Cembalowerke (solo) des 17. und 18 Jahrhunderts

  • Parallel, bzw ergänzend zu folgendem Thread
    Der Klang des Cembalos
    starte ich heute einen, dessen Hauptaufgabe es sein soll Eurer Meinung nach empfehlenswerte Cembaloaufnahmen hier zu zeigen, idealerweise mit ein paar persönlichen Anmerkungen zum Klang und Eigenarten der Aufnahme, sozusagen ein aufzählender Thread. Im Gegensatz zu den Spezialthreads der allerberühmtesten Komponisten auf diesem Gebiet findet sich hier auch Platz für solche, wo es beispielsweise nur eine oder zwei CDs am Markt gibt, wo sich also aller Wahrscheinlichkeit ein eigener Thread nicht lohnt.
    Der Thread befasst sich mit Cembalowerken des 17. und 18 Jahrhunderts für Cembalo Solo, aber vereinzelt darf dieser Bereich auch geringfügig unter- bzw überschritten werden.


    Jeder Mitspieler kann beliebig viele Aufnahmen empfehlen - Indes
    PRO BEITRAG NUR EINE EMPFEHLUNG
    PRO TAG NUR EIN BEITRAG


    Das soll verhindern, daß der Thread "zu schnell brennt" bzw, daß allzuviel Information auf einmal geboten wird, die dann niemand liest.Der Cembalofreund findet hier eine Zusammenstellung von interessanten Aufnahmen und kann (idealerweise) auch kurz in die Samples hineinhören.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Cembalo ist ein oft geschmähtes Instrument, wobei seine speziellen Vorzüge gerne unterschlagen werden. Es muß natürlich das passende Instrument zum passenden Stück (bzw Zyklus) gefunden werden, dann kommt der zarte, durchsichtige, und dennoch liebliche Klang voll zum Tragen. Das ist auf dieser wunderbaren Aufnahme von Johann Christian Bachs sechs Sonaten für Cembalo op. 5 zweifelsohne der Fall. Leider berichtet uns das Beiheft - wie so oft in solchen Fällen, zwar, wer die Aufnahme verantwortet hat, nicht aber wer der Erbauer des auf dieser Aufnahme verwendeten Cembalos war....

    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Klaviersonaten von Joseph Haydn spielte Christine Schornsheim mit verschiedenen historischen Instrumenten (Cembalo,Clavichord,Hammerklavier) ein und erhielt dafür u.a. den Preis der Deutschen Schallplattenkritik (2-2005).
    Ich besitze diese Box mit 14 CDs seit ca. 6 Monaten und bin begeistert davon, zumal ich das Spiel auf den historischen Instrumenten dem Klang eines modernen Flügels vorziehe.

    mfG
    Michael

  • Zu Zeiten Francesco Geminianis (1687-1762) - und auch schon davor - brachten viele Komponisten Cembalosonaten auf den Markt um einen breiteren Publikumskreis zu erreichen, auch dann, wenn das Cembalo nicht das Hauptinstrument des Komponistenwar. Dabei bedienten sich manche - wie hier Geminiani - Themen aus eigenen älteren Werken, die dann vom Komponisten für Cembalo bearbeitet wurden. So geschehen auch bei dieser Sammlung von 13 Stücken aus dem Jahre 1742. Die Originalaufnahme wurde 1999 für RIVOALTO gemacht und 2012 von Newton Classics übernommen. Francesca Lanfranco spiel auf einem klanglich beeindruckenden Nachbau eines Cembalos von P.Taskin aus dem Jahre 1760. Die Kopie wurde erstellt von F. Hubbard.

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • ...zumal ich das Spiel auf den historischen Instrumenten dem Klang eines modernen Flügels vorziehe.


