bringen mehr Aufnahmen heraus, die bei mir auch ganz "ankommen und bleiben". Gerade gehört, das Richter Recital Sofia 1958. Was machen denn ein paar kleine Verspieler gegenüber einem grandiosen Gesamteindruck. Ähnliches gilt für das berühmte Horovitz Berlin-Konzert. Live und Studio sind zwei sehr unterschiedliche Herausforderungen: ich meine, daß die Motivation live höher ist, man daher auch mehr Risiko auf sich nimmt, natürlich besteht die Gefahr, daß es schon einmal aus dem Ruder läuft (habe ich einmal bei Rattle erlebt, der sich so enthusiastisch in Rage dirigiert hatte, daß ihm das Konzert kurz entglitt), im Studio besteht m. E. eher die Gefahr, dynamische Spektren zu verkleinern.
    Das Streben nach Perfektion ist etwas Natürliches, nur versteht jeder darunter etwas anders. Aber: wenn etwas wirklich steril klingt, kann es nach meinem Empfinden keine perfekte Musik sein.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Noch ein köstliches Zitat des alten Klemperer aus der Dokumentation "Otto Klemperer's Long Journey Through His Times", wo er sich über die Tonträgerindustrie auslässt:


    Zitat

    "Das ist ja alles nicht wichtig. Wenn mal ein Hornist ein bisschen Speichel auf die Lippen bekommt und ein Ton misslingt. Gott im Himmel! Wird sind ja Menschen, warum sollen wir nicht mal einen Fehler machen. Aber diese Gesellschaften heute. Ist ja schrecklich, diese ganz kleine Stückarbeit."


    Sowie aus einem Interview mit Peter Heyworth:


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo,


    von Klemperer gibt es auch die folgende Ankdote:
    Ihm wurde die technische Einrichtung der Abbey-Road-Studios der EMI vorgeführt einschließlich der verschiedenen Möglichkeiten der Herstellung und Bearbeitung des Masterbandes einschließlich Schnitttechnik etc. Daraufhin Klemperer, zu seiner Tochter gewendet : "Siehst Du, Lotte, alles Schwindel!"


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Ich bezvorzuge im Opern und auch im Konzertbereich Livemitschnitte, da sie wesentlich authentischer sind.

    Ich auch und so lässt z.B. Rudolf Buchbinder nur noch Live-Mitschnitte zu, die sind bei ihm allerdings fehlerfrei, anders wie die hier genannte Elly Ney, die mich dennoch wegen ihrer Musikalität meistens überzeugt. Auch die unvermeidlichen Huster sind bei Liveaufnahmen heutzutage im allgemeinen verschwunden.
    Es gibt auch Patzer in Studioaufnahmen, mir fällt da gerade das Konzertstück für vier Hörner und Orchester von Schumann mit dem Gewandhausorchester und Franz Konwitschny ein, wie die Hörner da intonieren, da tun mir meine Ohren weh!



    Zitat

    Mich stören Fehler im Konzert nicht sonderlich - aber ich will sie nicht auf einer Tonaufzeichnung immer wieder hören müssen - ähnlich jener Zeit wo ich bei Vinylplatten immer wieder schmerzhaft verkrampft zusammenzuckte, wenn "ein Kratzer" eine gewisse Stelle immer wieder (zer)störte.....

    Das stimmt auch, allerdings kommt es auf die Art des Fehlers an, bei einem schnellen Lauf auf dem Klavier kann schon mal etwas daneben gehen, was nicht unbedingt den Gesamteindruck beschädigen muss. Angestrebter Perfektionismus ist schon gut, denn wer will schlampiges Gespiele noch bezahlen wollen? Wichtig ist immer, was hinten herauskommt, so ein nicht unbekanntes Zitat eines früheren Bundeskanzlers.
    So viel nur von mir in aller gebotenen Kürze.


    Mit Grüßen
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Die Kommentare von Klemperer usw. zeugen natürlich auch von der gewissen Ratlosigkeit einer Zeitenwende gegenüber. Da war man vielleicht dem neuen Standard Perfektion eben doch noch nicht ganz gewachsen und hat nach Entschuldigungen gesucht? ;) Vergessen darf man auch nicht den Einfluß der Musik des 20. Jahrhunderts. Fehlende Perfektion bei Chopin mag noch interessant sein, aber bei Strawinsky oder Bartok ist sie ganz und gar unverzeihlich und wirkt einfach nur peinlich. Bezeichnend gibt es eine Karrikatur von Strawinsky als Dirigent, wo er vor dem Orchester steht und ein Metronom auf der Handfläche ticken läßt. :D Es gibt Musik, die ist relativ gutmütig, was fehlende Perfektion angeht, andere ist dafür gnadenlos.


