Auf Sand gebaut? - Wie langlebig sind "Wiederentdeckungen"?

  • Felix Meritis beklagte im Thread


    Willkommen im Mainstream - Nachhaltige Wiederentdeckungen einst unbekannter Komponisten


    die Kurzlebigkeit mancher Neuentdeckungen im Programm von cpo (und das trifft natürlich auch auf andere Label zu)
    In Wahrheit bleiben die Titel in der Regel immerhin einige Jahre im Katalog, oft schon relativ früh zu ermäßigtem Preis. Aber das ist selbst für eingefleischte Sammler oft zu kurz, oft ist ein Titel bei mir bis zu drei Jahre auf der Wunschliste - obwohl ich sowieso viel zu viel kaufe. Das wird sich in Zukunft aber bessern, denn die Aufnahmen mit den "Großen Alten" - ein riesiges Loch in meinem Beschaffungsbudget - sind bald vollständig - so habe ich wieder mehr Spielraum.


    Meist ist es aber ohnedies so, daß jene, die den kurzen Verbleib eines Titels beklagen, ihn schon lange selbst besitzen.
    Problematisch wird es dann, wenn man beispielsweise im Tamino. Forum eine CD empfehlen möchte - und feststellen muß sie ist seit einiger Zeit ersatzlos gestrichen.
    Was ist denn eigentlich die Ursache, wenn ein Titel abverkauft und anschliessend gestrichen wird ? - Ganz richtig - meist sind es unbefriedigende Verkaufszahlen. Der Klassikhörer war an der "Wiederentdeckung" nicht interessiert - meist aber auch nicht darüber wirklich informiert.
    Ist solch eine Aufnahme nun für immer verloren ?
    Das kann durchaus sein - muß es aber nicht.
    Zum einen kann es sein - das ist allerdings ein Idealfall, daß ein anderer Hersteller erkennt, daß hier eine Nische geschaffen wurde - und sofort hineinspringt.
    Ich kenne einige derartige Werke, die ich für verloren geglaubt habe - die aber dennoch noch existieren.


    Mit KOCH/Schwann ging die einst einzige Aufnahme der beiden Klavierkonzerte von Franz Xaver Mozart verloren - Inzwischen wurde das Werk mindestens zweimal neu eingespielt.


    Wiederentdeckungen sind meiner Erfahrung einerseits keine Garantie für Verbleib im Katalog, aber ein Anstoß, der oft im Untergrund weiterwirkt - allerdings oft relativ langfristig.
    So hat Herr Heyman seine manchmal erfolglosen Marco-Polo Aufnahmen des öfteren in das kostengünstigere Naxos-Label hinübergerettet - meist mit Erfolg.


    mit freundlichen GRüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mit KOCH/Schwann ging die einst einzige Aufnahme der beiden Klavierkonzerte von Franz Xaver Mozart verloren - Inzwischen wurde das Werk mindestens zweimal neu eingespielt.


    Lieber Alfred,


    leider noch ein Beispiel bei Koch/Schwann - das Label hat längst das Zeitliche gesegnet: Lazar Bermans Aufnahme der Urfassung des 1. Klavierkonzerts von Tschaikowsky.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Meist ist es aber ohnedies so, daß jene, die den kurzen Verbleib eines Titels beklagen, ihn schon lange selbst besitzen.
    Problematisch wird es dann, wenn man beispielsweise im Tamino. Forum eine CD empfehlen möchte - und feststellen muß sie ist seit einiger Zeit ersatzlos gestrichen.
    Was ist denn eigentlich die Ursache, wenn ein Titel abverkauft und anschliessend gestrichen wird ? - Ganz richtig - meist sind es unbefriedigende Verkaufszahlen. Der Klassikhörer war an der "Wiederentdeckung" nicht interessiert - meist aber auch nicht darüber wirklich informiert.
    Ist solch eine Aufnahme nun für immer verloren ?
    Das kann durchaus sein - muß es aber nicht.


    Das Problem ist auch, dass Sammler wie ich für eine gewisse Zeit Schwerpunkte setzen und nur einschlägige Musik kaufen. Dabei kann ein Zeitfenster endgültig verschlafen werden. Durch Teilnahme an Foren wie Tamino wird dieses Risiko verkleinert, da man hier mit sehr viel Information versorgt wird. Allerdings bin erst seit Juli letzten Jahres Mitglied und vor 10 Jahren hatte ich als Student gar nicht das Geld, mich auf Abwege in die zweite Reihe zu begeben (habe trotzdem hin und wieder Clementi u.ä. gekauft). Damals ging fast mein ganzes Geld dafür drauf, die Bach'schen Kantaten vollzählig zu erwerben und die wichtigsten Kammermusikwerke der "Großen" zu komplettieren.

