Richard Wagner: Basisdiskographie

  • Angesichts des zu Ende gehenden Wagner-Jahres gab es vielleicht den einen oder die andere, die dieses Ereignis zum Impuls genommen haben, sich intensiver mit der Musik Richard Wagners zu beschäftigen. Dadurch stellt sich unmittelbar die Frage, zu welchen Aufnahmen man greift, um sich mit dem Schaffen des Meisters vertraut zu machen. Der eine mag zum Beispiel die jeweils neuste Aufnahme wählen, in der Erwartung, dass diese am besten klingt. Ich habe in der Zusammenstellung des Vorschlags einer Basisdiskographie einen etwas anderen Ansatz gewählt.


    1. Jeweils eine CD- und eine DVD-Aufnahme, da gerade bei Wagners Auffassung der Oper als Gesamtkunstwerk das Visuelle unabdingbar ist.


    2. Bei der CD-Aufnahme solche, die aufgrund hoher musikalischer und sängerischer Leistung als Klassiker gelten, ohne mit einem allzu historische Klangbild aufzuwarten.


    3. Bei den DVDs habe ich mich weitgehend an die Empfehlungen des Tamino-Users Liebestraum gehalten, der in dem exzellenten Thread "Wagners Dramen visuell" dazu bereits exzellente Arbeit geleistet hat.


    4. Ich habe mich auf den Kanon der Bayreuther Opern beschränkt und die Frühwerke weggelassen.


    Somit bin ich bei folgender Vorschlagsliste gelandet:



    1. Der fliegende Holländer


    CD: Solti


    DVD: Nelsson



    2. Lohengrin


    CD: Kempe


    DVD: Peter Schneider



    3. Tannhäuser


    CD: Konwitschny


    DVD: Colin Davis



    4. Meistersinger von Nürnberg


    CD: Karajan


    DVD:Frühbeck de Burgos



    5. Der Ring des Nibelungen


    CD: Solti


    DVD: Boulez/Chereau



    6. Tristan und Isolde

    CD: Kleiber


    DVD: Barenboim/Ponnelle



    7. Parsifal


    CD: Knappertsbusch


    DVD: Levine


    Was meint ihr: Wäre man mit einer solchen Auswahl erst einmal diskographisch gut ausgestattet? Oder würde eure Wahl anders ausfallen? Ich bin gespannt!



    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Lieber Christian,


    danke zunächst für diesen Thread.


    Deine Vorschläge gefallen mir soweit ganz gut, besonders bei den DVDs hast Du ja ziemlich auf "Klassiker" gesetzt, was nicht schaden kann.


    Als einziges hat mich die Empfehlung des "Fliegenden Holländers" von Solti (CD) etwas verwundert, gilt diese Aufnahme gemeinhin ja eher als höchstens überdurchschnittlich. Hier wäre meine persönliche Empfehlung Klemperer, Studio oder besser noch live, beides 1968.


    live - Studio


    Beim "Parsifal" nennst Du zurecht Knappertsbusch, offenbar die Aufnahme von 1951. Hier würde ich eher das Naxos-Remastering empfehlen, oder gleich seine letzte Aufnahme von 1964 bei Orfeo, die ich insgesamt am besten von all seinen "Parsifals" finde (es gibt ja über zehn). Allerdings sind beide Aufnahmen nicht in Stereo; hier wäre dann wohl doch die "offizielle" Aufnahme von Philips von 1962 vorzuziehen.


    1964 (letzte Aufnahme) - 1962 (Stereo)


    Beste Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wenn man erleben will, wie ein Tristan nicht gesungen werden sollte, klar, dann natürlich die Kleiber Produktion mit Rene Kollo.
    Herr Kleiber hatte schon seine Gründe warum er sie nach der Fertigstellung dann doch nicht freigeben wollte.
    Glücklicherweise wurde er überstimmt, sonst wäre uns dieses Tondokument, wie man es eben besser nicht macht, nie zu Ohren gekommen, ich weiß es gibt auch noch etliche Livemitschnitte, die alle wie ein Sinfoniekonzert klingen, bei denen gelegentlich auch einmal die Stimmen der Sänger zu hören sind.
    Für Tristan und Isolde gibt es complett nur zwei Sänger.
    Isolde: Kirsten Flagstad
    Tristan Lauritz Melchoir
    Bei der große Zahl von Mitschnitten kann man sich dann den mit den wenigsten Hintergrundgeräuschen aussuchen, es findet sich bestimmt einer.
    Ansonsten:
    Knappertsbusch im Parsifal, wenn denn sonst, naja vielleicht sollte man hier noch Reginald Goodal in Erwägung ziehen, wegen des Dirigates nicht umbedingt wegen der Titelpartie.
    Beim Holländer käme mir neben Klemperer noch Keilberth in den Sinn und beim Ring wäre meine erste Wahl Wilhelm Furtwängler, egal welche von beiden.
    Bei den Meistersinger könnte man vielleicht noch die Hermann Abendroth Aufnahme in Erwägung ziehen und beim Lohengrin die russische mit Ivan Koslovsky ein absolutes muß.
    Beim Tannhäuser natürlich Stiedry mit Melchoir und Traubel, dagegen hört sich Hand Hopf richtig alt an.

  • Vielen Dank für die Ergänzungen. Bevor es hier zu Grundsatzdiskussionen kommt, welches der einzige Tristan aller Zeiten war, mache ich nochmal meine Intention deutlich: Einsteigern Empfehlungen für eine Basisdiskographie zu geben, mit denen sie sich Wagner annähern können. Es geht hier nicht um die besten Aufnahmen aller Zeiten, wohl aber um solche, die einem gewogenen Hörer einen guten Zugang bieten.


    beim Ring wäre meine erste Wahl Wilhelm Furtwängler,


    Meine nicht, wegen Mono und Klangqualität. Eher etwas für den Kenner und Fortgeschrittenen.


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Was meint ihr: Wäre man mit einer solchen Auswahl erst einmal diskographisch gut ausgestattet? Oder würde eure Wahl anders ausfallen? Ich bin gespannt!