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Im Grunde ganz einfach: Perfektion ist immer anzustreben, jedoch bei einer Liveaufführung kaum zu erreichen. Dafür hat diese die Spontaneität einer schöpferischen Geburt. Bei einer Studio-Aufnahme sollte jeder Fehler ausgemerzt werden, damit möglichst Perfektion erreicht wird. Ein verantwortungsvoller Dirigent wird mit seinem Orchester immer die höchst erreichbar Perfektion anstreben. Alles andere wäre ein zu geringer Anspruch.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Und wenn er es nicht schafft, lieber Hans, ein Werk zumindest Satz für Satz fehlefrei durchspielen zu lassen, dann sollte er vielleicht das Werk nicht aufnehmen. Da teile ich durchaus Old Klemps Unbehagen gegen das moderne Stückelwerk. Ein ganzes Werk ohne Unterbrechung durchzuspielen scheint indes zumindest bei Musik auf historischen Instrumenten schwierig zu sein. John Elliot Gardiner und das Orchestre Révolutionaire et Romatique hatte z.B. hatte in der Kölner Phill. 2010 arge Probleme mit Schumanns "Rheinischer" Sinfonie, da die Instrumente nach jedem Satz gestimmt werden mussten (und gegen Ende der Sätze auch hörbar war, dass das nötig sei).


    Bei Josephs Erwähnung der Nebengeräusche auch bei Studioaufnahmen konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Besonders im Salle Pleyel hat mann offenbar gerne bei geöffnetem Fenster aufgenommen und bei einzelnen Aufnahmen kann man, wenn man sich Mühe gibt, durchaus Vögel zwitschern hören. Das vorbeifahrende Auto kommt dann bei Schumann's "Papilons", gespielt von Samson Francois vor. Die Aufnahme mit der im Hintergrund ballernden Flak habe ich auch: sie ist immerhin eine der ersten stereo-Aufnahmen (ja doch es gab noch mehr davon, die allerdings alle nach dem Krieg in die Archive der Sowjetunion gewandert sind. Die genannte Aufnahme verblieb in Duetschland, wurde allerdings nicht offiziell veröffentlicht. Dir kuriserenden Mitschnitte waren alle mono. Bis das Original in den frühen 1990er Jahren tatsächlich stereo veröffentlicht wurde).


    Bei Elly's colosseum-Aufnahmen wurde wohl auch gestückelt, was die Technik zuließ. Einige der Schnipsel, die zu einer fertigen Sonate hätten zusammengefügt werden sollen, sind nämlich in der Elly-Ney-Box von colosseum veröffentlicht worden.


    Live habe ich vor einigen Jahren einen kapitalen Fehlgriff von Aldo Ciccolini zu Beginn des 3. Satzes der Waldsteinsonate erlebt. Der Abend wurde mitgeschnitten und später auch sogar im deutschen Rundfunk ausgestrahlt. Ohne jede Korrektur. Auch das gibt's.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Tonaufnahmen entstehen heute mit einer unglaublichen Anzahl von Schnitten. Selbst Karajan pflegte das bereits.


    Nein, das war eine Phase, die im Klassikbereich schon längst überwunden ist - Gegenbeispiele können nur mehr als Ausnahmen dienen. Bei Karajan würde ich um eine Konkretisierung bitten. Ich kenne nur Aussagen, dass der späte Karajan (ab ca. Ende der 60er-Jahre) seine Platteneinspielungen erstaunlich zügig und ökonomisch absolvierte. Es wurde sorgfältig geprobt, da die Plattenaufnahmen zumeist mit Aufführungsserien gekoppelt waren, aber im Studio sollen dann ungewöhnlich wenig Korrekturen angefallen sein.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Die Aufnahme mit der im Hintergrund ballernden Flak habe ich auch: sie ist immerhin eine der ersten stereo-Aufnahmen (ja doch es gab noch mehr davon, die allerdings alle nach dem Krieg in die Archive der Sowjetunion gewandert sind. Die genannte Aufnahme verblieb in Duetschland, wurde allerdings nicht offiziell veröffentlicht. Dir kuriserenden Mitschnitte waren alle mono. Bis das Original in den frühen 1990er Jahren tatsächlich stereo veröffentlicht wurde).


