Sir Colin Davis ist tot

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    R. I. P.


    Sir Colin Rex Davis, CH, CBE, Hon DMus
    * 25. September 1927; † 14. April 2013


    Chefdirigent (1995—2006) und Präsident des London Symphony Orchestra (2007—2013)
    Ehrendirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden (1990—2013)
    Erster Gastdirigent der New York Philharmonic (1998—2003)
    Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (1983—1992)
    Musikdirektor des Royal Opera House, Covent Garden (1971—1987)
    Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra (1967—1971)
    etc. pp.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Mit großer Betroffenheit habe ich zur Kenntnis genommen, dass nun ein weiterer sehr bedeutender Dirigent von uns gegangen ist.


    Untrennbar mit dem Namen Colin Davis ist sein unermüdliches Eintreten für das Werk von Hector Berlioz verbunden, zu deren besten Dirigenten er gehörte. Seinem Wirken ist es zu verdanken, dass die "Trojaner" wieder ins Repertoire der Opernhäuser zurückgekehrt sind.


    Außerdem war er ein ausgezeichneter Dirigent der Werke Mozarts und Sibelius´. Der in wenigen Tagen erscheinende Live-Mitschnitt von Webers "Freischütz" ist also das letzte Vermächtnis von Sir Colin Davis.



    R.I.P.


    :hello: LT

  • Ich bin auch geschockt. Sir Colin, der noch sehr rüstig wirkte, stand offensichtlich bis zuletzt auf dem Podium.


    Ich möchte an dieser Stelle nur eine ganz herausragende Aufnahme nennen, die ihn schon unvergessen macht:



    Aufgenommen vor genau 25 Jahren in der damaligen DDR mit der "Wunderharfe".

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • "Leb wohl ..."


    Wotans Abschied mit Sir Donald McIntyre


    Orchestra of the Royal Opera House, Covent Garden
    Sir Colin Davis


    rec. Royal Opera House, Covent Garden, London, 10 October 1978

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Auch ich fühle große Betroffenheit über die Todesnachricht von SIR COLIN DAVIS.


    Er war vor allem ein großartiger MOZART- und BERLIOZ-Dirigent. Für seine Einspielung von "Die Trojaner" wurde er 2002 mit dem Grammy ausgezeichnet. BERLIOZ, dessen Werk ihm besonders am Herzen lag, hielt er für den nostalgischten Komponisten neben MOZART.


    Ich schätzte ganz besonders einige Einspielungen von ihm mit MOZART-Werken, die für mich Referenz-Charakter haben. Dies sind:


    Die Sinfonie Nr. 34 KV 338 mit der SINFONIA OF LONDON


    Das Oboenkonzert KV 314 mit dem fantastischem Oboisten LEON GOOSENS und mit der SINFONIA OF LONDON


    Die Missa brevis Nr. 9 (Credo-Messe) KV 257 mit dem LONDON SYMPHONY ORCHESTRA und dem JOHN ALLDIS CHOIR, sowie den hervorragenden Gesangssolisten HELEN DONATH, GILLIAN KNIGHT, RYLAND DAVIES und CLIFFORD GRANT


    Die Missa Nr. 14 (Krönungsmesse) KV 317 in der gleichen Besetzung wie die Missa brevis, aber mit STAFFORD DEAN statt CLIFFORD GRANT, Baß.


    Ferner gibt es mit ihm eine ganz ausgezeichnete Einspielung von JOHANN CHRISTIAN BACH's Symphonie für Doppelorchester (Ouvertüren) op. 18,1 und op. 18,3 mit dem ENGLISH CHAMBER ORCHESTRA.


    SIR COLIN DAVIS war übrigens mit der von mir hoch geschätzten Sopranistin APRIL CANTELO in erster Ehe seit 1949 verheiratet. Die Ehe, aus der eine Tochter (Suzanne) und ein Sohn (Christopher) hervorging, wurde 1964 geschieden.


    Mit APRIL CANTELO gibt eine wunderbare Aufnahme von HÄNDEL's Cäcilien-Ode mit der ACADEMY OF ST. MARTIN-IN-THE-FIELD unter DAVID WILLCOCKS und dem CHOR DES KING's COLLEGE, CAMBRIDGE, mit einem erstklassig besetzten Solisten-Ensemble: IAN PATRIDGE, Tenor, RICHARD ADENEY, Flöte, KENNETH HEATH, Violoncello, ROBERT SPENCER, Laute, RALPH IZEN, Trompete, ANDREW DAVIS, Cembalo und JOHN WELLS, Orgel.


    SIR COLIN DAVIS wird uns ganz sicher noch lange mit vielen anderen großartigen Einspielungen in Erinnerung bleiben.


    Gruß
    wok

  • Liebestraum gleich sehe ich die überragende Bedeutung von Davis in seinem lebenslangen Eintreten für Berlioz. Das ist eine der Großtaten, zu denen nur Dirigenten mit Weitsicht und Sachverstand wie er fähig sind. Er hat Generationen Berlioz nahe gebracht, wofür ich ihm für den Rest meines Lebens dankbar sein werde.