    Lieber Christian,


    zuerst einmal fragt der Moderator: Wäre dieser Thread nicht besser im Opernforum aufgehoben? Wenn nicht, bleibt er hier, ansonsten kann er gerne verschoben werden.


    Dann zu Deinen Fragen: Im Großen und Ganzen kann man mit der Auswahl leben, wenngleich, Joseph II sprach es schon an, der "Solti-Holländer" alleine schon wegen der Titelpartie nicht wirklich die allererste Wahl (für mich noch nicht einmal die zweite oder dritte) wäre.


    Neben der ebenfalls schon erwähnten Live-Aufnahme mit Klemperer würde ich entweder Keilberth oder Dorati empfehlen:



    Mit Uhde und London hat man (neben Hotter) die "schwärzesten", stimm-mächtigsten Vertreter der Nachkriegsära im CD-Spieler, und mit dem Rest der jeweiligen Besetzungen lässt es "sich gut leben", auch wenn Astrid Varnay bei Keilberth sehr (zu?) reif klingt für die Senta, und bei Dorati Karl Liebl als Erik nicht über einen "gepflegten Durchschnitt" hinauskommt.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber hasiewicz, Deine Empfehlungen für Einsteiger in Wagners Kosmos sind für mich ebenfalls sehr stimmig. Ich würde jemandem, der seinen ersten Ring erleben möchte, aber lieber diese DVD empfehlen. Visuell bringt die Inszenierung von Lepage eine traditionelle Sichtweise der Handlung, die mit neuesten technischen Mitteln ("the Machine") hervorragend umgesetzt wurde. Auch die Sänger sind allesamt gut bis ganz hervorragend (Kaufmann als Siegmund zb), so daß diese Ausgabe für Kennenlerner die Stimmigste ergibt.


  • Es geht hier ja, wie bereits gesagt, um eine Basisempfehlung für Einsteiger. Da ist wohl Stereo schon vorauszusetzen, auch wenn viele der besten Aufnahmen eben in Mono gemacht wurden. Ein Wagner-Laie ist aber mit einer guten bis sehr guten Aufnahme bestimmt auch schon adäquat bedient. Natürlich sähe meine persönliche Liste anders aus, aber die wäre dann wohl nicht so einsteigerfreundlich.


    Man könnte alles diskutieren, auch die oft als Referenzaufnahmen genannten Einspielungen des "Rings" von Solti (tlw. gewöhnungsbedürftiges Dirigat, Hans Hotter über seinen Zenit hinaus) oder der "Meistersinger" von Karajan (an Theo Adam und Sir Geraint Evans werden sich wohl ewig die Geister scheiden).


    So sind als Alternativen m. M. n. denkbar:



    (wobei diese beiden fast 100 EUR trennen)




    Mir fiel bzgl. "Tannhäuser" noch die Aufnahme von Solti ein (m. E. seine beste Wagner-Aufnahme überhaupt):


    Aber noch immer hochpreisig und somit für Einsteiger vielleicht zu teuer. Wenn der Preis auch noch eine Rolle spielen soll, sähen die Empfehlungen wohl wieder ganz anders aus.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es muss nicht immer Stereo sein. Ich selbst wurde Wagner-Fan am Mittelwellensender. Was da an Tönen rauskam, kann sich ein junger Mensch nicht einmal in seinen wildesten Phantasien vorstellen.
    Die Überbewertung des rein Klanglichen hat leider schon Vielen den Geschmack und das Beurteilungsvermögen verdorben.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Angesichts des zu Ende gehenden Wagner-Jahres gab es vielleicht den einen oder die andere, die dieses Ereignis zum Impuls genommen haben, sich intensiver mit der Musik Richard Wagners zu beschäftigen. Dadurch stellt sich unmittelbar die Frage, zu welchen Aufnahmen man greift, um sich mit dem Schaffen des Meisters vertraut zu machen.


    Also, ich (blutiger Wagner-Anfänger) habe mir kürzlich als allererste Wagner-Oper(n) diesen Ring auf DVD bestellt:


    Dabei war mein Hauptbeweggrund offen gesagt die klassische Inszenierung: ich wollte den Ring zuerst gern einmal in seiner ursprünglich gedachten Form sehen, bevor ich mich dann all den Neu-Deutungen hingebe (oder auch nicht).


    Das Rheingold daraus kenne ich bereits: die Inszenierung war wie erwartet (meinem ersten Eindruck nach ebensowenig revolutionär wie das Levines Dirigat) und sängerisch fand ich das meiste sehr gut, soweit ich das beurteilen kann. Ich bin jedenfalls schon gespannt, wie es 'weitergeht'. Ich hoffe, die DVD-Box demnächst aus dem Briefkasten ziehen zu können.

  • Also, ich (blutiger Wagner-Anfänger) habe mir kürzlich als allererste Wagner-Oper(n) diesen Ring auf DVD bestellt:

    Ob es bei Wagner überhaupt ein Anfänger-Stadium gibt?
    Ich war gerade mal zwölf, als ich die Tannhäuser-Ouverüre hörte (Mittelwellensender!) und gschnacklt hots.


    Die Levine-Boxe habe ich auch. Ich bin überzeugt, sie wird Dich nicht enttäuschen.

