• Raffael, (*6. April oder 28. März 1483 in Urbino; † 6. April 1520 in Rom)
    auch Raffael da Urbino, Raffaello Santi, Raffaello Sanzio oder Raphael
    war ein italienischer Maler und Architekt der Hochrenaissance.


    Raffael erlangte vor allem als Maler für seine harmonischen und ausgewogenen Kompositionen und lieblichen Madonnenbilder Berühmtheit. Zu Lebzeiten genoss er das Privileg, nur unter seinem Vornamen bekannt zu sein, und noch heute kennen die wenigsten seinen Nachnamen. Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein galt er als der größte Maler. Neben seiner Laufbahn als Maler in Florenz und am päpstlichen Hof in Rom wurde er auch Bauleiter des Petersdoms und Aufseher über die römischen Antiken.
    Hier ist eines seiner bekanntesten und berühmtesten und vielleicht auch allerschönsten Gemälde, das im vorigen Jahr 500 Jahre alt wurde und in einer "Extra- Ausstellung" gefeiert und gewürdigt wurde,
    die "Sixtinische Madonna" - zu bewundern in der Dresdner Gemäldegalerie:



    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Chrissy,
    vielen Dank für diese Erinnerung - wie übrigens auch jenen Beitrag über Dürer - an einen großen Künstler. Das ist mal wieder eine Anregung für mich, Bildbände hervorzukramen.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Das Raffael-Selbstporträt von 1506 (s. o.) war mein erster Kunstdruck. Es fasziniert mich noch immer.


    Sein größtes Gemälde ist für mich das Porträt von Papst Julius II. (1511/12):




    Er hat m. E. noch eindrücklicher als später Velázquez (bei Innozenz X.) den körperlichen Verfall des Stellvertreters Christi für die Ewigkeit festgehalten. Der Papst wirkt desillusioniert. Ungeschönt wird das Alter nicht verheimlicht (Julius war bereits fast 70) und krank. Das Bild wurde in dem Jahr begonnen, in dem die Welt bereits mit dem Ableben des "Kriegerpapstes" rechnete und Kaiser Maximilian I. ernsthaft daran dachte, sich selbst auch zum Papst (zusätzlich!) wählen zu lassen. Diese Kunde regten Julius' Lebensgeister wieder an und er erholte sich noch einmal. Tatsächlich war er mehr ein weltlicher Renaissancefürst denn ein geistlicher Oberhirte, aber damit ist er nur ein Kind seiner Zeit. Besonders die Hände sind meisterlich gelungen auf dem Gemälde und verraten zweifelsfrei, dass ein Genie wie Raffael am Werke gewesen sein muss. Energisch, verkrampft versucht sich der Alte auf dem Thron zu halten, krallt sich regelrecht daran, will nicht loslassen. Die vielen Ringe stehen vielleicht für die weltliche Vergänglichkeit, die ihm auch nicht helfen wird im Angesicht des Todes. 1513 starb der Papst nach zehnjährigem Pontifikat. Der große Maler überlebte ihn nur um sieben Jahre.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Chapeau und Kompliment, lieber Joseph II.
    Großartige, eindrucksvolle persönliche Gedanken zu einer Bildbetrachtung.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Mir gefällt auch sehr, was Joseph II. zu dem Bild geschrieben hat. Feinsinnige Kunstbetrachtung und Geschichte werden eins.



    Darf ich eine ehr sachliche Ergänzung anfügen und damit auf Benedikt XVI. verweisen. Was fällt auf? Er trägt die gleiche Kopfbedeckung wie Julius II. - einen Camauro. Wenn ich nicht irre, ist er von Julius als Teil päpstlicher Kleiderordnung eingeführt worden. Der Renaissance durch Benedikt war nur eine kurze Dauer beschieden. Schade. Tierschützer hatten gegen den Hermelinbesatz protestiert.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Als Ergänzung möchte ich noch hinzufügen, daß es mindestens DREI Fassungen des Bildnisses von Julius II gibt, sowie einige historische Kopien.
    Die drei Bilder, welche als Originale gehandelt werden befinden sich in Florenz , London und Frankfurt am Main. Ursprünglich galt das Florentiner Bild (Uffizien) als das Original, neuere Untersuchungen lassen es nicht für unwahrscheinlich erscheinen, daß diese Beschreibung auf das Londoner Bild passt. Das Städel Museum in Frankfurt am Main hat im Jahre 2011 ein ursprünglich als "Rafael-Nachahmer" bezeichnetes Bild erworben, wobei sich im Rahmen der Reataurierungsarbeiten ebenfalls hinweise darauf fanden, es könne sich bei diesem Bild um das Original handelen (Kopien werden meist ohne gröbere Korrekturen durchgeführt, da das Bild ja bereits als Original vorliegt. Bei Originalen entscheidet sich der Künstler oft für geringfügig andere Details , was man in der Röntgenaufnahme nachweisen kann.) Derzeit wird das Bild als vermutliches "Werkstattbild" unter Mitarbeit von Raffael persönlich eingestuft.


