Das Volkslied der Woche

  • Es kam mir heute so in den Sinn, dass ich hier im Forum eigentlich noch nichts über Volkslieder gelesen habe, und so habe ich überlegt, einen neuen Thread zu eröffnen, in dem jeder, der Interesse hat und Volkslieder liebt, den Text eines Volksliedes hier veröffentlichen.


    Wenn es irgend geht, sollen auch Textdichter und Komponist genannt werden. Schön wäre es auch, wenn eine Aufnahme von dem Lied gepostet werden könnte. Weiter Informationen zu dem Lied können, müssen aber nicht gepostet werden.


    Der jeweilige Volksliedtext darf nur sonntags gepostet werden, und es darf nur ein Text pro Woche gepostet werden, nicht ein Text pro Tamino!


    Ich will heute den Anfang machen mit dem Lied „Komm lieber Mai und mache“, dessen Text von Christian Adolph Overbeck (1775) stammt und dessen Melodie kein Geringerer als Wolfgang Amadeus Mozart am 14. Januar 1791 unter dem Titel „Sehnsucht nach dem Frühlinge“, KV 596, zusammen mit den Liedern „Der Frühling“, KV 597, und „Das Kinderspiel“, KV 598, komponierte. Zusammen mit Schuberts „Am Brunnen vor dem Tore“ und Brahms „Guten Abend, gut' Nacht“ zählt es zu den weingen Kunstliedern, die durch ihre große Verbreitung und Popularität zu echten Volksliedern wurden (Quelle: Wikipedia).


    Es dürfen aber auch ganz normale Volkslieder gepostet werden, mit weniger bekannten oder sogar unbekannten Verfassern und oder Komponisten und als „Traditionals“ geführt werden.


    Komm, lieber Mai, und mache


    Text: Christian Adolf Overbeck (1775), Musik: Wolfgang Amadeus Mozart (1791)


    Komm, lieber Mai, und mache
    die Bäume wieder grün
    und lass mir an dem Bache
    die kleinen Veilchen blühn!
    Wie möchte ich doch so gerne
    ein Veilchen wieder sehn,
    ach, lieber Mai, wie gerne
    einmal spazieren gehn!


    Zwar Wintertage haben
    wohl auch der Freuden viel:
    man kann im Schnee eins traben
    und treibt manch Abendspiel,
    baut Häuserchen von Karten,
    spielt Blindekuh und Pfand,
    auch gibt's wohl Schlittenfahrten
    aufs liebe freie Land.


    Doch wenn die Vögel singen
    und wir dann froh und flink
    auf grünem Rasen springen,
    das ist ein ander Ding!
    Jetzt muss mein Steckenpferdchen
    dort in dem Winkel stehen,
    denn draussen in dem Gärtchen
    kann man vor Schmutz nicht gehn.


    Am meisten aber dauert
    mich Lottchens Herzeleid,
    das arme Mädchen lauert
    recht auf die Blumenzeit.
    Umsonst hol ich ihr Spielchen
    zum Zeitvertreib herbei,
    sie sitzt in ihrem Stühlchen
    wie's Hühnchen aus dem Ei.


    Ach, wenn's doch erst gelinder
    und grüner draußen wär!
    komm, lieber Mai, wir Kinder,
    wir bitten gar zu sehr!
    O komm und bring vor allem
    uns viele Veilchen mit,
    bring auch viele Nachtigallen
    und schöne Kuckucks mit.



    Ich hoffe, dass euch dieses Threadthema gefällt. Es dürfen natürlich auch unter der Woche weitere Aufnahmen und Kommentare oder weitere Informationen zu bereits vorgestellten Liedern Liedern gepostet werden.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vielleicht könntest du ja am nächsten Sonntag etwas darüber posten, lieber m-mueller.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Eine prima Idee, Willi!
    Doch um hier zum Zug zu kommen, bedeutet das, am Samstag Mitternacht den Beitrag einzustellen, um gegen all die Tamino-Nachtarbeiter eine Chance zu haben. Gute Nacht. :angel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber Willi,


    ich will den "Müller" nicht überstrapazieren und werde, wenn ich denn überhaupt drankomme, ein mir noch lieberes Volkslied vorstellen, das zudem hier aus der Gegend stammt (näheres wird natürlich jetzt nicht verraten - schaunmama, wer am nächsten Sonntag die Nase vorn hat).