  • Trotz meiner fehlenden Fähigkeit, hier die Cover einzustellen, würde ich folgende Wagner-Grundausstattung vorschlagen:


    Der fliegende Holländer
    CD: Konwitschny - Schech; Fischer-Dieskau, Frick, Schock, Wunderlich (Berlin)
    DVD: Sawallisch - von Gierke - Varady; Hale, Ryhänen, Seiffert, Reß (München)


    Tannhäuser
    CD: Konwitschny - Grümmer, Schech; Hopf, Fischer-Dieskau, Frick, Wunderlich (Berlin)
    DVD: Suitner - Fischer - Casapietra, Dvorakova; Wenkoff, Lorenz, Hübner, Bindszus (Berlin)


    Lohengrin
    CD: Kempe - Grümmer, Ludwig; Thomas, Fischer-Dieskau, Frick, Wiener (Berlin?)
    DVD: Schneider - Herzog - Studer, Schnaut; Frey, Wlaschiha, Schenk, Schulte (Bayreuth)


    Tristan und Isolde
    CD: Böhm - Nilsson, Ludwig; Windgassen, Talvela, Wächter (Bayreuth)
    DVD: Fricke - Fischer - Bundschuh, Lang; Siukola, Vogel, Wlaschiha (Tokio) - schwer zu kriegen, ich weiß, aber weder Ponelle-Bayreuth noch Everding-München sind für mich wirkliche Alternativen, von Konwitschny-München ganz zu schweigen, Wieland-Wagner-Japan ist technisch zu schlecht, Orange (Nilsson-Vickers auch)


    Die Meistersinger von Nürnberg
    CD: Kempe - Grümmer; Frantz, Frick, Kusche, Schock, Unger (Berlin?)
    DVD: Barenboim - Wolfgang Wagner - Magee; Holl, Seiffert, Schmidt, Wottrich (Bayreuth)


    Der Ring des Nibelungen
    CD: Furtwängler - Mödl, Konieczny, Cavelti; Frantz, Windgassen, Suthaus, Greindl, Neidlinger, Patzak u.a. (Rom RAI)
    DVD: Sawallisch - Lehnhoff - Behrens, Varady, Lipovcek; Hale, Wlaschiha, Pampuch, Tear, Schunk, Kollo, Moll, Salminen (München)


    Parsifal
    CD: Solti - Ludwig; Kollo, Fischer-Dieskau, Frick (Wien)
    DVD: Levine - Schenk? - Meier; Jerusalem, Weikl, Moll (New York)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • DVD: Fricke - Fischer - Bundschuh, Lang; Siukola, Vogel, Wlaschiha (Tokio) - schwer zu kriegen, ich weiß, aber weder Ponelle-Bayreuth noch Everding-München sind für mich wirkliche Alternativen, von Konwitschny-München ganz zu schweigen, Wieland-Wagner-Japan ist technisch zu schlecht, Orange (Nilsson-Vickers auch)


    Lieber Stimmenliebhaber,


    das klingt jetzt wirklich interessant. Und das ist eine offizielle DVD? Eine kurze Recherche bei amazon.co.jp, hmv.co.jp und cdjapan.co.jp förderte leider nichts zutage.


    Die Inszenierung ist "klassisch", nehme ich an?


    Beste Grüße und danke für den Hinweis, man lernt nie aus!
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Lieber Joseph,


    die Aufführung ist offiziell von japanischen Fernsehen übertragen worden und wurde in den Neunziger Jahren in Japan als Kauf-Video-Kassette angeboten. Ob sie seitdem (wie etwa die "Zauberflöte" von 1980) auch als Kauf-DVD in Japan erhältlich war oder ist, ist mir leider nicht bekannt. Ich persönlich habe mir vor einigen Jahren das Video als DVD überspielen lassen.


    Die Inszenierung war schon klassisch, wenn auch nicht 1:1 naturalistisch, sondern schon etwas ins Symbolisch-Abstrakte hineingehend. Der Grundraum war in allen drei Akten nahezu identisch: im 1. Akt klar das Schiffsvorderteil - großartig der Effekt im Finale, wenn das Schiff landete und Marke und Melot im Hintergrund immer größer wurden. Im 2. Akt war es Isoldes Palast, im 3. Alt die verfallene Burg Kareol - beim Liebestod wurde um Isolde ein kleines Schiff draus, während sich der Bug des großen Schiffes, also die Hinterbühne, mit Marke und Brangäne immer weiter nach hinten entfernte, also immer mehr aus Isoldes Blickfeld gerieten - ein packendes Bild! Auch den Umschlag zwischen Nacht und Tag im 2. Akt habe ich nie wieder so gesehen! (Die Produktion lief von 1988 bis 1995 an der Staatsoper Berlin und gastierte 1990 in Japan). Mein Avatar-Foto stammt aus dem Liebesduett des 2. Aktes mit Eva-Maria Bundschuh und Heikki Siukola. :)


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Sven Godenraths Empfehlung "Lohengrin russisch mit Koslovsky" ist witzig. Das ist zwar in der Tat eine hervorragende Aufnahme und ein Exempel, wie man Lohengrin singen sollte - aber wohl kaum etwas für Wagner Anfänger. Für letztere eine praktische Empfehlung: Die z.Zt. wohlfeile Box mit Barenboims Aufnahmen aller Wagner Opern (ohne Frühwerke).

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • aber wohl kaum etwas für Wagner Anfänger.


    Warum eigentlich nicht? Ist nicht die Musik das Wichtigste?
    Übrigens, ich habe es schon des öfteren angesprochen, man muss sich nicht immer hocharbeiten, manchmal ist es eben Liebe auf den ersten Blick.

  • Bei Wagner ist der Text ebenso wichtig wie die Musik (und übrigens auch die Szene, womit wir wieder beim Thema Regietheater wären ;) )

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Warum eigentlich nicht? Ist nicht die Musik das Wichtigste?


    Ich liebe den schlanken "Parsifal" unter Vittorio Gui in italienischer Sprache auch sehr, natürlich nicht zuletzt wegen so toller Sänger wie Maria Callas als Kundry und Boris Christoff als Gurnemanz, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, diese Aufnahme jetzt für eine "Basisdiskographie" für Anfänger vorzuschlagen...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber,


    "Wie sich die Bilder gleichen"! Ich würde für den Aufbau einer Basisdicographie die gleichen CD-Gesamtaufnahmen empfehlen, die Du in Beitrag Nr. 13 genannt hast. Die meisten dieser Einspielungen werden im Harenberg-Opernführer als Referenz-Aufnahmen geführt. Tröste Dich auch ich kann keine Cover einstellen . Häufig macht das dann ein kollegial-hilfsbereites Heinzelmännchen für mich.
    Übringens die Lohengrin-Aufnahme unter Kempe ist vom 23. November bis 5. Dezember 1962 und 1. bis 3. April 1963 in Wien aufgenommen worden.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Lieber Stimmenliebhaber,


    "Wie sich die Bilder gleichen"! Ich würde für den Aufbau einer Basisdicographie die gleichen CD-Gesamtaufnahmen empfehlen, die Du in Beitrag Nr. 13 genannt hast. Die meisten dieser Einspielungen werden im Harenberg-Opernführer als Referenz-Aufnahmen geführt. Tröste Dich auch ich kann keine Cover einstellen . Häufig macht das dann ein kollegial-hilfsbereites Heinzelmännchen für mich.
    Übringens die Lohengrin-Aufnahme unter Kempe ist vom 23. November bis 5. Dezember 1962 und 1. bis 3. April 1963 in Wien aufgenommen worden.