    Ausserdem gibt es einige hervorragende Kopien, die als solche seit Jahrhunderten bekannt sind. Wikipedia bietet dem Interessierten einen ausserordentlich detaillierten Artikel über die Unterschiede der jeweiligen Fassungen und Kopien, sowie Listen über die Herkunft der Bilder - soweit nachverfolgbar....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz, wieso man das Londoner Bild bis 1970 nicht für das Original hielt. Es erscheint mir allein schon von digitalen Photographien her das kunstfertigste zu sein.


    Uffizien


    Städel


    Mir erscheinen beide, besonders das Frankfurter (auf dem selbst der Stuhl irgendwie seltsam wirkt), als viel zu grobschlächtig, um allein aus der Hand von Raffael zu sein. Das ist unter seinem Niveau. Sieht mir nach einer Werkstattarbeit aus.


    Daneben gibt es ja noch eine Kopie von Tizian mit schwarzem Hintergrund, die mir auch nicht so gefällt:


    [timg]http://upload.wikimedia.org/wi…_-_WGA22961.jpg;c;400;480[/timg]

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    – Luís de Camões

  • Als ich die Dresdner Gemäldegalerie besuchte, stach die "Sixtinische Madonna" von Raffael wirklich heraus. Diese Sanftmut und Anmut in den Gesichtern ist einfach einmalig. Da versteht man die Raffael-Begeisterung der Romantiker voll und ganz! :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Als ich die Dresdner Gemäldegalerie besuchte, stach die "Sixtinische Madonna" von Raffael wirklich heraus. Diese Sanftmut und Anmut in den Gesichtern ist einfach einmalig. Da versteht man die Raffael-Begeisterung der Romantiker voll und ganz!


    Was Du schreibst, verstehe ich sehr gut. Die Raffael-Begeisterung der Romantik ist wirklich nachzuvollziehen. Sie hat tiefe Spuren hinterlassen. Ich habe auch oft vor diesem Bild gestanden. Wenn ich ehrlich bin, es hat mich aber nie so ergriffen und erreicht wie beispielsweise die anderen hier vorgestellten Bilder - Julius II. und das Selbstbildnis, die ich als tiefer und geheimnisvoller empfinde. Mir ist, als sei es totreproduziert worden. Wie oft wurde es regelrecht zerstückelt. Was darf es denn diesmal sein? Alles gibt es auch einzeln - am meisten die Putten. Das ist entsetzlich und wider alle Kunst. Deshalb sollte man sich Bilder oft wie nur möglich im Original anschauen. Allein Raffael ist jede Reise nach Florenz und jede Stunde des Wartens in der Schlange vor den Uffizien wert (man kann Eintrittskarten aber auch im Voraus online buchen, dann entfällt das Anstehen). Am allerliebsten sind mir Reisen, die mich auch in Gemäldegalerien führen.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


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  • die "Sixtinische Madonna" von Raffael ... Diese Sanftmut und Anmut in den Gesichtern ist einfach einmalig.

    Das sehe und empfinde ich ebenso. Es ist schon ergreifend und beeindruckend, wenn man vor diesem großen Gemälde steht. Es strahlt eine gewisse geheimnisvolle Ruhe und Erhabenheit aus.



    Mir ist, als sei es totreproduziert worden. Wie oft wurde es regelrecht zerstückelt. Alles gibt es auch einzeln - am meisten die Putten. Das ist entsetzlich und wider die Kunst.