  • Dass CDs irgendwann gestrichen bzw. nicht mehr neu aufgelegt werden, finde ich jetzt kaum verwunderlich. Selbst wenn der Verkauf für ein Nischenprodukt ganz gut läuft, ist eine Wiederauflage oft unwahrscheinlich. Auch cpo kann es sich nicht leisten, alles auf ewig im Katalog zu halten; die Sachen halten sich aber erstaunlich lange und man erhält durch die Preisreduktionen meist eine Vorwarnung. Ich bin kein solcher Komplettist, aber mir ist es natürlich auch schon passiert, dass Sachen einfach weg waren, als ich nach einer weiteren Folge einer Reihe gesucht habe (zB bei der Streichquartetten von Toch). Wenn man von vornherein auf der Suche nach solchen Sachen ist, hat man jedenfalls etliche Jahre Gelegenheit, sie ganz normal zu erwerben.
    Nachhaltig sind solche Wiederentdeckungen oft nicht, das ist Wunschdenken.


    Bei "nachhaltigen Wiederentdeckungen" gibt es typischerweise irgendwann alternative Aufnahmen oder Wiederauflagen. Das kann manchmal viele Jahre nach einer Pionieraufnahme der Fall sein. Die Erstaufnahme der Rott-Sinfonie stammt meines Wissens von ca. 1989 und wurde mit dem Orchester einer Musikhochschule realisiert. Hyperion hat sie wohl noch immer im Katalog, aber in den letzten 10-15 Jahren erschien ein ganzer Schwung alternativer Aufnahmen.
    Ähnliche Fälle gibt es bei Barockmusik.
    Aber viele Wiederentdeckungen sind eben nicht nachhaltig. Dann muss man schnell zuschlagen oder nach Gebrauchtware suchen.


    Wer als Sammler prinzipiell vor gebrauchten Sachen zurückschreckt, hat es schwer. (Zumal gerade bei CDs vieles davon beinahe neuwertig ist, weil es beim Vorbesitzer fast nur im Regal gestanden hat.) Ich suche zwar nicht nach Originalausgaben, aber ich habe schon bewusst gebraucht ältere Auflagen statt Wiederveröffentlichungen gekauft und nicht weil sie geringfügig billiger gewesen wären. Hätte ich bei einigen Neuauflagen gewusst, wie schlecht sie (libretti u.a. Beitexte) ausgestattet sind, hätte ich lieber eine gebrauchte alte Ausgabe gekauft. Natürlich kommt das auch auf die Musik an, inwiefern ich mir die zusätzlichen Informationen wünsche.
    Jedenfalls ist die Situation durch einen internationalen Internet-Gebrauchtmarkt und Downloadoptionen so günstig wie noch nie, an vergriffenes heranzukommen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Zitat

    Bei "nachhaltigen Wiederentdeckungen" gibt es typischerweise irgendwann alternative Aufnahmen oder Wiederauflagen. Das kann manchmal viele Jahre nach einer Pionieraufnahme der Fall sein. Die Erstaufnahme der Rott-Sinfonie stammt meines Wissens von ca. 1989 und wurde mit dem Orchester einer Musikhochschule realisiert. Hyperion hat sie wohl noch immer im Katalog, aber in den letzten 10-15 Jahren erschien ein ganzer Schwung alternativer Aufnahmen.


    Ja, solche Fälle gibt es. Dasselbe gilt auch für das e-Moll Klavierkonzert Mendelssohns, dass 12 Jahre nur in einer einzigen Einspielung vorlag, und inzwischen auch von Kirschnereit und Prosseda eingespielt wurde. Somit wird es nicht mehr ganz verschwinden. Bei cpo ist es aber so, dass dort oft in ziemlich kurzer Zeit sehr viel von einem Komponisten erscheint, aber bald wieder verschwindet. Paradebesipiel Raff: bei cpo erschien vor 5-7 Jahren das gesamte Schaffen Raffs für Violine und Klavier auf 4 CDs. Meiner Erinnerung nach erhielten diese Einspielungen auch ziemlich viel Aufmerksamkeit von der Fachkritik. Jetzt sind diese Einspielungen bei jpc nicht mehr erhältlich (man kann sie noch überteuert bei amzaon erwerben). Also 5-7 Jahre finde ich schon wirklich sehr kurz. Es wäre besser, die Werke nicht völlig zu streichen, sondern nach einer gewissen Zeit nur über Download erhältlich zu machen.

  • Ca. 7 Jahre war meines Wissens schon die Periodenlänge im LP-Zeitalter. Ungefähr nach dieser Zeit wurden Major/Mainstream-LPs gestrichen oder eben neu aufgelegt, oft in einer preiswerteren Reihe. Zu den Raff-Violinwerken kann ich nichts sagen (außer dass es bei Tudor Konkurrenzaufnahmen gibt, die cpo sind anscheinend komplett verschwunden), aber die Raff-Trios hat jpc nun seit fast 12 Jahren im Programm, die Volkmann-Kammermusik seit ca. 15. Klar, die sind vermutlich schon zweimal im Preis gesenkt und werden evtl. demnächst vergriffen sein.
    Und es kann natürlich immer passieren, dass man Musik just dann entdeckt, wenn gerade ein paar Aufnahmen gestrichen wurden. Das ist dann zugegebenermaßen Pech...
    Es gibt auch immer noch Sachen, wo man auf LPs oder Radiomitschnitte angewiesen ist, aber insgesamt finde ich das Angebot, auch an Raritäten, ziemlich umfangreich.

