Liebe Opern- und Ballettfreunde,
vergeblich sucht man in Deutschland nach einer DVD mit einer vernünftigen Rienzi-Aufführung, weil überall nur diese unsägliche Nazi-Inszenierung aus Berlin angeboten wird. Als hier einmal nach einer anderen gesucht wurde, wies Harald Kral auf PremiereOpera hin, wo es die Inszenierung aus Wiesbaden von 1979 gibt.
Wenn man den Katalog ansieht, ist der recht verführerisch, weil es da viele Opern gibt, die man bei uns im DVD-Angebot nicht findet. Außerdem erscheint der Preis – wechselnd zwischen 4 und 5 Dollar - beim derzeitigen Euro-Kurs natürlich attraktiv. Hinzu kommen noch 2 Dollar je DVD für Erstellung und Versand. Insgesamt kostet damit die DVD kaum mehr als 5 Euro. Ich bestellte gleich 9 Exemplare verschiedener Opern, die man hier kaum im Angebot findet.
Man zahlt bei Bestellung mit Kreditkarte. Ich war natürlich sehr gespannt, als die Sendung nach etwa 4 Wochen hier ankam, und war maßlos enttäuscht.
Die Firma scheint in aller Welt Aufnahmen – wohl überwiegend von Opernhäusern (Hausaufnahmen) und auch filmischen Laien aufzukaufen, die sie dann, wie man feststellen kann, meist von verschlissenen Bändern auf billige Rohlinge (keine Markenware) brennt. Meist sehr schlampig, denn ab und zu sieht man am Anfang noch die Schaltzeichen des Recorders. Leider kann man aus dem Katalog nur selten erkennen, dass es sich um solche Aufnahmen handelt.
Im Einzelnen:
Bellini: La Straniera (aus Catania 1988)
Hier scheint wirklich ein blutiger Laie gefilmt zu haben. Während der Ouvertüre sucht die Kamera im Dunkeln verzweifelt und schaukelnd das Orchester zu finden. Schließlich die Bühne, schief, anscheinend aus einer Seitenloge gefilmt und daher nur halb zu sehen. Ein paar verwaschene, helle Flecken, unter denen man Personen nur vermuten kann. Dazwischen ständiges Farbflackern, Bildzittern und sonstige Störungen. Selbst, wenn man die Musik ohne das Bild kennenlernen möchte, taugt die DVD nichts, weil der Ton häufig jault
Gluck: Orfeo et Euridice
Völlig verwaschenes, unscharfes und wie in Nebel gehülltes Bild
Meyerbeer: Robert le Diable und Wagner: Rienzi
Beide zwar recht akzeptable Inszenierungen und von der Bildregie her ordentlich, aber ebenfalls sehr unscharfes und verwaschenes Bild
Tschaikowski: The Maid of Orleans (schöne Inszenierung aus Moskau 1993)
Auch hier die Bildregie ordentlich aber dieselbe schlechte Bildqualität. Allerdings findet man auf der DVD erst eimal eine andere Oper (Pergolesi: Der Musikmeister), erst dann kommt „The Maid of Orleans“. Also etwa 4 Stunden auf einen Rohling gequetscht. Da weiß wohl jeder, dass da keine gute Bildqualität herauskommen kann.
An den unterschiedlichen Fernsehnormen kann es allein nicht liegen, denn die restlichen 4 hatten eine akzeptable, wenn auch nicht unbedingt gute Bildqualität
Mascagni: L’Amico Fritz (aus Montecarlo 1999)
Dies schien eine Hausaufnahme zu sein, mit nur einer Kamera gefilmt, meist Totale, aber ab und zu auch mal ein Zoom. Hier gibt es aber im 2 und 3. Akt teilweise minutenlange Bildstörungen, so dass auch hier die DVD unbrauchbar ist.
Bellini: La Sonnambula (Venedig 1995)
Diese Hausaufnahme scheint irgendwo aus einer entfernten Loge aufgenommen zu sein und kennt weitgehend nur den Bühnenraum in der Totale, der noch nicht einmal bildfüllend ist (viel Umgebung der Bühne im Dunkeln), wobei die Sänger nur noch als winzige Figuren zu erkennen sind, die man nicht mehr voneinander unterscheiden kann. Nur hin- und wieder wagt der Filmer einmal ein Zoom, wobei dieser beim Heranzoomen wackelt und oft erst suchen muss, um die Personen richtig ins Bild zu bekommen. Es ist also langweilig, über halbe Stunden und mehr nur die Totale mit nicht unterscheidbaren kleinen Figuren oder in der Nachtwandlerszene mit nur ein paar kleinen hellen Flecken und ab und zu einen schlechten Zoom zu sehen.
Mascagni: Iris (Rom 1996)
Diese Hausaufnahme macht es genau umgekehrt. Die einzige Kamera schwenkt und zoomt (manchmal beides gleichzeitig) ständig hin und her, was eher nervt. Auch hier ab und zu Bildstörungen.
Bellini: I Capuleti e i Montecchi (aus Ravenna 2001)
Das ist nun von 9 Aufnahmen die einzige, die sowohl von der Bildqualität als auch von der filmischen Gestaltung brauchbar wäre, wenn nicht regelmäßig alle 10 Minuten das Bild für mehrere Sekunden stehenblliebe und der Ton aussetzte.
Also ist keine der Aufnahmen ihren Preis auch nur annähernd wert.
Hat jemand von euch – außer Harald – schon mal Erfahrungen mit PremiereOpera gemacht? Ich selbst kann also nach dieser Erfahrung nur davor warnen.
Liebe Grüße
Gerhard