Der Begriff der "Referenzaufnahme" geistert immer wieder durch Musikkritiken, auch hier im Forum (731 hits) wird er nicht selten benutzt. Als ich vor 30 Jahren mit dem Plattensammeln begann, war das ein Zauberwort, das fast immer einen Kaufimpuls bei mir auslöste. Wenn das die Referenzaufnahme war, dann musste ich sie haben. Ich bin auch lange Zeit sehr gut damit gefahren. Je länger ich mich mit Musik beschäftige, umso mehr kommen mir aber Zweifel, ob dieser Begriff wirklich noch sinnvoll ist.
Klar, wenn es von einem Stück nur drei Aufnahmen gibt, scheint es meist nicht so schwer, die gelungenste und den Intentionen des Komponisten am nähesten kommende zu identifizieren. Aber auch hier kann es schon problematisch werden. Denn, wer kennt schon die Intentionen des Komponisten? Steht in den Noten, sagen die einen. Das wichtigste steht zwischen den Noten, sagen wiederum andere. Aber bei Stücken die Dutzend ja Hundertfach eingespielt wurden, macht der Begriff da noch Sinn? Oder gibt es dann 10 Referenzaufnahmen des gleichen Stücks?
Und wie ist das überhaupt gemeint?
Wenn ich sage, das ist MEINE Referenzaufnahme, dann sage ich eigentlich nichts anderes als: das ist meine Lieblingsaufnahme. Das ist eine klare persönliche Aussage, unangreifbar.
Aber wenn ich sage, das ist DIE Referenzaufnahme, dann verbindet sich damit ja schon ein anderer allgemeingültiger Anspruch, der angreifbar ist.
Mich würde interessieren, wie andere Taminos über die Sinnhaftigkeit dieses Begriffes denken.