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  • Ich beklage hier ja nicht den Untergang des Abendlandes. Ich verstehe aber trotzdem nicht, weshalb Naxos oder MDG seine CDs vollständig über die Jahrzehnte im Katalog erhalten kann, cpo seine Aufnahmen aber nach nicht so langer Zeit cancelled. Von Volkmann sind bereits mehrere CDs gestrichen worden: Lieder, Klaviermusik, etc..
    Bei den Raff Violinsachen gibt es tatsächlich eine nicht vollständige Parallelserie bei Tudor, welche ich mir statt den cpo Aufnahmen zugelegt habe. Ich bin damit überaus zufrieden, aber Raff ist eben etablierter als Volkmann, wo es diese Möglichkeit nicht gibt.

  • Zitat

    Auch cpo kann es sich nicht leisten, alles auf ewig im Katalog zu halten

    Da könnte man viel darüber schreiben.
    Da dieser Thread thematisch nicht allzu scharf formuliert wurde, erlaube ich mir hier ein paar Ideen zu diesem Thema anzureissen, wobei ich - im Gegensatz zu den meisten Kunden - auch die Interessen des Produzenten im Hinterkopf behalte.


    Wenn Naxos es sich leisten kann NEUAUFNAHMEN in Eigenregie sofort bei Erscheinen um 7.90 anbieten kann, dann sollte das auch bei einer Wiederauflage möglich sein - wo die Produktionskosten schon eingespielt sein SOLLTEN (!!).


    Die Gefahr für den Hersteller besteht in diesem Fall jedoch darin, daß kaum mehr etwas zum Vollpreis weggeht, weil man auf die Preisreduktion wartet - und dabei sicher sein kann, daß eine Neuauflage folgt, sobald die Erstauflage verkauft ist.


    Das ist natürlich für den Produzenten kein wünschenswerter Zustand


    Hier habe ich einige Ideen dazu.


    1. eine Sperrfrist von 5 Jahren - Nach Auslaufen der Erstauflage setze ich eine Frist von mindestens 5 Jahren (mit Option der Verlängerung auf 7 Jahre in "Härtefällen) bis ich die gestrichene CD wieder herausbringe.
    Das schützt mich weitgehend vor allen jenen, die sich auf Abverkauf und Neuauflage zum Budgetpreis verlassen UND macht eine Zweitverwertung möglich - In 5 Jahren ist schon wieder eine andere Käuferschicht herangewachsen, die natürlich vorab aufgebaut und gepflegt werden muß.
    Diese Neuauflage sollte möglichst nicht optisch von der Erstauflage abweichen - ich ärgere mich immer wieder darüber - ausserdem kostet es den Hersteller Geld - weil ein neues Layaut angefertigt werden muß.
    Einiger der Majors haben dieses Problem erkannt und liefern Zweit, dritt oder (vor allem "Letztausgaben") im Uralt Design der Erstveröffentlichung. Man sollte diesen Aspekt nicht ausser acht lassen - zudem ist er die preiswerteste Lösung für den Produzenten.
    Alle Probleme werden hier natürlich noch nicht gelöst - daher zwei zusätzliche Ideen.


    Wenn der Produzent - der in diesem speziellen Fall ja durch seinen Versand eine gute Kundenrückbindung hat - Zweifel an der Verkäuflichkeit einer Neuauflage hat, dann wäre es möglich Subskriptionslisten aufzulegen, eine uralte Praxis im Buch- und Musikalienhandel. Die Subskribenten verpflichten sich in diesem Falle zur Abnahme von einem oder mehr Exemplaren, WENN eine Neuauflage erscheint (Es kann hier eine Frist von einem Jahr gesetzt werden, soll heissen, wenn innerhalb eines Jahres die erforderliche Anzahl an verbindlichen Bestellungen nicht eingelangt ist, wird die Aufnahme nicht produziert - der Unterzeichner ist seiner Verpflichtung zum Kauf enthoben. Das schützt wiederum den Verbraucher davor, daß 12 Jahre nach Bestellung eine unerwünschte Lieferung bei ihm eintrifft.)
    Subskriptionslisten sind an sich schwer zu überprüfen - nicht aber für einen professionellen Versender mit zigtausend Stammkundenadressen......


    Die zweite Idee ist, daß eine Neuauflage nicht unbedingt 5.99 oder 7.99 Euro kosten muß 9.99 oder 11.99 wären IMO ein gangbarer Weg. Die Serien "Great Recordings of the Century" von EMI, oder "The Originals" sind hier ein Zeichen, daß das durchaus funktioniert. Von mir aus soll halt und dem Logo noch ein kleiner Zusatz (beispielsweise "Renaissance" etc etc angebracht werden - aber ich ärgere mich immer , wenn ich meine Sammlung durch optisch unpassende Zweitauflagen ergänzen muß).


    Egal ob meine Anregungen hier gelesen werden oder nicht, egal ob sie für gut befunden werden oder nicht, egal ob sie ausgeführt werden oder nicht: Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Label seine "Schätze" auf Dauer unter Verschluß hält, denn ohne Backkatalog hätten die "Majors" nicht so lange überlebt. Allerdings darf man sich nicht auf diesen als Allheilmittel verlassen , sondern muß aktiv weiterproduzieren.


    mir freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich verstehe aber trotzdem nicht, weshalb Naxos oder MDG seine CDs vollständig über die Jahrzehnte im Katalog erhalten kann, cpo seine Aufnahmen aber nach nicht so langer Zeit cancelled.