    Herzlichst
    Operus


    Lieber Operus,


    besten Dank für deine Zustimmung und deine wertvolle Korrektur zum Aufnahmeort des Kempe-"Lohengrins". Von den Solisten her (Grümmer, FiDi, Frick) hätte es als Fortsetzung des "Tannhäuser" tatsächlich auch Berlin sein können, die Ludwig (z.B. Leonore) und Jess Thomas (z.B. Radames in der Wieland-Wagner-Inszenierung) sangen damals auch viel in Berlin, aber die Wiener Philharmoniker und der Wiener Staatsopernchor sprechen natürlich klar für Wien - ich konnte das vorhin leider nicht nachschauen, weil ich den Beitraq unterwegs geschrieben habe. Es wäre spannend zu wissen, ob und mit welchen Sängern der Konwitschny-"Zyklus" an Wagner-Studio-Aufnahmen fortgesetzt worden wäre, wenn dieser nicht gestorben wäre.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Diesen schönen Thread verfolge ich seit seinem Bestehen, und ich bin gespannt auf jeden neuen Eintrag. Ich habe lange überlegt, ob ich mich auch beteiligen soll und kann. Mir fällt das Thema schwer, weil ich mich entscheiden muss. Trotzdem will ich ein paar Gedanken und Beispiele versuchen. Zu vorderst ist mir wichtig, dass eine Basisdiskographie nur aus Aufnahmen höchster Qualität bestehen sollte, Aufnahmen, die sich über die Jahre also solche durchgesetzt und etabliert haben. Sie können gar nicht gut genug sein. Was aber ist bei Wagner gut? Da kommt vieles zusammen. An erster Stelle würde ich immer die Sänger nennen und die Dirigenten. Das war auch Wagner sehr wichtig. Weil er mit Sängern stets unzufrieden war, wollte er eine eigene Stilbildungsschule ins Leben rufen. Seine Werke erlangen erst durch möglichst vollkommene Interpretationen ihre volle Wirkung. Natürlich hat sich dabei auch vieles geändert. Niemand singt heute mehr so wie Lorenz. Ob da nun mal eine Note nicht richtig sitzt oder nicht, wäre mir egal. Auf den Ausdruck kommt es an, darauf, was ein Sänger aus seiner Partie macht. Menschen empfinden das natürlich verschieden und entwickeln ihre Vorlieben. Stereo oder Mono? Das wäre mir letztlich gleichgültig, nur phantastisch klingen muss es. Und zwar groß. Das kann auch Mono. Ich habe viele Jahre gebraucht, durchschnittliche Aufnahmen, die ich für den Maßstab hielt, weil mich niemand korrigiert hatte, wieder aus dem Kopf zu bekommen. Mittelmaß ist zäh und setzt sich schnell fest wie eine schlampige Kleiderordnung oder schlechte Manieren, weil das so schön bequem ist. Der Einstieg muss rauschhaft sein, eine Explosion. Ich selbst kenne keine einzige Aufnahme, in der alles stimmt. Am liebsten würde ich mir welche zusammensetzen. Für den Hausgebrauch habe ich das auch schon mal versucht. Was nun rate ich, wohl wissen, dass meine Empfehlungen auch Kompromisse sind. Ich nenne auch nur Aufnahmen, die es aktuell im Handel gibt.


    Die fliegende Holländer



    Hermann Uhde ist für mich als Holländer unerreicht, weil er wie aus dem Nichts kommt. Er ist seines Schicksals so überdrüssig. Es ekelt ihn an. Das muss man erst mal so singen können. Er macht aus dem Holländer eine Archefigur. Die Varnay als Senta ist schier wahnsinnig, ihres Daseins so überdrüssig wie der Holländer. Deshalb sind sie sich so nah. Als sie aufeinander treffen ist völlig klar, wie das endet. Es kracht und rumst in diesem Mitschnitt was das Zeug hält. Knapperstbusch erzeugt eine unheimliche Stimmung.


    Tannhäuser



    Diese Aufnahme in der Dresdener Fassung schätze ich als den Klassiker. Selbst mit Hopf in der Titelrolle kann ich gut leben. Er legt hier seine vielleicht beste Aufnahme vor. Majestätisch Gottlob Frick als Landgraf, anrührend Elisabeth Grümmer als Elisabeth, betörend Fritz Wunderlich als Walther von der Vogelweide. Ihren eigentlichen Rang gewinnt die Einspielung durch den Wolfram von Dietrich Fischer-Dieskau, den nach meiner Feststellung niemand hat überbieten können. Einziger Schwachpunkt ist Marianne Schech als hausbackene Venus.

    Als Zweitaufnahme ist die Einspielung unter Solti unerlässlich, weil es sich um die Pariser Fassung handelt, die fast schon ein ganz anderes Werk ist. Deshalb muss man sie haben. Die Venus, hier von Christa Ludwig betörend gestaltet, hat viel mehr zu tun.


    Lohengrin

    Eine Aufnahme aus einem Guss trotz Jess Thomas, der sprachlich etwas aus der Rolle fällt.

    Ein Livemitschnitt muss schon sein - auch wegen der Varnay als abräumende Ortrud.