    Das ist nun ein wunder Punkt in meiner Rezeption; aber vielleicht bin ich da einfach zu festgelegt in meinen Hörgewohnheiten. Also mit Haydn-Sonaten auf Clavichord oder Hammerflügel habe ich meine Probleme; auf einem "richtigen" Cembalo könnte ich mir das noch eher vorstellen, so kurios das auch klingen mag. Es liegt ganz einfach an dem Klang der genannten Instrumente, mit dem mich ich trotz allem Bemühens nicht anfreunden kann. Ich besaß einmal eine Aufnahme des WTC, auf einem Clavichord gespielt, von der ich mich sehr schnell wieder getrennt habe, weil mir dieser "fiepsige" Klang auf Dauer auf die Nerven ging. Also das ist nichts für mich.
    Aber nun zurück zum eigentlichen Thema: Ich bin der Meinung, dass Händels Cembalo-Suiten ganz allgemein viel zu sehr vernachlässigt werden. Händel legt man so im Allgemeinen fest auf den Komponisten der Wasser-/Feuerwerksmusik, des "Messias'", zwei drei Opern, vielleicht noch ein oder zwei Orgelkonzerten. Dass er darüber hinaus auch bedeutende Cembalo-Werke geschrieben hat, ist im allgemeinen Bewusstsein nicht vorhanden, zumal ihn in dieser Hinsicht der "Schatten Bach" schlicht der Wahrnehmung entzieht. Ich habe die Doppel-LP mit den Suiten Nr. 1 - 9 in der Interpretation von Edgar Krapp in meinem Besitz, zum Glück noch in einem sehr guten technischen Zustand, denn diese Aufnahme ist anscheinend auf CD nicht mehr zu haben. Ich liebe diese Aufnahme sehr, weil sie völlig ohne irgendwelche Mätzchen oder Maniriertheiten auskommt und die Musik "pur" bietet; sie hat mir den Reichtum dieser Musik eröffnet. Ich habe jetzt leider aus zeitlichen und technischen Gründen nicht die Gelegenheit, auf Einzelheiten einzugehen, möchte aber trotzdem jedem Interessierten empfehlen, sich mit diesen Suiten auseinanderzusetzen, allerdings ohne den "wertenden" Seitenblick auf Bach, denn beide befanden sich, obwohl zeitgleich, in völlig unterschiedlichen und nicht vergleichbaren Arbeits- und Lebensverhältnissen, was sich notwendigerweise auch auf ihre jeweiligen und unterschiedlichen Kompositionsweisen auswirkte. Von dem Einen oder Anderen als dem besseren oder schlechteren Komponisten zu sprechen, ist deshalb meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt. Warum nun einer von beiden für die weitere Entwicklung der Musikgeschichte bedeutsamer wurde, ist wieder eine andere Frage.
    Viele Grüße und allen ein gesegnetes Osterfest,
    harry


  • Das ist nun ein wunder Punkt in meiner Rezeption; aber vielleicht bin ich da einfach zu festgelegt in meinen Hörgewohnheiten. Also mit Haydn-Sonaten auf Clavichord oder Hammerflügel habe ich meine Probleme; auf einem "richtigen" Cembalo könnte ich mir das noch eher vorstellen, so kurios das auch klingen mag.


    In Schornsheims Aufnahme werden meiner Erinnerung nach ein Clavichord (ca. eine CD), zwei verschiedenene Cembali (ca. 3 CDs) und zwei oder drei unterschiedliche Hammerflügel verwendet. Leider ist wohl nichts davon separat erhältlich. WENN man ein Interesse an unterschiedlichen historischen Instrumenten hat, könnte die Sammlung evtl. auch deswegen lohnen (wobei die Musik auch nicht zu verachten ist, aber da gäbe es ja auch Einspielungen auf dem modernen Flügel). Ich teile die Ansicht, dass ein Clavichord auf Aufnahmen problematisch ist (jedenfalls auf denen, die ich gehört habe).