    Das sind unterschiedliche Verkaufsmodelle. Über MDG kann ich nichts sagen, aber Naxos hat ja "offiziell" den Anspruch, ein möglichst umfangreiches Angebot im Katalog zu führen. Daher verschwinden Aufnahmen nur sporadisch, allerdings werden auch nur mit sehr guten Gründen Zweiteinspielungen von Werken gemacht, die bereits im Katalog aufscheinen.



    ..., dann wäre es möglich Subskriptionslisten aufzulegen, eine uralte Praxis im Buch- und Musikalienhandel.

    Eben. So "uralt", dass dieses Verkaufsmodell heute keine Chance hat. (Fast) kein Mensch gine heute eine derartige Verpflichtung ein, entweder man kann etwas sofort kaufen oder man lässt es...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Das sind unterschiedliche Verkaufsmodelle. Über MDG kann ich nichts sagen, aber Naxos hat ja "offiziell" den Anspruch, ein möglichst umfangreiches Angebot im Katalog zu führen. Daher verschwinden Aufnahmen nur sporadisch, allerdings werden auch nur mit sehr guten Gründen Zweiteinspielungen von Werken gemacht, die bereits im Katalog aufscheinen.


    Ich denke, dieses Prinzip des nur einmal Einspielens wurde bei Naxos schon ziemlich aufgeweicht. Natürlich verfolge ich die Entwicklungen in diesem gigantischen Katalog nicht großflächig, aber zumindest in dem Segment, in dem ich mich wirklich gut auskenne, Mendelssohn etwa, sind mir in den letzten Jahren mehrere Paralleleinspielungen aufgefallen: z.B Mendelssohns Streichquartette, Symphonien, Violinkonzert.
    Jedenfalls finde ich es schade, dass cpo nicht einen ähnlichen Anspruch stellt. Ich schätze dieses Label ganz besonders für seine Verdienste um wenig bekannte Musik und ich bin fast immer mit der Qualität der Einspielungen zufrieden. In diesem Sinne erfüllt cpo/jpc eine wichtige kulturelle Aufgabe, die nicht nach wenigen Jahren einfach obsolet wird. Deshalb denke ich, dass cpo Aufnahmen, die nicht mehr auf Tonträger erscheinen sollen, zumindest per mp3 u.ä. der Öffentlichkeit weiter zugänglich halten sollte. Wenn mich nicht alles täuscht, werden die Produktionen bei cpo ja auch massiv von der öffentlichen Hand unterstützt (Kooperationen mit öffentlichen Fernsehsendern, etc..).

  • Heute heißt das "crowdfunding" und es funktioniert durchaus. Die Frage wäre eher, ob es bei Klavierkonzerten von Kozeluch funktioniert, oder ob die "crowd" da einfach zu klein wäre.


    Viele cpo-Produktionen sind in Kooperation mit Rundfunkanstalten entstanden. Aber daraus leitet sich noch nicht die Verpflichtung von cpo ab, Server anzumieten und das Material in alle Ewigkeit zum Download anzubieten.


    In der Tat wären im Internet-Zeitalter m.E. die öffentlichen Rundfunkanstalten (für die man in D seit diesem Jahr etwa EUR 200 p.a. Zwangsgebühr vollkommen unabhängig von Besitz oder Nutzung von Geräten abdrücken darf) hier weit eher in der Pflicht, Material, das sie ohnehin im Archiv haben, zum Download anzubieten.

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  • Viele cpo-Produktionen sind in Kooperation mit Rundfunkanstalten entstanden. Aber daraus leitet sich noch nicht die Verpflichtung von cpo ab, Server anzumieten und das Material in alle Ewigkeit zum Download anzubieten.


    Juristisch wohl nicht, "moralisch" meiner Meinung nach sehr wohl. Auch in der Wissenschaft geht der Trend dazu, öffentlich geförderte Forschung möglichst zugänglich zu machen. Außerdem soll jpc die Downloads nicht verschenken sondern verkaufen. Eine Modernisierung des Vertriebs, also bspw. MP3-Verkauf analog zu Amazon, wäre ohnehin nicht schlecht und zeitgemäß.

  • ich weiß, daß ich ein Aussenseiter in diesem Forum bin - aber deren gibt es auch genügend AUSSERHALB dieses Forums. Ich würde keine Downloads kaufen - mir ist schon eine CD "virtuell" genug - um "suspekt " zu sen. Angenommen es wäre möglich eine komplette CD Sammlund von 5000 (oder meinetwegen mehr) CDs in seiner Armbanduhr zu speichern - ich hätte keine Freude damit. Zudem halte ich Festplatten und Speicherbausteine für äusserst vertrauensunwürdige Medien - und für dauenerde Datensicherungen habe ich weder Zeit noch Lust - wer so will - ich bin zu faul dafür. Und nebenbei traue ich den Sicherungskopien auch nicht. Das (relativ) sicherste Medium war noch die Vinyl-Schallplatte
    Müsste ich downloaden, würde ich entweder verzichten oder aber Gratiskopien laden - denn ich sähe dann im Kauf eines Originals keinen Vorteil mehr für mich.
    Ich erwarte für mein gutes Geld eine professionell angefertigte CD in höchstmöglicher Klangqualität mit einer Lebenserwartung die höher als ein Menschenalter ist.