  • Ich will heute ein "winterliches" Volkslied vorstellen, obwohl das Wetter draußen im Moment nicht so an den Winter denken lässt, aber das Wetter im Forum war ja in den letzten Tagen einem plötzlichen Wintereinbruch unterworfen, und so will ich hoffen, dass es hier bald wieder wärmer wird und wieder Freude aufkommt:


    Ach bittrer Winter


    Text: Ambraser Liederbuch, 1582
    3. Strophe J Theissing
    Melodie: nach Pater Johannes Werlins Liederhandschrift 1610


    Ach bittrer Winter, wie bist du kalt!
    Du hast entlaubet den grünen Wald.
    Du hast verblüht die Blümlein auf der Heiden.


    Die bunten Blumen sind worden fahl.
    Entflogen ist uns Frau Nachtigall!
    Sie ist entflogen, wird sie wieder singen?


    Du hätlst gefngen des Lichtes Schein
    Und läßt die Tage uns dunkel sein.
    O laß doch wieder die goldne Sonne leuchten.


    Auf der o. a. CD der Kölner Kantorei unter der Leitung von Volker Hempfling, die ich schon mehrfach im Konzert gehört habe, ist dieses Lied unter vielen anderen neu gesetzten Volksliedern enthalten.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Nachdem in der letzten Woche niemand ein Lied gepostet hat, will ich heute mal ein Lied aus der Gruppe der Heimatlieder vorstellen, das auch als Kunstlied bekannt ist und in dieser Box enthalten ist:



    Der Lindenbaum
    (T.: Wilhelm Müller, M. Franz Schubert)


    Am Brunnen vor dem Tore,
    da steht ein Lindenbaum;
    ich träumt in seinem Schatten
    so manchen süßen Traum;


    Ich schnitt in seine Rinde
    so manches süße Wort,
    es zog in Freud und Leide
    zu ihm mich immerfort.


    Ich musst auch heute wandern
    vorbei in tiefer Nacht,
    da hab ich noch im Dunkeln
    die Augen zugemacht.


    und seine Zweige rauschten,
    als riefen sie mir zu:
    Komm her zu mir, Geselle,
    hier find'st du deine Ruh!
    Die kalten Winde bliesen
    mir grad ins Angesicht,
    der Hut flog mir vom Kopfe,
    ich wendete mich nicht.


    Nun bin ich manche Stunde
    entfernt von jenem Ort,
    und immer hör ich's rauschen:
    Du findest Ruhe dort.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich möchte heute ein Volkslied vorstellen, das ich sehr gelungen finde: es ist eines der bekanntesten Volkslieder überhaupt.



    Kein schöner Land in dieser Zeit


    1. Kein schöner Land in dieser Zeit,
    als hier das unsre weit und breit,
    wo wir uns finden wohl unter Linden
    zur Abendzeit.


    2. Da haben wir so manche Stund,
    gesessen da in froher Rund´.
    Und taten singen die Lieder klingen
    im Eichengrund.


    3. Daß wir uns hier in diesem Tal,
    noch treffen so viel hundertmal,
    Gott mag es schenken, Gott mag es lenken,
    er hat die Gnad´.


    4. Nun, Brüder eine gute Nacht,
    der Herr im hohen Himmel wacht.
    In seiner Güten uns zu behüten
    ist er bedacht.



    Melodie und Text sind von Anton Wilhelm von Zuccalmaglio (1803 - 1869).


    Er wurde geboren in Waldbröl und starb in Nachrodt bei Altena - auf der Burg Altena wurde vermutlich "Kein schöner Land" komponiert.

  • Hallo,


    ich will hier die an sich gute Sache "Volkslieder" keinesfalls bekriteln, aber:


    Der Charakter von Volksliedern und deren Vortrag verträgt sich nicht mit dem Vortrag von Gesangssolisten, wie auf der CD zu hören ist. Das muss m. E. von unausgebildeten Stimmen gesungen werden, was nicht ausschließt, dass diese klangschön, rein und intonationssicher (das schaffen nicht mal alle Gesangssolisten!) singen, um die Volkslieder so erklingen zu lassen, dass es auch vom Klang her Volkslieder bleiben. Chöre müssen dabei so geführt werden, dass sie in der Stimmgebung z. B. kein Bruckner-Gradual singen.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Zitat von zweiterbass

    Der Charakter von Volksliedern und deren Vortrag verträgt sich nicht mit dem Vortrag von Gesangssolisten, wie auf der CD zu hören ist. Das muss m. E. von unausgebildeten Stimmen gesungen werden, was nicht ausschließt, dass diese klangschön, rein und intonationssicher (das schaffen nicht mal alle Gesangssolisten!) singen, um die Volkslieder so erklingen zu lassen, dass es auch vom Klang her Volkslieder bleiben. Chöre müssen dabei so geführt werden, dass sie in der Stimmgebung z. B. kein Bruckner-Gradual singen.