    Zitat


    Aber nun zurück zum eigentlichen Thema: Ich bin der Meinung, dass Händels Cembalo-Suiten ganz allgemein viel zu sehr vernachlässigt werden. Händel legt man so im Allgemeinen fest auf den Komponisten der Wasser-/Feuerwerksmusik, des "Messias'", zwei drei Opern, vielleicht noch ein oder zwei Orgelkonzerten. Dass er darüber hinaus auch bedeutende Cembalo-Werke geschrieben hat, ist im allgemeinen Bewusstsein nicht vorhanden, zumal ihn in dieser Hinsicht der "Schatten Bach" schlicht der Wahrnehmung entzieht. Ich habe die Doppel-LP mit den Suiten Nr. 1 - 9 in der Interpretation von Edgar Krapp in meinem Besitz, zum Glück noch in einem sehr guten technischen Zustand, denn diese Aufnahme ist anscheinend auf CD nicht mehr zu haben. Ich liebe diese Aufnahme sehr, weil sie völlig ohne irgendwelche Mätzchen oder Maniriertheiten auskommt und die Musik "pur" bietet; sie hat mir den Reichtum dieser Musik eröffnet.


    Krapps Aufnahmen sind meines Wissens NIE auf CD erschienen; es waren vier LP-Doppel-Alben (und noch eine Platte mit Orgelwerken, sowie die Orgelkonzerte), die man gebraucht auch nach wie vor findet.


    Es gibt allerdings, jedenfalls von den bekannten 8 Suiten (1720) und der Chaconne, auch eine ganze Reihe guter Aufnahmen auf CD und im Forum einen eigenen Thread


    Zitat


    Warum nun einer von beiden für die weitere Entwicklung der Musikgeschichte bedeutsamer wurde, ist wieder eine andere Frage.


    Ja, man sollte JS Bach seine relative Obskurität für fast 100 Jahre nicht vorwerfen... ;)


    Eher auf das Instrument bezogen, empfehle ich folgende CD (das einzige berühmte Originalwerk darauf ist Händels Chaconne, die Arrangements aus den Telemann-Suiten sind aber auch sehr unterhaltsam). Die Klangmöglichkeiten dieses Riesenkastens sind erstaunlich und, wenn auch vielleicht manchmal gar zu viel des Guten, von "Gezirpe" weit entfernt.


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Dass er darüber hinaus auch bedeutende Cembalo-Werke geschrieben hat, ist im allgemeinen Bewusstsein nicht vorhanden, zumal ihn in dieser Hinsicht der "Schatten Bach" schlicht der Wahrnehmung entzieht.


    Sorry, aber Händels Cembalosuiten gehören zu den bekanntesten Kompositionen für Tasteninstrument aus dem Barock überhaupt. Einspielungen gibt es zahllose - sowohl am modernen Flügel als auch am Cembalo. Ohne nachgesehen zu haben, behaupte ich, dass Händels Werke in mehr Einspielungen vorliegen als die Rameaus oder Couperins. Uebrigens besteht Bachs musikhistorische Bedeutung in diesem Genre nicht darin die Englischen oder Französischen Suiten komponiert zu haben, sondern das WTK, ein Werktypus, der bei Händel gar nicht vorkommt. Die Nachwelt hat sowohl die Werke Händels als auch Bachs sehr selektiv wahrgenommen.

  • Ich freue - und wundere - mich, daß dieser Thread doch relativ gut angenommen wurde und zudem noch darüber hinausgewachsen ist, lediglich mehr oder weniger bekannte Werke, ihre Komponisten und Aufnahmen zu präsentieren.
    Daher möchte ich auch einen interessanten Nebenaspekt, der hier schon erwähnt wurde aufgreifen, nämlich das (angebliche) "Gezirpe" von Cembali, von manchen auch Als Klang von "Eierschneidern" bezeichnet, das bösartige Statement von Thomas Beecham erspare ich mir lieber. Cembali sind äusserst komplexe Instrumente und ihre Erbauer waren zu Lebzeiten weltberühmt, vergleichbar mit berühmten Geigenbauern. Unter Kennern sind sie es heute noch.
    Allerdings gibt es einen Spruch, der besagt, daß Geigen im Laufe der Zeit "reifen", Klaviere indes "sterben".Viele alte Cembali (wenngleich nicht alle) klingen - trotz Restaurierung - oft "klapprig" und nicht besonders klangschön. Andere indes haben sich -aus unerfindlichen Gründen - ihren unverwechselbaren Eigenklang erhalten.
    Als Alternative gibt es oft Nachbauten. ich habe mir oft die Frage gestellt, ob deren Klang weitrgehend identisch ist mit dem Klang des jeweiligen Originals zu Erbauerzeiten. (Darüber werde ich noch recherchieren - und ich weiß auch schon wo)
    Bei Geigen ist es ja so, daß der Originalklang mit Repliken nicht zu erreichen ist - und niemand weiß genau warum. ich würde hier aufs Alter tippen - aber genau weiss das vermutlich niemand. Nachbauten - ich hoffe sie sind historisch klanglich zumindest annähernd korrekt - klingen oft sehr frisch und bieten dabei einen sehr "persönlichen " Klang.
    Allgemein würde ich bei Barockmusik das Cembalo dem Klavier vorziehen, er gibt aber natürlich immer wieder Ausnahmen....
    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Viele alte Cembali (wenngleich nicht alle) klingen - trotz Restaurierung - oft "klapprig" und nicht besonders klangschön.


