JLang: Für mich unverzichtbare Aufnahmen

  • Liebe Alle,


    nach einigen kleinen Postings beginne ich, einmal mit einer meiner neuesten Lieblingseinspielungen, die ich eigentlich nie genug hören kann.
    Da ich heute irgendwie beim Klavier hängengeblieben bin, betrifft meine erste Aufnahme zwei Mozart-Klavierkonzerte mit meinem liebsten Mozartinterpreten Rudolf Buchbinder.



    Mozart Klavierkonzert A-Dur, Nr. 23 und C-Dur, Nr. 25 (beide entstanden 1786)
    Pianoforte: Rudolf Buchbinder
    Orchester: Concentus musicus Wien
    Dirigat: Nikolaus Harnoncourt


    Die Aufnahmequalität ist m. E. nach sehr gut, wenngleich die Balance des Klangs nicht ganz optimal scheint, der Pianoforte-Klang ist aber in meinen Ohren ganz hervorragend. Und wenn man Buchbinder einmal Mozart hat spielen sehen (er hat sichtbar Spaß), kann man die nicht nur die Präzision, sondern auch die Leichtigkeit aus dem Spiel noch besser heraushören. Dafür nehme ich das an einigen Stellen hinsichtlich der Dynamik etwas eigenwillige Dirigat sehr gern in Kauf und habe viel Spaß an der Aufnahme.

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Meine zweite unverzichtbare Einspielung stammt aus dem Bereich Oper.
    Es ist die andernorts bereits viel (und zu recht) gelobte Aufnahme von Verdis Simon Boccanegra, meiner ersten Verdi-Oper



    Dirigat: Claudio Abbado
    Solisten: Cappuccilli, Ghiaurov, van Dam, Freni, Carreras
    Orchester: La Scala Orchestra
    Aufnahmejahr 1976


    Vielleicht gehört die Aufnahme gar zu den wenigen "perfekten" Einspielungen einer Oper, zumindest finde ich die stimmlichen Einzelleistungen und die Besetzung herausragend. v. a. mein liebster Verdi Bariton Piero Cappuccilli mit wunderbaren Gesangslinien und auch Carreras imO mit viel Gesangskultur, Ghiaurov mit der notwendigen Schwärze und Emphase. Das Dirigat Abbados überzeugt mich durch die Spannung und Dramatik, die das gesamte Stück aufrechterhalten wird, auch in den vergleichsweise getragenen Teilen. Auch wenn ich mit meiner Begeisterung für diese Einspielung einen Allgemeinplatz besetze :pfeif: , möchte ich sie auf keinen Fall missen.

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)


  • Die "unverzichtberen Aufnahmen" sind Exklusivthemen für Mitglieder, die von anderen Teilnehmern weder kommentiert noch angereichert werden sollen!

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Zur Erweiterung des Spektrums heute meine dritte Aufnahme, auf die ich ganz ungern verzichten würde


    Gustav Mahler, Sinfonie Nr. 8
    Sinfonie Orchester des Bayerischen Rundfunks
    Dirigat: Rafael Kubelik


    Solisten, Gesang: Martina Arroyo, Franz Crass, Dietrich Fischer-Dieskau, Donald Grobe, Julia Hamari, Edith Mathis, Norma Procter, Erna Spoorenberg
    Orgel: Eberhard Kraus
    Chöre: Frauenchor des Münchner Motettenchores, Regensburger Domspatzen, Chor des Bayerischen Rundfunks, Chor des Westdeutschen Rundfunks



    Ich habe die DGG, die ein etwas anderes Cover aufweist:
    [timg]http://g-ecx.images-amazon.com…0000E3G0/taminoklassik-21; Amazon [/timg]

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Meine heutige unverzichtbare Aufnahme gilt dem Fliegenden Holländer von R. Wagner.
    Nach meinem ersten Versuch mit Solti, der schief ging, habe ich in der Aufnahme aus Bayreuth von 1959, dirigiert von W. von Sawallisch eine live-Aufnahme gefunden, die für mich aufgrund der Solisten in Verbindung mit dem guten Dirigat unverzichtbar geworden ist.



    Dirigat: Wolfgang Sawallisch Chor & Orchester der Bayreuther Festspiele
    Holländer: George London
    Senta: Leonie Rysanek
    Daland: Josef Greindl
    Erik: Fritz Uhl
    Mary: Res Fischer
    Steuermann: Georg Paskuda

    ADD/m: Da es sich um eine Aufnahme aus dem Festspielhaus handelt, ist mit Husten und Bühnengeräuschen zu rechnen :)
    Abgesehen davon ist der (mono) Klang ordentlich

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

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  • Meine nächste unverzichtbare Aufnahme werden zahlreiche der anderen Forenmitglieder vermutlich als entbehrlich ansehen :)


    Es handelt sich um die Einspielung der Rachmaninoff Klavierkonzerte von Vladimir Ashkenazy. Ja genau der Ashkenazy, dem immer das Makel des Vielspielers anhaftet, der alles spielt, was ihm vorgesetzt wird (oder er sich selbst vorsetzt), der Asheknazy, bei dem nach Meinung vieler für jede Einspielung zumindest eine Bessere existiert. Da es hier aber um persönliche Empfehlungen geht, darf ich die Aufnahme dennoch nennen.
    Ashkenazy bietet in dieser Einspielung mehr als Mittelmaß. Dem Werk Rachmaninoffs ist Ashkenazy bei all seiner Aufnahmentätigkeit in besonderer Weise verbunden gewidmet und mit seinem emotionalen Spiel mit kämpferischen Elementen aber auch melancholischen Momenten, trifft er meinen Nerv und eine Gesamteinspielung dieser Klavierkonzerte auf dem gleichbleibend hohen Niveau findet man nicht allzu häufig (hier sehe ich Ashkenazy und Richter durchaus auf einem ähnlich hohen Level).



    London Symphony Orchestra
    André Previn
    Decca, ADD, 72

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Als sechste meiner unverzichtbaren Aufnahmen nenne ich noch eine Wagner-Oper, deren Einspielung imO bisher kaum erreicht wurde und die für mich unverzichtbar ist. Es handelt sich um die Walküre in der Einspielung von Erich Leinsdorf



    London Symphony Orchestra, Dirigat Erich Leinsdorf
    Wichtigste Solisten: Birgit Nilsson, Rita Gorr, Gré Brouwenstijn, Jon Vickers, George London, David Ward
    Label: Decca, ADD, 61


    Allein die Sänger, die Leinsdorf zur Verfügung standen, sind in der Zusammensetzung ein unglaubliches Ensemble: zwar gestaltet George London den Wotan nicht so subtil, wie es der große Hotter vermochte, doch ist er stimmlich jederzeit eine wahre Gottheit (insbesondere im letzten Akt schier unglaublich), Jon Vickers ist für mich einer der besten Siegmunde (überwiegend sehr wortdeutlich, mit einem schier unerschöpflichen Volumen bei den Wälse Rufen), Brouwenstijn als Sieglinde ist ebenfalls phantastisch, Gorr überzeugt davon, daß Fricka Wotan mindestens ebenbürtig ist. Nilsson als Brünnhilde ist imO stimmlich schlichtweg eine Referenz. Einzig den Hunding von David Ward habe ich in anderen Aufnahmen schon besser gehört (hier für mich fast unerreicht Kurt Moll unter Janowski). Zusammengenommen mit dem spannungsreichen Dirigat von Leinsdorf zumindest für einen Wagner-Laien wie mich eine nahezu perfekte Aufnahme.

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Meine nächste unverzichtbare Aufnahme ist eine Einspielung von
    Gustav Mahler
    Lieder eines fahrenden Gesellen, Kindertotenlieder, Rückertlieder und 5 Gesänge aus "Des Knaben Wunderhorn"


    Viel Worte muß man über die Aufnahme nicht verlieren: es ist einfach Liedgesang in Vollendung. Die Suches Dieskaus nach dem Sinn des gesungenen Textes (sie führte oft zu Eindruck einer gewissen Manieriertheit) und seine glasklare Diktion sind nur schwer zu erreichen, die Dirigenten Furtwängler (der Mahler angeblich nicht viel abgewinnen konnte ... aber man höre selbst) und Kempe sind ebenso überzeugend wie die Klavierbegleitung durch Daniel Barenboim. Für mich macht die besondere Magie der Aufnahme aber v. a. die Verbindung aus der großen Intensität, mit der Dieskau singt und der Betonung jeder einzelnen Silbe aus, bei der ich den Eindruck habe "so und nicht anders soll sie betont werden, weil so und nicht anders der Sinn des Textes sein kann". Fischer-Dieskaus gesungene Lesart der Lieder schafft es auf jeden Fall immer wieder, tief zu berühren.

    Herzlich
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Daß ich ein großer Anhänger des Klavierspiels von Alfred Brendel bin, könnte bereits im thread zur Mondschein-Sonate oder zu Brendels Beethovenbild deutlich geworden sein :) . Daher gebührt meine sechste unverzichtbare Aufnahme nun ihm.
    Brendel hat die Beethoven Sonaten insgesamt dreimal vollständig eingespielt. Bei meiner unverzichtbaren Aufnahme handelt es sich um den letzten Beethovenzyklus Brendels. Immer als großer "Nachdenker" angesehen, läßt sich dieses Attribut nicht ganz von der Hand weisen. Aber Brendel hat nicht ein durchgehend nachdenkliches Spiel, er kann es – in Maßen – auch brausen lassen. Eine seiner Besonderheiten ist, daß er z. T. über die Grenzen der im Notentext vorgeschriebenen Dynamik hinausgeht. Indem er sich über den Notentext z. T. hinwegsetzt, "gestaltet" er die Sonaten im besten Sinne des Wortes (Spielen als Gestalten war für Brendel immer ein zentrales Thema) und das gelingt ihm bei den 32 Sonaten m. E. in einer unvergleichlichen Weise. Es ist nicht zu leugnen, daß mit den Einspielungen eines Gilels oder Gulda bereits maßstabsetzende Interpretationen vorgelegt wurden und die Anzahl der guten bis sehr guten Einspielungen der Beethoven Sonaten groß ist. Es ist auch nicht zu leugnen, daß es Pianisten mit einer größeren Virtuosität gibt, aber die Transparenz des Spiels, seine Ausgewogenheit und die Feinheit, mit der melodische Linien gestaltet werden, machen die Aufnahmen nicht nur zu einer maßgebichen Interpretation der Sonaten, sondern sie für mich auch unverzichtbar.


    Label: Decca, 1992-1995 (DDD)

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Heute nur Altbekanntes. Antonin Dvoraks Sinfonie Nr. 9 "Aus der neuen Welt" (op. 95) war nicht nur der größte Erfolg, der Dvorak zu seinen Lebzeiten gefeiert hat, es gehört auch heute zum Standardrepertoire des Konzertbetriebes. M. E. vollkommen zu Recht. Sie war das erste sinfonische Werk, das ich live im Konzert erlebt habe und ich habe mich noch nicht sattgehört. Das liegt nicht zuletzt an meiner Lieblingsaufnahme, die vermutlich zugleich die Lielbligsaufnahme vieler Taminos sein wird. Mir wurde sie unmittelbar nach dem Konzert geschenkt und ich möchte bis heute nicht auf sie verzichten. Es ist die im Jahr 1959 entstandene Einspielung des Ungarn Ferenç Friscay, die digital aufbereitet wurde (es ist nur ein leichtes Grundrauschen hörbar). Bei Friscay ist das Werk im besten Sinne "durchhörbar", obwohl das Klangbild alles andere als schlank ist. Es wird stellenweise eine dynamische Wucht entwickelt, die mich immer wieder "umhaut" stehen diesen Momenten sanfte, lyrische Passagen entgegen, die zusammen in einem wunderbar gleichmäßigen, ausgewogenen Fluß entwickelt werden (die Einspielung gehört weder zu den schnellsten, noch zu den langsamsten, sondern vertritt im besten Sinne die "goldene Mitte".



    Berliner Philharmoniker
    Ferenç Fricsay
    Label: DGG, 1960 (ADD)


    Als Zugabe gibt es in einer imO ebenfalls referenzwürdigen Aufnahme Bedrich Smetanas "Die Moldau", ebenfalls mit den Berliner Philharmonikern und von Franz Liszt "Les Preludes" mit dem RSO Berlin. Das sind mehr als nur Füller.

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

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  • Nach längerer Zeit möchte ich, weil grade noch einmal gehört und nun absolut sicher, meine nächste Aufnahme vorstellen, auf die ich nicht mehr verzichten mag. Es handelt sich um Bela Bartók, Für Kinder (ungar. Gyermekeknek)


    Die Stücke "Für Kinder" (ungar. Gyermekeknek) entstanden 1908 und 1909 und greifen die Melodien ungarischer und slawischer Volkslieder auf. 1943 nahm Bartók eine Bearbeitung vor: als Ergebnis umfaßt die Sammlung 79 Stücke: Heft 1 umfaßt 40 Stücke, Heft 2 derer 39. Sie erschienen postum 1947, doch hatte Bartók die Bearbeitung zum Druck noch vor seinem Tod abschließen können. Die kleinen Stücke richten sich an Anfänger des Klavierspiels und sollen ihn schulen (in Heft 1 beginnt es noch vergleichsweise leicht, dann steigert sich die Schwierigkeit bis zum Ende von Heft 2, allerdings nicht in progressiver Steigerung der Schwierigkeit). Sie belegen aber zugleich Bartóks intensive Auseinandersetzung mit der ungarischen und slovakischen Volksmusik. Wie ich an anderer Stelle schrieb, bin ich vollkommen vernarrt in diese kleinen, liebenswürdigen Perlen des Klavierspiels. Mein liebster Interpret, auch das habe an anderer Stelle bereits geäußert, ist Jenö Jandó. Er bringt die verschiedenen Melodien, die mit ganz reduzierten Begleitungen auskommen und die mal bewegt, mal ruhig daherkommen, in einem unglaublich feinsinnigen Spiel zum Klingen und unterstreicht ihre Liebenswürdigkeit dadurch, daß er sie vollkommen erst nimmt (sie also nicht als "kindisch" abtut), ohne sie durchweg zu ernst zu spielen (v. a. an den belebten Stellen). So geht das Spielerische nie verloren. Auch wer vielleicht keinen rechten Bezug zu Bartók haben mag (soll es ja geben :)) dem seien diese Stücke sehr ans Herz gelegt, Bartók selbst bemühte sich in der Überarbeitung auch um Harmonisierungen. :)

    Mit herzlichem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Ich habe CD erst vor kurzer Zeit erworben, man könnte zu recht fragen, wie sie dann schon zu meinen "Unverzichtbaren" gehören kann. Ich habe sie in dieser Zeit unzählige Male gehört, immer wieder neue Nuancen entdeckt und glaube, daß ich damit noch nicht fertig bin: sie ist mir sofort ans Herz gewachsen und hat es direkt unter meine unverzichtbaren Aufnahmen geschafft (sie sticht meine anderen Aufnahmen von Freire aus, auch wenn ich diesen Pianisten generell sehr schätze).


    Martha Argerich & Nelson Freire
    Rachmaninoff: Suite Nr. 2 op. 17 für 2 Klaviere
    Ravel: La Valse für 2 Klaviere
    Lutoslawski: Paganini-Variationen für 2 Klaviere


    Label: Philipps 1982 (DDD)


    Da ich die CD im Freire thread ausführlicher vorzustellen versucht habe, folgt hier einfach eine Wiederholung des dort Geschilderten. Bei Rachmaninoff Suite no. 2 ist die Synchronität des Spiels beeindruckend: auch an den "wildesten" Stellen laufen die Flügel nicht auseinander, alle Tempowechsel gelingen in äußerster Präzision. Sie bieten ein sehr temperamentvolles Spiel voll Ausdruck. Übertroffen wird diese Interpretation aber imO noch durch Ravels "La Valse": nach eigener Aussage gehört das Stück zu den Lieblingen der beiden Pianisten. Ich finde, man kann diese Begeisterung deutlich hören. Das ist flüssiges Klavierspiel in Reinkultur, der Walzer ist natürlich zu hören, driftet aber nie ins Leichte ab, vielmehr wird der dunkle Charakter deutlich betont. Ein unaufhaltsamer Fluß des Spiels, in das der Hörer regelrecht hineingesogen und mit-, wenn nicht gar hinabgerissen wird.
    Abgerundet wird die CD durch Paganini Variationen des polnischen Dirigenten und Komponisten Witold Lutosławski (1913–1994), geschrieben zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, bei denen Freire den ersten Part übernommen hat. Die rhythmische Komplexität bereitet beiden Pianisten anscheinend keine Mühe, leichtes Spiel und "Zupacken" werden in nahezu traumwandlerischer Sicherheit bewältigt. Natürlich haben beide große Erfahrung aber ich finde, man hört keine "Abnutzung" kein schlichten Abspulen des Programms.
    Insgesamt eine wunderbare, abwechslungsreiche Aufnahme mit hochqualitativem Klavierspiel, unter meine "Unverzichtbaren" beförderte die CD allerdings v. a. die herausragende Interpretation von Ravels "La Valse".


    Mit besten Grüßen
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Es wird einmal wieder Zeit für eine Aufnahme, auf die ich ungern verzichten möchte (Daß Chailly als momentan Leipzig ohnehin einen Bonus bei mir hat, hat auf die Wahl allerdings keinen Einfluß ;)). Daß es erneut Mahler getroffen hat, ist Zufall. Ich habe die Aufnahme am Wochenende gehört und heute Abend gleich noch einmal ... und ja, ich mag darauf nicht mehr verzichten. Die 5. Sinfonie, entstanden in den Jahren 1901/02, uraufgeführt 1904 in Köln, aber später noch einmal überarbeitet, ist vermutlich Malers bekannteste Sinfonie, insbesondere das Adagietto ist weithin bekannt.


    Gustav Mahler, Sinfonie Nr. 5
    Royal Concertgebouw Orchestra
    Riccardo Chailly

    Label: Decca, eingespielt Oktober 1997 (DDD)
    Die Aufnahme beginnt mit dem beeindruckenden Part I (Trauermarsch"), imO der schönste Teil der gesamten Sinfonie, der mich jedes mal aufs Neue "umhaut". Nach der grandiosen Eröffnung durch die Trompetenfanfare erklingt das Orchestertutti in einer dunkel-bedrohlichen Atmosphäre, das trotz aller Bedrohung immer klangschön bleibt. Chailly legt imO Wert auf zwei Aspekte: Klangschönheit und Entfaltungsraum für die vielen Schichten der musikalischen Atmosphäre. Er dirigiert in einem eher langsamen Ansatz, der aber Zeit gibt, die verschiedenen Linien des Werkes bis in Details zu verfolgen. Dabei verliert sich das Stück aber nie in den zahlreichen Schichten oder fasert gar aus, sondern bewegt sich in einem steten Fluß. Das Orchester, ohnehin wohl eines der besten der Welt (hervorheben möchte ich besonders die tollen Blechbläser), musiziert wirklich grandios: Präzision, Transparenz (v. a im Scherzo), Fluß, aber auch Kraftentfesselung (im Teil "Stürmisch bewegt") alles wirkt natürlich und schafft eine Einspielung des Mahlerschen Klangskosmos, die ich nicht missen mag.


    Mit besten Grüßen JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Heute ist ein wenig Zeit, so daß ich noch einmal eine meiner "unverzichtbaren" Aufnahmen einstellen kann.


    Radu Lupu, Klavier
    Label: Decca, 1982 (DDD)
    Serie: Decca Legends


    Die Einspielung der Impromptus D. 899 (op. 90) & 935 (op. 142) von Franz Schubert durch Radu Lupu begleitet mich nun bereits seit langer Zeit. Und ich höre sie immer wieder mit großer Begeisterung. Das liegt nicht allein an den genialen Klavierwerken, sondern der Interpretation. Natürlich existieren zahlreiche wunderbare Interpretationen (z. B. Brendel, Fleischer, Schiff), aber dennoch ist mir diese Einspielung so ans Herz gewachsen, daß ich nicht auf sie verzichten mag. Lupus Spiel bringt das Instrument zum Singen, er verwandelt die Töne und Phrasierungen in verträumte aber auch abgründige Bilder und das geht mir immer wieder aufs Neue unter die Haut. Er schafft in seiner Eleganz dennoch auf der gesamten CD immer die Spannung aufrecht zu erhalten. Unverzichtbar ist die Aufnahme für mich nicht zuletzt, weil mit neuen Aufnahmen dieses Ausnahmemusikers leider aktuell nicht zu rechnen ist :(.


    Mit besten Grüßen
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Meine letzte "Unverzichtbare" war Klaviermusik und auch die heutige ist, diesmal jedoch keinem bestimmten Komponisten gewidmet, sondern dem Klavierspiel einer wirklich großen Dame Martha Argerich. Es handelt sich um live Mitschnitte zweier Recitals im Concergebouw Amsterdam vom 7. Mai 1978 & 22. April 1979.


    Label: EMI
    Programm:
    Bach: Partita BWV 826; Englische Suite BWV 807;
    Bartok: Klaviersonate Sz. 80 (1926);
    Chopin: Nocturne Nr. 13; Scherzo Nr. 3; Prelude Nr. 24;
    Ginastera: Danzas Argentinas op. 2;
    Prokofieff: Klaviersonate Nr. 7;
    Scarlatti: Klaviersonate K. 141.


    Meine persönlichen Highlights sind 1) die zunächst traumhaft-elegischen und dann explosionsartig wild bewegten Chopin-Nocturne, 2) Das in unvergleichlich temperamentvoller Argerich Manier-vorgetragene Scherzo, 3) die Prokofiev-Sonate und 4) Bartók. In den letztgenannten Stücken, die in einer unglaublichen, dynamischen Spannung erklingen, beeindruckt neben dem energiegeladenen Spiel die Herausarbeitung der klanglichen Schattierungen und rhythmischen Elemente. Voller Energie aber mit gefühlvollem Anschlag gespielt sind die Bach-Interpretationen (sicher nichts für Bach-Puristen, aber mir gefällt es dennoch) und die Danzas argentinas, op. 2. Das ist natürlich eine ganze Geschichte der Klaviermusik auf einer CD und natürlich werden nicht jedem alle Ansätze der Interpretin gleich gut liegen, aber im Gesamtpaket ist diese CD für mich ein Stück Klaviergeschichte. Selbst wenn man über die Wortwahl "unverzichtbar" diskutieren kann, so trifft dieser Begriff für das intensive, leidenschaftliche Klavierspiel Argerichs vollkommen zu. Die Klangqualität ist nicht mit heutigen Standards zu messen (leichtes Grundrauschen und ein mitunter etwas dumpfes Klangbild), aber imO gut. Es ist schön, wenn solche Sternstunden des Klavierspiels immer wieder gehört werden können.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

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  • Endlich habe einmal Zeit gefunden, eine weitere meiner liebsten ("unverzichtbaren") Aufnahmen zu nennen. Nein, heute endlich einmal keine Klaviermusik, sondern zwei Violinkonzerte, von denen das eine vielleicht zu oft gespielt wird (Mendelssohn), während das andere (Beethoven) nach meinem Geschmack deutlich zu wenig in Konzertprogrammen erscheint.


    L. van Beethoven, Violinkonzert in D-Dur op. 61 & F. Mendelssohn-Bartholdy, Violinkonzert in e-moll op. 64
    Solist: Jascha Heifetz
    Boston Symphony Orchestra, Charles Munch
    Label: RCA, 55/59 (ADD)


    Die CD vereint zwei imO zwei schnelle, packende Interpretationen aus den Jahren 1955 (Beethoven) und 1959 (Mendelssohn), die ich immer wieder gern höre. Heifetz’ Perfektion, die immer einmal wieder als "seelenlos" bezeichnet wurde, ist unglaublich und nur vor dem Hintergrund der unsäglichen Zeit ab 1933 zu erklären. Dieses Urteil kann nur aufgrund einer Ablehnung seiner Person und seinem wenig körperlichen Spiel (er spielte mit minimalsten Bewegungen) entstanden sein: jeder, der ein wenig hören kann, wird sich ihm nicht anschließend können. Im Beethoven Violinkonzert spielt er die von ihm selbst überarbeitete Kadenzen des Geigers Johann Joachim und seines Lehrers Leopold Auer mit einem beseelten Ton, der seinesgleichen sucht. Das sehr schnelle Tempo (wenn ich recht liege, gehört sein Ansatz mit knapp 38 Minuten zu den schnellsten überhaupt) macht das Stück für mich zu einem mitreißenden Erlebnis par excellence.
    Aber auch dem Violinkonzert Mendelssohns tut sein flottes Tempo und der etwas "nüchterne" Ansatz extrem gut. Das Konzert wird ja allzu schnell etwas "schmachtend", Heifetz entgeht dieser Gefahr durch Tempo (v. a. im Andante) und zupackendes Spiel mit einer breiten Palette (gern auch kräftiger) Klangfarben. Der Klang der Aufnahme ist abgesehen von einem ganz leichten Rauschen an einigen Stellen gut (ob die mittlerweile erhältliche etwas teurere Hybrid Version besser klingt, weiß ich nicht).


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Lange habe ich keine Aufnahme mehr hinzugefügt, obgleich ich noch ein paar in petto habe, auf die ich ungern verzichten möchte.
    Vielleicht habe ich mich angesichts des trüben Wetters heute entschieden, Mozart einzulegen und dabei festgestellt, daß mir die folgende Aufnahme mittlerweile die Liebste geworden ist:


    Künstler: Martin Fröst, Vertavo Streichquartett,
    Amsterdam Sinfonietta, Oundjian
    Label: BIS, 2002 (DDD),
    stereo & multichannel (Hybrid)


    Zugegeben, das Cover ist mehr als verzichtbar, nicht so aber der Inhalt. Fröst hat auf der Bassettklarinette einen bezaubernden, in allen Registern warmen Ton, mitunter leicht ins Melancholische tendierend (beim zweiten Themenkomplex des ersten Satzes oder im zweiten Satz ja durchaus passend), wunderbar phrasierend aber ohne jeden Kitsch. Wenn ich dafür ein Wort gebrauchen kann, dann träfe wohl "reinste Anmut" am besten zu. Das technisch perfekt klingende Spiel entfaltet eine unglaubliche dynamische Breite. Die Kadenzen hat Fröst selbst geschrieben und sie passen nahtlos in die Klangwelt Mozarts: ein schöneres Kompliment ist wohl kaum möglich. Zusätzlich auf der CD: das Klarinettenquintett KV 581 – das ist mehr eine würdige Zugabe: ein Hochgenuss an Spielfreude. Der Klang ist imO über jeden Zweifel erhaben und sehr räumlich.


    Mit bestem Gruß
    JLang

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  • Nach langer Zeit mache ich wieder einmal daran, eine für mich nicht verzichtbare Aufnahme anzuführen. Ich habe sie bereits im thread über Jorge Bolet einmal vorgestellt. Paars pro toto für das, was Bolet insgesamt für Liszts Klavierwerk geleistet hat, will ich folgendes Recital anführen.


    Rediscovered Liszt-Recital, Label: RCA, ADD, 72/73 (digitally remastered)
    Das ist einfach ein ganz facettenreich gespielter Liszt. Pianistisch ist Bolet wohl unumstritten, bisweilen wird ihm eine gewisse Kühle vorgeworfen, weil er in späteren Jahren seine Virtuosität nicht nach Außen kehrte und auf seinen "großen Ton" vertraute. Dazu mag man stehen, wie man möchte, ich meine, er hat Liszt damit einen Gefallen getan, weil man diesem mit der Reduzierung auf Virtuosität nicht gerecht werden kann. Auf dieser Einspielung bietet Bolet alle Facetten von hochpräziser Virtuosität (Gnomenreigen, La campanella, Grand Galop chromatique), Schönklang (un sospiro) und Expressivität (Rhapsodie espagnole), die für mich zu den besten Einspielungen dieses Werkes überhaupt gehört. Den Abschluss bietet die Tannhäuser-Paraphrase mit der schönen Geschichte, er habe von ihr einfach einen vollständigen Durchgang spielen wollen.


    Ich möchte auf den Liszt-Klang dieses Pianisten nicht verzichten
    Beste Grüße zum Wochenende
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)


  • New SO London, Dirigat: Stanislaw Skrowaczewski


    Lange habe ich keine unverzichtbare Aufnahme mehr eingestellt, war daran lag, dass ich viele Neuerwerbungen gehört habe und sich bei diesen immer erst mit der Zeit herausstellt, ob sie für mich unverzichtbar werden. Bei vorliegender Aufnahme wurde mir beim gestrigen Hören klar, dass ich auf sie nicht verzichten kann. Natürlich existieren hervorragende Aufnahmen der Klavierkonzerte Chopins und die will ich gar nicht herabsetzen. Aber wenn ich mich bei Chopins Klavierkonzert Nr. 1 für eine Aufnahme entscheiden müsste, dann fiele meine Wahl auf diese. Sie ist trotz Remastering klanglich leider nicht ganz taufrisch (insbesondere zu Beginn) aber Rubinstein macht sie einfach unverzichtbar. Das ist allergrößtes Chopinspiel. Sein voller, goldener Ton, sein unverkennbares Markenzeichen tiefen, innigen Ausdrucks kommt vor allem im zweiten Satz zu beseelender Geltung. Keine Verzärtelung, sondern klares, reines und passagenweise fast schon kerniges Spiel zeichnen ihn hier aus. Das ist schwelgerisch, aber nicht süßlich, sein Rubato ist von allergrößter Natürlichkeit, man hat den Eindruck, ja, so kann, nein, so muss es sein. Kurzum: es ist eine der Einspielungen, bei der ich den Eindruck habe: sie ist perfekt, ebenso wie sie ist. Und ihr Interpretationsansatz ist imO bis heute nicht überholt, sondern beansprucht zu jeder Zeit Gültigkeit.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)