    Du hast völlig recht, lieber Rheingold. Damit wird die wirklich großartige Kunst etwas verkitscht und deshalb habe ich auch in der Auswahl meiner obigen Darstellung bewußt die Putten weggelassen.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Allein Raffael ist jede Reise nach Florenz und jede Stunde des Wartens in der Schlange vor den Uffizien wert (man kann Eintrittskarten aber auch im Voraus online buchen, dann entfällt das Anstehen). Am allerliebsten sind mir Reisen, die mich auch in Gemäldegalerien führen.


    Da können wir es dann Franz Liszt nachtun, lieber Rheingold, der von seinem Freund Ingre (mit dem er auch zusammen musizierte, Ingre spielte Geige!) durch die Museen geführt wurde. Ein besonders schönes Zeugnis davon ist "Sposalizio" (nach Raffaels Gemälde) aus dem 2. Heft (Italien) der "Annees de Pelerinage".


    http://www.youtube.com/watch?v=l5ycd8C0EwA


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger, ich freue mich sehr darüber, dass Du auf Liszt und die "Sposalizio" kommst. Das wär mir gar nicht auf Anhieb eingefallen. Und doch liegt es so nahe. Danke. Es ist - wie der ganze Zyklus - eines meiner liebsten Stücke von Liszt. Das Bild selbst, auf das es sich beruft, nämlich die Verlobung Mariä, ist nicht mein Lieblingsbild. Aber wie Liszt eine musikalische Entsprechung der Farben und des Lichts, der Anordnung, der Perspektive und der Mystik des Gemäldes findet, ist kolossal. Sehr leicht, sehr versonnen. Da steht dieser Liszt vor einem Bild und staunt. Das glaube ich auch heraus zu hören. Gleich habe ich mir die Aufnahme mit Berman aus dem Regal geholt. Nun will ich noch höre, wie Deine Empfehlung von youtube ist.


    Dir wünsche ich einen schönen Abend.


    Gruß Rheingold

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  • Da steht dieser Liszt vor einem Bild und staunt. Das glaube ich auch heraus zu hören. Gleich habe ich mir die Aufnahme mit Berman aus dem Regal geholt. Nun will ich noch höre, wie Deine Empfehlung von youtube ist.


    Lieber Berman,


    niemand spielt "Sposalizio" so wie Lazar Berman (den ich ohnehin für den besten Interpreten von Liszts "Annees... halte, den es je gab). (Ich selbst als Amateurpianist habe mich auch an "Sposalizio" versucht! :) ) "Sposalizio" von L. Berman gibt es auch auf DVD, Konzert in Tokyo 1988 - aber nicht bei Youtube, und dann noch seine zweite Einspielung aus den 90igern, die ist sogar noch feinsinnger als die alte bei der DGG:




    Schöne Grüße
    Holger

  • Zit.: "Ein besonders schönes Zeugnis davon ist "Sposalizio" (nach Raffaels Gemälde) aus dem 2. Heft (Italien) der "Annees de Pelerinage".

    Vielleicht sollte man diesbezüglich anmerken, dass „Sposalizio“ von dem Raffael-Gemälde in der Brera-Pinakothek in Mailand inspiriert wurde, das die mystische Hochzeit Marias zum Gegenstand hat. Wenn man genau hinschaut, stellt man eine gewisse Ähnlichkeit mit Marie d´Agoult fest, und das dürfte auch der letzte Antrieb dafür gewesen sein, dass Liszt aus der Begegnung mit diesem Bild Musik machte. Raffael hat schließlich viele Künstler inspiriert.


    Dafür spricht: Als er das Werk nämlich 1883 für Orgel und Frauenstimme umschrieb, setzte er in den Mittelteil ein mehrmaliges „Ave Maria“. Auch die Verschmelzung der beiden Themen am Ende der Klavierfassung deutet auf so etwas wie eine Vereinigung der himmlischen und irdischen Sphäre hin.


    Kleine Anmerkung noch: Ich habe das Werk 1977 zum ersten Mal in der Interpretation von Lazar Berman (in der damals als Lp-Kassette bei der DG erschienen Aufnahme) gehört. Inzwischen lernte ich noch viele weitere Interpretationen kennen. Keine hat mich mehr so sehr fasziniert und in Bann geschlagen wie die von Berman.