    Tristan und Isolde

    Eine Aufnahme, leuchtend wie altes Gold. Die hohe Schule des Wagnergesang, allzeit würdevoll und konzentriert, wie zelebriert.

    Das rauschhafte Gegenstück, das fast aus allen Fugen gerät, ist dieser Mitschnitt aus dem Nachkriegsbayreuth. Die Mödl als Isolde singt mit einer solchen Rücksichtslosigkeit, als gehe es wirklich um Leben und Tod. Sie hat den Tod in der Stimme, wie das mal von einem klugen Kritiker geschrieben wurde. Kein Wunder, dass sie bald ihre Stimme verlor. Ich kann diesen Mitschnitt nicht so oft hören, weil er mich zu stark herunterzieht. Zudem ist die Orfeo-Ausgabe ein glänzendes Beispiel dafür, was sich durch meisterliche Restauration aus alten Bändern herausholen lässt. Allein deshalb gehört dieses Dokument für mich in die alleroberste Liga des Wagnergesangs.

    "Das Land, das Tristan meint..." Hier setzt Vickers Maßstäbe als Tristan.


    Die Meistersinger von Nürnberg

    In dieser Produktion stimmt für meinen Geschmack einfach alles.

    Mit Paul Schöffler steht Knappertsbusch mein liebster und menschlichster Hans Sachs zur Verfügung.


    Der Ring des Nibelungen

    Erste Wahl ist für mich diese allererste Aufnahme in feinstem Stereo. Sie wurde 1955 von der Decca mit neuester Technik in Bayreuth mitgeschnitten und sollte schon damals auf den Markt kommen. Das ist erst jetzt, so um die fünfzig Jahre später, geschehen. Dieses Dokument macht wie kein anderes deutlich, dass der "Ring" zu allererst ein Theaterstück ist. Müsste ich mir diesen Ring vom Munde absparen, ich würde es ohne Zögern tun.

    Mich fasziniert bis heute, dass sich alle Mitwirkenden an dieser ersten kompletten Studioproduktion der Größe der Aufgabe so bewusst waren. Das härt man immer noch heraus.


    Parsifal

    "Parsifal" ist für mich Knappertsbusch. Kein anderer Dirigent hat die Spannung über weite Strecken so gehalten wie er. Keiner hatte so einen tiefen Sinn für die Details. Klanglich ist das offenkundig die beste der vielen Knappertsbusch-Mitschnitte. Ich schätze sie auch wegen Hans Hotter als wortreichen Gurnemanz und George London als leidenden Amfortas.

    Da ich - und nicht nur ich - Martha Mödl für die beste Kundry halte, muss es auch noch diese Aufnahme sein. Die hat dieses Urlaute in der Stimme, dieses Archaische. Sie macht Kundry ganz groß.

    Wer auf perfekten Klang aus ist, der bei Wagner nun mal unerlässlich ist, und dazu noch gesangliche Spitzenleistungen wünscht, landet zwangläufig bei dieser Decca-Einspielung.


    Sehr gern hätte ich noch einige neue Aufnahmen in meine Liste aufgenommen. Ich habe aber keine gefunden, die mir genügen, in denen man die Sänger auch versteht. Gerade bei einer Basisdiskographie würde ich immer größten Wert auf Verständlichkeit legen.


    Mit besten Grüßen Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Hermann Uhde ist für mich als Holländer unerreicht, weil er wie aus dem Nichts kommt. Er ist seines Schicksals so überdrüssig. Es ekelt ihn an. Das muss man erst mal so singen können. Er macht aus dem Holländer eine Archefigur. Die Varnay als Senta ist schier wahnsinnig, ihres Daseins so überdrüssig wie der Holländer. Deshalb sind sie sich so nah. Als sie aufeinander treffen ist völlig klar, wie das endet. Es kracht und rumst in diesem Mitschnitt was das Zeug hält. Knapperstbusch erzeugt eine unheimliche Stimmung.


    Lieber "Rheingold", danke für deine Mühe, da hast du sicherlich die besten Audio-Aufnahmen zusammengetragen. Die einzige Nominierung, die ich nur ganz schlecht nachvollziehen kann, weil ich die Aufnahme erst im letzten Sommer gehört habe und teilweise wirklich entsetzt war, ist der Bayreuther Kna-"Holländer" mit der Varnay als Senta. Ich schätze die Varnay normalerweise wirklich sehr, schon ihre Live-Mitschnitte von der MET (Elisabeth, Venus, Elsa, Ortrud, Sieglinde, Brünnhilde usw., dann 1955 noch eine sensationelle Isolde), natürlich auch ihre Bayreuther Brünnhilden und Ortruds, aber die Senta 1955 ist doch arg grenzwertig, das junge Mädchen nimmt man ihr stimmlich beim besten Willen nicht mehr ab, sie klingt eher wie eine reife Matrone (also eben z.B. Ortrud) - und Senta ist nicht nur hysterisch, sondern auch lyrisch-schwärmerisch Die Varnay aber ist zu diesem Zeitpunkt oder zumindest an diesem Abend leider nur noch schrill und hysterisch, so jedenfalls mein entsetzter subjektiver Eindruck beim damaligen Hören. Ich habe diese Aufnahme (übrigens auch wegen Kna, der sicher ein großer "Parsifal"-Dirigent war, aber "Holländer" war halt 40 Jahre vor "Parsifal", und das hört man bei ihm gar nicht) ganz schnell wieder weggelegt, gerade die Ballade mit ihren lyrischen Teilen ging für mich so gar nicht.