    Sehr angenehm ist der Klang der originalen Cembali (Ruckers), die Pieter-Jan Belder in seinen Aufnahmen verwendet. Unlängst habe ich mir zwei Folgen der Fitzwilliam Virginal Book Reihe gekauft, die mir ganz ausgesprochen gut gefallen. Da diese Werke fast alle um 1600 entstanden sind, passen sie auch gerade noch in diesen Thread:


  • Die "Eierschneider" der 30er bis 60er waren eben keine Kopien oder restaurierte Originale, sondern moderne Instrumente, die trotz Stahlrahmen und Register-Gimmicks vergleichsweise dünn klangen, bzw. vielleicht auch oft in zu großen Sälen oder mit zu großen Orchestern eingesetzt wurden. Im Gegensatz zu Hammerflügeln klingen in meinen Ohren die meisten Cembali auf Tonaufnahmen nicht klimprig. Oft sind die ja auch sehr "laut" aufgenommen. Ich muss zugeben, noch nicht oft ein Cembalo im Konzert gehört zu haben (und dann fast immer nur als Continuo in einem relativ großen Saal oder Opernhaus), aber vermutlich entspricht der Klang der meisten CDs eher dem Instrument in einem eher kleinen Raum.


    Das "Hamburg 1734" Instrument klingt aber noch einmal deutlich massiver und voller als die meisten anderen heute verwendeten Cembali (leider anhand der KLangschnipsel-Qualität meist nicht zu beurteilen). Details zu dem Instrument finden sich im Beiheft und es wurde im Forum auch schon einmal darüber diskutiert (ich weiß nur nicht mehr genau, in welchem Thread). Staier hat anscheinend auch die Goldbergvar. auf diesem Instrument aufgenommen und dafür fanden es etliche Kommentatoren zu "massig".

    Struck by the sounds before the sun,
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  • Das Problem von Aufnahmen dieser Instrumente sind nicht die Instrumente, nicht die Tontechniker oder die Raumakustik, sondern schlicht und einfach die CD-Besitzer. Die Aufnahmen werden in der Regel viel zu laut abgespielt, was zu einer Verfälschung des Klanges führt - ähnlich wie bei Lauten oder Gitarrenmusik. Ein Cembalo ist kein Konzertflügel sondern ein relativ intimes Instrument, das vorzugsweise in Salons und ähnlichen Räumen zu spielen ist. Es ist ausserdem kein "unausgereiftes Klavier" sondern ein völlig eigenständiges Instrument mit eigenem Klang und eigenen "Spielregeln" Wen ich weioter opben geschrieben habe, die Interpreten wären nicht die Verursacher von "schlechten Ergebnissen" bei Cembali, dann stimmt das natürlich nur teilweise. Einesteils wird gelegentlich mit Instrumenten aufgenommen, die zwar noch hübsch anzusehen sind - aber leider nicht mehr wirklich spielbar. Zum andern wird den Instrumenten als Entgegenkommen an den derzeit herrschenden Zeitgeschmack odt eine Dynamik abverlangt, die sich gar nicht zu leisten imstande sind.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    clck 179

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wen ich weioter opben geschrieben habe, die Interpreten wären nicht die Verursacher von "schlechten Ergebnissen" bei Cembali, dann stimmt das natürlich nur teilweise. Einesteils wird gelegentlich mit Instrumenten aufgenommen, die zwar noch hübsch anzusehen sind - aber leider nicht mehr wirklich spielbar. Zum andern wird den Instrumenten als Entgegenkommen an den derzeit herrschenden Zeitgeschmack odt eine Dynamik abverlangt, die sich gar nicht zu leisten imstande sind.

    Wie soll denn das funktionieren: Einem Cembalo eine Dynamik abverlangen, die das Instrument nicht zu leisten im Stande ist?
    ?(

  • Wie gesagt, im Gegensatz zu Hammerflügeln und Clavichorden sind mir bei Cembalo-Aufnahmen noch nie deutlich störende Nebengeräusche aufgefallen. Eine der schlechtest klingenden Cembalo-Aufnahmen ist die Goulds mit vier Händel-Suiten, da es sich erstens um ein "modernes" klangschwaches Cembalo handelt, zweitens Gould nicht gewohnt ist, so ein Instrument zu bedienen und anscheinend zu fest draufhaut und drittens das Ganze so direkt aufgenommen ist, dass man deutliche Klapper- und Spielgeräusche hört. Dagegen klingen zB die "Billigaufnahmen" mit Jaccottet, wohl in ihrem Wohnzimmer aufgenommen, aber auf einem originalen Ruckers-Instrument sehr gut.


    Ein Problem sind bei originalen Instrumenten manchmal zu direkte Aufnahmen. Die Händel-Aufnahmen von Kraus auf vier oder fünf verschiedenen Instrumenten des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg klingen für mich teils zu direkt, ohne Raum und mit manchmal deutlich vernehmbaren Tastengeräuschen.


    Abgesehen von gewissen Tricks wie Registern, Dämpfern, mehrfacher Bespannung hat ein Cembalo nur insofern Dynamik, dass 8 angeschlagene Saiten halt etwas lauter klingen als eine angeschlagene Saite (allerdings nicht achtmal, sondern nur knapp doppelt so laut, wenn ich recht erinnere). Damit ist das dynamische Spektrum eines Solo-Cembalos ziemlich begrenzt. Entsprechend kann, um Rauschabstand o.ä. zu optimieren, sehr "laut" aufgenommen werden, es ist auch keine Komprimierung wie beim Orchester notwendig. Auf meiner Anlage stelle ich für Orchesteraufnahmen die Lautstärke typischerweise auf 45-55, für Cembalo solo manchmal nur auf 32-35.


    Im Ggs. zum Clavichord oder Virginal ist ein Cembalo kein intimes Instrument. Ich habe das zwar noch nie im Live-Vergleich gesehen/gehört, aber schon mehrfach gelesen, dass bei CPE Bachs Doppelkonzert (Cembalo u. Fortepiano) oft nachgeholfen werden muss, weil ein Fortepiano von 1780 in der Lautstärke keine Chance gegen ein seinerzeitiges Cembalo hat. Keine Ahnung, ob das stimmt.


    In dem alten Cembalo-Thread haben sich Experten zB zu dem Staierschen "Hamburg 1734" und anderen Instrumenten ausgelassen.

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  • Zwar kann ich nicht behaupten, einen echten Überblick über die sehr umfangreiche Claviermusik (allein ca. 150 Sonaten) des diesjährigen Jubilars zu haben, von den 4 oder 5 CDs in meinem Besitz würde ich aber die folgende als erste empfehlen, zumal sie inzwischen auch wieder problemlos und preiswert einzeln erhältlich ist. (Etwa ein Drittel der Stücke wird auf dem Hammerflügel gespielt, der Rest auf dem Cembalo)


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  • Zitat

    Wie soll denn das funktionieren: Einem Cembalo eine Dynamik abverlangen, die das Instrument nicht zu leisten im Stande ist?


    Es funktioniert eben NICHT !
    Johannes Röhl beschrieb es mit einem kurzen Nebensatz in Bezug auf Glenn Gould "und anscheinend zu fest draufhaut"
    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Einige oder alle dieser Stücke gehören streng genommen vermutlich noch ins 16. Jhd. Ich nenne sie aber, weil sie meine favorisierte Auswahl mit Musik der englischen Virginalisten ist (obwohl ich irgendwann schwach wurde und den Byrd/Moroney-Klotz auch noch gekauft habe).
    Es wird auf zwei oder drei unterschiedlichen Instrumenten (Cembalo und Virginal) gespielt, auf ein oder zwei Stücken empfinde ich den Klang als "magisch", sehr viel weicher (beinahe flötenartig) als den typischen Cembaloklang (und klanglich beeindrucken mich auch die Instrumente bei Moroney nicht in der Weise).


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  • Einige oder alle dieser Stücke gehören streng genommen vermutlich noch ins 16. Jhd.


    Zumindest die Stücke von Gibbons sind ziemlich sicher schon 17. Jahrhundert, da er 1583 geboren wurde.


    Jetzt andere Baustelle:


    Seit einiger Zeit habe ich diese Aufnahme von Frobergers Strassburger Manuskripten, muss aber sagen, dass es bei mir bisher noch nicht *klick* gemacht hat. Ich finde die Musik etwas trocken.


  • Ja, Frescobaldi, Froberger, Louis Couperin stehen bei mir auch noch zur Wiedervorlage an, da mich die Musik größtenteils noch nicht allzu sehr begeistern konnte.


    Selbst wenn ich folgende CD nicht ganz so faszinierend finde wie die o.g. möchte ich eine weitere Pinnock-Anthologie (in LP-Länge) empfehlen, diesmal mit über 150 Jahren Spannweite von den Virginalisten bis zu Joh. Chr. Bach. Die Stücke von Croft und Arne dürften ziemliche Raritäten sein, die Händel-Suite ist dagegen eine der bekannteren und die Sonate des Bach-Sohnes inzwischen wohl auch in alternativen Aufnahmen erhältlich.


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  • Die hier abgebildete CD ist das gesamte Vermächtnis des Komponisten Pieter Bustijin (1649-1729) Neun Suiten für Cembalo Solo mit einer Gesamtspieldauer von knapp 80 Minuten. Alessandro Simonetto spielt ein Cembalo von William Horn (2008) nach einem Original von Johannes Ruckers (Antwerpen 1638) Ich finde die Einspielung in jeder Hinsicht gelungen, sowohl musikalisch, als auch aufnahmetechnisch...
    Und natürlich kommt auch hier der Vorteil des Nachbaus zum Tragen: Das Instrument ist in einem mustergültigen Zustand - so muß das original Instrument ca um 1645 geklungen haben...

    mit freundlichen Grüßen
    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikforum Wien

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  • Und weiter geht's mit diesem Thread, der vermutlich nur Spezialisten begeistern wird - für dieses aber eine Fundgrube sein sollte.
    ich habe eine CD mit 23 Stücken für Cembalo Solo ausgegraben - geschrieben von einem Komponisten, den nur wenige kennen dürften, es gibt nicht mal einen deutschsprachigen WIKIPEDIA- Eintrag zu diesem Meister. Giovan Battista FERRINI lebte von 1601-1674.
    Auffallend fand ich, daß seine Cembalostücke abwechslungsreicher und farbiger, ja fröhlicher klingen, als jene vieler seiner Zeitgenossen.
    Die gezeigte CD ist eine Wiederauflage einer bereits 1997 von TACET veröffentlichten (aber immer noch im Katalog befindlichen)CD.
    Die Aufnahme wurde (meiner Meinung nach zu recht) seinerzeit mit dem PREIS DER DEUTSCHEN SCHALLPLATTENKRITIK ausgezeichnet...
    Über die verwendeten Instrumente macht der Produzent indes keine Angaben..