    Lieber Thomas,


    ist Dir da Genaueres bekannt?


    Ich las mal irgendwo, dass über 100 Stereoaufnahmen der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft in den letzten Kriegsjahren entstanden sein sollen, u. a. von Knappertsbusch und Furtwängler, aber auch einigen anderen. Wenn da nur ein Bruchteil in UdSSR-Archiven überlebt hätte ... Gar nicht auszudenken, was uns da noch für Entdeckungen bevorstehen könnten. Aber vielleicht hört sich Wladimir Putin ja diese schon längst privat an und lacht sich ins Fäustchen. :D Da der Mann Geschmack hat, würde ich es ihm sogar zutrauen. :pfeif:


    Liebe Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Thomas,


    ist Dir da Genaueres bekannt?

    Diese Aufnahmen, lieber Joseph, sind 1990 zurückgeführt worden. Zu den frühen stereo-Aufnahmen haben, wenn ich die damaligen Fernsehbilder richtig im Kopf habe, zwei Sätzer von Bruckner 8 unter Karajan gehört. Die Mehrzahl der Aufnahmen dürfte allerdings mono gewesen sein, aufgrund der damals neuen Technik der Vormagnetisierung der Bänder allerdings in sehr guter Aufnahmequalität. Einzelne der Aufnahmen scheinen zu Sowjetzeiten auf dem Label "Melodija" veröffentlicht worden zu sein, wie man in diesem Beitrag hier nachlesen kann:
    Schätze der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft "Nur zu Archivzwecken"


    Auf da Thema mit den Schnitten, lieber Theo, bin ich hier bei Tamino gestoßen, is aber auch schon ein paar Jahre her. Eines unserer Mitglieder hat bei verschiedenen Aufnahmen von Beethoven 9 die Anzahl Schnitte aufgelistet (mit damals Barenboim als unrühmlichem Beispiel). Den Beitrag finde ich allerdings leider nicht mehr wieder.


    Liebe Grüß vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Hallo,


    Glenn Gould hat zum Thema der Schnitte bei der Masterbandproduktion natürlich wieder einmal extreme Positionen vertreten. Liest man seine verschiedenen Statements hierzu, so kann man zu der Ansicht gelangen, es könnte ein ganzes Klavierstück nur aus Schnipsel einzelner Takte zusamengesetzt werden!
    In realitate hat sich Gould allerdings überhaupt nicht daran gehalten. Wie seine Produzenten und Tonmeister übereinstimmend sagten, hat er große Aufnahmestrecken ohne jeden Schnitt aufgenommen; dank seiner excellenten Technik waren auch kaum Verspieler zu korrigieren. In den verschiedenen Filmen, in denen er spielt und seine Werkauffassung erläutert, vertritt er die o. zitierte Ansicht auch keineswegs.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Sagitt meint:


    Mindestens Kadzin berichtet von anderen Praktiken Praktiken Goulds. Von den Präludium und Fuge in machte er sehr viele Aufnahmen Aufnahmen, konnte jeder dieser einzelnen auseinanderhalten und setzte daraus die Endfassung zusammen.

  • Hallo,


    es geht ja darum, daß nach Goulds Aussage eine Aufnahme aus vielen kleinen Schnipseln zusammengesetzt werden kann.
    Im Gegensatz hierzu hat er aber lange Takes aufgenommen; daß er die Endfassung aus diesen Takes erstellt hat, ist ja aus aufnahmetechnischer Sicht nur vernünftig, widerspricht aber seinen provokanten Äußerungen.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)


  • Lieber Joachim,


    ein alter Klemperer-Experte bat mich darum, das richtigzustellen:


    Man hörte im Studio ein Band ab, und in dem Satz gab es ein paar Fehler. Klemperer, der immer ganze Sätze spielen ließ und loslegen wollte, wurde daraufhin korrigiert, es sei nicht notwendig, denn in der vorigen Sitzung seien die Passagen gut gewesen und man würde die reinschneiden etc.


    Daraufhin meinte er dann: "Dann ist es ja gar nicht mehr meine Aufnahme!" Und zu seiner Tochter: "Lotte, ein Schwindel."


    Nachzulesen sei das Ganze im Buch "Kann der denn Partitur lesen?" von Suvi Raj Grubb persönlich.


    Liebe Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ein Hinweis denjenigen, die die Beiträg zu den Rundfunkarchiven suchen: sie sind nunmehr in einem eigenen Thread zu finden


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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