    Das Problem, lieber zweiterbass, ist, dass es kaum oder keine Aufnahmen von unausgebildeten Chören mit Volksliedern gibt. Ich hatte beim Vorbereiten des Threads auch eine Reihe von Aufnahmen gehört und festgestellt, dass es tatsächlich kein Überangebot an Aufnahmen gibt. Ich wollte den Thread ja im Chormusik-Forum unterbringen und habe es letztendlich auch gemacht, wohl wissend, dass man bei dem einen oder anderen Lied tatsächlich mal auf einer Solodarbietung "hängen bleibt". Aber, um keine unnötigen Diskussioen im Vorfeld anzustoßen, habe ich diese Problematik gar nicht erwähnt, da bei mir der Verbreitungsgedanke im Vordergrund stand und steht.
    Also, wenn es irgendwie geht, ein Chorbeispiel posten, wenn es gar nicht anders geht, auch mal einen Sologesang.
    In einem gebe ich dir auch Recht, lieber zweiterbass: wie Graduale (die ich als langjähriger und immer noch aktiver Choralscholar in zwei Scholen kenne) oder auch wie Madrigale sollten sie natürlich nicht vorgetragen werden.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • da bei mir der Verbreitungsgedanke im Vordergrund stand und steht.


    Hallo William B.A.,


    das freut mich sehr, aber:
    Ob man mit diesen als Volkslieder z. T. ziemlich missratenen Aufnahmen auch die Musikfreunde erreicht, die erreicht werden wollen/sollen? Nun bei Hörern, die Volkslieder noch nicht kennen, mag dies gelingen - mich stoßen ein Großteil der Aufnahmen einfach ab. Da höre ich mir dann schon lieber bay. "Stubnmusi", einen Dreier oder Vierergesang an aus dem fränkischen oder oberpfälzer Raum an.


    Viele Grüße
    zweiterbass


    Nachsatz: Ironman in Roth - Fahrt in die frk. Schweiz - ich komme an keine Kommunikationsdaten für Dich ran!

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Und noch eines der ganz großen Volkslieder:


    Abendlied
    Matthias Claudius (Text)
    Johann Abraham Peter Schulz (Melodie)


    1. Der Mond ist aufgegangen,
    Die goldnen Sternlein prangen
    Am Himmel hell und klar;
    Der Wald steht schwarz und schweiget,
    Und aus den Wiesen steiget
    Der weiße Nebel wunderbar.


    2. Wie ist die Welt so stille,
    Und in der Dämmrung Hülle
    So traulich und so hold!
    Als eine stille Kammer,
    Wo ihr des Tages Jammer
    Verschlafen und vergessen sollt.


    3. Seht ihr den Mond dort stehen?
    Er ist nur halb zu sehen,
    Und ist doch rund und schön!
    So sind wohl manche Sachen,
    Die wir getrost belachen,
    Weil unsre Augen sie nicht sehn.


    4. Wir stolze Menschenkinder
    Sind eitel arme Sünder
    Und wissen gar nicht viel;
    Wir spinnen Luftgespinste
    Und suchen viele Künste
    Und kommen weiter von dem Ziel.


    5. Gott, laß uns dein Heil schauen,
    Auf nichts Vergänglichs trauen,
    Nicht Eitelkeit uns freun!
    Laß uns einfältig werden
    Und vor dir hier auf Erden
    Wie Kinder fromm und fröhlich sein!


    6. Wollst endlich sonder Grämen
    Aus dieser Welt uns nehmen
    Durch einen sanften Tod!
    Und, wenn du uns genommen,
    Laß uns in Himmel kommen,
    Du unser Herr und unser Gott!


    7. So legt euch denn, ihr Brüder,
    In Gottes Namen nieder;
    Kalt ist der Abendhauch.
    Verschon uns, Gott! mit Strafen,
    Und laß uns ruhig schlafen!
    Und unsern kranken Nachbar auch!


