Manuel de Falla: Nächte in spanischen Gärten

  • Liebe Taminos,


    nachdem bereits in mehreren verstreuten Threads die ein- oder andere Aufnahme erwähnt worden ist, möchte ich hier einige Informationen zu diesem Werk geben und Euch herzlich dazu einladen, Eure Eindrücke bzw. Hinweise zu bedeutsamen Aufnahmen beizusteuern.


    Manuel de Falla legt mit den Noches de los Jardines de España, so der Originaltitel, ein impressionistisch gefärbtes, dennoch sehr eigenständiges und auch spanisch gefärbtes Werk vor. Es werden verschiedene Gärten präsentiert, am eindrucksvollsten wohl der Generalife, eine ausgedehnte Gartenanlage mit einer Vielzahl von Pflanzen, Blumen, Wasserspielen und Fontänen, die zu der weltberühmten maurischen Burg "La Alhambra" in Granada gehört, lange Zeit de Fallas Wohnort, bevor er nach Argentinien ins Exil ging. (Er wohnte im Albaicín, einem an einem Steilhang gelegenen, berühmten Zigeunerviertel mit Blick auf die gegenüber liegende Alhambra).


    Das Werk wurde 1915 beendet und war ursprünglich als eine Reihe von Nocturnes für Klavier geplant; erst auf Anregung von Albéniz und dem Pianisten Ricardo Viñes, dem das Werk auch gewidmet ist, begann Falla, die Partitur als "impresiones sinfónicas", als symphonische Impressionen für Orchester anzulegen.


    Die Uraufführung erfolgte am 9. April 1916 in Madrid im Teatro Real mit dem Orquesta Sinfónica de Madrid dirigiert von Enrique Fernández Arbós; José Cubiles übernahm den Klavierpart.


    Manuel de Falla verbindet hier impressionistische Einflüsse, wie er sie durch Debussy, Ravel und Dukas in Paris kennengelernt hatte, mit spanischen Elementen. Der Klavierpart verschmilzt über weite Strecken in beeindruckender Weise mit dem ungemein nuancen- und farbenreichen Orchester; de Falla zieht alle Register, vom unhörbaren, nächtlichen Raunen, vom leisen Summen und Flüstern bis hin zum gewaltigen Aufbrausen wird hier eine bunte Palette von Stimmungen entfaltet.



    Soviel als allgemeine Information - verschiedene Einspielungen werden folgen.


  • Meine Lieblingsaufnahme dieses stimmungsvollen Werks ist seit 50 Jahren die mit Clara Haskil und dem Orchestre des Concerts Lamoureux, mit Igor Markevitch als Dirigent.
    Die Stimmung der 3 Sätze ist meiner Meinung nach nie mehr genauer eingefangen worden als hier. Meine absolute Referenzeinspielung.

    :hello: Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Den großen Spanier de Falla habe ich mit dieser CD mit Begeisterung kennengelernt und diese ist für mich auch die Beste von allen:



    Nächte in spanischen Gärten;
    Der Dreispitz (Ballett);
    La Vida breve (Zwischenspiel& Tanz)


    Alicia de Larrocha, Klavier (Nächte...)
    Berganza, Suisse Romande Orch.,
    Comissiona (Nächte...), Ernst Ansermet (Der Dreispitz)
    Decca, 1970/1961, ADD


    Das Klavierkonzert Die Nächte in spanischen Gärten wird von der für dieses Repertoire fabelhaften Pianistin Alicia de Larrocha gespielt; am Pult des Ansermet-Orchesters Orchestre de la Suisse Romande steht Sergiu Commissiona.


    Eher zufällig habe ich eine weitere recht gute Aufnahme (denn ich wollte und brauche eigendlich keine Andere), die dieser dennoch an Ausdruckskraft nicht das Wasser reichen kann - trotz Rubinstein/Ormandy (SONY - in der 20th-Century-12CD-Box).
    Alicia de Larrocha ist für mich genau so eine referenzwürdige Einspielung, wie Herberts Favorit im Vorbeitrag. Klanglich zudem in gewohnter Decca-Analog-Spitzenqualität.