  • Vielleicht sollte man diesbezüglich anmerken, dass „Sposalizio“ von dem Raffael-Gemälde in der Brera-Pinakothek in Mailand inspiriert wurde, das die mystische Hochzeit Marias zum Gegenstand hat. Wenn man genau hinschaut, stellt man eine gewisse Ähnlichkeit mit Marie d´Agoult fest, und das dürfte auch der letzte Antrieb dafür gewesen sein, dass Liszt aus der Begegnung mit diesem Bild Musik machte. Raffael hat schließlich viele Künstler inspiriert.


    Dafür spricht: Als er das Werk nämlich 1883 für Orgel und Frauenstimme umschrieb, setzte er in den Mittelteil ein mehrmaliges „Ave Maria“. Auch die Verschmelzung der beiden Themen am Ende der Klavierfassung deutet auf so etwas wie eine Vereinigung der himmlischen und irdischen Sphäre hin.

    Lieber Helmut,


    das hat sicher eine Rolle gespielt - aber andererseits nahm Liszt Fragen des Glaubens, der Metaphysik und der Kunst auch sehr ernst, so daß sich hier das Biographische und Transzendentale wohl mischen. Heinrich Heine hat diese romantische Vermischung ja ironisch thematisiert - und Liszt hat das Gedicht vertont und bezeichnend ernstgenommen:


    Es schweben Blumen und Engelein
    um unsre liebe Frau;
    Die Augen, die Lippen, die Wängelein,
    Die gleichen der Liebsten genau.

    Das Bild:



    Schöne Grüße
    Holger

  • P.S. Nachdenkenswert ist, daß der erste Zyklus der "Annees de Pelerinage" (Schweiz) mit den "Glocken von Genf" endet. Das war der Wohnsitz von Marie d´Agoult. Der Romantik findet seine Heimat als Zielort bei der Geliebten. Die Hochzeit mit der Geliebten als "heiliges" Band ("Sposalizio") eröffnet dann als Fortsetzung den zweiten Band.


    Beste Grüße
    Holger

  • Zit.: "...aber andererseits nahm Liszt Fragen des Glaubens, der Metaphysik und der Kunst auch sehr ernst,"
    Es lag mir fern, dies infrage zu stellen. Andererseits ist biographisch gut belegt, dass Liszt zu jener Zeit das "Ave Maria" sehr gerne mit seiner geliebten Marie in innigen Zusammenhang brachte.
    Auf Listzs Vertonung von Heines Versen aufmerksam gemacht zu werden, finde ich amüsant.

  • Auf Listzs Vertonung von Heines Versen aufmerksam gemacht zu werden, finde ich amüsant.

    Das war auch nicht so gemeint. (Und vielleicht kennen das andere Leser, die den Liszt-Thread (leider) nicht mitgelesen haben, ja nicht!) Sachlich gehört das einfach hierher - Heine thematisiert diese Verschränkung von Biographischem und Religiösem, die offenbar für die romantische Haltung typisch ist. Und Liszt kommt das überhaupt nicht blasphemisch vor.


    Schöne Grüße
    Holger


  • Aus dieser Raffael-Biographie von Antonio Forcellino besteht dieser Tage meine Nachmittagslektüre. Mir gefällt das Buch, weil es auch den Vater Raffaels, Giovanni Santi, würdigt. Seither kann ich seine Bildern einiges abgewinnen. Es geht wohl vornehmlich auf Giorgio Vasari zurück, dass der Vater zugunsten des Sohnes etwas in den Hintergrund gerückt wurde.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent


  • Heute vor 500 Jahren, am 6. April 1520, ist Raffael in Rom gestorben. Sein letzte Ruhestätte befindet sich an einer sehr prominenten Adresse, im Pantheon des Kaisers Hadrian in der Ewigen Stadt, dem am besten erhaltenen antiken Bauwerk Roms. Allein dadurch wird die hohe Wertschätzung deutlich, die er bereits zu Lebzeiten erfuhr. Oft habe ich in Ehrfurcht vor dem Sarkophag gestanden. Am selben Tag im Jahr 1483 war er Raffael in Urbino zur Welt gekommen. Er gehört trotz seiner Jugend zu den bedeutendsten Malern der Hochrenaissance. Nach meinem Eindruck hat er der Räumlichkeit auf seinen Gemälden und Wandbildern den vollkommendsten Ausdruck gegeben. Er macht uns immer wieder deutlich, welche Errungenschaft die "Erfindung" die Perspektive in der Malerei gewesen ist. Sie lässt Menschenbilder in ihrer Bewegung und Ausstrahlung erst richtig zur Geltung kommen. Das Selbstbildnis auf dem oben verlinkten Buch, welches uns Joseph II. bereits vor geraumer Zeit in diesem Thema vorstellte (inzwischen ist es verschwunden :() ist auch eines meiner liebsten Werke von Raffael. Es zeigt eine skeptischen, zur Schwermut neigenden jungen Mann, in dessen Blick die ganze Welt aufgenommen zu sein scheint. Als ich es im Pitti in Florenz besichtigen wollte, war es leider ausgeliehen. Die Stadt Rom hatte ihm zum 500. Tagestag eine große Ausstellung gewidmet, die aus gegebenem Anlass nur drei Tage nach der Eröffnung wieder geschlossen werden musste. Auch in der restaurierten Dresdener Gemäldegalerie der Alten meister, die mit der Sixtinischen Madonna das vielleicht bekanntestes Gemälde von Raffael ihr Eigen nennt, bleiben vorerst die Türen zu.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Als ich es im Pitti in Florenz besichtigen wollte, war es leider ausgeliehen. Die Stadt Rom hatte ihm zum 500. Tagestag eine große Ausstellung gewidmet, die aus gegebenem Anlass nur drei Tage nach der Eröffnung wieder geschlossen werden musste. Auch in der restaurierten Dresdener Gemäldegalerie der Alten meister, die mit der Sixtinischen Madonna das vielleicht bekanntestes Gemälde von Raffael ihr Eigen nennt, bleiben vorerst die Türen zu.

    Das ist sehr schade, lieber Rüdiger! Raffaels Bilder haben schon eine besondere Ausstrahlung. Wenn man in Dresden durch die berühmte Gemäldegalerie läuft, dann fällt Raffael einfach auf - in der Umgebung von großen barocken Rubens-Schinken dort. Da kann ich die Raffael-Begeisterung der Romantik gut verstehen - die etwa in Wackenroder und Tiecks Roman Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders literarisch zum Ausdruck kommt. Das erste Stück aus dem Italien-Band von Franz Liszts "Annees de Pelerinage" ist einem Gemälde von Raffael gewidmet: Sposalizio - es zeigt die Vermählung von Maria und Josef:


    https://www.bing.com/images/se…electedIndex=0&ajaxhist=0


    Liszt war mit dem Maler Jean Auguste Dominique Ingres befreundet - bekannt u.a. aus dem Streit mit Eugene Delacroix über den Vorrang der Linie (Ingres) oder der Farbe (Delacroix) in der Malerei. Ingres - der selber auch Violine spielte und mit Liszt zusammen musizierte - führte Liszt durch die Museen in Florenz. Liszt war also in Sachen Malerei durchaus sehr sachkundig gebildet. Das Stück hat wirklich einen unglaublichen Zauber - man muss aber genau den Ton der kontemplativen Sinnlichkeit treffen - wie man es nicht besser als Lazar Berman tun kann (ich habe das Stück als Amateur natürlich entsprechend amateurhaft auch gespielt ^^ ). Berman hat es zweimal im Studio aufgenommen und hier in Tokyo im Konzert gespielt (auch als DVD zu haben) - zu hören ab 17:25 Minuten - zur Erinnerung an Raffaels Todestag ist das glaube ich eine schöne Würdigung :) :



    Schöne Grüße

    Holger

  • Schön, dass an den 500. Todestag des großen Raffael erinnert wird.

    Hier nochmal das verschütt gegangene berühmte Selbstportrait, das er 1506 im Alter von 23 Jahren vollendete:


    800px-Raffaello_Sanzio.jpg

    Als Raffael am 6. April 1520, dem Karfreitag, mit gerade einmal 37 Jahren in Rom starb, soll es der Legende nach gar einen Riss im Boden des Vatikans gegeben haben, ähnlich wie bei Christi Tod. An was er genau starb, ist übrigens bis heute strittig. Häufig genannt werden Pest, Malaria oder Syphilis, in Frage kommen aber auch die Folgen eines einfachen Aderlasses.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Nun stieß ich durch Zufall auf ein mir bis dato völlig unbekanntes Gemälde von Raffael:


    800px-Raphael_missing.jpg


    Das als Bildnis eines jungen Mannes bezeichnete Portrait soll 1513/14 entstanden sein. Zuletzt befand es sich im Czartoryski-Museum in Krakau, gilt aber seit dem Jahre 1945 als verschollen. Zuvor war es 1939 von der Gestapo im Auftrag des Generalgouverneurs Hans Frank widerrechtlich beschlagnahmt worden. Zeitweise befand es sich danach in Berlin, Dresden sowie als Teil der Kollektion Hitlers in Linz. Im Jänner 1945 kam es auf Betreiben Franks wieder nach Krakau. Auf seiner Flucht hat er es vermutlich nach Schlesien und danach ins oberbayerische Neuhaus am Schliersee mitgenommen. Seit Franks Verhaftung am 4. Mai 1945 verliert sich die Spur. Jedweder Versuch, es wieder aufzufinden, so gerade auf Betreiben des Fürstenhauses Czartoryski, schlug bisher fehl. Es wird von manchen Kunsthistorikern gar als das bedeutendste vermisste Gemälde seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges angesehen. Sein Wert betrüge heute schätzungsweise 100 Millionen US-Dollar. Es könnte sich wiederum um ein Selbstportrait des Meisters handeln. Immerhin hat sich eine Photographie erhalten (oben koloriert).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Für mich ist das hier gezeigte Portrait des adeligen Hofmannes, Freundes von Raphael, Diplomaten päpstlichem Gesandten. Feingestes und Kunstliebhabers und Autors Baldassare Castiglione(1478-1529) schlechthin die Krone der Portraitkunst überhaupt. Mit geradezu photographischer Realitätstreue sind die sowohl die Züge als auch die edle Seele des dargestellten festgehalten, der sich für die Erhaltung der römischen Antiken einsetzte und - für seine Zeit geradezu revolutionär - Frauen als gleichwertig und gleichbegabt mit Männern bezeichnete. Ein BlicK auf die WIKIPEDIASEITE lohnt sich.

    Zurück zum Gemälde: Neben den bereits geschilderten Vorzügen fallen auch die wunderbar ausgeführten Texturen auf. Stoffe und Pelz kan man geradezu fühlen, die Farbgebung ist dezent, elegant raffiiert . Dadurch tritt EIN Detail besonders vervor: Die blauen Augen!! Sie sind quasi ein Gegenpol und haben eine geradezu hypnotische Wirkung auf den Betrachter, die hier in der kleinen Reproduktion untergeht.

    Das Bild ist im Louvre ausgestellt.




    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das ist sehr schade, lieber Rüdiger! Raffaels Bilder haben schon eine besondere Ausstrahlung. Wenn man in Dresden durch die berühmte Gemäldegalerie läuft, dann fällt Raffael einfach auf - in der Umgebung von großen barocken Rubens-Schinken dort. Da kann ich die Raffael-Begeisterung der Romantik gut verstehen - die etwa in Wackenroder und Tiecks Roman Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders literarisch zum Ausdruck kommt. Das erste Stück aus dem Italien-Band von Franz Liszts "Annees de Pelerinage" ist einem Gemälde von Raffael gewidmet: Sposalizio - es zeigt die Vermählung von Maria und Josef:

    Danke für Deine Antwort, ieber Holger, die mich freut. Mir geht es so, dass ich bestimmte Bilder - auch wenn ich sie noch nicht entdeckt habe - fast schon spüre in einer Galerie. Es geht eine Sogwirkung von ihnen aus. Neulich habe ich eine andere Erfahrung gemacht. In einem Buch sah ich ein Stillleben von Snyders, das mich faszinierte. Ich war ganz erstaunt, dass es hier in Berlin in der Gemäldegalerie, für die ich eine Jahreskarte habe, hängen soll. Nichts wie hin! Dort fand ich es ziemlich klein, sehr hoch gehängt und wenig leuchtend. Der Druck hatte mir etwas vorgemacht, dem die Wirklichkeit nicht standhält. Das ist aber nicht das Problem von Snyders, den ich für einen Meister halte. Es ist ein Problem der Wahrnehmung. Die Museumsbesuche vermisse ich sehr in Zeiten der Krise.