    Das Gedicht ist so berühmt, daß es unzählige Vertonungen zu ebenso unzähligen Melodien gibt. Durchgesetzt hat sich schließlich die Melodie von Schulz, aber es gibt auch viele moderne Bearbeitungen.


    Lieber zweiterbass, ich habe mich länger nach einer "Volks-Interpretation" umgesehen, aber die, die ich gefunden habe, erschienen mir dann doch zu peinlich.


    Deshalb sei die folgende Aufnahme hier verlinkt:




    auch die folgende youtube-Version ist nicht zuuuu gekünstelt.


    http://www.youtube.com/watch?v=h_iFWqHofw4



    Ich hoffe auch, es wird mir verziehen, daß ich darüberhinaus zu einem der besten Chöre unserer Zeit verlinke, auch wenn der dem Charakter des Liedes nicht ganz "gerecht" wird


    http://www.youtube.com/watch?v=tGxrGXaRnZ0




    Um jetzt nicht zu lange und zu tief in romantischen Stimmungen zu versinken, noch eine Gedichtparodie von Dieter Hildebrandt:


    http://www.youtube.com/watch?v=dnqKwGetjz4

  • Lieber m-mueller,
    The King's Singers lasse ich mal außen vor - wie Du.


    Obwohl ich die Windsbacher sehr schätze (und wegen der räumlichen Nähe oft hören kann) - ihre Einspielung ist für mich der Beweis, "das Volkslied" ist nicht mehr präsent. So "leid es mir tut" - solche Interpretationen haben mit dem Charakter eines Volksliedes nur mehr wenig zu tun.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Obwohl es ja schon ein Volkslied für diese Woche gibt, bin ich so frei und lege noch eines dazu. Ich liebe es sehr, auch, weil es immer eine so starke Rolle spielte in gesellschaftlichen Freiheitsbewegungen. Auch in dieser Zeit sind wir aus aktuellen Anlässen gut beraten, uns seiner Botschaft zu vergewissern. Schriftsteller liebten es. Christa Wolf sang es gern bei Autofahrten. Der Gehalt des Liedes von der Gedankenfreiheit ist tief verwurzelt in der Menschheitsgeschichte und kommt - um nur ein Beispiel von sehr vielen zu nennen - schon bei Walther von der Vogelweide vor. Von Schiller ganz zu schweigen. Die Adaption durch Mahler in den "Wunderhorn-Liedern" muss auch herausgestellt werden. Aber in dieser Version - es gibt verschiedene - als schlichtes Volkslied geht es mir immer besonders nahe:


    1. Die Gedanken sind frei
    wer kann sie erraten?
    Sie fliehen vorbei
    wie nächtliche Schatten.
    Kein Mensch kann sie wissen,
    kein Jäger erschießen
    mit Pulver und Blei:
    Die Gedanken sind frei!


    2. Ich denke, was ich will
    und was mich beglücket,
    doch alles in der Still’
    und wie es sich schicket.
    Mein Wunsch und Begehren
    kann niemand verwehren,
    es bleibet dabei:
    Die Gedanken sind frei!


    3. Und sperrt man mich ein
    im finsteren Kerker,
    das alles sind rein
    vergebliche Werke.
    Denn meine Gedanken
    zerreißen die Schranken
    und Mauern entzwei:
    Die Gedanken sind frei!


    4. Drum will ich auf immer
    den Sorgen entsagen
    und will mich auch nimmer
    mit Grillen mehr plagen.
    Man kann ja im Herzen
    stets lachen und scherzen
    und denken dabei:
    Die Gedanken sind frei!


    5. Ich liebe den Wein,
    mein Mädchen vor allen,
    sie tut mir allein
    am besten gefallen.
    Ich bin nicht alleine
    bei meinem Glas Weine,
    mein Mädchen dabei:
    Die Gedanken sind frei!