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,


    ich beziehe mich auf den Beitrag Nr. 4 von Alfred und vergleiche die dort vorgestellte CD mit









    Es handelt sich bei dieser CD um eine willkürliche Auswahl aus 550 Sonaten.









    Obwohl beide Komponisten fast identische Geburts- und Sterbedaten haben, ist ihre Cembalomusik m. E. sehr unterschiedlich. D. Scarlatti war von Geburt auch Italiener wie Geminiani, verbrachte aber die meiste Zeit seines Lebens am span. Königshof und war dort (nur?) für die musikalische Ausbildung der Infanta zuständig – er schrieb zu diesem Zweck über 550 Sonaten für Cembalo (ein reicher Fundus für Cembalofreunde, die, ich habe ca. 10% gehört, sich kaum wiederholen – ein erstaunlicher Erfindungsreichtum!).


    Und so wie sich die Geburtssprache bei langem Aufenthalt in einem anderen Land als dem Geburtsland ändert, dürfte sich auch die musikalische Sprache ändern. Geminiani klingt für mich viel verspielter, was nicht bedeutet, das Scarlatti ernst klingt, aber er gibt seinen Sonaten mehr musikalisches Gewicht, sie sind inhalts- aussagereicher und weniger dem Amüsement gewidmet („oberflächlich“) wie bei Geminiani.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    ich beziehe mich auf Alfreds Beitrag Nr. 4 und die dort vorgestellte CD. Cembalo ist das deutsche Wort für Clavecin; es gibt aber auch die Meinung, dass Cembalo ein größeres (Tonumfang, Register usw.) Clavecin sei.


    Folgend nun kurze Statements zu einigen Stücken:
    1. Prelude: Lentement – die Transparenz des Cembalos wird auch in vergleichsweise tiefer Tonlage deutlich.
    2. Gayment – das Gegenteil zum vorigen Stück – der helle, silbrige Klang in den hohen Lagen harmoniert gut zu dem schnelleren Tempo und der beibehaltenen Transparenz, Ich weiß nicht in welcher Stimmung das Instrument gestimmt ist, gleichschwebend jedenfalls nicht; kleine Tonunreinheiten sind hörbar, was sicher nicht an einer etwas unsauberen Einstimmung liegt.
    5. Vivement – sehr lebhaft, allerdings, bedingt durch die Bauart des Instruments, ohne Dynamik; die normalerweise sofortige Dämpfung des angeschlagenen Tons kann durch ein Pedal z. T. aufgehoben werden.
    7. Amoureusement – die Durchgangsnoten und Verzierungen fallen nicht so auf (als wenn es auf einem Piano gespielt würde), da es hier notwendig ist um den kurzen Nachhall der Töne zu überbrücken.
    10. Minuet in G minor – Akkorde, über mehr als eine Oktave gehend, sind m. E. nicht das Klangfeld des Cembalos.



    Zu Alfreds Beitrag Nr. 8 verweise ich ganz allgemein auf meinen Beitrag Nr. 3 im Thread „Musikhochschule Nürnberg – Forum historische Musikinstrumente“.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Zit.: "Cembalo ist das deutsche Wort für Clavecin"


    Müsste es, lieber zweiterbass, nicht exakt heißen: "Cembalo ist die im deutschen Sprachraum gebräuchliche Kurzform des italienischen Wortes "clavicembalo", französisch "clavecin". ?
    (Nichts für ungut! Ich habe mich - in vielleicht kleinlicher Weise - an der Bezeichnung "deutsches Wort" gestoßen!)

  • Ob es eine Kurzform ist, mag dahingestellt sein - "die im deutschen Sprachraum gebräuchliche Bezeichnung" ist aber bestimmt richtiger als "deutsches Wort".