    Wenn es noch eine alternative Empfehlung für eine Live-Aufnahme des "Holländers" sein soll, würde ich stattdessen den leider unvollständigen Mitschnitt von Covent Garden 1937 unter Fritz Reiner (viel eher ein "Holländer"-Dirigent als Kna) mit Kirsten Flagstad (die damals auch schon Isolde und Brünnhilde sang und der ich die Senta trotzdem noch abnehme, die vielleicht schwerer ist als die Isolde, weil sie eben nicht nur dramatisch sein darf, sondern auch lyrisch sein muss), dem wunderbaren Herbert Janssen als zutiefst menschlichem Holländer, Ludwig Weber als Daland und Max Lorenz als Erik (Melchior hat diese Rolle ja nie gesungen) - ich habe diese Aufnahme vor etwa 20 Jahren auf CD gekauft, die Firma hieß LYS und als Bonus waren noch "Parsifal"-Szenen (u.a. beide Amfortas-Szenen mit Herbert Janssen) dabei - keine Ahnung, ob und wo (also bei welcher Firma) es diese Aufnahme heute zu kaufen gibt. Mein Referenz-"Holländer" bleibt aber die Studio-Aufnahme von Konwitschny.


    Ansonsten kein Widerspruch von mir zu deiner Liste - ich hoffe, du kannst mir den Widerspruch in diesem einen Fall des Bayreuth-"Holländers" von 1955 verzeihen. :)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber "Rheingold", danke für deine Mühe, da hast du sicherlich die besten Audio-Aufnahmen zusammengetragen. Die einzige Nominierung, die ich nur ganz schlecht nachvollziehen kann, weil ich die Aufnahme erst im letzten Sommer gehört habe und teilweise wirklich entsetzt war, ist der Bayreuther Kna-"Holländer" mit der Varnay als Senta. Ich schätze die Varnay normalerweise wirklich sehr, schon ihre Live-Mitschnitte von der MET (Elisabeth, Venus, Elsa, Ortrud, Sieglinde, Brünnhilde usw., dann 1955 noch eine sensationelle Isolde), natürlich auch ihre Bayreuther Brünnhilden und Ortruds, aber die Senta 1955 ist doch arg grenzwertig, das junge Mädchen nimmt man ihr stimmlich beim besten Willen nicht mehr ab, sie klingt eher wie eine reife Matrone (also eben z.B. Ortrud) - und Senta ist nicht nur hysterisch, sondern auch lyrisch-schwärmerisch Die Varnay aber ist zu diesem Zeitpunkt oder zumindest an diesem Abend leider nur noch schrill und hysterisch, so jedenfalls mein entsetzter subjektiver Eindruck beim damaligen Hören. Ich habe diese Aufnahme (übrigens auch wegen Kna, der sicher ein großer "Parsifal"-Dirigent war, aber "Holländer" war halt 40 Jahre vor "Parsifal", und das hört man bei ihm gar nicht) ganz schnell wieder weggelegt, gerade die Ballade mit ihren lyrischen Teilen ging für mich so gar nicht.


    Deine klugen und zwingenden Einwände kann ich gut verstehen, lieber Stimmenliebhaber. Im ersten Prosaentwurf zum "Holländer" von 1841 spricht Wagner selbst von der lieblichen "Erscheinung dieses Mädchen". Ist aber Senta wirklich das junge Mädchen? Die Hinweise im dann ausgeführten Operntext sind nicht ganz klar. Mir schien immer, das ihre Jugend auch Projektion aller beteiligten Seiten ist. Selbst spricht sie von sich als von einem "Kind", das nicht wisse, was es singe. Das wirkt schon wie eine Schutzbehauptung. Der Holländer warnt sie im großen Duett, dass "schaudernd deine Jugend" flöhe dem Lose, dem sie geweiht sei. Das ist die konkreteste Aussage. Aber der Holländer sieht nun einmal auch nur, was er sehen will. Wilhelmine Schröder-Devrient, die erste Senta, war bei der Uraufführung knapp vierzig. Wagner hat sich daran offenbar nicht gestört, zumindest ist mir keine entsprechende Quelle bekannt. Senta ist für mich nicht eigentlich lyrisch-schwärmerisch. Als Erik sie mit Bezug auf die Ballade fragt, ob sie denn nicht von ihrer "Schwärmerei" ablassen wolle, wählt er bewusst diese Verniedlichung weil er ahnt, wie sehr diese Frau in ihren Zwängen gefangen, wie stark ihre Persönlichkeit gestört ist. Das ist auch Mary bewusst und den Spinnerinnen. Senta ist eine Psychopatin. Vielleicht die erste auf der Opernbühne. Darin sehe ich ihre Bedeutung und den Schlüssel zu ihrem Verständnis. Dadurch ist Senta gleichzeitig eine ungeheuer moderne Gestalt. Ich liebe sie sehr. Und genau diese Senta möchte ich auch dargestellt sehen und hören. Deshalb habe ich mich für diese Aufnahme entschieden, weil ich meine Sicht bei der Varnay am besten verwirklicht finde. Zugegeben, das ist eine sehr persönliche Sicht. Aber ich habe sie nun mal. Die von Dir genannten Dokumente kenne ich auch. Sie kommen für mich aber als Referenz oder als Basis, um die es hier ja geht, nicht in Frage. Interresant in diesem Zusammenhang kommt mir noch heute die Bayreuther DVD mit der Balslev vor, die uns Christian beim Start seines Threads empfohlen hat. Lieder ist der Rest dieser Kupferinszenierung inzwischen doch etwas angegraut und gewollt. Aus Mangel habe ich deshalb auch keine DVD-Liste zusammengestellt. Mir gefallen die wenigsten filmischen Umsetzungen. :(


    Deine Referenz, die Studioproduktion unter Konwitschny, sagt mir nur in Einzelheiten zu. Insgesamt ist sie mir zu zahm. Frick, Wunderlich, Schock - alle ganz wunderbar. Die Schech ist für mich meilenweit von den entfernt, was mir an Senta wichtig ist. Die Stimme ist merkwürdig stumpf. Mit Fischer-Dieskau kann ich auch nicht viel anfangen als Holländer. Er ist mir zu intellektuell, als habe er das Kapitänspatent im Wams. Ein Holländer mit Abitur. ;) Theo Adam unter Klemperer, den Joseph II. weiter oben ausgewählt hat, sehe ich in der gleichen Richtung. Was Dieskau mir zu intellektuell ist, das ist Adam zu vornehm. Klemperer hingegen hervorragend, die junge Silja über die Maßen spannend.