    Mit Interesse habe ich gelesen, was Zweiterbass zum Vortrag von Volksliedern geschrieben hat. Das findet auch meine grundsätzliche Zustimmung. Dennoch bin ich der Auffassung, dass Volkslieder auch noch Volkslieder sind, wenn sie von professionellen Chören oder Opernsängern dargeboten werden. Seit Herder ist viel Zeit vergangen. Die Hinwendung von bedeutenden und weniger bedeutenden Komponisten zum Volkslied hat diesen - wenn man so will - längst die Unschuld genommen. Vor allem die Bearbeitungen von Brahms sind aus meiner Sicht in ihrer Stimmung und Ernsthaftigkeit einmalig und haben das Volkslied zur hohen Kunst veredelt, ohne deren Kern anzutasten. Vielleicht bin ich ja auch schon verdorben, aber ich kann die meisten Volkslieder von "Volkschören" nicht mehr gut hören. Es sei denn, ich singe sie selbst vor mich hin unter der Dusche oder in der Hängematte oder einfach so. Dann hört es niemand. ;) Der Zufall wollte es, dass ich heute in der City auf einen Obdachlosen traf, der das Lied "Alle Vögel sind schon da" zu singen versuchte. Das war schon bewegend und ließ mich nochmal an diesen schönen Thread denken. Natürlich gab ich dem Mann auch eine Spende.


    Inzwischen gibt es in die Tausende gehende Aufnahmen von Volkliedern. Wenn ich die Wahl habe, ich greife immer zur "Kunstausgabe". Selbst heute gibt es schöne neue Einspielungen von Opernsängern. Da muss man nicht einmal auf Anheisser, Tauber oder die Köth zurück greifen, was ich aber auch sehr gern tue.


    LG Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat

    Rheingold1876: Obwohl es ja schon ein Volkslied für diese Woche gibt, bin ich so frei und lege noch eines dazu

    . Das ist schon okay, lieber Rüdiger. Ich hatte ursprünglich auch nur diese Beschränkung vorgesehen, um zu verhindern, dass es in einem halben Jahr keine Volkgslieder mehr zu posten gibt, die auf Tonträgern zu haben sind. Im Übrigen bin ich auch deiner Meinung, dass Volkslieder ihren Charakter nicht verlieren, wenn sie von professionellen Chören und oder Sängern gesungen werden. Wenn ich nur Volkslieder akzeptieren soll, die von nicht ausgebildeten Chören oder Sängern gesungen werden sollen, werde ich schwerlich ein Tonbeispiel posten können. Der Thread sollte ja nur dem zweck dienen, das Interesse an Volksliedern wieder zu wecken.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • ich will hier die an sich gute Sache "Volkslieder" keinesfalls bekriteln, aber:
    Der Charakter von Volksliedern und deren Vortrag verträgt sich nicht mit dem Vortrag von Gesangssolisten, wie auf der CD zu hören ist. Das muss m. E. von unausgebildeten Stimmen gesungen werden, was nicht ausschließt, dass diese klangschön, rein und intonationssicher (das schaffen nicht mal alle Gesangssolisten!) singen, um die Volkslieder so erklingen zu lassen, dass es auch vom Klang her Volkslieder bleiben. Chöre müssen dabei so geführt werden, dass sie in der Stimmgebung z. B. kein Bruckner-Gradual singen.


    Hallo,


    ich habe mal bei JPC reingeschaut - bis zur 12. Seite - über die Hälfte der Angebote waren Noten zu und Bücher über Volkslieder!
    Also die Regensburger, die Windsbacher, die Tölzer usw. sind sehr gut, ab und zu schon zu gut für Volkslieder, aber darüber würde ich nun leichter hinweg sehen/hören (als in obigem Zitat) unter Beachtung, was ich nun bei JPC und YouTube so gehört habe (z. T. schrecklich, "Heino" u. ä.)


    Einige CDs bei JPC stelle ich nun als Beispiele ein. Die Instrumentalbegleitung könnte m. E. meist entfallen, auch bin ich nicht mit allen Interpretationen, die ich gehört habe, zufrieden, aber im Vergleich mit Gesangssolisten mehrheitlich schon.




    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Auf dieser Basis, lieber zweiterbass, können wir uns ohne Weiteres annähern. Früher war das noch einfacher, da sang noch fast "an jeder Milchkanne" ein fähiger Kinderchor wie der von dir gepostete Bielefelder Kinderchor, die Westfälischen Nachtigallen aus Ahlen, die Schöneberger Sängerknaben, der Mädchenchor am Kölner Dom (den ich vor Kurzem -Silvester- noch gehört habe), Freiburger Domsingknaben, Stuttgarter Hymnus-Chorknaben, Regensburger Domspatzen u. a., die man ständig im Rundfunk hören konnte und auch oft im Fernsehen sehen konnte, und die neben geistlichen Liedern, Weihnachtsliedern (die ja auch m. E. zum Volksliedgut gehören) durchaus uch mit Volksliedern auftraten, und, wie ich aus der Rückschau finde, durchaus authentisch.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Hurraaah, ich habe soeben entdeckt, dass Sonntags niemand ein Volkslied gepostet hat ! Also darf ich eines nachtragen !


    Es handelt sich hier um eines der schönsten Kärnterlieder:

    In der Mölltalleitn


    Diese Aufnahme ist wunderschön:


    http://www.youtube.com/watch?v=Rnng6yvXAkw
    (Das Lied selbst beginnt erst bei 01:00)


    Und hier der Text:


    1. In da Mölltalleitn auf da Sunnaseitn,
    da blüahn die Bleamalan nomal so schean,
    willst a Sträußle bindn, scheane Bleamlan findn,
    so muaßt auf d' Sunnseitn eine geahn.


    2. In da Mölltalleitn auf da Sunnaseitn,
    da seind die Diandalan nomal so schean,
    Willst a Diandle kriagn, willst di recht valiabn,
    so muaßt auf d' Sunnseitn eine geahn.


    3. In da Mölltalleitn auf da Sunnaseitn,
    singan die Vogalan nomal so schean,
    willst a Liadle singan, willst was außabringan,
    so muaßt auf d' Sunnseitn einegeahn.


    4. In da Mölltalleitn auf da Sunnaseitn,
    da is a Rast ja no amal so schean,
    wanns mi außetragn in an hölzan Schragn,
    tuats mi auf d' Sunnaseitn einelegn.



    Anmerkungen:


    Mölltalleitn = Ein Hang im Mölltal
    schean = schön
    nomal = noch einmal
    Sunnaseiten = Sonnenseite
    Bleamalan = Blümlein
    Deandlan = Dirndln = Mädchen
    Valiabn = verlieben
    Außabringan = herausbringen
    Liadlan = Lieder
    hölzern Schragn = Sarg



    Die hübsche dritte Strophe, in der es um Musik geht (die ich mit dem Text "do san die Liadlan no amol so schean") kenne, wird in dieser Aufnahme allerdings ausgelassen.


    Mich berührt dieses Lied immer wieder tief, wenn ich es höre oder singe. Und das nicht nur, weil es vom Mölltal in Kärnten handelt, das inmitten der Berge liegt, die ich so gerne besteige. Sondern: es zeigt in seiner ganzen Schlichtheit, dass es so einfach ist, ein gutes Leben zu haben: Mann muss sich nur auf die richtige (positive) Seite stellen.


    Viele sonnige Grüße,


    Bachiania

    Man sagt, wenn die Engel für Gott spielen, so spielen sie Bach, füreinander aber spielen sie Mozart.
    (Sir Isaiah Berlin)

  • Ich möchte heute den Text eines Volksliedes einstellen, das ich sehr liebe. Friedrich Silcher vertonte dieses Gedicht von Joseph von Eichendorff, das wahrscheinlich einer unerfüllten Liebe zu Kätchen Förster, der Tochter eines Rohrbacher Küfermeisters, zu verdanken ist. Von Eichendorff schrieb darüber in den Jahren 1807/1808 in seinen Tagebüchern.
    Hier ist eine CD, auf der der Südfunk-Chor Stuttgart unter Rupert Huber dieses Lied, wie ich finde, sehr gekonnt in einem schönen Fluss ohne romantische Schwere vorträgt:


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi, darf ich davon ausgehen, dass Du das Lied "Untreue" (In einem kühlen Grunde) meinst? Das ist in der Tat sehr bewegend. Ich liebe es auch über die Maßen. Auf der CD, die ich auch habe, findet sich ja auch noch die Klavierversion, die ebenfalls diese Leichtigkeit hat. Nur möchte ich den Text nicht selbst einstellen, weil es ja "Dein" Lied ist - und ich mich auch irren kann.


    Ein schöne Woche mit viel Musik wünscht Rüdiger

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rüdiger, natürlich hast du Recht. Ich hatte in einem anderen Fesnter den Text schon vorbereitet, um ihn rüber zu ziehen, habe es dann doch in einer Art Freudscher Fehlleistung vergessen.


