Sir Donald TOVEY – Orchesterwerke

  • Der Komponist, Kritiker und Musikwissenschaftler Sir Donald Tovey (1875-1940) ist heute nahezu vergessen – und wenn ihm noch Bedeutung zugebilligt wird, dann als Musikwissenschaftler, er war Verfasser zahlreicher Artikel und genoss in England etwa jenen Status wie in Deutschland etwa Hugo Riemann.
    Zu Lebzeiten hatten seine Kompositionen durchaus Erfolg – Wenn sie heute vergessen sind, so ist das für mich allerdings durchaus erklärlich: Toveys Stil war durch moderne Richtungen nicht beeinträchtigt.
    Heute möchte ich Euch seine einzige,- fast einstündige - Sinfonie, op 32 in D-dur näher bringen, welche aus dem Jahre 1913 stammt, aber durchaus 50 der mehr Jahre älter sein könnte.
    Sie beginnt ganz verhalten, fast unscheinbar, aber schon nach wenigen Takten blüht sie auf und entwickelt sich zu einer strahlenden Hymne, die mich persönlich . ich weiß es klingt eigenartig – ein wenig an Stellen aus Beethovens 9, Sinfonie erinnert. Egal ob Toveys Musik gerade auftrumpft oder leisere Töne anschlägt – stets ist eine erhabene Schönheit und eine feierliche Stimmung wahrnehmbar die schwer zu beschreiben ist. Die Musik ist durchaus lebendig und farbenfroh, aber weder überdynamisch noch collageartig aus willkürlich aneinandergereihten Effekten zusammengestellt. Es überwiegt mehrheitlich der große Bogen.
    Selbst wenn der Pegel mal nach oben geht – so fehlt jegliche Bedrohlichkeit, eher sind es fanfarenartige feierliche Klänge, deren Wirkung gelegentlich unterschwellig durch Pauken verstärkt wird.
    Besonders beeindruckend empfand ich das zum Bombast neigende Ende des ersten Satzes,
    Umso überraschender wieder der quirlge Beginn des 2. Satzes der nach einem Temperamentsausbruch in einen sehr filigranen und lyrischen Teil übergeht, der den Satz über weite Strecken dominiert, der Ausklang indes ist eher furios.
    Ganz besonders verträumt und cantabel gibt sich Satz Nr 3, ein Charakteristikum ,das er von kleineren Aufhellungen abgesehen, über den gesamten Verlauf beibehält, bis er leise verklingt.
    Satz 4 klingt zu Beginn geheimnisvoll – aber wie bei Tovey schon erwartet, gewinnt die Musik schon bald an Kraft. Ein beeindruckend pompöses Finale beendet das Werk.
    Auch wenn Tovey teitlich ins 20. Jahrhundert gehört - sein Stil ist der vergangener Zeiten... Deshalb bleibt er auch im Bereich Klassik-Romantik angesiedelt - denn mit der Moderne hatte er nichts am Hut.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich bin einigermaßen verwundert, daß auf Tovey keine Resonanz kam - insbesondere deshalb, weil auch sein op 40, das Cellokonzert aus dem Jahre 1935 von erlesener Schönheit ist und den Schlachtrössern von Bruch und Mendelssohn in nichts nachsteht. Niemals hätte ich das Werk für eines gehalten, welches aus dem 20. Jahrhundert stammt. Die Notizen zu diesem Konzert verfasste Tovey selbst, im Booklet sind sie auch in deutscher Sprache abgedruckt. Der Solist der Uraufführung war Pablo Casals .Es existiert derzeit unverständlicherweise nur eine einzige Aufnahme des Werkes am Markt, produziert vom Englischen Label TOCCATA CLASSICS, welche am Cover vermerkten: "FIRST MODERN RECORDING"

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Liebe Taminos,
    wie versproche nun mein Statement zu der Sinfonie von Sir Donald Tovey:


    Zum 1. Satz kann ich Alfred nur zustimmen, er ist sehr feierlich, elegant und gegen Ende hin sehr monumental (hier wird übrigens Pachelbels Kanon zitiert). Als sehr störend empfinde ich jedoch Toveys ständigen Gebrauch der Piccoloflöte, deren schriller Ton ständig hinter der sonst sehr angenehmen Orchestrierung unangenehm hervorsticht.
    Auch ich empfinde den Beginn des zweiten Satzes, der leise und verspielt beginnt, als einen überraschenden Kontrast, der bestimmt auch beim damaligen Publikum viel Effekt gemacht hat. Die Musik drägt immer weiter vorran und mündet in einem sehr feierlichen und m.E. sehr gut komponierten Teil, der in den von Alfred erwähnten lyrischen Teil übergeht. Es folgt wieder das Anfangsthema bevor dieses sehr gekonnt und raffiniert zu einem effektvollen Schluss geführt wird. Und - endlich kein Piccolo mehr!
    Satz drei ist eine klangschöne Idylle und fließt lange vor sich hin bis Tovey nach 9 Minuten eine Klimax aufbaut, die zu einem eindrucksvollen Höhepunkt führt. Dieser wiederrum wird doch eine ungewöhnliche harmonische Rückung sehr unkonventionell aufgelöst. Der Satz verklingt leise.
    Der Beginn des 3. Satzes ist sehr collagenartig und wirft mehrere Themen auf, von denen keines besonders originell ist. Und so geht es tatsächlich weiter, die Musik gewinnt zwar an Fahrt und Rhythmus aber etwas wirklich handfestes bietet Tovey m.E. hier nicht auf.


    Das Orchester der Oper Malmö unter George Väss ist sicher nicht die beste Wahl für die anfürsich solide Aufnahme gewesen. Doch schwächelt das Orchester, besonders die Streicher hörbar an manchen Stellen. Die Tonqualität ist auch nicht optimal, alles ist sehr verwarschen und weich, da hätte mehr drin sein können. Insgesamt bin ich also von der Aufnahme als auch der Musik nicht restlos begeistert. Satz 2 ist mein persönliches Highlight gewesen, die Sätze 1 und 4 eher das Gegenteil...


    LG
    Christian

  • Ich bin einigermaßen verwundert, daß auf Tovey keine Resonanz kam - insbesondere deshalb, weil auch sein op 40, das Cellokonzert aus dem Jahre 1935 von erlesener Schönheit ist und den Schlachtrössern von Bruch und Mendelssohn in nichts nachsteht.


    Welche Schlachtrösser von Bruch und Mendelssohn sollen das denn sein?? Da beide keine Cellokonzerte komponierten, ist dieser Vergleich - nun ja - kaum nachvollziehbar. Man kann doch nicht die weltberühmten Violin-konzerte Bruchs und Mendelssohn mit dem Cello-konzert Toveys in einen Topf werfen.
    Oder meinst du Bruchs 'Kol nidrei'? Aber das ist nun wiederum kein formal-korrektes Cellokonzert. Vertrackt!


    Grüße
    Garaguly

  • Heute setze ich den Tovey Thread mit einem kurzen Stück fort, welches ebenfalls auf der in Beitrag 2 gezeigten Aufnahme enthalten ist.


    Elegiac Variation in g-moll op 25


    Diese fünf Variationen, für Cello und Klavier sind der Erinnerung an Robert Hausmann, welcher der Cellist des Joachim Quartette gewesen war und der 1909 verstorben war. Hausmann war sowohl ein Freund von Brahms als auch von Hausmann gewesen. Schon im Oktober 1909 wurde das Werk uraufgeführt und zwar mit Pablo Casals und Donald Tovey selbst.
    Dem Anlass und Titel entsprechend ist der Charakter des ein wenig an Brahms erinnernden Stückes dunkel-klagend, hellt sich im weiteren Verlauf doch ein wenig auf. Die Variation Nr 4 soll – laut Booklet – Anklänge an Brahms Cellosonate in F-dur enthalten.
    Trotz des etwas düsteren Grundtones ist das ca 10 Minuten dauernde Werk eher eingängig und klangschön, was alle jene , die die hier gezeigt Aufnahme wegen des ebenfalls darauf enthaltenen Cellokonzertes bereits erworben haben, vermutlich bestätigen werden....


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !