Tannhäuser, 2. Aufzug, heute auf MDR

  • Der TV- Sender MDR bringt heute abend um 23. 40 Uhr eine Aufzeichnung des Tannhäuser.
    Die hier präsentierte historische Aufnahme der Oper wurde 1982 an der Berliner Staatsoper inszeniert. Spas Wenkhoff singt den Tannhäuser, die einstige Diva der Oper unter den Linden, Celestina Casapietra, die Elisabeth. Es musiziert die Staatskapelle Berlin unter dem Dirigat von Otmar Suitner.
    Zuvor, um 23.05 Uhr, ist eine Dokumentation über Minna Wagner, Wagners erste Ehefrau, zu sehen.
    Allen Interessenten viel Freude und Genuß
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Danke für den Tipp! Spas Wenkhoff war mein erster Live-Tannhäuser mit Gwyneth Jones in beiden Frauenrollen und Weikl als Wolfram.
    Inbrunst im Herzen...

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Der TV- Sender MDR bringt heute abend um 23. 40 Uhr eine Aufzeichnung des Tannhäuser.
    Die hier präsentierte historische Aufnahme der Oper wurde 1982 an der Berliner Staatsoper inszeniert. Spas Wenkhoff singt den Tannhäuser, die einstige Diva der Oper unter den Linden, Celestina Casapietra, die Elisabeth. Es musiziert die Staatskapelle Berlin unter dem Dirigat von Otmar Suitner.
    Zuvor, um 23.05 Uhr, ist eine Dokumentation über Minna Wagner, Wagners erste Ehefrau, zu sehen.
    Allen Interessenten viel Freude und Genuß
    CHRISSY


    Lieber chrissy, dein Hinweis ist willkommen und die Sendung ist schon zur Aufzeichnung einprogrammiert. Schade, dass es nicht die ganze Oper ist. Warum macht man beim MDR halbe Sachen? Otmar Suitner habe ich als Chef der Staatskapelle sehr geschätzt. Auch die genannten Hauptdarsteller, insbesondere Frau Casapietra, sind mir bekannt. Ob ich den "Tannhäuser" an der Staatsoper damals selbst erlebt habe, kann ich mich nicht mehr erinnern. Vielleicht beim Ansehen. Jedenfalls freue ich mich auf dieses Erlebnis.


    Viele Grüße aus Berlin


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Den ganzen Tannhäuser gibt es sogar auf CD:

    Klingt allerdings etwas dumpf.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Es gibt sogar die komplette Aufnahme als Film - nicht nur den zweiten Aufzug. Sie ist seinerzeit in Japan vertrieben worden. Der MDR hätte sich also auch für die Gesamtaufnahme entscheiden können. Können! Aber bei diesem Sender gibt es nun einmal diese fatale Neigung zu billigem Singsang, der als Volksmusik verkauft wird. Kein anderer öffentlich-rechtlicher Sender in dieser Republik setzt das geistige Niveau seiner Zuschauer so niedrig an wie der MDR. Nur bitte niemanden verschrecken mit Oper. Und wenn schon mal so etwas sein muss - schließlich ist Wagner Sachse - , dann zu tiefer Nacht. :(


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber chrissy, dein Hinweis ist willkommen

    Lieber Manfred
    Ich freue mich, daß mein Tip bei Dir, und vielleicht auch bei einigen anderen unserer Mitglieder, ein wertvoller Hinweis war und ich hoffe, daß ihr mit der Aufnahme zufrieden ward.

    Schade, dass es nicht die ganze Oper ist. Warum macht man beim MDR halbe Sachen?

    Ja, ich weiß es auch nicht und Du hast mit Deiner Kritik ebenso recht, wie Rheingold in seinem Beitrag. Ich erinnere nur an die Sendezeit unlängst weit nach Mitternacht (!!!) mit dem Film "Der fliegende Holländer"!
    Geistloses Talk- Runden- Geschwafel z. B. zur besten Sendezeit, scheint den verantwortlichen Programmgestaltern leider wichtiger zu sein.

    Otmar Suitner habe ich als Chef der Staatskapelle sehr geschätzt.

    Ich auch. Ich habe ihn einige Male am Pult der Berliner Staatsoper erlebt, ein großartiger Dirigent.

    Auch die genannten Hauptdarsteller, insbesondere Frau Casapietra,

    Celestina Casapietra... Ja, da kommen Erinnerungen hoch. Sie war eine wunderbare und großartige Mimi gemeinsam mit ihrem ital. Partner Ruggiero Orofino in "La Boheme". Sie waren seinerzeit gesanglich und darstellerisch ein Traumpaar. Das waren Opernabende, die man dankbar nie vergißt.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Es gibt sogar die komplette Aufnahme als Film - nicht nur den zweiten Aufzug. Sie ist seinerzeit in Japan vertrieben worden.


    Und aus Deutschland!


    Werde aber trotz der brütenden Hitze und der spielfreudigen Enkelchen einen historischen Abend einlegen.
    Vielen Dank für den freundlichen Hinweis!

  • Die Tannhäuser Aufnahme gibt es auch in voller Länger kostenlos bei You Tube zum Download. Man hätte sich diese unsinnige 90 minütige Dokumentation vorher sparen können und den ganzen Tannhäuser senden können. Aber wahrscheinlich wollte man den typischen MDR Zuschauer nicht überfordern .

  • Ich hab´s mir aufgezeichnet und gestern angeschaut. Selten habe ich es so bedauert wie bei dieser Aufzeichnung, daß nur 1 Akt gegeben wurde.


    Von solchen Bühnenbildern, solchen Kostümen kann man nur noch träumen. Und dabei wurde auch noch so gut gesungen und gespielt, daß man fast traurig sein kann, daß es die Staatsoper in der Form wie in der ehem. DDR nicht mehr gibt. Mitunter ist die Vergangenheit der Gegenwart überlegen!! Ich behaupte, daß in der DDR ein Biogastannhäuser nicht möglich gewesen wäre!


    Auch das Orchester hatte einen tollen Klang, der Chor war gewaltig, Frau Casapietra trotz leichter "Italianita" eine Spitzen-Elisabeth, und Wenkoff braucht sich hinter Kaufmann nicht zu verstecken.Auch Hübner und Lorenz würden heute in jeder Bayreuth-Aufführung eine positve Rolle spielen.


    Beim Ansehen dachte ich (leicht variiert) mit Faust " Im Augenblicke dürft ich sagen, verweile doch, es ist so schön!"


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • daß es die Staatsoper in der Form wie in der ehem. DDR nicht mehr gibt. Mitunter ist die Vergangenheit der Gegenwart überlegen!!
    Ich behaupte, daß in der DDR ein Biogastannhäuser nicht möglich gewesen wäre!

    Davon bin ich auch 100 %-ig überzeugt, lieber La Roche. Ein solcher blödsinniger Sch... wäre unter dem Intendanten Prof. Hans Pischner garantiert nicht möglich gewesen. Hier hatte man "Kunst" nicht mit Klamauk, Spektakel und Schwachsinn assoziiert!



    Von solchen Bühnenbildern, solchen Kostümen kann man nur noch träumen. Und dabei wurde auch noch so gut gesungen und gespielt,

    Auch hier hast Du recht. Es tut mir echt leid für Dich, daß Du nie in der Berliner Staatsoper warst.Du ahnst gar nicht, was Dir da entgangen ist! Es war seinerzeit das "erste Haus am Platze" mit großartigen, hervorragenden Künstlern und stimmigen Inszenierungen, das auch international mithalten konnte- s. die DVD "Gala unter den Linden".


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Besucher:

    Davon bin ich auch 100 %-ig überzeugt, lieber La Roche. Ein solcher blödsinniger Sch... wäre unter dem Intendanten Prof. Hans Pischner garantiert nicht möglich gewesen. Hier hatte man "Kunst" nicht mit Klamauk, Spektakel und Schwachsinn assoziiert!

    Na, ja. Ganz so schlimm war es denn doch nicht. Immerhin erinnere ich mich, von einer »Elektra«-Inszenierung gehört zu haben, die auf mindestens ebenso heftige Ablehnung gestoßen ist. Ich habe sie nicht gesehen, zu diesem Zeitpunkt ging ich noch nicht in die Oper, aber den Bildern nach zu urteilen, muss das eine grandiose Sache gewesen sein. Ich selbst habe an diesem Haus zum Beispiel eine wunderbar kluge, hochpeotische, theatralisch außergewöhnliche »Giovanni«-Inszenierung derselben Regisseurin gesehen, für die sie vom Publikum heftigst abgestraft worden ist. »Klamauk, Spektakel und Schwachsinn« waren da noch die harmloseren Vokabeln. Ebenso wie beim »Rheingold«, das schnell wieder abgesetzt wurde. (Weshalb diese »Ring«-Inszenierung dann in einer Gegend herauskam und legendären Ruhm erlangte, die ich nicht aufsuchen konnte.) Da hat es mal geklappt. Aber der wunderbare »Idomeneo« und die hinreißende »Wozzeck«-Inszenierung fanden immerhin statt und blieben auch im Plan. Es gab also wirklich nicht nur den Fischer-Werz-Kitsch, wenn er auch dominierte. (In anderen Gegenden der DDR gab es übrigens noch viel mehr von diesem »Klamauk, Spektakel und Schwachsinn« zu sehen. Da verklären Sie die Vergangenheit denn doch ein wenig zu stark.)


    Übrigens kann ich nicht sagen, ob Baumgartens »Tannhäuser«-Inszenierung damit zu vergleichen ist. Ich habe sie nämlich ebenso wenig gesehen wie Sie und glaube deshalb, nicht darüber urteilen zu können.

  • (In anderen Gegenden der DDR gab es übrigens noch viel mehr von diesem »Klamauk, Spektakel und Schwachsinn« zu sehen. Da verklären Sie die Vergangenheit denn doch ein wenig zu stark.)


    Lautstarker Protest!!!!! In der DDR war ich Opernstammgast mehrerer Häuser, aber nie mußte ich ein Theater schlecht gelaunt verlassen!!! In den letzten 20 Jahren bin ich sogar mehrfach aus dem Theater während der Pause, teils sogar während der Aufführung ausgerissen mit dem Ergebnis, daß ich meine Anrechte gekündigt habe und nur noch dann in eine Oper gehe, wenn ich mich im Internet davon überzeugen konnte, daß keine Plastestühle auf der Bühne stehen, nicht uriniert oder gesch...... wird. Und im Schauspiel ist es noch schlimmer!! In meiner Heimatstadt hat der Darsteller einer Faust-Neuinszenierung beim Vergleich mit Gründgens öffentlich gesagt "Wer ist denn das". Das ist nicht mal traurig, das ist Überheblichkeit und peinliche Selbstüberschätzung.


    Ich verkläre die Vergangenheit keineswegs, wenn ich ihr zumindest auf dem Gebiet der Theaterkultur nachweine. Übrigens fand ich den Berghaus-Fidelio 1989 in Dresden auch scheußlich!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Besucher:

    Den "Berghaus-Fidelio" 1989 in Dresden hat Christine Mielitz inszeniert.


    Aber ansonsten verstehe ich den Protest nicht. Hatte ich geschrieben, dass Sie schlechtgelaunt das Theater verlassen haben? Daran kann ich mich nicht erinnern. Ich kann mich aber deutlich an sehr schlecht gelaunte Zuschauer in der Dresdner "Tannhäuser"-Inszenierung von Harry Kupfer erinnern. Oder an wütende Proteste beim »Waffenschmied« in Leipzig. Von Koniwtschny sah ich noch eine »Gräfin Mariza« in Greifswald (ungeheuer aufregend), einiges in Halle und anderswo. Es gab da noch so einiges, was nicht so recht ins Bild passt, und auf jeden Fall kommen auch die genannten (und viele weitere) Aufführungen an der Berliner Staatsoper hinzu. Von Schauspielinszenierungen will ich gar nicht erst anfangen. Es bleibt dabei: Auch in einer Diktatur ist nicht alles gut.

  • Chrissy und La Roche haben mir, was das Grundsätzliche betrifft, so richtig aus der Seele geschrieben! Über die DDR-Theaterlandschaft kann ich naturgemäß nichts sagen. Und die Abo-Kündigung, lieber La Roche, ist vollkommen richtig geschehen. Keine Unterstützung mehr für diese Verunstaltungen.


    Und was den Tannhäuser auf mdr betrifft: das war schön zu sehen und schön zu hören! Da werden Sehnsüchte wach, kommen Erinnerungen an längst vergangene Zeiten hoch.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER


  • Ich verkläre die Vergangenheit keineswegs, wenn ich ihr zumindest auf dem Gebiet der Theaterkultur nachweine. Übrigens fand ich den Berghaus-Fidelio 1989 in Dresden auch scheußlich!


    La Roche


    Leider hat Frau Berghaus an der Berliner Staatsoper mehr und mehr das Sagen bekommen. Den missratenen Barbier, wo abwechselnd mal ein Stuhl herein-und dann wieder herausgestellt wird, gibt es immer noch. Berghaus hat an der Staatsoper auch einen unhistorischen "Ring" fabriziert und ließ bei "Moses und Aaron" die Israeliten in einem gekacheltem Raum mit KZ-Assoziationen singen. In ihrer letzten Inszenierung, das war dann schon im Jahre 1991, "Pelleas und Melisande", fehlt im Gegensatz zu den Vorgaben des Dramas jede Andeutung von Natur, die Oper findet in einem lebensfeindlichen geschlossenen Kunstraum statt, der einzige Lichtstrahl kommt aus einer kleinen Öffnung des Kastens und Melisande verliert im 3. Akt ihre Haare und singt kahlköpfig weiter.
    Aber mehrheitlich waren es schon recht attraktive Produktionen, von denen wir heute nur träumen können.


    Beste Grüße aus Berlin


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Ich auch. Ich habe ihn einige Male am Pult der Berliner Staatsoper erlebt, ein großartiger Dirigent.


    Lieber chrissy, da ist mir doch noch etwas eingefallen. Wenn du wie ich Otmar Suitner schätzt, dann empfehle ich dir sehr diese DVD:


    Ich habe den Film zweimal im Kino "International" in der Berliner Karl-Marx-Allee gesehen und war außerordentlich beeindruckt. Autor ist der Sohn des Dirigenten, der ja ein privates Doppelleben führte, eine Frau in Ost- und eine Frau in West-Berlin. Das wusste man damals natürlich nicht. Beide werden im Film vorgestellt und gehen sehr cool mit dieser Situation um. Darüber hinaus wird Suitner in Ausschnitten auf Konzerttourneen gezeigt, er ist in Bayreuth, wo er auch dirigierte, zu sehen, an der Wiener Musikhochschule und darf zum Schluss noch einmal seine "geliebte Kapelle" dirigieren.
    Ein Film, der unter die Haut geht!

    Beste Grüße noch mal


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Ich bitte nicht vergessen zu wollen, dass das, was heute hier als Regietheater gilt und in der Regel abgelehnt wird, in einem ganz erheblichen Maße auf die Regisseurin Ruth Berghaus zurück geht. Damals - unter dem Intendanten Hans Pischner - fing es an. Im Ostteil Berlins. Pischner hat die Berghaus immer gefördert und so gut es ging zu ihr gehalten. Daran ist überhaupt nicht zu deuteln. Einen Höhepunkt erfuhr dieses völlig andere Herangehen an die Klassiker mit der "Fledermaus" von Strauß in der DDR-Staatsoper. Der von Annelies Burmeister darstellte Orlofsky wurde in einer Art riesigem Kohlkopf hereingefahren, Sänger gingen im Handstand über die Bühne. Die Aufführung unter Leitung von Otmar Suitner musste mehrmals unterbrochen werden, der Eiserne Vorhang senkte sich. Vom ersten Rang herunter lieferten sich die Befürworter - darunter der Komponist und Ehemann der Berghaus, Paul Dessau, mit dem Kritikern heftige Wortwechsel. Das Haus tobte, zerfiel in Gegner und Befürworter. So etwas habe ich nie wieder erlebt. Als ganz junges Ding war ich davon natürlich angesteckt. Ich war damals aus Prinzip für die Berghaus, deren erste Opernarbeit, die von unserm Gast erwähnte "Elektra" mit Martha Mödl als Klytämnestra von einem Tag auf den anderen schlichtweg verboten wurde. Wie man heute weiß, hatte daran auch die Stasi ihre Hände im Spiel. Auf die berühmte Gretchenfrage ließ sich später auch Webers "Freischütz" im blauen Wald und mit den bedepperten Brautjungfern zurück führen. Mit Rossinis "Barbiere" entwickelte die Berghaus eine bis dahin völlig undenkbare Ästhetik auf der Opernbühne. Auf den Stuhl, der das herein oder heraus getragen wird - um auf Manfred vom vorangegangenen Beitrag einzugehen, würde ich das nicht reduzieren. Es war viel, viel mehr. Diese Inszenierung, zunächst heftigst attackiert wie alle ihre Arbeiten - vom Berliner Ensemble und dem Skandal um Strindbergs "Fräulein Julie" will ich gar nicht erst anfangen - hielt sich dann Jahrzehnte im Spielplan, weit bis über ihren Tod und den Untergang der DDR hinaus. Die Situation um die Geschichte des Regietheaters ist kompliziert, es ist auch die Geschichte von Verboten und unerträglichen Einmischungen durch Ulbrichts und Honeckers SED und Mielkes Stasi. Deshalb würde ich hier keine vorschnellen Bewertungen abgeben wollen.


    Grüße von Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Hallo Rheingold1876,


    vielen Dank für diesen durchaus erhellenden Blick auf die Geschichte des (Opern-)Regietheaters, der sich wohltuend von der Behauptung, "daß in der DDR ein Biogastannhäuser nicht möglich gewesen wäre!" abhebt. - Insbesondere stellt sich mir die da Frage, ob das (Opern-)Regietheater eben nicht nur ein sog. 68er-Produkt ist, wie ja ebenfalls gerne behauptet, sondern eben auch das Resultat einer Gegenwehr gegen einen in fast allen Bereichen repressiven Staat.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Besucher


    Ruth Berghaus hatte an der Staatsoper nie »das Sagen«. Sie hatte bis zum Ende der DDR mit den unglaublichsten Schwierigkeiten und Demütigungen zu kämpfen. Danach sah es etwas anders aus, aber da war ihre ganz große Zeit wohl auch schon vorbei. Wie auch immer: Das, was man so unter »Regietheater« versteht, hat natürlich nicht mit Ruth Berghaus angefangen. Schließlich hat nicht sie das Berliner Ensemble gegründet, sondern Brecht, und der war schon nicht der Anfang, sondern der Fortsetzer einer langen Tradition. Wenn wir im Bereich der Oper bleiben und als Gemeinsames dessen, was als Regietheater bezeichnet wird, dass es mit denselben Vorwürfen bekämpft wird, wäre daran zu erinnern, dass es in Berlin die Kroll-Oper gab, deren Inszenierungen heftige Skandale auslöste und eine nachhaltige Ausstrahlung auf das deutsche Opernleben nur deshalb nicht hatte, weil sie so schnell geschlossen wurde, woraufhin wieder zum echt schönen Operntheater zurückgekehrt wurde.
    Insofern ist das, was man so »Reghietheater« zu nennen beliebt, weder ein Produkt der 68er, noch eines, das als Gegenwehr in einem repressiven Staats entstand, sondern ein viel älteres Phänomen. Brecht prägte seinen schönen und enorm einflussreichen Ausspruch, demzufolge man die Werke der Klassiker auf ihren Materialwert hin untersuchen muss, nicht in der DDR und schon gar nicht nach 1968. Auch auf diese Weise wird sich die schöne Mär von der regietheaterfreien Diktatur des Proletariats wohl nicht halten lassen.

  • Hallo Michael, noch eine kleine Ergänzung: Der "Biogas-Regisseur" Sebastian Baumgarten ist übrigens der Enkelsohn von Hans Pischner, dem langjährigen Intendanten der Ostberliner Staatsoper. Dem Vernehmen nach sind sich beide sehr nah, und der Junge dürfte einiges vom Alten gelernt haben. Baumgartens Mutter hat jahrelang selbst gesungen, wenn ich mich nicht ganz irre, im Chor der Staatsoper. Sie starb früh.


    Mit Deiner sehr interessanten Bemerkung, dass das Regietheater womöglich auch "das Resultat einer Gegenwehr gegen einen in fast allen Bereichen repressiven Staat" gewesen ist, liegst Du sicher ganz richtig. Die Berghaus, die in der DDR wohnen blieb, verlegte ihr Arbeitsfeld alsbald zunehmend in den Westen. Dort war sie zunächst vor allem willkommen als eine mutige Frau, die der DDR-Kulturpolitik die Stirn bot. Als sie sich aber dann in den Frankfurter "Trojanern" - nach meinem Eindruck etwas zu plakativ - mit der Bundeswehr sehr kritisch auseinander setzte und damit anlegte, wurde es schwierig. Da war sie plötzlich nicht mehr ganz so willkommen. Wenn ich jung genug wäre, würde ich diesmal Theaterwissenschaften studieren und eine Dissertation über die Geschichte des Regietheaters schreiben. ;) Die ist - auch als gesamtdeutsches Phänomen - noch nicht geschrieben worden.


    Grüße von Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Wenn ich jung genug wäre, würde ich diesmal Theaterwissenschaften studieren und eine Dissertation über die Geschichte des Regietheaters schreiben. ;) Die ist - auch als gesamtdeutsches Phänomen - noch nicht geschrieben worden.


    Das geht ja auch nicht, weil man nicht über die Geschichte von etwas schreiben kann, das es gar nicht gibt. Arbeiten über die Entwicklung des Theaters in den letzten 6 Jahrzehnten (das ist ja wohl gemeint) gibt es allerdings haufenweise, einschließlich mehr oder weniger profunder Studien zu den Arbeiten einzelner Regisseure, zur Entwicklung einzelner stilprägender Häuser oder zur jüngeren Inszenierungsgeschichte einzelner Werke. Um in dieser Menge an Literatur noch ein Thema für eine Dissertation zu finden, müsste man schon recht erfinderisch sein. :pfeif:

  • @ GAST: Wie jetzt? Es gibt kein Regietheater? Bilden wir uns das alles nur ein, was da auf den Bühnen der Welt an Verunstaltungen gebracht wird? ?(

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Der Besucher sagt:


    Ja. Jemand hat in polemischer Absicht einen Topf erfunden, in den er alles wirft, was seinem Geschmack nicht entspricht. Diesen Topf hat er mit »Regietheater« beschriftet. Das bedeutet nicht, dass es zwischen den ästhetischen Auffassungen und der theatralischen Praxis von Konwitschny, Neuenfels und Bieito irgendwelche signifikanten Ähnlichkeiten gibt. (Dass ihre Arbeiten Herrn X oder Frau Y und ihren Freunden und Freundinnen nicht gefallen, ist ja kein ausreichendes Kriterium, sie in eine Kategorie einzuordnen.)


    Zunächst einmal wäre also zu zeigen, warum der Begriff »Regietheater« sinnvoll gebildet ist, um etwas zu bezeichnen, was es tatsächlich gibt, dann wäre das Kriterium aufzuzeigen, mit dem die Zugehörigkeit zu dieserKategorie festgestellt werden kann. Ein Kriterium zu finden, dass handwerklich und gedanklich großartige Inszenierungen z. B. von Konwitschny oder Berghaus mit einem anscheinend misslungenen (und vermutlich von vornherein zum Scheitern verurteilten) Operndebütversuch eines Schauspielregisseurs auf eine Stufe bringt, dürfte schwer halten. Und so lange es das nicht gibt, müssen wir die Kategorie als leer und den Begriff als inhaltslos bezeichnen, können also sagen, dass er etwas Nichtexistentes bezeichnet.

  • Na ja - das ist jetzt auch schon sehr polemisch ! Objektiv feststellbare Abweichungen vom Libretto - Zeit und Ort der Handlung - ist schon Verfehlung genug - da braucht man dann nicht über Feinheiten zu streiten .
    Ab diesem Punkt kommt das in den besagten Topf. Verfremdendes Theater ist stets verderbendes Theater.
    Einige Punkte die das gepflegte Publikum interessieren sind auch die historischen Aspekte, aber Stilbrüche - man verzeihe wenn ich das als Österreicher so sehe - waren schon in meiner Jugend gang und gäbe. Man begnügte sich damals mit angedeuteter Architektur und stark vereinfachten "Historischen Kostümen" - während Herr von Karajan - ob gut erfunden oder real ist ja letztlich egal - der Überlieferung nach bei einer Don Carlos Inszenierung auf Kostümen aus echter Seide bestanden haben soll, weil Kunstseide als solche erkennbar sei - und ordinär.
    Aber das nur nebenbei. Politsche Anspielungen auf die Jahre um 1940 haben in Opern die in historischen Zeiten oder im Sagenreich spielen - nichts zu suchen. Und ausserdem interessiert das heute niemanden mehr.
    Opern sind Märchen und Sagen für Erwachsene - veredelt durch bombastische Aufmachung.
    "Regietheater" gibt es sehr wohl. Es ist Theater wo sich der Regisseur erdreistet, signifikante Veränderung am Werk vorzunehmen und die Handlung abweichend vom Libretto darstellt. Ob nun der Name "Regietheater" zutreffend ist oder nicht, ist hier nur nebensächlich wird aber gern von den Befürwortern dieses nicht existierenden RT thematisiert um damit vom eigentlichen Thema abzulenken.... Aber ich brauche nicht mehr zu diskutieren - Das Regietheater liegt in den letzten Zügen - und in ein paar Jahren wird es von den Bühnen verschwunden sein. Die Anzeichen sind kaum zu übersehen...


    Beste Grüße aus Wien
    und Chapeau an einen Regietheaterbefürworter
    der sich als Gast in die berüchtigte Höhle des Löwen gewagt hat..
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ojektiv feststellbare Abweichungen vom Libretto - Zeit und Ort der Handlung - ist schon Verfehlung genug - da braucht man dann nicht über Feinheiten zu streiten .


    Da würde ich selbst etwas nachsichtiger sein, denn ich denke, manche Sujets lassen es durchaus zu, in eine andere Zeit transponiert zu werden. Ich sage zwar nicht, dass es wünschenswert wäre, aber bei der Manon, der Traviata oder Carmen könnte ich mich nicht allzusehr erregen, falls ein Regisseur eine moderne Variante wählt, denn jahrhundertalte Themen können auch in unserer Zeit noch Gültigkeit haben.


    Das ist natürlich eine Frage des Fingerspitzengefühls. Absoluten Widerspruch jedoch ruft bei mir stets die Verfälschung historischer Begebenheiten oder der Sagen- und Märchenwelt hervor.
    Don Carlos, Boris Godunov, Hänsel und Gretel oder Lohengrin, um nur einige zu nennen, sind zu fest in ihrem Ursprung verankert, als dass sie modernisierende Eingriffe schadlos überstehen könnten.


    Ein Märchen ist auch als Allegorie immer noch ein Märchen und lebt vom Zauber, ein Industriemagnat ist kein Zar und ein Ritter in silberglänzender Rüstung, der über Zauberkräfte verfügt, ist heutzutage ebenso wenig zu finden, wie ein Autodafé auf dem Münchner Marienplatz.


    Abgesehen davon sind Überdeutlichkeit, Erklärungsmanie und die Sucht, auch bei den unpassendsten Gelegenheiten um jeden Preis originell oder genial zu scheinen, nicht selten nur Ausdruck einer elitären oder quasielitären Überheblichkeit.

  • Der Besucher sagt:


    Na ja - das ist jetzt auch schon sehr polemisch ! Objektiv feststellbare Abweichungen vom Libretto - Zeit und Ort der Handlung - ist schon Verfehlung genug - da braucht man dann nicht über Feinheiten zu streiten .


    Ich sprach nicht von Feinheiten, sondern wollte erst einmal wissen, wovon die Rede ist. Aber wenn wir es so nehmen wollen, frage ich eben: Verfehlung wogegen? Gegen welche Bestimmung oder Verpflichtung? Die wer erlassen hat? Aufgrund welcher Autorität? Die Beantwortung dieser Frage ersetzt zwar die klare Definition des Diskussionsgegenstands nicht, aber wäre vielleicht ein Schritt in Richtung auf diese Definition, die die Voraussetzung für die Diskussion ist. Denn wenn nicht geklärt ist, worüber man spricht, kann man schlecht sprechen.

  • Das ist natürlich eine Frage des Fingerspitzengefühls. Absoluten Widerspruch jedoch ruft bei mir stets die Verfälschung historischer Begebenheiten oder der Sagen- und Märchenwelt hervor.


    Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Wie soll etwas verfälscht werden, das nicht existiert? Meines Wissens ist noch niemandem ein germanischer Gott mit Speer und Schlapphut über den Weg gelaufen, so daß sich sagen ließe: so und so hat der auszusehen. Und das Bild eines Ritters ist bei vielen ja auch eher durch die Lanzelot-Filme geprägt.

