Antonio Cortis - "Spanischer Caruso"

  • Antonio Cortis, span. Tenor; geb. 12.8.1891 in Valencia, gest. 2.4.1952 ebd.. Er studierte Komponieren und Dirigieren, daneben Gesang am Konservatorium in Valencia. Sein Debüt begann 1915 mit kleineren Rollen in Madrid. Seine internationale Karriere begann 1919 in Italien. Danach Engagements an italienischen und spanischen Bühnen. Von 1924-1932 sang er in Chicago (Antrittsrolle Radames). 1931 trat er neben der Ponselle am Govent Garden in Romanis Fedra auf. Danach sang er vor allem in Italien (auch Mailänder Scala) und am Londoner Govent Garden. Er beendete seine Karriere auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn Mitte der 30er Jahre, trat danach aber noch gelegentlich auf. Er lebte dann als Komponist und Pädagoge in Spanien. Seine grandiose Technik und die Schönheit seiner Stimme brachten ihm den Beinamen "spanischer Caruso" ein.


    Hier kann man seine herrliche Stimme genießen:


    W.S.

  • Der lyrische Tenor Antonio Cortis, dessen Spannweite bis ins dramatische Zwischenfach reichte, ist ein Fixstern in der Riege meiner großen Tenorlieblinge. Seine Stimme würde ich als äußerst prägnant und absolut unverwechselbar bezeichnen.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • In seinem Buch "Voci Parallele" bezeichnet Tenorkollege Giacomo Lauri-Volpi ihn als "Piccolo Caruso". In der Tat besaß die Mittellage die dunkle, bronzene Tönung, die man von Caruso kannte. Ein sehr interessanter Sänger.

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Über diesen hervorragenden Tenor wurde 2 Jahre nichts mehr geschrieben. Ich hörte vorhin in eine neue CD hinein und war von der erstaunlich guten Tonqualität überrascht. Diese CD steht schon auf meinem Wunschzettel:


    W.S.

  • Auch ich kenne diesen Sänger und schätze ihn. Der Piccolo-Caruso - wie schön. Meine ganz große Liebe gilt jedoch Stimmen wie Benjamino Gigli, Alfredo Kraus und diese noch "gefühligere" Richtung. Aber es ist bewunderns- und anerkennenswert, wie viele Sänger Du immer wieder in Erinnerung rufst. Hier wirkst Du im engen Schulterschluss mit der Gottlob-Frick-Gesellschaft bei der Verwirklichung eines wichtigen Zieles: "Vergesst die alten Meister nicht".


    Herzlichst
    Operus (Dein Hans) :angel::hello:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Über diesen hervorragenden Tenor wurde 2 Jahre nichts mehr geschrieben


    Guckst Du zum Beispiel:


    La donna ist ein trivialer Gassenhauer, der sich schon abgenutzt hat, sobald der Vorhang gefallen ist


    Jonas Kaufmann, von München aus die Welt erobert


    Französischer Gesangsstil


    Aber er hat verdient, dass mehr über ihn geschrieben wird.
    Für mich ist er eigentlich immer im Blick, wenn es um das italiensche Tenorfach geht!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich kan der positiven Einschätzung dieses bemerkenswerten Sängers nur zustimmen. Er ist nicht nur, wie Caruso ausgeführt hat, im italienischen Fach eine nennenswerte Größe, natürlich hat er auch im Bereich der spanischen Musik wundervolle Aufnahmen hinterlassen.


    Einen guten Eindruck seiner klangschönen, kräftigen und kernigen Stimme vermittelt diese Aufnahe von José Serranos Zarzuela "La alegría del batallón"


    https://www.youtube.com/watch?v=7fzfOoy0ink


    Ich möchte gerne noch, mich auf die spanische Ausgabe von wikipedia stützend, einige biographische Fakten des Sängers ergänzen, die mir sehr interessant scheinen:


    Antonio Cortis war Sohn eines Schuhmachers, der aus Algerien nach Spanien eingewandert war, er wurde auf einem Schiff geboren und wurde in Denia gemeldet. Er widmete sich von klein auf dem Chorgesang. Zuerst sang er Nebenrollen im Liceo von Barcelona und im Teatro Real in Madrid, zum Beispiel Rollen wie den Gastone in "La Travaiata". 1916 erhielt er seinen ersten Vertrag als Tenor im Teatro Español in Barcelona, wo er in der Oper "Tosca" sang. Im selben Jahr heiratete er die Katalanin Carmen Arnau. 1918 sang er in "Carmen" im Teatro Real, zusammen mit María Gay y Mattia Battistini. 1919 sang er am Coliseo in der selten gespielten Donizetti-Oper Maria di Rohan. Im selben Jahr reiste er nach Italien, sang u. a. in Neapel und Rom, wo er sich die Sympathien der ehemaligen Sopranistin Emma Carelli erwarb, die ihn protegierte und Auftritte verschaffte, da sie das Teatro Costanzi in Rom leitete.


    Wesentlich war der Vertrag mit der Civic Opera in Chicago, den er 1924 unterzeichnete, und der er bis 1932 verbunden blieb, in acht aufeinanderfolgenden Spielzeiten. Er feierte einen großen Erfolg als Cavaradossi in Havanna, wo man ihn buchstäblich auf Schultern aus dem Theater trug, so dass sich auch der Dirigent Giorgio Polacco für ihn zu interessieren begann. Als Cortis in Erscheinung trat, waren die führenden Tenöre des Ensembles der Nordamerikaner Charles Hackett und vor allem der Italiener Tito Schipa. Cortis fand Hackett als Tenor nicht gerade umwerfend.


    Er sang nie an der Met in New York, allerdings war er ein Star in San Francisco (1925-26), an der Scala (1939-31), sowie in Covent Garden (1931), wo er mit Rosa Ponselle in Turandot und Fedora sang; außerdem trat er in Los Angeles, Baltimore, Boston, Washington, Pittsburgh, Santiago de Chile, Verona, Turín, Montecarlo und Bari auf.


    Die große Weltwirtschaftskrise, der spanische Bürgerkrieg sowie der 2. Weltkrieg, ebenso wie seine gesundheitliche Anfälligkeit, waren Faktoren, die ihn am Aufbau einer noch größeren Karriere hinderten. Seine letzten Auftritte absolvierte er in der Oper "Tosca" in Zaragoza 1950. Er starb in Valencia, wo er eine Gesangsschule begründet hatte.


  • Also die Vorstellungen mit Ponselle stimmen nicht. Turandot war mit Maria Nemeth, die andere Oper, in der er sehr wohl mit ihr gesungen hat, ist nicht "Fedora", sondern "Fedra" von Ponselle´s Mentor und Freund, Romano Romani. An der Scala war er nur 1930/31 als Dick Johnson.

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  • Ein Griff in meine Preiser-Sammlung beförderte Antonio Cortis zutage. Eine herrliche Stimme, über die lange nichts mehr geschrieben wurde. Die Arien aus "Tosca" und die Arie des Vasco da Gama aus "Die Afrikanerin", dem man glaubt das Paradies entdeckt zu haben, beeindruckten mich heute am meisten:


    W.S.

  • Die Preiser CD ist leider gestrichen, dachte ich bedauernd. Dann fand ich die 2 anderen Alternativen und war getröstet. Irgendwie hatte ich in letzter Zeit zuviele Doubletten gekauft.
    Um weiteres in dieser Richtung zu verhindern sah ich bei den Schellack-Stimmen nach und siehe da - die Preiser-Ausgabe ist in meiner Sammlung !!! Die Stimme ist wunderbar - und ohne diesen Thread - den ich erst heute gelesen habe -hätte ich sie vermutlich nie entdeckt-
    Zum Klang: Das ist nicht verwunderlich, denn um 1930 war die Tontechnik schon so ausgereift, daß man, so man Schellack-Plattenrauschen akzeptierte, Männerstimmen (und auch Altstimmen von Frauen) relativ klangfarbentreu wiedergeben konnte.
    Erst die Tontechniker der 50er Jahre und später haben im "Entrauschungswahn" ihrer Auftraggeber(?) alte Aufnahmen zu Tode gefiltert und das den Hörern als "Fortschritt" verkauft.
    Bei Preiser har man behutsam, aber doch gefiltert. Ich hatte das Glück auf Betreiben von Dr Ferch (dem damaligen Preiser Geschäftsführer) Herrn Prof Schmidt (Produzent der Serie "Lebendige Vergangenheit")wenige Monate vor dessen Tod kennenzulernen
    unf er erklärte mir, daß völlig ungefilterte Aufnahmen so gut wie unverkäuflich gewesen wären.


    Heute gibt es digitale Methoden zur Klangverbesserung ohne Verluste (ich konnte es nicht glauben hab es aber gehört)
    die werden aber allenfalls bei Caruso eingesetzt - das Interesse an historischen Aufnahmen ist eher moderat und rechtfertigt den Aufwand nicht.


    Un hier für die Seele mal was anderes:



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Heute ist sein Geburtstag und deshalb möchte ich auch in diesem Thread noch einmal nachdrücklich auf Antonio Cortis hinweisen. Es ist ja lange nicchts mehr in diesem Thread eingestellt worden.


    Wann immer ich verschiedene Aufnahmen einer Arie vergleiche, kommt Antonio Cortis eigentlich in die engste Wahl für den Lorbeerkranz.
    Auf der Short-List meiner Lieblingstenöre hätte er einen der vorderen Plätze.


    Da es vielleicht Taminos gibt, die ihn noch nicht kennen, stelle ich mal Aufnahmen ein, die ermutigen sollen, sich mit diesem Tenor ein wenig zu beschäftigen.




    Und natürlich "Nessun dorma", eine Aufnahme zu der es auf Youtube einen bemerkenswerten Kommentar gibt:


    Zitat

    I think it is important that the tenor understands the sound of the words. There is some kind of onomatopoeia in this aria.


    Trifft das nicht den Kern? Andere halten vielleicht den krönenden Spitzenton länger. Aber Cortis singt nicht einfach eine Arie - sondern er lässt uns den zentralen Wendepunkt dieser ungeheuerlichen Geschichte miterleben. Man kann ja nachher wieder zu Corelli oder Pavarotti gehen, aber man sollte das mal gehört haben!



    Wessen Stimme klingt wirklich schöner? Wer hat mehr Poesie? Wessen Hoffnung und Zuversicht reißen mehr mit?

    Nach meiner persönlichen Einschätzung hat er eine der schönsten Tenor-Stimmen für das italienische Fach gehabt. Das Timbre war männlich, edel und reich, es konnte fein abgestuft und koloriert werden, so dass es ihm gelang, in der Gesangslinie harmonische Wendungen zu spiegeln. Das macht seine Aufnahme von 'Nessun dorma' so großartig - aber auch seine Aufnahme von Werthers Ossian-Gesang. Seine Höhe hatte den rechten Squillo, einen glänzenden metallisch strahlenden Klang. Seine Gesangstechnik war perfekt und seine Gestaltung immer kultiviert und intensiv. Gerade in Verismo-Partien ließ er sich nicht - wie etliche seiner Kollegen - zu histrionischen Effekten hinreißen. Er blieb immer geschmackvoll und war bestimmt nicht weniger ausdrucksvoll als andere Tenöre der Zeit.


    Caruso hatte den jungen Sänger bewegen wollen, ein festes Engagement an der Met in New York anzunehmen. Das hat er nicht getan. Zwar sang er an der Met wie an fast allen der damals bedeutenden Opernhäuser; aber er konzentrierte sich doch weitgehend auf das Teatro Colón in Buenos Aires und die Chicago Civic Opera. Ein sagenumwobener Triumph war sein Auftritt als Kalaf am Royal Opera House Covent Garden.


    Vielleicht sollte ich noch ergänzend sagen, dass Cortis wegen der Weltwirtschaftskrise und dem Spanischen Bürgerkrieg im letzten Teil seiner Karriere nicht mehr in Nord- oder Südamerika sang sondern fast nur noch in Opernhäusern auf der iberischen Halbinsel.


    Caruso41



    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso41,


    mit Deiner Erinnerung an Antonio Cortis hast Du bei mir einen Nerv getroffen. Ich habe eben nochmals bei John Steane nachgesehen, der 1991 (anläßlich der Veröffentlichung der Preiser CD) und erneut 1999 (zur Veröffentlichung der Nimbus CD) im Gramophone Magazine für seine Verhältnisse geradezu enthusiastische Besprechungen der Aufnahmen von Cortis (" he is quite simply one of the best tenors on record") geliefert hat; alles etwa so wie hier auch besprochen: reiches Timbre ("wie ein guter Rioja"), Nutzung seiner natürlichen Mittel mit reicher Vorstellungskraft, nie übertreibend oder falsifizierend. Besonders würdigt er Cortis' Aufnahmen aus Africana, Faust, Carmen und Manon. Er merkt auch an, dass die Aufnahmen der Stretta, des Faust und der Boheme einen halben Ton nach unten transponiert sind- was auch bei anderen großen Sängern seinerzeit vorkam- Caruso z.B.). Steane hat auch in seinen Monographien (The Grand Tradition, Great Singers of the Century) über Cortis geschrieben, diese Bücher sind mir leider in Umzügen verloren gegangen.


    Herzlichst

    Otello50

  • Lieber Otello50!

    Lieber Caruso41,


    mit Deiner Erinnerung an Antonio Cortis hast Du bei mir einen Nerv getroffen. Ich habe eben nochmals bei John Steane nachgesehen, der 1991 (anläßlich der Veröffentlichung der Preiser CD) und erneut 1999 (zur Veröffentlichung der Nimbus CD) im Gramophone Magazine für seine Verhältnisse geradezu enthusiastische Besprechungen der Aufnahmen von Cortis (" he is quite simply one of the best tenors on record") geliefert hat; ... ...

    Die Wertschätzung von Antonio Cortis ist in England und den USA weit größer als hierzulande. Das werden wir leider auch nicht ändern. Seine CDs sind alle "derzeit nicht verfügbar".


    Im Tamino-Klassikforum ist der Thread, der ihn vielleicht mehr ins Bewusstsein bringen könnte, nicht in dem Kapitel DIE BERÜHMTE STIMME zu finden.

    Er ist bei den Schellack-Aufnahmen versteckt.
    Das schreckt leider auch Melomanen ab.
    Dabei sind eigentlich viele der Aufnahmen des Sängers in sehr befriedigender, manche sogar in exzellenter Qualität verfügbar.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!