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Auch wenn dieser Thread mal 2 Jahre pausiert - er ist noch immer aktuell. Hier eine Neuerscheinun von 2015. Christoph Nichelmann (1717-1762), unter anderem Schüler von Telemann , Graun und Quantz ist zwar durch widrige Umstände heute weitgehend vergessen, dem Liebreiz seiner Musik tut dies indes keinen Abbruch. Auf der Wende vom Barock zum galanten Stil entfalten die Cembalo Sonaten ihren ganz eigenen Reiz. Auf 2 CDs kann man diese Werke über 2 Stunden lang geniessen. Der Interpret, Michele Benuzzi hat sich mit dem Werk Nichelmanns voll identifiziert und auch den Booklettext verfasst. Er spielt auf einem von Andra Restelli nachgebautem Cembalo (2000), nach einem Originalinstrument con Johann Christoph Oesterlein, Berlin 1772)

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die folgende CD ist zwar leider im Preis bei jpc von 2,99 wieder auf 19,99 gesprungen (bei Amazon marketplace geht es ab ca. 9 Euro) , aber ich würde sie dennoch allen an Cembalomusik interessierten empfehlen.
    Azzolino Bernardino della Ciaja war ein adliger Komponist Anfang des 18. Jhds. Seine 6 viersätzigen Sonaten op.4 sind eine eigentümliche, aber sowohl abwechslungsreiche wie unterhaltsame Mischung aus Händel, Scarlatti und Toccata-Elementen älterer Tastenmusik des 17. Jhds.


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  • Auch ich habe wieder für Nachschub in diesem Thread gesorgt. Cembalo Suiten von einem der Gründerväter der französischen Cembaloschule: Jacques Chambonnieres (1601-1672) Die Werke sind abwechslungsreich und man (zumindest ich) kann ihnen durchaus etwas länger zuhären ohne zu ermüden oder sich zu langweilen. Franz Silvestri spielt auf einem Nachbau von Andrea di Majo (2014) nach einem Instrument von Vaudry (1681). Der Klang ist kristallklar, farbig und voluminös, einfach betörend schön. Ein gutes Argument für Nachbauten, die vermutlch heute ähnlich klingen wie die historischen Stücke zum Zeitpunkt ihres Entstehens
    nicht nur wegen des günstigen Preises für 2 CDs eine heiße Kaufempfehlung !!


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es ist kaum zu glauben wie viele einst große Namen heute weitgehend in Vergessenheit geraten sind. Das gilt natürlich nicht für die Spezialisten der jeweiligen Epochre, die sind mit diesen Namen und ihren Werken wohl vertraut. Viele Musikfreunde werden indes den Namen von Jean-Henri d'Anglebert (1629-1691) hier erstmals lesen. Dabei war er einst ein berühmter Cembalist und Komponist am Hofe von Ludwig XIV., und einer der wichtigsten Vertreter des französischen Stils.


    Man vermutet, daß er sogar ein Schüler des weiter oben vorgestellten Jacques Chambonnieres (1601-1672) gewesen sei.
    Belegt ist indes die Zusammenarbeit mit Lully, aus dessen Opern er Auszüge für Cembalo anfertigte.



    Er schrieb Die hier gezeigte Triple CD enthält alle überlieferten Cembalowerke. Gespielt werden sie vonFrancesco Gera auf einem modernen Nachbau eines historischen Cembalos von Vincent Tibaut (1691)


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Jean Francois DANDRIEU (1683-1738)


    Und weiter - wenn auch stockend - gehts in diesem Thread, der sich inzwischen zu einem Ein-Mann Unternehmen entwickelt hat ( nein - "Entwickelt" ist vermutlich das falsche Wort ;)) Heute möchte ich auf diese Aufnahmen einiger Suiten des Organisten, Cembalisten und Komponisten Jean Francois Dandrieu hinweisen.

    Bemerkenswert auch das Charakterstück:

    "Les Charakteristiques de la Guerre" hinweisen

    Dandrieu, der seine musikalische Grundausbildung vor allem von seinem Onkel Pierre d'Andrieu (1660–1733) erhielt, folgte diesem 1733 auch als Organist an St. Barthelémy nach.

    Hervorheben möchte ich noch die vielen Farblichen Facetten und spzifischen Eigenarten seiner Kompositionen, die versuchen den italienische Spiel zum französischen zu mischen

    Ich würde seine Kompositione in weitesten Sinne als "Charakterstücke" bezeichnen


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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