    Aber daß "crowdfunding" - oder wie man immer es nennen mag durchaus funktionieren wird - das ist mir vollkommen klar. Theoretisch könnte eine Plattform wie Tamino beispielsweise ein Projekt mitfinanzieren, welches alle (nur als Beispiel) Kozeluch Klavierkonzerte einspielt. Tamino ist aber zu klein dafür, das könnte allenfalls bei einer internationalen Plattform zu funktionieren, oderer einem Verein mit wohlhabneden - nein - reichen Mitgliedern.


    Die internationale Pleyel Gesellschaft ist eine der wenigen, die in solcher Hinsicht tätig ist, wo man das Engagement merkt und auch die Ergebnisse. Ähnliches möchte ich über die Rosetti Gesellschaft sagen. Ansonst habe ich zumeist nur Internetseiten mit allgemeinen Willenserklärungen gefunden - nebst einer Preisliste für Mitgliedsbeiträge ........


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • Zit. Alfred Schmidt: "Ich weiß, daß ich ein Aussenseiter in diesem Forum bin -..."


    Na - dann gibt es mindestens zwei davon. Ich habe noch keinen einzigen Takt Musik "downgeloadet", und auf meiner Festplatte finden sich in der Sparte "Musik" nur die Demo-Aufnahmen, die mitgeliefert wurden. Festplatten traue ich keinen Schritt über den Weg: Die haben schon Manuskripte einfach verschluckt, an denen ich viele Stunde gearbeitet habe.


    Am liebsten sind mir Schallplatten: Das haptische Element spielt für mich beim Musikhören eine große Rolle. Ich nehme Verrichtungen vor, bevor ich mir ein musikalisches Werk anhöre und schenke ihm damit auch in der Art meiner Zuwendung zu ihm die Aufmerksamkeit, die ihm gebührt. Eine CD in den Player schieben und mit einem Klick das Werk auswählen ist da schon weniger - aber es ist allemal mehr als das Hantieren an der Festplatte. Musikhören am Computer ist mir aus diesem Grund ein Graus. Aber wohlgemerkt: Ich bilde mir auf diese Haltung nichts ein, denn ich bin mir bewusst, dass sie nicht mehr von dieser heutigen Welt ist.

  • Festplatten traue ich keinen Schritt über den Weg: Die haben schon Manuskripte einfach verschluckt, an denen ich viele Stunde gearbeitet habe.

    Eine Festplatte kann defekt werden - dann ist in der Regel viel, wenn nicht sogar alles weg. Aber sie verschluckt mit Sicherheit keine Manuskripte, das ist immer ein Software- oder Bedienfehler.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Kommen wir wieder zum Thema: Es ist meiner Meinung nach von Herstellern nicht einforderbar, daß sie Werke im Programm halten, die Defizite einfahren. Dergleichen könnte allenfalls über Konsens der "Gesellschaft" mittels öffentlicher Hand finanziert werden - aber die Chancen sind hier eher gering. Es ist daher anstrebenswert, daß ein möglichst hoher Prozentsatz an Klassikhörern erkennt, welcher Genuss ihnen entgeht, wenn solche Werke nach kurzer Zeit wieder im Orkus verschwinden. Zum anderen muß den Produzenten klar werden, daß ein "Schattenmarkt" entsteht, wenn sie den "echten" nur unzureichend mit Stoff versorgen - Und daß - wenn die Schranken mal gefallen sind - lediglich dieser Schattenmarkt bestehen wird. Dann endlich werden die Downloads den Großteil aller musikalischen Transaktionen ausmachen - aber ohne, daß die Tonträgerindustrie daraus Nutzen ziehen kann...Wer heute über solche Fiktionen lächelt wird es vielleicht morgen nicht mehr tun....


    Das Ziel und der Weg sollte also sein, die potentiellen Interessenten auf das Erscheinen solcher Aufnahmen aufmerksam zu machen, welche quasi auf sie zugeschnitten sind - sie aber mangels Wissen über Komponisten und Werk normalerweise niemals kaufen würden. Tamino ist hier auf einem guten Weg, aber auch ein Internetforum zum Thema "Klassische Musik" ist ein Minderheitenprogramm. Immer wieder höre ich von Neuanmeldern, sie hätten unser Forum "zufällig" gefunden.......


    Dennoch - alles in allem - ist das Angebot größer geworden - und das Internet schützt ein wenig vor dem totalen "Vergessenwerden" - genauso wie es die Chancen von "Newcomern" am Interpretensektor verbessert - selbst wenn diese nicht unbedingt Lieblinge der Tonträgerindustrie sind....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • Na - dann gibt es mindestens zwei davon.


    Und ich bin der Dritte, lieber Helmut, lieber Alfred! :) Ich brauche auch etwas Materielles in der Hand zu haben und will nicht ständig Angst haben, daß meine Sammlung wegen Ausfall unsichtbarer Daten sich schließlich ganz verflüchtigt.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Na - dann gibt es mindestens zwei davon. Ich habe noch keinen einzigen Takt Musik "downgeloadet", und auf meiner Festplatte finden sich in der Sparte "Musik" nur die Demo-Aufnahmen, die mitgeliefert wurden. Festplatten traue ich keinen Schritt über den Weg: Die haben schon Manuskripte einfach verschluckt, an denen ich viele Stunde gearbeitet habe.


    Am liebsten sind mir Schallplatten: Das haptische Element spielt für mich beim Musikhören eine große Rolle. Ich nehme Verrichtungen vor, bevor ich mir ein musikalisches Werk anhöre und schenke ihm damit auch in der Art meiner Zuwendung zu ihm die Aufmerksamkeit, die ihm gebührt.

    Na, hier gibt es noch mehr davon. Auch ich ziehe die Vinylplatte jedem anderen Tonträger vor. Ich habe inzwischen eine ganze Reihe von Original-LPs aus den frühen 50er, z.B. Beethoven op. 130 mit dem Koeckert Quartett, die in einem noch immer hervorragenden Zustand sind (nach sorgfältiger Wäsche) und 60 Jahre nach ihrer Pressung tadellos klingen. Ob das 2045 auch für meine ersten gekauften CDs gilt, weiß ich nicht und dass 2060 noch irgendwelche downloads von gestern existieren, ist mehr als zweifelhaft.

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  • Kommen wir wieder zum Thema: Es ist meiner Meinung nach von Herstellern nicht einforderbar, daß sie Werke im Programm halten, die Defizite einfahren.


    Mir fehlt natürlich schlichtweg der Einblick in die Finanzierung der vielen cpo Aufnahmen. Prinzipiell halte ich die Eigentümer dieser Firma für Idealisten, es wird also schon einen Grund haben, dass nicht mehr getan wird, um eingespieltes Material verfügbar zu erhalten.
    Ich selbst bin auch der haptische Sammlertyp, aber wenn ich etwas, das ich sehr gerne hören würde, nur per mp3 bekommen kann, würde ich selbstverständlich auch runterladen.

  • Versuchen wir, das Thema "Wiederentdeckungen" auch positiver zu sehen. Nachdem vor einigen Jahren die erste Aufnahme der Sinfonie von Hans Rott auf dem Markt erschien, folgte Aufnahme um Aufnahme - obwohl der "Pionier" bereits wieder gestrichen war.



    Heute sind FÜNF Versionen verfügbar UND - seit Mitte 2012 - auch noch ein Streichquartett, gekoppelt mit einem vergleichbaren Werk von Anton Bruckner, der ja Rotts Lehrer war.

    Ähnliches ist über die Sinfonien von Gernsheim zu berichten. Erstmals fanden sie sich bei arte nova im Programm. Mit der Auflösung des Labels "arte nova" verschwand auch die Doppel-CD mit Gernsheims 4 Sinfonien aus den Katalogen. Inzwischen hatten andere Klassiklabels den Kammermusiker Gernsheim entdeckt, Sinfonisches war jedoch nicht zu bekommen. Ich habe die Chancen gering eingeschätzt, daß es in den nächsten 10-20 Jahren je wieder Aufnahmen mit Sinfonien von ihm geben könnte. Aber ich habe mich geirrt. Zwei der vier Sinfonien Gernsheims sind jetzt bei cpo erschienen, die Wahrscheinlichkeit, daß die restlichen folgen werden ist groß. Aktuell sind derzeit 6 CDs mit Werken von Gernsheim im Katalo. Es wäre vermessen hier von "Durchbruch" zu sprechen - aber immerhin - ein Anfang ist gemacht.


    Beste Grüße aus Wien
    Alfred

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  • Beinahe hätte ich heute einen neuen Thread zu diesem Thema gestartet - zwar mit anderem Schwerpunkt - aber doch die selbe grundsätzliche Thematik verfolgend. Es ist ja so, daß auch mir gelegentlich interessante Aufnahmen sogenannter Raritäten durch die Lappen gehen - einfach weil ich sie übersehen habe. Erst neulich ist es mir passiert, daß ich mir nicht ganz klar war ob eine vor etlichen Jahren mit VOL.1 gestartetes Serie bereits abverkauft wurde - oder ob - aus Gründen des übergroßen Erfolges - ein VOL.2 etc etc gar nicht erst erschienen ist.
    Weiter hat es of ein bitteres Gefühl bei mir hinterlassen, wenn ich eine CD aus meiner Sammlung vervorkramte um sie im Forum zu empfehlen, und feststellen musst, dass sie längst gestrichen war. Aber - Hand aufs Herz - kein Ruhm ist von langer Dauer. Die CD war eben nur 3, 5, 10 oder mehr Jahre verfügbar. In dieser Zeit hätte jeder Interessent sie erwerben können. Nun ist sie auf ewig verloren. - Auf ewig ? gut 50 % aller gestrichenen Aufnahmen kommen innerhalb von 5-10 Jahre in anderer Verpackung erneut in den Handel .-Im Budgetbereich.
    Bis dahin kann man die Zeit nutzen die Sammlung mit neu erhältlichen CDs und Wiederauflagen zu erweitern.
    Aber selbst WENN eine derartige Aufnahme nicht wiederveröffentlicht wird - einige tausend Musikfreunde haben sie ja doch in der Sammlung - und auch auf diese Weise sind sie dem Vergessenwerden entrissen


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein kleines rein hypothetisches Gedankenspielchen:
    Man stelle sich vor, dass jede Plattenfirma jede ihrer Aufnahmen stets im Programm hält.
    Mal abgesehen davon, was das für die Firma an Arbeit bedeuten würde: Was würde geschehen?


