Bewußteres Hören durch das Tamino-Klassikforum ???

  • Vor etwa einer halben Stunde habe ich nach etlichen Jahren Dittersdorfs Sinfonie "Die 4 Weltalter" aus dem Zyklus nach Ovids "Metamorphosen" angehört - und war erstaunt wie schön sie ist - das ist mir beim Ersthören vor Jahren nicht wirklich aufgefallen.
    Das ist übrigens kein Einzelfall. Wenn ich ein paar Zeilen über ein Werk schreiben möchte, dann höre ich es mir vorher - oder aber zusätzlich auch während des Schreibens erneut an. Oft ist es dann so, daß ich Feinheiten entdeckt, die mir zuvor noch nie aufgefallen sind. Ist das nun aber Arbeit - oder Vergnügen ? Quält man sich, wenn man sich um einen schriftlich wiederzugebenden Höreindruck bemüht (was nicht immer leicht ist) oder erlebt man das Werk bewusster ?
    Wie ist es, wenn ein anderes Mitglied eine Aufnahme eines Werkes bespricht und zu einem völlig anderen Eindruck kommt als man dereinst selbr hatte ? Ändert sich bei Erneutem "Kontrollhören" der Eindruck unter Umständen ? - Oder hört ihr die Aufnahme sowieso kein neuerliches Mal an ?
    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das beste Beispiel für bewussteres Hören, lieber Alfred, ist für mich unser gemeiinsames Beethoven-Sonatenprojekt, in dem sich bestimmte Schlüsselstellen einzelner Werke oder auch ihre gesamte Struktur umso mehr erschließen, je öfter man sie hört. Zumindest geht es mir so. Die Tatsache, dass ich bei 17 Gesamtaufnahmen und einer ganzen Reihe von Einzelaufnahmen oder einigen mindestens zur Hälfte vorliegenden GA's, einzelne Aufnahmen sehr oft hören muss, die Pathétique z.B. 25 mal, kostet zwar sehr viel Zeit, aber man lernt das einzelne Werk viel besser kennen. Und wenn diese Werkgruppe sowieso zu den Lieblingsgruppen gehört. ist es viel mehr Vergnügen als Arbeit.
    Ich muss zusätzlich gestehen, dass ich auch durch das Weihnachtsrätsel inspiriert worden bin.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zitat Alfred Schmidt

    Zitat

    Ist das nun aber Arbeit - oder Vergnügen ? Quält man sich, wenn man sich um einen schriftlich wiederzugebenden Höreindruck bemüht (was nicht immer leicht ist) oder erlebt man das Werk bewusster ?


    Eine vergnügliche Tätigkeit würde ich es nennen. Einen schriftlichen Höreindruck etwa bei den Beethoven Sonaten versuche ich nach mehrmaligem Durchhören und ersten Notizen ohne Musik zu schreiben und dann noch einmal nachzuhören. Das kostet etwas Zeit und ist nicht immer möglich, macht aber viel Freude. Man hört das Werk ab einem bestimmten Zeitpunkt anders. Ich muß allerdings aufpassen, grade bei Beethoven nicht das gesamte Stück aus den Augen zu verlieren, wenn ich min auf einzelne Stellen konzentriere.


    Zitat

    Wie ist es, wenn ein anderes Mitglied eine Aufnahme eines Werkes bespricht und zu einem völlig anderen Eindruck kommt als man dereinst selbr hatte ? Ändert sich bei Erneutem "Kontrollhören" der Eindruck unter Umständen ? - Oder hört ihr die Aufnahme sowieso kein neuerliches Mal an ?


    Häufiger bestätigen sich beim Hören ja schon Eindrücke, insbesondere, wenn man ähnliche bevorzugte Interpreten hat, aber interessant wird natürlich ganz besonders, wenn jemand ein Stück so ganz anders gehört hat. Dann höre ich nach Möglichkeit immer noch einmal nach. Dabei fällt mir auf, wie unterschiedlich Beurteilungen sein können, auch ganz abhängig von der aktuellen Verfassung, aber auch persönlichen Vorlieben oder Interpreten, an denen sich die persönliche Erwartungshaltung, wie ein Stück klingen sollte, ausgeformt hat.
    Um auf die Frage zurückzukommen: ja, ich höre (noch) bewusster Musik.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Ja- Ich glaube auch, daß man bewusster hört - fast hätte ich gesagt "verantwortungsvoller"
    Das muß nicht unbedingt "wissenschaftlichen" Ansprüchen genügen - aber , dadurch daß es mehrere gibt die "intensiv" hören und ihre Eindrücke oft sehr plastisch schildern fühlt man sich sehr oft veranlasst die Eindrücke der anderen nachzuvollziehen oder ihnen zu widersprechen. Auf diese Weise bekommt man manchmal ein anderes "Werkverständnis" als bisher....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !