Felix Draeseke (1835-1913) – Sinfonien – Sinfonische Dichtungen - Konzerte

  • Im Thread
    Deutsche Orchestermusik der Romantik jenseits von Mendelssohn, Schumann, Brahms, Bruckner, (Strauss und Mahler)
    Beitrag Nr 22 befasst sich Felix Meritis relativ ausführlich mit Draesickes Sinfonie Nr 1.

    Und genau mit dieser möchte ich den Thread über Felix Draesickes Orchesterwerke beginnen – durchaus subjektiv, denn das ist ja der Vorteil eines Klassikforums gegenüber eines Lexikons. Draeseckes Werken wird ja allgemein nachgesagt, dass sie von Komponistenkollegen hoch geschätzt, vom Publikum aber nicht allzu geliebt werden, eine Aussage, der ich mich vor einiger Zeit durchaus anschliessen konnte. Ich hatte eine Sinfonie von Draesecke gehört – war es die dritte ? – und kam zur Überzeugung, dass damit mein Bedarf gedeckt war. Irgendwie wurde ich aber durch den oben erwähnten Thread animiert mich mit Draesicke erneut zu befassen – und ich kam zu völlig neunen Eindrücken. Das „sperrige“ (auch von Felix Meritis erwähnt) war auf einmal wie weggeblasen, ich entdeckte verborgenen Schönheiten, die ich ursprünglich nicht wahrgenommen hatte. Und wenn Brahms Draesecke als ernsten Konkurrenten betrachtete, dann kann ich das nach MEHRMALIGEM Abhören seiner Sinfonie Nr 1 op. 12 (1871/72) sehr wohl nachvollziehen. Die Kritik nach der Uraufführung war eher positiv, („ die Sinfonie ist ein hochbedeutendes Werk, ….“) aber nicht euphorisch, es wurde unterschwellig auch auf einige vermeintliche Mängel hingewiesen – Draesecke war enttäuscht – er hatte sich mehr erwartet - eine Haltung, die ihn sein gesamtes Leben begleiten sollte. Er fühlte sich stets unterschätzt und verkannt, und wenn ich seine Absenz in meinen beiden Konzertführern betrachte, dann hatte er vielleicht sogar recht….
    Ich habe die Sinfonie Nr. 1 inzwischen zu schätzen gelernt, mein absoluter Favorit ist der durchaus lebhaft freundliche Finalsatz, der gelegentlich sogar sieghaften Optimismus ausstrahlt und triumphierend ausklingt.

    Jpc bietet derzeit* neben der Einzelveröffentlichung um 7.99 Euro auch eine 3CD Box mit allen 4 Sinfonien von Draesecke zum Preis von 19.99 an. Der Preisvorteil ist eher marginal, so, daß man diese Box erst erwerben sollte, wenn man sich seiner Zuneigung von Draeseckes Musik völlig sicher ist.

    Eine interessante Website bietet auch die Internationale Draeseke Gesellschaft (IDG) welche in der Tat aktiv ist und so das Andenken an Draeseke und seine Werke wach zu halten bestrebt ist.


    http://www.draeseke.org/indexde.htm


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred



    *zur Zeit der Erstellung des Beitrags

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich möchte auch auf die sehr hörenswerte Gudrunouvertüre hinweisen, die zusammen mit der 1. Symphonie auf der oben gezeigten CD ist. Ein sehr dichtes Werk, allerdings wieder sehr stark auf Struktur und weniger auf klangliche Suggestion fokussiert. Den Rest Draesekes Symphonien werde ich mir sicher noch zulegen, denn es handelt sich um schwere aber lohnende Kost. So weit mir seine Musik bekannt ist, ruht sie sich jedenfalls nie auf einer hübschen Melodie aus.

  • Zitat

    .....denn es handelt sich um schwere aber lohnende Kost.


    Ein Satz dem ich vor einiger Zeit vorbehaltlos zugestimmt hätte. Ich weiß nicht woran es liegt, aber ich konnten en Phänomen beobachten, welches ich schon bei den Sinfonien Raffs bemerkt habe: Man muß sich erst "einhören" Sowohl die erste als auch die zweite Sinfonie Draesekes empfinde ich als effektvoll und eingängig - was nicht immer so war.
    Kommen wir zu meinem heutigen Programm, nämlich Draesekes 2. Sinfonie. Sie wurde 1876 fertiggestellt, erste Skizen gab es jedoch bereits 1871.


    Wer Draesekes 2. Sinfonie aufmerksam hört (ich habe es mit Kopfhörern getan) wird nicht umhinkommen, festzustellen, daß es sich um ein veritables Meisterwerk handelt. Sie wurde am 15. Februar 1878 in Dresden unter Ernst von Schuch uraufgeführt.


    Der erste Satz begunnt geradezu freudig triumphierend und sehr eindrucksvoll. Hier ist nichts von der oft Draeseke nachgesagten akademischen Trockenheit zu hören, die wahrscheinlich nie existiert hat.
    Ebenfalls wunderschön beginnt der 2. Satz (Allegretto marciale)- irgendwie wurde ich an Stellen von Schuberts großer C-Dur Sinfonie erinnert oder aber auch kurzzeitig an Teile von Mahlers Sinfonie Nr 1. Manche Kritiker sahen hingegen Parallelen zu Beethovens Sinfonie Nr 7, etwas das ich nicht nachvollziehen konnte. Letztlich verfügt Draeseke auch über eine eigene durchaus individuelle Tonsprache. die immer wieder zwischen feurig-extrovertiert und verhalten aber geheimnisvoll melodiös pendelt. Leise Paukenwirbel über ein lyrisches Thema gelegt verfehlen ebensowenig ihre Wirkung, wie schmetternde Posaunenstösse. Letztlich verkling der Satz ins nichts....


    Auch im 3. Satz herrscht wieder jener forssche Ton, der so typiosch für diese Sinfonie ist - aber immer wieder gibt es lyrische Ruhepole, welche einen wirkungsvollen Gegensatz darstellen - harmonisch überzeugend und niemals aufgesetzt.


    Es ist wohl keine Überraschung, wenn auch der 4. Satz flott und beinahe galoppierend beginnt. Es grenz fast an Zauberei, wenn Draeseke Temi rückt, in kurzer Folge Stimmungen wechselt, Akzente und Effekte setzt - und dennoch das große Ganze - die formale Geschlossenheit - nicht aus den Augen verliert - nicht einen Augenblick in Frage stellt oder gefährdet.


    Alles in allem IMO ein großer Sinfoniker - und die Sinfonie Nr 2 ein MUSS


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikforum

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe jetzt Draesekes Zweite gehört und bin schon ein wenig überrascht, dass Alfred davon so begeistert ist. Ich finde die Symphonie mit Ausnahme des zweiten Satzes, der wirklich ganz hervorragend ist, noch viel sperriger als die erste. Anguläre, wenig einprägsame Themen allerorten. Ich bin jedenfalls froh mit der ersten Symphonie plus Gudrunouvertüre eingestiegen zu sein.

  • Lieber Felix
    Das tut mit leid, daß dir Draesekes 2. Sinfonie nicht gefällt- Ich habe sie inzwischen nochmals kritisch angehört (mit Kopfhörern, die ja mehr Klangfarbentreue und eine bessere Durchhörbarkeit bieten als Lautsprecher) und finde sie nach wie vor hervorragend.
    Vielleicht liegt es aber auch daran, daß ich durch oftmaliges Hören englischer Sinfonik aus dieser Zeit anspruchsloser geworden bin ? :stumm:
    Aber im Ermst: Als ich vor einigen Jahren erstmals eine Sinfonie von Draeseke hörte (es war - soweit ich mich erinnern kann - die Sinfonie Nr 3) war ich alles ander als begeistert. Als ich noch dazu Bülows Statement über Draesekes Kompositionen las, da war für mich die Sache abgehakt. Wie das Schicksal so spielt stieß ich neulich auf die stark verbilligte Gesamtbox mit den Sinfonien. Und - Che surprise - die Klangschnippsel zur 1. und 2. Sinfonie gefielen mir auf Anhieb (Die dritte werde ich wieder abhören bevor ich einen Bericht schreibe) Klughardt ist übrigens ein ähnlicher Fall.......


    mfg aus Wien Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Im Rahmen meiner Erkundungen der Symphonik zwischen Beethoven und Brahms habe ich mich inzwischen schon mehrfach mit den ersten drei Symphonien von Felix Draeseke beschäftigt, ein Unterfangen, dass tatsächlich nicht unmittelbar zu einer klaren Positionierung meinerseits führt. Das ist Musik, die nicht unmittelbar ins Ohr geht und begeistert, die aber doch immer wieder zu einer weiteren Hörsitzung herausfordert. Was ja vielleicht auch schon ein Qualitätsmerkmal darstellt.

  • Einmal mehr wurde ich durch einen Beitrag von Lutgra animiert. Ich habe aus gegebenem Anlass heute erstmals die Sinfonie Nr 3 "Symphonia tragica" von Felix Draeseke gehört. In diesem Zusammenhang habe ich auch im vorzüglichen Booklet von cpo geblättert und dort gefunden, daß Johannes Brahms, der Draeseke nicht mochte (was auf Gegenseitigkeit beruhte) diesen neben Anton Bruckner als ansonst einzigen ernstzunehmendne Konkurrenten betrachtete. Oft sind es die Feinde, die den wahren Wert einer Person realistisch einschätzen. ("Nachher kommt dann meine 3. Symphonie, die Haare auf den Zähnen haben wird, Weltuntergang, und was weiß ich, würde Senger sagen") Draeseke nahm auch zum Themenkomplex der "Tragik" Stellung und betonte, daß hier kein konkreter Anlass gegeben sei, vielmehr hätte ihn die Umsetzung dieses Themas von anderen Komponisten nicht wirklich befriedigt, und so habe er versucht es überzeugender zu lösen
    Die Sinfonie wurde 1886 komponiert und am 13. Jänner 1888 von der Königlich Sächsischen Hofkapelle unter Ernst Schuch mit großem Erfolg uraufgeführt. Später wurde das Werk dann mehrfach unter Bülow mit großem Erfolg aufgeführt. Dennoch wies Bülow seine Freund darauf hin, daß seine Werke stets nur von Kennern die entprechende Wertschätzung erfahren würden, der breiten Masse seien sie nicht plakativ genug. Einer dieser Kenner war Arthur Nikisch, der das Werk im Februar 1902 in Hamburg und Berlin aufführte und die Sinfonie als "ebenbürtig mit den großen klassischen Sinfonien " bezeichnete.


    An dieser Stelle verlasse ich das Booklet und versuche eigene Eindrücke zu beschreiben. Schon zu Beginn weiß der Hörer, daß er es hier mit einer "bedeutenden" Sinfonie zu tun hat, sie beginnt mit drei Paukenschlägen, kommt mächtig und ein wenig schwermütig daher. Allerdings nie auf Kosten des musikalischen Eindrucks. Beim Erklingen der Hörner fühle ich mich kurz an Webers Ouvertüre zum Freischütz erinnert. Almählich wird der Klang lebendiger und feuriger - immer wieder durch intimere lieblichere Passagen abgewechselt. Gegen Ende des ersten Satzes dann ein triumphierender Ausklang. Der Beginn des 2. Satzes erinnert mich an einem Trauermarsch. Beim Nachlesen im Booklet fand ich heraus, daß ich nicht der erste bin, dem es so erging. Das Thema, zahlreichen Variationen unterworfen, ist gelegentlich aufbrausend. Locker und leicht indes der dritte Satz (Scherzo, Allegro, molto vivace) Der letzte, mehr als harmlos beginnende Satz steigert sich allmählich ins Inferno. Hier wurde realisiert was Draeseke als "tragisch" verstanden wissen wollte. Ob ihm das gelungen ist, wird der Einzelne für sich entscheiden müssen - am besten im Vergleich mit anderen Sinfonien, die das Wort "tragisch" explizit oder implizit im Titel tragen...
    Eine hervorragende Sinfonie!! (bin auf lutgras Urteil, bzw. Sichtweise gespannt)


    mfg aus Wien
    Alfred


    clck 475

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eine hervorragende Sinfonie!! (bin auf lutgras Urteil, bzw. Sichtweise gespannt)


    Dazu komme ich noch. Habe mich heute ein weiteres Mal mit der ersten Symphonie und zum ersten Mal mit der Vierten beschäftigt.



    Die vierte ist hier noch gar nicht gewürdigt worden. Sie entstand 1912 also 26 Jahre nach der Dritten. Und ist stilistisch so ganz anders, ein heiter-melancholisches Alterswerk. Es ist auch das letzte größere Werk, das der Komponist vor seinem Tode ein Jahr später vollendet hat. Die vierte ist auch vom Umfang her nur gut halb so lang wie die anderen drei Werke. Aber m.E. - soweit man das nach einem Hördurchgang sagen kann - keineswegs zu verachten. Jedenfalls hat mich das Werk sofort angesprochen. Ich höre sowohl Bezüge zur Musik von Richard Strauss und zwar dem zeitgleich entstandenen Rosenkavalier (speziell im zweiten Satz) wie auch schon klare Hinweise auf den Neoklassizismus, der erst eine Dekade später zur vollen Blüte gelangen sollte. Also ein Zurückgebliebener war Draeseke auf keinen Fall, auch wenn er den Neuerungen eines Schönbergs oder auch der Strauss'schen Salome ablehnend gegenüberstand. Jedenfalls sind Draeseke und Rufinatscha die interessantesten Entdeckungen des auslaufenden Jahres für mich. Von Draeseke gibt es auch drei Streichquartette und ein Streichquintett - alle eingespielt, die zeitnah den Weg in meine Sammlung finden sollen, die für derartige Beiträge noch etwas Platz hat. Derzeit lese ich die Dissertation eines Alan Henry Krueck mit dem Titel "The Symphonies of Felix Draeseke". Der kürzlich verstorbene amerikanische Musikwissenschaftler hat die International Draeseke Society gegründet und gilt als einer der besten Kenner des Draeseke'schen Oeuvres. Seine Dissertation von 1967 habe ich kürzlich über ZVAB günstig beziehen können.

  • Aus welchen Gründen immer sich MDG entschlossen hat, diese aus den Jahren 1999/2000 stammenden Aufnahmen der Sinfonie 1 und 3 wiederzuveröffentlichen - es ist eine gute Entscheidung. Es handelt sich hier um eine preiswerte Dopel-CD zum Sonderpresi von derzeit 17.ßß Euro, welche nun vergleichendes Hören mit der cpo Ausgabe möglich mact, und so darstellbar macht, was ist Werk, was ist Interpretation.
    Trotz meiner etwas sparsameren Einkaufspolitik (und meinem allmählich evident werdendem Platzmangel) ist diese Aufnahme auf maine August -Einkaufsliste gewandert.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Trotz meiner etwas sparsameren Einkaufspolitik (und meinem allmählich evident werdendem Platzmangel) ist diese Aufnahme auf maine August -Einkaufsliste gewandert.....


    Und nicht nur das, der Kaufvorsatz wurde auch ausgeführt (was nicht immer der Fall ist). Heute habe ich die auffällig ruhige Stimmung im Forum genutzt mir die Sinfonie Nr 1 von Draeseke in der Aufnahme des Sinfonieorchsters Wuppertal unter George Hanson (mdg) anzuhören. Ohne Vergleich erschien sie mir farbenfreudiger und mitreissender zu sein, als die Aufnahme der NDR Radiophilharmonie unter Peter Weigle (cpo) Es waren "liebliche" Stellen dabei, die mir in dieser Form bislang nicht aufgefallen waren. Ein unmittelbarer Vergleich einer "Schlüsselstelle" zeigte indes, daß die Unterschiede an diese Stelle eher marginalwaren,allerding weist die mdg Aufnahme eine etwas ausgepägtere Räumlichkeit auf. Zudem ist Hanson um etwa 3 eindhalb Minuten langsamer. Das klingt nach "lediglich 10 Prozent" - stimmt aber in diese Form nicht, weil es sich auf 2 Sätze aufteilt, die beiden anderen sind nahezu zeitidentische, eine davon sogar auf die Sekunde genau !!!
    Im mdg Beiheft wird darauf hingewiesen, daß der zweite Satz (Scherzo) beim Publikum so gut ankam, daß er extra im Druck erschien. Draeseke selbst schätzte insbesondere den dritten Satz (Adagio, Adagio molto), den er als den "wertvollsten!" der Sinfonie bezeichnete. Er ist ich mit Abstand der längste und dauert bei Weigle 12:41 und bei Hanson 15:01 Minuten. Ich selbst liebe im Gegensatz dazu vor allem die beiden temperamentvollen Ecksätze.

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eigentlich hatte ich heute vor, einen Thread über die Klavierwerke (für Klavier solo) zu starten, oder aber ihn zumindest im Thread


    Kleine und größere Klavierstücke bekannter und unbekannter(?) Meister


    zu erwähnen - je nachdem wir bedeutend ich diese Werke einstufte, bzw. wieviel es über sie zu sagen gibt.
    Zu diesem Zweck hatte ich mit die abgebildete Dreierbox gekauft. Heut wurde sie Ausgepackt und die erste CD in den Player eingelegt.
    Schon nach den ersten Tönen stutzte ich, das war ja Orchestermusik!!Wie das ??
    Das Rätsel war schnell gelöst, es handelte sich um Draesekes Klavierkonzert in Es-dur op 36.
    Es hat mich vom ersten Augenblick an gegangengenommen. Für die nächsten Tage stand es sowieso zum Abhören auf meiner Wunschliste, allerdings in der Aufnahme im vorigen Beitrag (beide am gleichen Tag erworben)
    Diesmal aber hörte ich die Aufnahme der Bamberger Symphoniker unter Reinhard Petersen mit Oöiver Triendl am Flügel.
    Ich fand sie in jeder Hinsicht beeindrucken, Das Klavierkonzert entstand 1886 und wurde von der Widmungsträgerin, Laura Rappoldi-Kahrer (1853-1925) uraufgeführt, einer der berühmtesten Pianistenen ihrer Zeit, von der eigenartigerweise keine Tonaufnahme zu existieren scheinen. Sie war Schülerin von Liszt, Henselt und Hans von Bülow (NICHT Heinrich von Bülow, wie fälschlich bei WIKIPEDIA angegeben !!)
    Das Konzert selbst ist in den Ecksätzen geradezu Kraftvoll, leuchtend, strahlend, triumphierenden, vielleicht auch ein wenig plakativ (was mich nicht stört)
    Der Klavierpaert ist offensichtlich schwer zu bewältigen, Bülow sah sich hier überfordert.Ein Kritiker ber Entstehungszei bemängelte - oder stellte fest - das Konzert sei offensichtlich vorzugsweise dazu geschrieben worden, den Pianisten glänzen zu lassen. Auch kein Nachteil,wie ich finde. Der Mittelsatz ist äusserst lyrisch und kantabel, passt aber vorzüglich zum Gesamteindruck des Konzerts.....
    Ich werde mich in den nächsten Monaten ein wenig mehr mit Draeseke befassen, vor allem seit ich weiß worauf seine "Nichtbeachtung" eigentlich fußt. Aber das ist eine andere Geschichte......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Im Rahmen meiner Erkundungen der Symphonik zwischen Beethoven und Brahms habe ich mich inzwischen schon mehrfach mit den ersten drei Symphonien von Felix Draeseke beschäftigt, ein Unterfangen, dass tatsächlich nicht unmittelbar zu einer klaren Positionierung meinerseits führt. Das ist Musik, die nicht unmittelbar ins Ohr geht und begeistert, die aber doch immer wieder zu einer weiteren Hörsitzung herausfordert. Was ja vielleicht auch schon ein Qualitätsmerkmal darstellt.


    Das gefällt, lieber lutgra. Ich finde ausgedrückt, was auch mir durch den Kopf geht bei diesem Komponisten. Gelegentlich des Besuchs an seinem Grab in Dresden, den hart mit einem umfänglichen Text versah, hatte ich miir Lieder von Felix Draeseke herausgesucht, die mir sehr zusagen.



    Mich erstaunt, dass es so viele Aufnahmen auf Tonträgern gibt.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Mich erstaunt, dass es so viele Aufnahmen auf Tonträgern gibt.


    Da gibt es die sehr rührige »Internationale-Draeseke-Gesellschaft«, die dafür sorgt, dass der Komponist nicht in Vergessenheit gerät. Nach und nach werden seine Werke auch in Partituren- und Nachdrucken wieder greifbar. Das Thema Partituren aber führt zu einem Problem. Soweit ich weiß, wurde, oder wird noch vor Gericht um Verlagsrechte an Draeseke-Noten gestritten, die in der Musikaliensammlung der Landesbibliothek Coburg liegen. Ein 1948 in Lippstadt gegründeter Verlag nimmt für sich in Anspruch, Rechtsnachfolger jenes Verlages zu sein, in dem einst Draesekes Werke erschienen: Fr. Kistner & C.W.F. Siegel

  • Eigentlich sollte das ein klarer Fall sein. Selbst der EIGENTLICHE Verlag hätte IMO heute Leine Rechte mehr an dem Werk, da der Komponist vereits vor über 100 Jahren verstarb....


    Zitat

    Bei einer musikalischen Komposition wird ein Werk 70 Jahre nach dem Tod des Komponisten gemeinfrei; es darf dann also ohne Einschränkungen bearbeitet und verbreitet werden. Diese Frist betrifft allerdings nur das Urheberrecht.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Kennt wer das sehr umfängliche Christus-Mysterium von Felix Dreaseke - und kann einen Eindruck vermitteln?


    Bei Youtube gubt es zumindest einen Ausschnitt:



    https://www.youtube.com/watch?v=0wTqBCNPJkw

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent


  • Kennt wer das sehr umfängliche Christus-Mysterium von Felix Dreaseke - und kann einen Eindruck vermitteln?


    Leider kann ich das nicht, denn der Klotz steht hier schon seit Jahren ungehört herum. Habe mich noch nicht getraut. :D


    Grüße
    Garaguly

  • Einer hat die Box also schon! Das ist doch etwas. Jetzt müsstest Du Dich nur noch ermuntert fühlen, die fünf CD's zu hören. Ich werde also verstärkt in der entsprechende den Rubrik nachsehen. Du, lieber Garagyly, scheinst ja ohnehin am häufigsten Musik zu hören. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent


  • In der Hyperion-Serie The Romantic Piano Concert ist auch eine sehr gelungene Einspielung des Klavierkonzert Es-Dur op.36 von Felix Draeseke erschienen. Es spielen Markus Becker am Klavier und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Stabführung von Michael Sanderling. Ein sehr schönes spätromantisches Werk mit einem virtuosen und kraftvollen ersten Satz (Allegro moderato), einem ein wenig an Beethoven gemahnenden zweiten Adagio-Satz und einem ausgelassenen Scherzo-Finale (Allegro molto vivace).


    "Hier gibt es viel zu genießen, und selbst wenn die melodische Erfindung des Konzerts seiner glatten Handwerkskunst nicht gleichkommt, verdankt das Stück als Ganzes kaum, das es im Lauf der letzten hundert Jahre so tief in Vergessenheit geriet." (Kenneth Hamilton im CD-Booklet)



    Zusätzlich enthält die CD die Klavierkonzerte Nr. 1 c-moll und Nr. 2 f-moll von Salomon Jadassohn, der selbst vom Namen her für mich völliges Neuland war.

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Es tut sich scheinbar war in Sachen Dreaseke, denn die hier von "Orsini" gezeigte - schon Hyperion Aufnahme ist nur eine von drei derzeit verfügbaren Einspielungen des Klavierkonzerts op 36 (in verschiedenen Koppelungen)
    Vergleichendes Hören ist also möglich





    Über Dreasekes Kammermusik wird es demnächst einen eignen Thread geben.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Felix Draeseke gehört für mich - vielleicht wenig überraschend - zu den Komponisten der zweiten Reihe, die ich besonders gerne höre, gleich nach Raff und Jadassohn.

    Wie im Thread schon erwähnt und wie bei vielen anderen Komponisten, wie Raff oder Spohr, ist Draesekes Musik oft Liebe auf den zweiten Blick. Man muss sie vielleicht mehrfach hören, um ihre Qualitäten zu erkennen. Draesekes Stil ist einerseits recht akademisch und wird manchmal sogar als spröde bezeichnet. Üblicherweise etwas, was mich eher anzieht, als abstößt. Da ist auf der einen Seite ein gelehrter Stil, vorbildliche Verarbeitung und satztechnische und kontrapunktische Meisterschaft. Es ist aber auf der anderen Seite gar nicht mal so, dass dafür Melodik und/oder Empfindung verloren gehen. Besonders in der 2. Sinfonie mit dem freudigen Hauptsatz und dem eingängigen Trauermarsch kommt beides zur Genüge vor.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Beim diesmaligen Hördurchgang habe ich bemerkt, wie unglaublich vertraut mir die Sinfonien Draesekes sind und wie sehr ich sie wirklich mag. Bei mir längst Musik der ersten Reihe (objektiv wohl kaum).

    Eine Sonderstellung nimmt ja die eigenartige 4. Sinfonie WoO 38 in e-Moll "Symphonia comic" ein. Das Werk entsteht 1912 mehr als 25 bzw. 35 Jahre nach den vorherigen Sinfonien. Und es ist ein Werk das erstmal keinen Sinn macht. Ein romantisch-tonales, wenig modernes, absurd kurzes und wenig ernsthaftes Werk. Eine "komische Sinfonie". Aber der Humor erscheint hier nicht der Zeit entsprechend als böse Ironie, als Verzerrung oder Paraodie. Kein Mahler, kein Schstakowitsch. Mit viel Wohlwollen kann man ein bisschen Strauss unterstellen. Sondern eher rückblickend mit einem zwinkernden Augen geschriebene Musik. "Nur den Kopf hoch behalten und über das beweinenswerte Lachen" schreibt Draeseke dazu.

    Die Schrullen und Späße begegnen im ganzen Werk: So steht die Sinfonie zwar dem Titel nach in e-Moll, aber de facto in G-Dur. Der zweite Satz schildert einen "Fliegenkrieg" samt Tonmalerei von Surren und Fliegenklatsche und das Finale gerät zur Fugen-Parodie mit einem Thema das zudem an Verdi erinnert.


    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)