    Geeenau: es gäbe nicht genügend Platz, die vielen Aufnahmen im Programm der Läden zu halten, und nicht genügend Interessenten, die diese auch kaufen. - Man nennt das auch "Marktbereinigung". Das trifft, naturgemäß, auch Aufnahmen, die der Eine oder Andere gerne weiter im Programm sähe, aber - eben der Eine oder Andere. Jeder Eine oder Andere bevorzugt aber andere Aufnahmen, die unbedingt im Programm bleiben müssten. Also liegt hier kein Ausweg aus der "Misere".


    Ausweg für die Suchenden: der Gebrauchtmarkt. Der ist riesig genug, nachdem viele Leute ihre Plattensammlungen auflösen.


    Ich habe inzwischen so einige Gigabyte auf meinem Player. Allerdings: alles aus der eigenen CD-Sammlung gestreamt. (An die LPs traue ich mich nicht recht ran; dazu brauchte ich wohl einen USB-Plattenspieler, und den will ich nicht extra kaufen.) - Viel praktischer, wenn ich Musik woanders als im Musikzimmer hören will. Und für Reisen unendlich portabel ...

  • Dieses interessante Gedankenspielchen habe ich auch schon gespielt.
    Natürlich würden mehr Aufnahmen im Katalog bleiben WENN mehr gekauft würde.
    Natürlich ist hier eine natürliche Grenze durch die Kaufkraft jedes Einzelnen gegeben.
    Aber es ist nicht nur die Kaufkraft alleine, es ist auch die Frage wie wir sie einsetzen, ob uns elegante Kleidung, standesgemäßes Wohnen, gutes Essen und Trinken, Theater- und Konzertbesuche wichtig sind oder nicht. Ach ja - da fehlt noch die Karriere, die ebenfalls zeitlichen Tribut fordert. Und da sind wir schon beim nächsten Punkt angelangt - der Zeit. Gehen wird davon aus, daß
    Geld für und keine Rolle spielt - oder nur eine marginale. Oder gehen wir davon aus, daß eine gute Fee uns jedes Monat einen jpc- Gutschein im Wert bo 5000 Euro schenkt, denn wir pünktlich jedes Monat einlösen müssen - lebenslänglich. Einzige Bedingung - die Aufnahmen müssen im eigenen Besitz verbleiben und dürfen weder verkauft noch verschenkt werden
    Klingt verlocken ist aber ein teuflisches Geschenk. Wir müssten Raum anmieten um die CDs lagern zu können - und es wäre uns nicht möglich alle zu hören. Unsere verfügbare Freizeit, andere Hobbys, gesellschaftliche Verpflichtungen und letztlich unsere begrenzte Lebensspanne setzen hier Grenzen. Genauso ist es im Großen. Die Menschheit ist nicht in der Lage alle Kunstschätze zu erhalten, zu besichtigen zu verstehen. Es wird immer wieder was zerstört werden. Das ist leider der Lauf der Welt.


    mfg aus Wien
    Alfred

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  • Sicher hast du damit recht, Alfred.
    Dann kommt aber noch die zeitliche Entwicklung (egal in welche Richtung) dazu - die Moden kreiert und wieder fallen lässt. (Moden scheinen nur oberflächlich zu sein, haben aber auch darin ihre Bedeutung, denn sie sind Ausdruck einer Entwicklung.) Eine solche Mode spült z. B. Interpreten oder Komponisten oder - was im 19. Jh. üblich war, auch Instrumente - nach oben, die bei der nächsten Modeerscheinung dann wieder in der Versenkung verschwinden. Kommen dann noch unselige politische Zeiten wie das "3. Reich" hinzu, die Menschen und ihre Werke einfach auslöschen ... und schon gerät vieles in Vergessenheit, von dem wir glauben, dass das dort nicht hingehört. Das betrifft alle Zeiten. Denk daran, wie viele Komponisten und Werke aus früheren Jahrtausenden wir gar nicht kennen, weil sie nichts aufgeschrieben haben, oder wir ihre Werke noch nicht entdeckt haben, oder wir ihre Notationen nicht entziffern können ... und dieses Vergessensein betrifft auch die Epochen Mittelalter, Renaissance, ja, sogar Barock; und selbst im 19. Jh. noch gingen gute Musiker in der Musikantenflut und deren Werken einfach unter ...


    Dank eifriger Musikforscher und Musiker wird aber auch daran gearbeitet, Vergessenes ans Tageslicht zu holen.