    Ergänzung zu Posting Nr. 22:


    Untreue (In einem kühlen Grunde)


    1
    In einem kühlen Grunde
    da geht ein Mühlenrad;
    //: Mein' Liebste ist verschwunden,
    Die dort gewohnet hat. ://


    2
    Sie hat mir Treu versprochen,
    Gab mir ein'n Ring dabei;
    //: Sie hat die Treu gebrochen,
    Mein Ringlein sprang entzwei. ://


    3
    Ich möcht als Spielmann reisen
    Weit in die Welt hinaus
    //: Und singen meine Weisen
    Und gehn von Haus zu Haus. ://

    4
    Ich möcht als Reiter fliegen
    Wohl in die blutge Schlacht,
    //: Um stille Feuer liegen
    Im Feld bei dunkler Nacht. ://

    5
    Hör ich das Mühlrad gehen,
    Ich weiß nicht, was ich will,
    //:Ich möcht am liebsten sterben,
    Da wär's auf einmal still. ://


    (T. Joseph von Eichendorff, M. Friedrich Silcher)


    Schönen Dank für die Gedächtnisstütze!


    Lieb Grüße


    Willi :huh:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Bißchen früh im Jahr, aber in diesem Jahr ist eben alles früher:


    Nun will der Lenz uns grüßen
    Text: nach Neidhard von Reuenthal - 13. Jahrhundert
    Melodie: in Anlehnung an das alte Geusenlied Wilhelm von Nassauen, 17. Jahrhundert


    Nun will der Lenz uns grüßen,
    Von Mittag weht es lau,
    Aus allen Wiesen sprießen
    Die Blumen rot und blau.
    Draus wob die braune Heide
    Sich ein Gewand gar fein
    Und lädt im Festtagskleide
    Zum Maientanze ein.


    Waldvöglein Lieder singen,
    Wie ihr sie nur begehrt,
    Drum auf zum frohen Springen,
    Die Reis' ist Goldes wert!
    Hei, unter grünen Linden,
    Da leuchten weiße Kleid'!
    Heißa, nun hat uns Kinden
    Ein End all Wintersleid!


    Richtig schmissiges Volkslied, singe ich selbst auch immer wieder gern, wenn auch nicht so wie im youtube-link. Aber das Tempo dort erscheint mir richtig.


    http://www.youtube.com/watch?v=bNQ56zfnBTo


    schöne Instrumental-Version
    http://www.youtube.com/watch?v=9Z-aMj-NT6I


    und noch ein Beispiel für Nicht-Musik, auf einer Skala von 1 - 10 würde es die 0 erhalten.
    http://www.youtube.com/watch?v=3oNRNLvtflQ


    weil es so schön ist: ein bißchen Amateuer-Bashing:
    http://www.youtube.com/watch?v=15_MqaCz-GM - immerhin ein ganzer Punkt.


    nochmal ein paar Nicht-Profis mit einer ganz und gar mißratenen Interpretation
    http://www.youtube.com/watch?v=SuWuKBwOBVc - 2 Punkte, man hangelt sich langsam voran

  • !


    Danke für dieses schöne Lied! Ich kannte es in meiner Kindheit und hatte es bis jetzt wieder vergessen. Nun habe icb es dank deiner Anregung wieder gesungen. Sicher nicht so schön wie in deinem ersten Link, in der Stimmlage aber wohl näher als wenn du singst... ;)

    Man sagt, wenn die Engel für Gott spielen, so spielen sie Bach, füreinander aber spielen sie Mozart.
    (Sir Isaiah Berlin)

  • Freut mich, daß Du es wiederentdeckt hast.


    Mir gefällt es vor allem wegen seiner Federleichtigkeit.


    Wo "Kein schöner Land" wuchtig und ernsthaft daherkommt, was für den Charakter der Aussage und der Verwendung auch beinah als Kirchenlied ja nun auch sehr angemessen ist, referiert "Nun will der Lenz" nicht auf übernatürliche Kräfte, sondern den Charme eines lauen, sonnigen Tages in frischem Zartgrün und farbgesättigten Blumenwiesen.


    Ist doch wunderbar, daß wir solch eine Spannweite an guten Volksliedern haben.

  • Ist doch wunderbar, daß wir solch eine Spannweite an guten Volksliedern haben.


    Einfügung: Noch, wie lange noch?

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hoffentlich noch recht lange, lieber zweiterbass, aber im Ernst, ich hatte in meiner über 40jährigen Dienstzeit in meinem Musikunterricht (Hauptschule) auch oft genug meine liebe Mühe, meine Volkslieder an den Mann bzw. an die Kinder zu bringen. Da mussten dann auch mal solche "neuartigen" Schmonzetten wie "Onkel Max aus Halifax" eingestreut werden.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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