    Zum Glück hat er diese wunderbaren Einspielungen hinterlassen mit denen er sich selbst - wie wir jetzt wissen - ein Denkmal gesetzt hat



    Ich verbeuge mich vor ihm.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es ist immer wieder sehr traurig, wenn man erfährt, daß einer der ganz Großen unsere Welt verlassen hat!


    Colin Davis verdanke ich u.a. das Verständnis der Orchesterstücke von Alban Berg. Er hat nämlich Sinn für die rhetorischen Elemente dieser Musik - nur so erschließt sie sich. Berg ist eben nicht Webern:



    Bewunderswert ist auch der unglaublich farbige, feinsinnige Orchestersatz mit aller Leidenschaft hier:



    Bei der nächsten Hörsetzung werde ich seiner gedenken! :angel:


    Beste Grüße
    Holger

  • Jedenfalls scheint es eher als bei Bernstein und Mahler der Wahrheit zu entsprechen, dass zumindest für die Opern Berlioz' der Einsatz von Colin Davis ein ganz wesentlicher Faktor dabei war, diese Werke wieder ins Bewusstsein zu rufen. Auch abgesehen davon hatte er für einen Quereinsteiger (er studierte Klarinette und konnte aufgrund fehlender pianistischer Fähigkeiten nicht zur Dirigierklasse wechseln) ein erstaunlich breites Repertoire. Seine Einspielung des "Messiah" von 1966 gehörte zu den ersten, die, wenn auch mit modernen Instrumenten, Abstand von den bis dahin üblichen Bearbeitungen nahmen und Erkenntnisse über barocke Verzierungspraxis bei Sängern und Continuo berücksichtigten. Mögen seine Schwerpunkte Mozart, Berlioz, Sibelius gewesen sein, so hat er in Covent Garden natürlich viele Opern dirigiert (nicht nur Berlioz und Mozart) und später praktisch das gesamte sinfonische Standardrepertoire (von Mahler und Bruckner jedoch nur wenige Sinfonien) teils mehrfach eingespielt und als Konzertbegleiter gehören die Mozart-Konzerte mit Grumiaux und Beethoven (und etwas Mozart) mit Kovacevich in die erste Reihe.


    Es wäre zu hoffen, dass einige ältere Aufnahmen wiederveröffentlicht wurden, da diese oft mehr Feuer aufweisen als spätere Remakes. So scheint der Idomeneo aus den späten 60ern (angeblich eine der besten Aufnahmen des Werks) zulasten der späteren Mozart-Editions-Aufnahme aus dem Katalog verschwunden und eine? Philips-LP (vermutlich 1970er) mit frühen Mozart-Sinfonien, auf der ich die kleine g-moll kennengelernt habe, scheint nie auf CD rausgekommen zu sein. Noch frühere Decca-Aufnahmen einiger Mozartsinfonien sind mindestens teilweise bei Australian Eloquence erschienen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich habe Colin Davis immer als typischen britischen und sehr sympatischen, weil uneitlen Gentleman wahrgenommen.


    Gerade erst hatte ich mir seine Aufnahme der Holst-Planeten (was sonst? :) ) mit dem LSO auf LSO Live zugelegt, womit er erst der zweite Dirigent nach Karajan ist, von dem ich zwei Einspielungen dieses Werkes besitze. Die Aufnahme ist m.E. hervorragend, besser als die andere mit den Berlinern.


    Nicht nur deswegen werde ich ihn in sehr wohlwollender Erinnerung behalten.

    Herzliche Grüße
    Uranus

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  • Unbedingt erwähnt aus Colin Davis' Diskographie gehört dieses epochale Highlight:



    Wen da "When I am laid in earth.." nicht zu Tränen rührt......

  • Heute Abend (2013-04-16) um 23.15 sendet Classica (in Deutschland bei Sky) Götz Friedrichs und Colin Davis´ Tannhäuser von Bayreuth 1978.


    Spas Wenkoff (Tannhäuser)
    Gwyneth Jones (Venus/Elisabeth)
    Bernd Weikl (Wolfram)
    Hans Sotin (Landgraf)


    und schließlich der sympathische Robert Schunk als Walter von der Vogelweide.

  • Ich zitiere einen Bericht der gestrigen Tagespresse:


    Dresden - Die Sächsische Staatskapelle nimmt mit einem Gedenkkonzert Abschied von ihrem langjährigen Ehrendirigenten Sir Colin Davis. Bei der Matinee am 9. Mai in der Semperoper steht Dirigent Robin Ticciati (30) am Pult. Der junge Brite wurde von Davis gefördert, der am 14. April starb. Die kostenlosen Karten werden am Montag ab 10 Uhr in der Schinkelwache ausgegeben.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...