    Alles ist Ausdruck einer Entwicklung. Da wir im Raum-Zeit-Kontinuum leben, geht es nicht anders, als dass Dinge kommen und gehen. So wie wir auch. Du hast recht: das ist der Lauf der Welt. Es kann nicht Neues entstehen, wenn nicht auch Altes aufhört zu existieren.


    Gruß aus Wien zurück,
    tuonela

  • In der Literatur muß man bloß zu ZVAB gehen, um 50 oder 100 Jahre alte Bücher, die längst nicht mehr verlegt werden, für kleines Geld zu bestellen. Und in den Museen wäre der Schatz der Depots zu heben, wo die Ankäufe unserer Urgroßeltern schlummern.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Um zurück zur Ausgangsfrage zu kommen: beantworbar wäre dieser Fragenkomplex doch nur, wenn wir armen Forenuser Einblick in die tatsächlichen Verkaufszahlen und die wirtschaftlichen Parameter der entsprechenden Firmen hätten.
    Interessant wäre hier gerade der geoökonomische Aspekt. Da hier v.a. Komponisten der Romantik oder gemäßigten Frühmoderne als "wiederentdeckte" Beispiele genannt wurden, beziehe auch ich mich beispielhaft auf Firmen wie hyperion oder CPO. Wenn nun hyperion (oder Chandos oder ein sonstiges UK-Label) einen britischen Spätromantiker verlegt - dessen Verkauf qua Naturgesetz durch die einschlägige britische Presse forciert würde - so dürfte sich der Umsatz im wesentlichen auf die britischen Inseln + Commonwealth beschränken. Anders gesagt: hyperions Wallace-Sinfonie verkauft sich im Vereinigten Königreich, cpo's Hausegger-Sinfonie oder Toch-Streichquartett vorzugsweise im deutschsprachigen Bereich. "Rezensionelle" Ausnahmen gibt es nur im Falle persönlich Beziehungen, wie bei Robert Layton und Egon Wellesz. Meine Vermutung b.z.w. Unterstellung: das schwache "standing" vieler "Wiederentdeckungen" hat auch mit dieser Regionalisierung zu tun, die bei den "Großmeistern" weniger ins Gewicht fällt (da die Briten patriotischer sind, bleiben die Aufnahmen länger im Katalog...[???]).


    Auf die Wiederentdeckungen älterer Literatur scheint dies in nicht ganz so hohem Maße zuzutreffen; ich vermute jedenfalls daß HMF die Jacobs-Aufnahme des "Croesus" auch unter britischen Händel-Fans absetzen konnte. Aber Keiser war eben - wenigstens namentlich - nie vergessen.

  • Die Anregung, dass die Rundfunkanstalten ihr Musikarchiv online stellen, finde ich toll. Da schlummern neben Mäßigem auch viele Schätze aus vielen Jahrzehnten. Ob und wie und in welchem Umfang man das bewältigen könnte, ist mir nicht klar: neben der Serverkapazität müsste vieles erst mal digitalisiert werden. Ich vermute allein im Hessischen Rundfunk mehrere Milliarden Kilometer Tonband... Die zu digitalisieren ist hundsteuer. Das nicht zu tun, führt über die Zeit aber auch zu Totalverlust...


    Sicherlich kritisch ist dabei die Frage nach den Rechten. Wer muss ggf. zustimmen? Wer hat Anspruch auf Bezahlung? Allein die eigenen Musiker der Anstalten erhalten Geld von der GVL, wenn die eigenen Aufnahmen gespielt werden...


    Zu den Labels: Archivbereinigung ist eine Sache. Was ich nicht verstehe: warum verdient man das Geld, das z.B. Brilliant Classics mit Lizenzausgaben macht, nicht selbst???
    Warum kann Arkiv Music CDs der DGG "brennen" und mit kopiertem/ nachgedrucktem Booklet verkaufen? Warum macht man sowas nicht selbst?
    "BTO" = "burn to order" als Geschäftsmodell von Universal, Warner & Co.


    Der Markt birgt viele Rätsel...


    Viele Grüße,
    Accuphan

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Zu den Labels: Archivbereinigung ist eine Sache. Was ich nicht verstehe: warum verdient man das Geld, das z.B. Brilliant Classics mit Lizenzausgaben macht, nicht selbst???
    Warum kann Arkiv Music CDs der DGG "brennen" und mit kopiertem/ nachgedrucktem Booklet verkaufen? Warum macht man sowas nicht selbst?
    "BTO" = "burn to order" als Geschäftsmodell von Universal, Warner & Co.


    Weil es anscheinend billiger war, so etwas auszulagern, statt eine eigene Abteilung dafür einzurichten. "Burn to order" ist außerdem klar ein Auslaufmodell gegenüber Downloads (+ Download des Booklets usw.)
    Bei den Brilliant-Lizenzausgaben verstehe ich es allerdings auch nicht, zumal das teils "klassische" Aufnahmen waren, die entweder ein paar Jahre später doch wieder in einer eigenen Reihe aufgelegt wurden (zB LaSalle Qt 2. Wiener Schule) oder m.E. problemlos in eine eigene Wiederveröffentlichungsreihe gepasst hätten.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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