    Dank auch für den Hinweis auf Liszt. Dieses Klavierwerk wird von mir hoch geschätzt.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Danke für Deine Antwort, ieber Holger, die mich freut. Mir geht es so, dass ich bestimmte Bilder - auch wenn ich sie noch nicht entdeckt habe - fast schon spüre in einer Galerie. Es geht eine Sogwirkung von ihnen aus. Neulich habe ich eine andere Erfahrung gemacht. In einem Buch sah ich ein Stillleben von Snyders, das mich faszinierte. Ich war ganz erstaunt, dass es hier in Berlin in der Gemäldegalerie, für die ich eine Jahreskarte habe, hängen soll. Nichts wie hin! Dort fand ich es ziemlich klein, sehr hoch gehängt und wenig leuchtend. Der Druck hatte mir etwas vorgemacht, dem die Wirklichkeit nicht standhält. Das ist aber nicht das Problem von Snyders, den ich für einen Meister halte. Es ist ein Problem der Wahrnehmung. Die Museumsbesuche vermisse ich sehr in Zeiten der Krise.

    Lieber Rüdiger,


    da sind wir beide begeisterte Museums-Besucher - und müssten uns eigentlich mal verabreden.... :) Zuletzt sah ich hier in Münster die Turner-Ausstellung - das war einfach phantastisch und ungemein lehrreich!


    Hier nochmals das Bild "Sposalizio":


    397px-lo_sposalizio_della_vergine1.png


    Hast Du mal die großartigen Stilleben im Rijksmuseum in Amsterdam gesehen? Die sind schier unglaublich - ich glaube mich zu erinnern, Snyders ist auch dabei! Eigentlich sind Drucke immer verfälschend. Aber ein ähnliches Erlebnis hatte ich auch - von daher würde ich nicht ausschließen, dass es auch an der Beleuchtung im Museum gelegen haben könne. Warst Du mal in Worpswede bei Bremen? Das Museum dort ist sehr gelungen - vor allen wegen der Beleuchtung mit Tageslicht. Die Bilder von Vogeler (bester Jugendstil!), Otto Moderssohn usw. leuchten nur so. Wenn man dann nach Bremen ins Kunstmuseum kommt, da hängen vor allem Werke von Paula Moderssohn Becker und auch einige andere der Worpsweder Malerschule, ist man dann enttäuscht. Das liegt aber wirklich nur an der Beleuchtung!

    Dank auch für den Hinweis auf Liszt. Dieses Klavierwerk wird von mir hoch geschätzt.

    Das freut mich sehr! :) Ich hätte ja so gerne den Thread über die "Annees..." mit Jörn weitergemacht. Aber wo ist er nur geblieben? :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ganz sicher sollte man auch erwähnen, bei wem er in frühen Jahren in der Werkstatt gearbeitet hat und dessen Einfluß sich nicht leugnen läßt. Es gibt einige Bilder, da konnte man tippen, dass sie von Raffael sind, sie sind aber von seinem Lehrer Pietro Vanucci, genannt Perugino *um 1445/1448 in Città della Pieve, † Februar oder März 1523 in Fontignano bei Perugia). Er galt als der wichtigste Meister der Umbrischen Schule. Raffaels Vater Giovanni Santi hat ihn in einem Gedicht auf seine Zeitgenossen als „göttlichen Maler“ titulierte.


    220px-Lorenzo_di_credi%2C_ritratto_del_perugino.jpg Perugino, wahrscheinlich gemalt von Raffael


    499px-Perugino_Keys.jpg

    Perugino: Christus übergibt Petrus die Schlüssel, Sixtinische Kapelle


    258px-Pietro_Perugino_cat23.jpg Perugino, Verkündigung


    800px-Pietro_Perugino_cat66.jpgPerugino, Vermählung Marias

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Danke, lieber Orfeo! Es ist klar, dass Perugino das Vorbild war für Sposalizio. Aber die Unterschiede im Bildaufbau sind bei den Gemeinsamkeiten schon sehr deutlich! Peruginos Bild ist statuarisch - Raffael dynamisiert, er schafft einen einheitlichen sich öffnenden Raum mit Fluchtpunkt. Und seine Darstellung ist wärmer, empfindsamer, die Fantasie bewegender. Kein Wunder, dass die Romantiker das so anziehend fanden! :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Hier eine Gegenüberstellung von Raffael (1504) links zu Perugino rechts (zwischen 1500 -1504)

    Confronto-Sposalizio-della-Vergine-Raffaello-Perugino.jpg

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Nachtrag zur Ausstellung Raffaello e Perugino attorno a due Sposalizi della Vergine in der Pinacoteca di Brera 2016


    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

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