    Es tut mir jetzt fast schon leid, dass der Thread sich um solche Einzelheiten erweitert. Aber ich wiederhole mich: Jemand, der sich eine Basissammlung von Wagner-Opern zulegen will, der sollte sehr wählerisch sein. Es lohnt sich.


    Herzliche Grüße schickt Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Deine Referenz, die Studioproduktion unter Konwitschny, sagt mir nur in Einzelheiten zu. Insgesamt ist sie mir zu zahm. Frick, Wunderlich, Schock - alle ganz wunderbar. Die Schech ist für mich meilenweit von den entfernt, was mir an Senta wichtig ist. Die Stimme ist merkwürdig stumpf. Mit Fischer-Dieskau kann ich auch nicht viel anfangen als Holländer. Er ist mir zu intellektuell, als habe er das Kapitänspatent im Wams. Ein Holländer mit Abitur.


    Lieber "Rheingold",


    fast alles, was du zur Figur der Senta sagst, kann ich inhaltlich unterstreichen, was aber nichts daran ändert, dass ich Frau Varnays Senta in dieser mitgeschnittenen Vorstellung ziemlich schaurig finde, gerade in der Ballade, die eben nicht nur aus den "hysterischen" teilen, sondern auch sehr verinnerlichten Teilen dazwischen besteht.


    Was du über die Konwitschny-Studio-Aufnahme schreibst, kann ich hinsichtlich der Senta noch nachvollziehen (auch wenn du meines Erachtens zu streng mit ihr ins Gericht gehst, denn stimmlich erfüllt sie diese Partie meines Erachtens weit zuverlässiger und weniger anfechtbar als Frau Varnay in Bayreuth), hinsichtlich des Holländers jedoch nicht: "Holländer mit Abitur", das ist ein schönes Bonmot, das aber inhaltlich meines Erachtens wirklich nicht zutreffend ist. Schlimm finde ich viel eher die vordergründig dämonischen Holländer, die Brüller und Kraftmeier - und das ist FiDi nun sicherlich nicht, zumindest in dieser Einschätzung werden wir uns sicher einig sein. Und FiDi singt nun bestimmte Passagen einfach so wunderbar lyrisch und innerlich (z.B. "Was frommt der Schatz, ich habe weder Weib noch Kind und meine Heimat find ich nie"), dass sie mich mehr berühren als bei allen anderen Interpreten (vielleicht mit Ausnahme Janssens). Natürlich hatte er eigentlich keine Holländer-Stimme und hat diese anspruchsvolle Partie auch nie live gesungen, aber im Studio geht das meines Erachtens ganz wunderbar, was vor allem vor die Textverständlichkeit und Textausdeutung gilt, aber eben auch für viele Passagen, die mich so gesungen weit mehr berühren als bei den üblichen Kraftmeier-Verdächtigen. Insofern ist FiDi für mich kein "Holländer mit Abitur", sondern ein auch durch gute Liedschule gegangener besonders individueller und dadurch auch (mich) emotional besonders bewegender Holländer. Natürlich war diese Aufnahme auch mein persönlicher Einstieg in dieses Werk und dieser hat meiner Liebe zu dieser Oper keinen Abbruch getan - im Gegenteil! Insofern aus meiner Sicht gerade wegen der starken Herrenriege für Einsteiger absolut empfehlenswert! :)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • In den letzten Tagen bin ich in folgender Blue-ray geradezu versunken:



    Lorin Maazel hat die Orchesterstücke aus Wagners Ring zusammengestellt, so dass so eine Art symphonische Erzählung entstand. "Symphonie" wäre das falsche Wort, weil man dann an Sonatensatzform, Allegro-Adagio-Scherzo-Finale etc. denkt - das ist es natürlich nicht, aber das sollte ja klar sein.


    Für mich waren diese Orchesterstücke vor Jahren ein schöner Einstieg in die Welt des Rings, wobei ich allerdings diese im Vergleich zur Blue-ray schon wieder ältere Telarc-CD hörte:



    Mich überzeugen beide Einspielungen sehr, wobei die live aufgenommene Blue-ray mich noch mehr begeistert. Maazel wählte hier noch etwas moderatere Tempi, was den Klang umso mehr aufblühen lässt und einen grösseren Eindruck von musikalischer und räumlicher Tiefe vermittelt.
    Das Orchester spielt traumhaft in jeder Hinsicht (Klang, Perfektion, Leidenschaft, Kontrolle.....) und Maazel kann seine vorbildlichen Dirigierbewegungen zum Schluss hin immer sublimierter und effektiver anwenden.
    Nebenbei gesagt hat Maazel nicht an Wagners Noten manipuliert bzw. arrangiert. Das, was man hört, ist zu 100% auch von Wagner.


    Aufnahmetechnisch sind beide Tonträger sehr gelungen, wobei ich auch hier noch die Blue-ray vorziehe. Ich habe gestern ein Stück parallel auf dem BDP und dem CDP laufen lassen, um den Klang zu vergleichen. Auch im 2-Kanalton höre ich Vorteile für die Blue-ray. Es klingt mir insgesamt noch breitbandiger, voller und seidiger.
    Bei 5.1-Ton gibt es natürlich noch mehr Rauminformationen, man fühlt sich etwas mehr in den Klang eingehüllt. Auf dem Center liegen hier nur einige Hallanteile, was jedoch durchaus eine Auswirkung hat. Mir ist selbstverständlich klar, dass damit kein Systemvergleich HD-Ton vs CD-Standard durchgeführt wurde, weil es eben zwei verschiedene Aufnahmen sind, mit anderen Leuten, anderen Mikrofonen etc.....
    Der Posaunist etwa, der das Heda-Hedo-Motiv spielt, sitzt bei der Telarc-CD rechts von der Mitte, während er bei der neueren Aufnahme links von der Mitte spielte. Dennoch kann so ein Vergleich ja auch interessant sein. In jedem Fall hört man, dass es sich um dasselbe Orchester handelt. Ich finde es schon beeindruckend, dass die Berliner Philharmoniker ihre Klangsignatur bis heute bewahren konnten.