    Das übrige Programm Der Dreispitz auf der CD unter Ansermet ist ebenfalls kaum zu übertreffen (selbst Dutoit´s digitale Aufnahme, auch auf Decca, hat mich da im Vergleich sogar enttäuscht).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Herbert, lieber Wolfgang,


    da kann ich Euch nur beipflichten, da habt ihr sicherlich zwei herausragende Interpretationen gewählt. Ich möchte noch eine weitere Aufnahme ergänzen. Da ich nach der Suche war nach einer neuen Einspielung, die die klanglichen Möglichkeiten bestmöglich ausschöpft, stieß ich auf folgende Blu ray (man kann die Aufnahme auch als DVD erwerben):



    Joaquín Achúcarro, ein Grand Seigneur des Klavierspiels, ist völlig entrückt, er spielt mit Temperament und Souveränität. Er hat die Musik vollkommen verinnerlicht, allerdings spielt er sie nicht routiniert herunter, sondern geht mit jeder Faser mit. Er schaut kaum auf das Klavier, sondern v.a. auf Simon Rattle, der die Partitur gekonnt ausschöpft. Die Klangkultur der Berliner Philharmoniker ist stupend, die Interpretation ist erstrangig, die tolle Tontechnik tut ihr übriges. Eine ganz hervorragende Aufnahme, die ergänzt wird durch ein ebenfalls wunderschönes Solokonzert desselben Pianisten in Madrid, das mit Werken von de Falla und seinen Zeitgenossen aufwartet.

  • Lieber Don Gaiferos,


    danke für deine Erinnerung. Da habe ich aus meiner umfangreichen CD-Sammlung wieder etwas hervorgeholt und aufgelegt, was ich schon bestimmt drei Jahre nicht mehr gehört habe. Und ich fühlte mich wieder in einer Nacht in Andalusien, spürte die laue Nachtluft und ein wenig Melancholie. Besonders den ersten Satz
    En el Generalife mit seinen impressionistischen Klangbildern liebe ich sehr. Ich habe eine Aufnahme aus 1966 mit der Solistin Margrit Weber und den Symphonie-Orchester des Bayrischen Rundfunks unter Rafael Kubelik.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard,


    Dein Posting hat mich immens erfreut - und ebenso spiele ich den Ball zurück und danke Dir ebenso, habe ich doch angeregt durch Dich dieselbe Aufnahme aufgelegt. diese Aufnahme war die erste des Werkes, die ich auf CD besessen habe - und ich muss sagen, ich höre sie auch wieder mit großer Freude.
    Margit Weber wählt einen, klaren, strukturierten, deutlich artikulierten Zugriff. Das Orchester wird von Rafael Kubelik straff und schnörkellos geführt. Manche Aufnahmen mögen im ein- oder anderen Detail vielleicht noch ausgefeilter oder detaillierter sein, jedoch ist hier eine frische, beherzt zupackende, atmosphärisch sehr dichte Aufnahme gelungen, die trotz ihres Alters mit einem sehr schönen Klangbild aufwarten kann. Gerade die grandiosen Steigerungen gegen Ende des 1. Satzes sind beeindruckend.
    Alles, was Gerhard über die mediterran-andalusische Atmosphäre gesagt hat, kann ich nur unterstreichen, und gerade in diesen schönen, glücklicherweise noch warmen Tagen kann man diese Musik sehr genießen.
    Die Aufnahme, die wir beide gehört haben, ist diese:


  • Lieber Don Gaiferos,


    es freut mich, dass dir die von mir genannte Aufnahme auch gut gefällt. Ich habe sie allerdings auf zwei CDs von Deutsche Grammophon, zusammen mit
    Rodrigo: Concierto de Aranjuez, Concierto serenata und Fantasia par un gentilhombre
    Castelnuovo-Tedesco: Konzert für Gitarre und Orchester und
    Salvador Bacarisse: Concertino für Gitarre und Orchester


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)


  • Ich möchte diese neue Aufnahme aus dem Jahr 2014 vorstellen, die für mich Referenzcharakter hat. JPC listet sie, über amazon kann man sie nur auf der französischen Seite bestellen. Ein amerikanischer Kritiker hat sinngemäß geschrieben, angesichts dieser Aufnahme und den Wundern der exzellenten Tontechnik, die auch kleinste Details hörbar macht, erscheinen alle anderen Aufnahmen fragmentarisch. Tatsächlich ist dies nicht übertrieben: die Plastizität und der Detailreichtum sind buchstäblich unerhört. Auch die Interpretation von Luis Fernando Pérez, einem in Spanien bekannten und arrivierten Pianisten, der unter anderem den Alicia de Larrocha-Wettbewerb gewonnen hat, ist vom feinsten. Er behandelt das Klavier über weite Strecken mit großer rhythmischer Schärfe, fast schon perkussiv, die Töne sind teilweise wie gemeißelt, dennoch verliert er nie das Gespür für die Poesie der Musik und zaubert einige atemberaubende, lyrische Momente, hauchfeine pianissimi und exquisite Klangkaskaden und -Schleier, die dem impressionistischen Charakter des Werkes voll gerecht werden. Carlo Rizzi und das baskische Nationalorchester stehen dem in nichts nach, Kraft und Finesse sind ebenso präsent und unterstreichen wirkungsvoll den Klavierpart.


    Eine Aufnahme, die ich vorbehaltlos empfehlen kann!