  • Insbesondere stellt sich mir die da Frage, ob das (Opern-)Regietheater eben nicht nur ein sog. 68er-Produkt ist, wie ja ebenfalls gerne behauptet, sondern eben auch das Resultat einer Gegenwehr gegen einen in fast allen Bereichen repressiven Staat.


    Das kann aber nicht die ganze Wahrheit sein, sonst hätte der Stil sich jetzt geändert. Man kann ja nicht behaupten, dass der Kaiser Wilhelm-Staat dem Bürger mehr Freiheit zugestanden hat als die heutige Bundesrepublik.


    Die Ambitionen eines aufgeklärten und fortschrittlichen Bürgers sind Allgemeingut: Ein moderner Mensch verwirklicht sich erst einmal selbst.
    Tja, und Regisseure sind schließlich auch Menschen.

  • Zitat

    Verfehlung wogegen?

    Oh da könnte man Seiten schreiben - aber ZUMINDESTENS gegen den guten Geschmack.



    Zitat

    Gegen welche Bestimmung oder Verpflichtung? Die wer erlassen hat? Aufgrund welcher Autorität?

    Es gibt geschriebene und ungeschriebene Gesetze. Über die geschriebenen brauchen wir uns hier nicht auszulassen.


    Die ungeschriebenen wurden stets von Leuten missachtet, die meinten sie könnten agieren wie die Winkeladvokaten, die Gesetzeslücken ausnützen - und ungestraft gegen den Geist der Gesetzte handeln, bloß weil etwas nicht exlizit verboten ist.
    Solche Leute sind zu verachten - man sollte sie ächten und ihnen den Zugang zu Positionen, Titeln und Geld so gut wie möglich erschweren, weil sie prinzipiel die Gesellschaftsordnung in Frage stellen.



    Zitat

    Die Beantwortung dieser Frage ersetzt zwar die klare Definition des Diskussionsgegenstands nicht

    Das ist auch nicht notwendig, denn diese IMO scheinwissenschaftliche Begriffsdefinition dient nur zur Ablenkung vom eigentlichen - den jeder den das Thema interessiert - weiss sowieso worum es hier geht.


    Schon allein das Anzweifeln von Autoritäten - auch wenn es nur implizit ist - lässt mir die Haare zu Berge stehen.
    In Ungarn wird man sehen, inwieweit Autoritäten das Theater wieder in geordnete Bahnen lenken dürfen.


    Und um den Kernpunkt anzusprechen : Es ist UNANSTÄNDIG und in meinen Augen Betrug, wenn irgendein kommunistisch oder links angehauchte Regisseur ("rechte" Regisseure gibt es derzeit nicht) sich hinter den Namen des Librettisten und Komponisten verstecken - und noch große Sänger in Geiselhaft nehmen, damit wenigstens ein Teil des Publikums ihr von Steuergeldern subventionieres Machwerk ansieht.


    Aber wenn ich mir die derzeitige Entwickung betrachte, dann kann ich mich beruhigt zurücklehnen - hin und wieder einen Thread zum Thema Regietheater starten - und - abwarten.......


    mir freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Wie soll etwas verfälscht werden, das nicht existiert?


    Ein Märchen existiert so, wie es niedergeschrieben ist. Sicherlich hat nicht jeder Leser das gleiche Phantasiebild der Märchenfiguren vor Augen, doch die Abweichungen sind nicht groß.
    Ein Königssohn ist ein schlanker Jüngling mit langem Haar und seidenen Kleidern und eben kein Büroangestellter mit Glatze und verschlissenem Hemd. Wenn nun ein Regisseur meint, es gibt gewiss Königssöhne mit Glatze, hat er objektiv gesehen zwar recht aber eine solche Figur fängt nicht das Wesen des Märchens, die Verzauberung.


    Noch offenbarer äußerst sich die Verfälschung bei historischen Themen. Mussorgskijs Boris Godunov gibt Puschkins Sicht der Dinge wieder. Die mag falsch sein - neuere Forschung spricht dafür - doch ist sie nun mal so geschrieben und komponiert und jede Änderung ist demnach eine Verfälschung.


    Was würde man zu einem Museumschef sagen, der Picassos Guernica übermalen lässt, weil die Proportionen der gemalten Menschen nicht stimmen?


    Warum also sollte man mit der Oper freizügiger verfahren?

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