    Besonders hat es mir momentan "Wotans Abschied und Feuerzauber" angetan. Welch eine grandiose Musik, die hier auch absolut grandios gespielt wurde. Fantastisch auch, wie die Kontrabassisten der Berliner Philharmoniker diese Pizzikatobässe musikalisch mitdenkend spielen, wie sie mit dem Dirigenten bis ins kleinste Detail verbunden sind. Die Stelle ist auch ansonsten ein satztechnischer Hammer - diese Überbindungen in den mittleren Streichern die zu Dissonanzen werden um sich verzögert wieder aufzulösen....da kann ich schwärmen.


    Natürlich hat man von dieser Orchestermusik am meisten, wenn man die Opern mit ihren Leitmotiven und der zugrundeliegenden Handlung schon kennt. Vor meinem geistigen Auge tauchen dann die Bilder des Barenboim-Kupfer-Rings aus Bayreuth auf, den ich am besten kenne.
    Zunächst lernte ich diese Musik jedoch abstrakt kennen, dann wurde ich mit den Opern bekannt und kann dementsprechend jetzt die Orchesterstücke noch besser geniessen. Ich finde auch erstaunlich, wie es Wagner hörbar und meisterhaft gelang, den musikalischen Bogen vom Rheingold bis hin zur Götterdämmerung zu schlagen.
    Wagners Musik kann zu schwebenden Rauschzuständen führen - das muss man ihr einfach zugestehen.


    Wenn ein Orchester in der Philharmonie spielt und nicht im Orchestergraben einer Oper sitzt, dann klingt es m.E. noch beeindruckender und freier. Es muss ja in dieser Situation auch niemand auf eventuelle Sänger in Sachen Lautstärke Rücksicht nehmen.
    Ein Ersatz für das Opernerlebnis ist so eine orchestrale Konzertaufführung natürlich nicht, aber für den Wagnerfreund (und für die, die es werden wollen) ist sie doch eine schöne Ergänzung, die auch ihre Berechtigung hat. Ich bin mir nicht sicher, aber ich vermute, dass auch Wagner dieses Konzert gefallen hätte....Zwar mag ich sehr auch schöne Stimmen, doch interessiere ich mich bei Wagner haupsächlich für die Gesamtmusik, für die Satztechnik und die Orchestrierung, die den Sängern die musikalische Umwelt für ihren Beitrag liefern. Natürlich kann ein suboptimaler Sänger dann mit seinen Tönen alles wieder zunichtemachen, weshalb man eben auch bei diesem Teil der Partitur ganz hervorragende Leute braucht, um das angemessen zu realisieren. Bei dieser Orchesterversion kann man erfahren und studieren, was für tolle Sachen in der Orchesterpartitur stehen. Wenn man es nicht wüsste, käme man nicht auf den Gedanken, dass es zu dieser Musik überhaupt noch Gesangsparts gibt.


    Weiter oben im Thread wurde die Meinung vertreten, dass es jemanden egal sei, ob die Aufnahme stereo oder mono ist. Ich respektiere das. Schade, dass man so weit auseinanderwohnt, denn sonst würde ich denjenigen einmal gerne zu einem Probehören einladen, also die o.g. Blue-ray gegen eine alte Mono-Aufnahme. Ich jedenfalls kann mich dieser Auffassung absolut nicht anschliessen. Wenn man für eine Musik eine hochauflösende und möglichst verzerrungsfreieWiedergabekette vom Mikrofon bis zum Schallwandler braucht, dann m.E. gerade für Wagner. Die tollsten Klangerlebnisse hatte ich übrigens bei dieser Blue-ray mit Kopfhörern, und zwar dem Sennheiser HD800 und vor allem dem neuen AKG K812 pro, den ich mir unvernünftigerweise letzte Woche zulegte.
    Da sieht man nicht nur im ff-Getümmel des vollen Orchesters den Triangelspieler, sondern hört auch noch, was man sieht - und das ist nur ein kleines Beispiel von vielen hunderten.


    Die HD-Bildqualität- und Regie ist ebenso gut gelungen.


    Ich kann die Blue-ray also sehr empfehlen.


    Gruss
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Dadurch stellt sich unmittelbar die Frage, zu welchen Aufnahmen man greift, um sich mit dem Schaffen des Meisters vertraut zu machen.

    Dazu:

    Spart Platz im Regal.
    Leider keine Textbücher - werde ich z.T. in Reclam-Ausgaben nachkaufen.
    :hello:

  • Ja, zwei clicks entfernt und Deutsch können wir zum Glück schon...


    Ich bin ja nicht allzu bewandert in alternativen Wagner-Aufnahmen, aber der Bayreuth-Klotz ist nach dem, was ich daraus gehört und an Rezensionen gelesen habe, insgesamt sehr gut. Holländer, Lohengrin, Tannhäuser unter Sawallisch genießen einen sehr guten Ruf, ebenso auch Tristan und Ring unter Böhm, selbst wenn es überall gewichtige Konkurrenzaufnahmen gibt. Allein die Meistersinger und Parsifal-Mitschnitte daraus gelten als eher schwach.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Bei einer Gesamtaufnahme als "Ersterwerb" würde ich mich vor allem an Preis und Klangqualität orientieren. Man muss ja nur bei Tamino stöbern, um zu erkennen, dass selbst die eingefleischten Wagnerianer sich nicht einig sind, was nun im Einzelfall die Referenzaufnahme ist. Bei der erwähnten Box sind die Einschränkungen eher im klanglichen Bereich zu hören; einige Liveaufnahmen haben auch sehr starke Nebengeräusche (beim Lohengrinvorspiel wähnt man sich auf dem Zauberberg). Für den Sammler und Kenner sind aber fast allle Aufnahmen unverzichtbar. Auch der Parsifal liegt durchaus im guten Mittelfeld der verfügbaren Aufbahmnen. Vermutlich wäre man in Bayreuth froh, heute noch deratiges bieten zu können.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

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